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welche selbst das Thier gegen seine Jungen empfindet, wie er, aus gleichem Grunde, das Schlachten der Jungen und der Mutter an einem Tage verbietet, 3 Mos. 22, 28. s. ob. §. 4. Ausserdem musste das Gesetz allerdings auch die Ausrottung geniessbarer oder sonst (z. B. für die Vernichtung von Gewürm) nützlicher Vögel verhindern 238). S. die ausführlichern Erörterungen hierüber bei Michaelis §. 171., vgl. Winer Art. Vogel.

Auf das sittliche Gebot, zur Aufhülfe des unter der Last, oder sonst gestürzten Thieres, mit Hand anzulegen, 5 Mos. 22, 4. 2 Mos. 23, 5., werde hier, der Vollständigkeit wegen, gleichfalls hingedeutet.

Sprachliche Bemerkung.

Gedi,, das Junge von Thieren überhaupt (s. ob. §. 5.), leitet Gesenius von, gadah, „rupfen" her. Indess fressen diese Thiere, auch wenn sie älter werden, doch stets auf gleiche, rupfende, Weise. Vielmehr scheint das Wort von 772, gadad,,,drängen“ abzuleiten wovon Gedud, Schaar), welches dann besonders auf die Jungen passte, die sich an die Mutter drängen. Erinnern kann man sich hierbei, dass auch Elef, N, Rind, von dem,,Beisammenseyn" in der Heerde so genannt ist. Jedenfalls zeigt sich's, wie wenig Grand vorhanden sey, Gedi und das betreffende Gesetz gerade auf das Junge vom Ziegen-Geschlecht zu beziehen.

Kap. 18.
Handel.

§. 1. Das Mosaische Recht setzt offenbar den Handel nicht als eigentliche Beschäftigung des Volkes voraus. Bei der grossen Anzahl von Gesetzen, die in die einzelnsten Interessen des Landbaues und der hiermit zusammenhängenden Beschäftigungen eingehen, finden sich nur sehr wenige Gesetze, die auf Handel bezogen werden können. Diese sind zum Theil sogar geeignet, ihm Hindernisse

238) Die Rabbinen beziehen es indess nur auf reine, d. i. geniessbare Vögel, Chol. XII, 2.

entgegen zu stellen, und es giebt keines, dessen Tendenz es wäre, zu dieser Beschäftigung aufzumuntern. Der eigentliche Reichthum des Volkes bestand in seinem Landeigenthum und in seinen Heerden. Die Anhäufung von Geldschätzen wird so wenig begünstiget, dass sie selbst dem etwa zu erwählenden Könige, 5 Mos. 17, 17., verboten wird. Gott wird dir, sagt der Gesetzgeber, seinen guten Schatz, den Himmel, öffnen und Regen geben deinem Lande zur rechten Zeit, um zu segnen alles Wirken deiner Hand", 5 Mos. 28, 12,; also ein fruchtbarer Regen wird als der beste Schatz betrachtet, da er die Arbeit der Hände, welche den Acker bebauten, segensreich gedeihen lässt. Freilich berichten uns die geschichtlichen Nachrichten aus der Zeit Salomo's, von der Aussendung von Schiffen und grössern Handelsunternehmungen, die unter diesem Könige geschahen. Aber diese Unternehmungen, welche, durch die einseitige Anhäufung von Reichthümern und durch den Luxus, zu dem ein Theil des Volkes verlockt wurde, nicht wenig zur Thei lung und zum endlichen Ruin des Landes beitrugen, stehen ganz ausserhalb der Idee des Mosaischen Gesetzes und auch noch zu des Josephus Zeit (c. Ap. I.) war der Handel nicht Beschäftigung des Volkes. Dass der reiche Ertrag an Feld- und andern edlen Früchten auch fremde Käufer ins Land ziehen würde, nimmt der Gesetzgeber allerdings an. Ebenso auch, dass diese öfter, wie es im Handels-Verkehr üblich ist, das Gekaufte nicht sogleich bezahlen, oder, um es zu thun, ein Darlehn nehmen würden. In dieser Beziehung sagt er, im unmittelbaren Fortgange der obigen Stelle 5 Mos. 28, 11. 12., welche eine sich mehrende Bevölkerung und den reichen Ertrag der Viehzucht und des Landbaues verkündigt:„du wirst vielen Völkern leihen, aber für dich Nichts entlehnen dürfen“, vgl. 5 Mos. 15, 6., d. h. du wirst reichlich von dem Ertrage des eignen Landes leben können, ohne deine Lebensbedürfnisse von auswärts zu holen, und dadurch mitunter zum Schuldner zu werden.

§. 2. Diesem, den überreichen Produkten des Landes einen natürlichen Abfluss eröffnenden, Verkehr mit ausländischen Individuen Schwierigkeiten in den Weg zu stellen, kann dem Gesetzgeber wohl nicht einfallen. Es verstand sich von selbst, dass man bei Capitalien, die man an irgend einen ausländischen Kaufmann, zu merkantilischen Zwecken verlieh, sich das zeitweilige Weggeben derselben durch die zu jener Zeit schon sonst üblichen 239) Zinsen

239) Da das Gesetz den Namen und die Sache als bekannt voraussetzt.

bezahlt machte, um so mehr, da das an Fremde, die nicht an Ort und Stelle wohnten, gegebene Geld, immer nicht ganz sicher war, und gewiss in einzelnen Fällen verloren ging, wofür dann der mässige Gewinn in andern einen Ersatz gewähren musste. Wollte also der Gesetzgeber in diesem Falle das Nehmen von Zinsen, oder für gewisse Zeiten das Eintreiben der Schuld selbst verbieten, so hiesse dies einen solchen, den Einwohnern des Landes im Ganzen so nützlichen, Verkehr lähmen, und es ist kaum einzusehen, welche vernünftigen Gründe es dafür geben konnte. Das Gesetz gestattet demnach 5 Mos. 23, 20., von dem Ausländer Zinsen zu nehmen und, 5 Mos. 15, 3., auch im siebenten (Erlass-) Jahre von dem Ausländer die Schuld einzutreiben.

Man hat bekanntlich in diesen beiden Gesetzen etwas Gehässiges finden wollen, da hier ein Unterschied gemacht werde, zwischen Israeliten und Nicht-Israeliten. Indess ist dies (vgl. K. 15. §. 2.) nicht der Fall, abgesehen davon, dass in einer bei allen übrigen Völkern im Allgemeinen geltenden, wenn auch hier nur theilweise gegebenen Erlaubniss, nie eine besondere Gehässigkeit liegen könnte. Allerdings verbietet das Gesetz, in dem Erlassjahre Schulden von Israeliten einzutreiben, da in dem siebenten Jahre die Aecker nicht bebauet wurden, und folglich keine Mittel zur Bezahlung von Schulden lieferten; allerdings ist es ferner, ausser in dem oben angedeuteten Falle, verboten, Zinsen oder Uebersatz zu nehmen, 3 Mos. 25, 35-37., 5 Mos. 23, 20. Aber fürs Erste wird hier, unter der Kategorie des ,,Bruders", von dem keine Zinsen genommen werden dürfen, auch der Fremdling (im Lande) mit aufgeführt. Sodann aber trifft, wie auch bereits Michaelis nachdrücklich bemerkt, das Verbot der Zinsen hier gar keine merkantilischen Verhältnisse. In dieser Beziehung hat man es gänzlich übersehen, dass, wenn Niemand Zinsen nehmen darf, dies zugleich hindert, sie zu geben, dass hier also ein Gesetz wäre, welches den israelitischen Kaufmann, der Geld braucht, härter treffen müsste, als denjenigen, der es wegzugeben hat, da dieser es, in grossen Summen und zu merkantilischen Zwecken, schwerlich ohne Zinsen weggeben und seinem eignen Geschäfte entziehen wird. Es ist also eine deutliche Voraussetzung der hierher gehörigen Bestimmungen, dass der Fall, in welchem etwa israelitische Käufer Darlehn zu eignen Handels- Unternehmungen brauchen würden, gar nicht vorkommen könne, s. ob. 5 Mos. 28, 12., sondern dass der Einwohner des Landes, der für sich Etwas leihet, dies nur aus Armuth thue. Ihm befiehlt nun der Gesetz

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geber unter allen Umständen zu leihen, wie auch, bei solchen DarJehen der Wohlthätigkeit, weder Zinsen und Uebersatz, noch auch unentbehrliche Pfänder zu nehmen (K.33.). Er macht also hier keinen Unterschied zwischen Israeliten und Nicht-Israeliten, sondern zwischen den im Lande Wohnenden (gleichviel von welchem Volke), und Ausländern, welche letztere das geliehene Geld nicht, wie die erstern, aus Armuth brauchten.

§. 3. Da nun im Innern des Landes selbst ein merkantilischer Geschäftsverkehr im umfassendern Sinne, zwischen den Eingebornen, nach den Verhältnissen des Volkes und dem Geiste seines Gesetzes, nicht Statt finden sollte, so beschränken sich die hierher gehörigen anderweitigen Gesetze einzig auf die Regulirung des innern kleinern Verkehrs, im Kauf und Verkauf des für den unmittelbaren Lebensbedarf Nöthigen.

Keiner soll den Andern beim Verkauf oder Kauf übervortheilen, 3 Mos. 25, 14.

Dies Gesetz findet sich mitten unter denjenigen, welche den Einfluss des Jobeljahres auf den Verkauf der Aecker feststellen, und erhält, V. 17., noch eine ganz bestimmte Anwendung auf diese Verhältnisse (s. K. 13. §. 3.). Aber es kann gleichwohl ganz allgemein gemeint seyn, und jedenfalls liegt es in seinem Wesen, die Uebervortheilung, wo sie auch geschehe, als ein Unrecht zu bezeichnen 240). Vor ihr schützt 2 Mos. 22, 20. auch den Fremdling.

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Keiner soll in seinem Beutel grösseres oder kleineres Gewicht haben, Keiner soll in seinem Hause zweierlei, grösseres und kleineres, Epha (Haufen-Mass) haben. Gewicht und Epha-Mass sollen voll und recht seyn 5 Mos. 25, 13 15. Da Betrügereien durch falsches Mass schwer zu überwachen sind, so wird Redlichkeit in dieser Beziehung noch dringender durch den Zusatz empfohlen, dass die Folge derselben ein langes Bestehen (des Volkes) im Lande seyn werde, und dass derjenige vor dem Ewigen ein Gräuel

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240) Nach dem R. d. M. findet Uebervortheilung bei 1% des Werthes Statt, in so fern dem Käufer oder Verkäufer um so viel Unrecht geschehen, dessen Gutmachung rechtlich gefordert werden kann. Dasselbe findet namentlich auch auf Münzen Anwendung, die um ihres Werthes abgerieben sind. Bab. mez. IV, 3. 5. vgl. Sch. Ar. Ch. ham. T. 127.

sey, der hierin und überhaupt Unrecht thut 241), vgl. 3 Mos. 19, 11 — 13.

Es soll kein Unrecht geschehen im Gerichte, bei dem LängenMass, Gewicht und Kannen-Mass. Waage, Gewicht, Epha und Hin sollen rechtmässig seyn, 3 Mos. 19, 35. 36.

Wenn die ersten Worte nicht ein, von dem Uebrigen abzusonderndes, eigenes Gesetz enthalten sollen, wobei sie aber nur eine Wiederholung des Einganges von V. 15. wären, so setzen sie vielleicht voraus, dass die Masse und Gewichte unter Beaufsichtigung der geeigneten Behörde stehen werden, oder gebieten dem Richter die vollkommenste Gewissenhaftigkeit bei dahin gehörigen Entscheidungen, sey es nun bei Bestimmung von EntschädigungsSummen, oder vielleicht auch bei Streitigkeiten oder Zweifeln über die Masse und Gewichte selbst Michaelis legt viel Werth auf die Bemerkung, dass die genaue Angabe der Masse bei dem Baue des Heiligthums in der Wüste und bei der Bestimmung heiliger Gaben, zugleich den Zweck hatte, hier die Normalmasse für die Nation niederzulegen. Allerdings war immer die Möglichkeit geboten, die Masse nach den heiligen Gegenständen zu rectificiren, z. B. die Elle nach dem angegebenen Längenmasse der Bundeslade u. s. w. Omer und Hin, Epha, Log u. s. w. nach den im Tempel vorfindlichen Hohlmassen, den Schekel nach dem den Priestern nöthigen Gewichte des heiligen Schekel, zu 20 Gera. Doch ist nirgend

241) In d. R. d. M. finden sich bestimmte Anordnungen wegen des Reinhaltens der Masse (die durch anklebende Stoffe sich allmählig verengern), so wie über die Quantität der Zuwage und des Uebermasses, wo solche üblich sind, B. bathr. V, 10. 11., desgleichen die Procente Schadhaftes, die der Käufer sich z. B. bei dem massenhaften Ankauf von Wein oder Früchten, unter Umständen, muss gefallen lassen, B. b. VI, 2. 3. Das R. d. M. fordert nächstdem auch die grösste Gewissenhaftigkeit in Hinsicht der verkäuflichen Gegenstände selbst. Man soll nicht unter den bedungenen Ertrag eines besimmten Ackers, Früchte eines andern, noch weniger frisches Getreide unter altes (dessen getrocknete Körner ein besseres Mehlmass geben), nicht, ohne Wissen des Käufers, Wasser unter Wein mischen, nicht, durch künstliche Mittel, das zu Verkaufende (Produkte, Geräthe, Vieh oder Skla, ven) schöner und besser erscheinen lassen, als es ist, Baba mez. IV, 11. 12. Sonstige Bestimmungen zur Vermeidung von Streit, nachdem Kauf oder Pacht abgeschlossen, und um jede Partei vor ungerechten Zumuthungen zu schützen, s. in K. 110.

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