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erhalten hat, wie beispielsweise die vollständige Beseitigung der Schwagerehe und der Polygamie, wird in unserm Buche gleichfalls, wo es von wirklichem Interesse zu seyn schien, vor Augen treten. Die Hauptquellen des Rabbinischen Rechts sind, ausser dem Thalmud, noch Maimonides (im 12. Jahrh.), welcher in seinem berühmten Werke Jad hachasagah eine Zusammenstellung des gesammten Thalmudisch-gesetzlichen Materials giebt, und Schulchan Aruch, das bekannte Compendium der unter Israeliten grossen Theils noch massgebenden Bestimmungen, welches im Allgemeinen zur Orientirung in Hinsicht der spätesten Gestaltung des Jüdischen Rechts dienen kann *). Die ausserordentlich reiche Rabbinische Literatur bietet ausserdem eine grosse Zahl von Werken dar, die für die Einsicht der Motive und die weitere Verfolgung specieller Rechtsbestimmungen von Wichtigkeit sind, jedoch durchaus die gleiche thalmudische Grundlage haben. Da die Bearbeitung eines vergleichenden Rechts noch besonders vorbehalten blieb, so war auch eine in vielen Punkten sehr nahe liegende Vergleichung des Thalmudischen und Römischen Rechts, wofür bereits Jost **) interessante Data gesam

9. Taanith. 10. Megillah. 11. Moëd gaton. 12. Chagigah. III. Naschim: 1. Jebamoth. 2. Kethuboth, 3. Nedarim. 4. Nasir. 5. Sotah. 6. Gitlin. 7. Qidduschin. IV. Nesiqin: 1. Baba qama. 2. Baba mezia. 3. Baba bathra, 4. Sanhedrin. 5. Makkoth. 6. Schebuoth. 7. Edujoth. 8. Abodah sarah. 9. Pirqe Aboth. 10. Horajoth. V. Qodaschim: 1. Sebachim. 2. Menachoth. 3. Cholin. 4. Bechoroth. 5. Erachin. 6. Themurah. 7. Kerithoth. 8. Meilah. 9. Thamid. 10. Middoth. 11. Qinnim. VI. Tohoroth: 1. Kelim. 2. Oholoth. 3. Negaim. 4. Parah. 5. Tohoroth. 6. Miqvaoth. 7. Niddah. 8. Machschirin. 9. Sabim. 10. Tebul Jom. 11. Jadajim. 12. Ogazin. Die Sammlung der Mischnah fällt in das zweite, die der babylonischen Gemara in das fünfte Jahrh, nach Chr.

*) Es zerfällt in vier Haupttheile, welche grösstentheils, in den betreffenden Citaten, nur nach folgenden besondern Titeln angegeben werden: Eben haëser, Choschen hammischpat, Joreh Deah, Orach Chajim. Der Vesfasser dieses Werkes, R. Joseph Karo, lebte im 16ten Jahrh. Es ist von R. Moses Isserles (in demselben Jahih.) mit vielen Zusätzen ausgestattet worden.

**) S. dessen rühmlichst bekannte Geschichte der Israeliten Th. IV. S. 1147. Anh, S. 238 – 40.

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melt hat, nicht hieher gehörig. Gleichfalls ist vermieden worden, Römische Rechts-Ausdrücke in Anwendung zu bringen, da das Rabb. R., selbst da wo es Römische Rechtsansichten aufnimmt, denselben nicht sklavisch folgt, sondern sie den einheimischen Verhältnissen anpasst und immer noch ein grosses Mass von Selbstständigkeit behauptet, so dass jene Ausdrücke selten ganz genau zutreffen.

Oeffentliches Recht.

Erster Abschnitt.

Verfassung.

Кар. 1.

Theokratie.

§. 1. Man bezeichnet gewöhnlich Theokratie') als das eigentliche Wesen der Mosaischen Verfassung, und es ist um so nöthiger, dass man hier ins Klare komme, als man Theokratie und Hierarchie nur zu häufig verwechselt hat und dieser Irrthum auch in die Auffassung des Mosaischen Rechtes manche Verwirrung bringen muss 2). Da man im Allgemeinen weder einig noch sicher darin ist, was im Pentateuch als Merkmal und eigentliches Wesen der Theokratie oder ,,Gottesherrschaft" anzugeben sey, so scheint es vor Allem zweckmässig, wenn wir versuchen, die etwa hieher gehörigen Data möglichst vollständig zusammen zu stellen.

1) Eine von Josephus c. Ap. II., 16., gegenüber der monarchischen, oligarchischen und demokratischen Regierungsform anderer Völker, für die Israelitische eingeführte Benennung: ó d'чutregos vouodérys εἰς μὲν τούτων οὐδοτιοῦν ἀπεῖδεν, ὡς δ ̓ ἄν τις ἔποι βιασάμενος τὸν λόγον, θεοκρατίαν ἀπέδειξε τὸ πολίτευμα, θεῷ τὴν ἀρχὴν καὶ τὸ κράτος ἀναθείς.

2) Hätte Hüllmann, ,,Staatsverf. der Israel." in dieser Beziehung den richtigen Standpunkt gefunden, sein lesenswerthes Buch käme nicht gerade in Hauptpunkten auf Voraussetzungen, die weder im Gesetze noch in der Geschichte begründet sind. Auch das Bild, welches Welcker „die letzten Gründe von Recht, Staat und Strafe" von der Theokratie aufstellt, passt wenigstens nicht auf die Mosaische Verfassung, und es ist allerdings sehr zu bedauern, dass der geistreiche Verfasser, der sonst Vieles mit richtigem Blicke misst, hier eben in der Alles beherrschenden Grundansicht irre gegangen ist. Auch Salvador, Hist. des Institutions de Moïse, verwechselt wohl Theokratie mit Hierarchie wenn er sich so ausschliesslich gegen die erstere, als ein Element der Mos. Verfassung, erklärt. Eine gute, hieher gehörige Abhandlung von Steinheim,,der Gottesstaat" s. in Geigers Zeitschr. f. Jüd. Theol. Bd. III. Heft 1—3.

§. 2. Gott wird in den biblischen Schriften sehr häufig König genannt, sowohl in Rücksicht des Israelitischen Volks, als selbst (namentlich bei messianischen Schilderungen) der ganzen Menschheit. Bestimmte hierher gehörige Ansichten kommen zunächst vor in der Antwort des Richters Gideon:,,nicht ich will über euch herrschen, noch mein Sohn, der Ewige soll herrschen (jimschol) über euch." Richt. 8, 23. Ferner, als Samuel Bedenken trägt einen König zu wählen, spricht Gott zu ihm:,,Gehorche der Stimme dieses Volkes in Allem, was sie dir sagen werden, denn nicht dich haben sie verschmähet, sondern mich haben sie verschmähet, über sie König zu seyn (mimloch, zu regieren)." 1 Sam. 8, 7. (Die hier gegebene bestimmte Einwilligung zur Wahl eines menschlichen Königs, stimmt mit dem Mosaischen Recht auch ausdrücklich überein, das die Möglichkeit einer künftigen Königswahl voraussieht s. Kap. 7.). Doch kommt in den Büchern Mosis selbst niemals die Bemerkung vor, dass Gott König seyn solle, als etwa nur am Schlusse des Gesanges am rothen Meere 2 Mos. 15, 18. wo es heisst: der Ewige wird regieren (jimloch, König seyn) immerdar und ewig," wo es aber auch durchaus keine rechtlich zu urgirende Bedeutung hat3). Leitete der unmit

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telbare Wille Gottes, zu Mosis Zeiten, das Volk Israel auch in den einzelnsten Vorfällen und Bewegungen, so war dies Verhältniss, wie bereits Michaelis bemerkt, doch nur vorübergehend, bis auf Weniges, was davon für die Folge bleiben sollte, worauf wir später zurückkommen werden.

§. 3. Zweierlei möchte aber vor Allem hier hervorzuheben seyn, nämlich:

1) dass das Gesetz, welches für immer in Israel religiös, sittlich, rechtlich walten soll, ein Gesetz, eine Offenbarung Gottes ist. Im Namen dieses Gesetzes, und somit im Namen Gottes, sollen die Richter für immer das Recht sprechen (Kap. 4. §. 2.), dies Gesetz soll die feste Richtschnur des jedesmaligen Königs bleiben (Kap. 7. §. 6.). Fasst man den theokratischen Gedanken auf, der hierin etwa läge, so ist es der, dass jedes einzelne Gesetz, also selbst ein seinem Wesen nach bloss polizeyliches, eine höhere, göttliche Autorität gewinnt und mit dem Gesammtgedanken der Of-. fenbarung in Verbindung tritt, dass also Nichterfüllung auch dieses Gesetzes zur Sünde gegen Gott wird. Ist z. B. Reinlichkeit in dem

3) Die Bezeichnung „König“ 5 Mos. 33, 5. bezieht sich nicht, wie Michaelis I. §. 34. angiebt, auf Gott, sondern auf Moses.

Israelitischen Heeres - Lager vorgeschrieben, so sehen wir auch dies mit dem höchsten Gedanken geistiger Reinheit, dass man heilig sey vor dem heiligen, allgegenwärtigen Gotte, in Verbindung gebracht (s. Kap.89. §. 5.). In der That herrscht der Gedanke des göttlichen Ursprunges überall auch durch die rechtlichen Vorschriften Mosis, und wird z. B. auch durch die Opfer repräsentirt, welche der eines Verbrechens Geständige darzubringen hat (s. Kap. 38. §. 7.), so wie durch die Feierlichkeit der vom Garisim und Ebal herab zu sprechenden Segnungen und Flüche, wobei die letztern besonders Verbrechen trafen, die vor dem weltlichen Gerichte strafbar, aber unentdeckt geblieben waren, als Schlagen der Eltern, Verrückung des Grenzsteines, Unzucht, Bestechlichkeit im Richteramte 5 Mos. 27, 11. ff. Auf diese Weise wird Gehorsam auch gegen Staats- und PolizeyGesetze tiefer dem Gewissen empfohlen, und was seinem Wesen nach eigentliches Recht ist, wird zugleich zu einem sittlichen und religiösen Moment erhoben. Man hätte demnach die Sache nicht umkehren und, wie Michaelis thut, Sittliches in Polizeyliches verwandeln sollen, was so offenbar nicht nur dem Geiste des Mosaischen Gesetzes, sondern aller alten, auch heidnischen Gesetzgeber widerspricht, die, wie Numa, Lykurg, Zoroaster, zu höherer Weihe, das religiöse Princip mit dem Menschlich-gesetzlichen verbanden. Es ist lächerlich, die zehn Gebote, oder wenn es bei Moses heisst: „seyd heilig, wie Gott heilig ist“, „liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst", "Gott liebet den Fremdling, und giebt ihm Brod und Kleidung, darum sollst du auch den Fremdling lieben“ diese und so viele andere Gesetze der Art zu Polizey-Gesetzen zu machen und sie als nur vom beschränkt-rechtlichen Gesichtspunkte verkündiget zu betrachten (wogegen unter Anderm auch der oft sittliche Ermahnung bezeichnende Ton, namentlich des fünften Buches Mosis, streitet). Aber wohl sind die oben bemerkten Umstände eine Aufforderung, bei der nothwendigen Scheidung von sittlichen und rechtlichen Bestimmungen bei Moses, die erstern als einen guten Commentar für die richtige Auffassung der letztern zu benutzen und bei dem Rechtsgesetze den allgemeinen sittlichen Standpunkt des Gesetzgebers nicht aus den Augen zu verlieren, um es, im Zusammenhange mit dem Uebrigen, besser zu verstehen.

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§. 4. 2) Ist Gott Befreier des Volkes Israel. Er hat dasselbe aus Aegypten erlöset, ihm also gehört es vor Allem an. aus diesem Zeugnisse göttlicher Liebe, die Pflicht der Liebe und des Gehorsams gegen Gott 5 Mos. 7, 8-13, die Pflicht heilig zu seyn, wie er es ist 3 Mos. 11, 45, mildthätig gegen Nothleidende

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