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selbe gehet an ihr also nur vorüber, ohne ihr selbst eine genauer eingehende Forschung zu widmen. Wir haben in dieser Betrachtung angenommen" heisst es S. 57 f., dass der heilige Sekel in den Büchern Mose, der Sekel des Ezechiel und der Sekel des Fürsten Simeon insoweit einerlei gewesen, als überhaupt die Gewichte im Laufe vieler Jahrhunderte dieselben bleiben konnten" wobei der Verf. nur weiter ausführt, dass er für das Gegentheil keinen haltbaren Grund gefunden. Noch weniger sind die Untersuchungen welche über das Körper- und Längen-Mass S. 257 ff. angestellt werden, geeignet oder darauf berechnet, diese eben bezeichnete Frage zu lösen. Wenn daher Bertheau, welcher, auf die von Böckh gewonnenen Resultate sich wesentlich stützend, sie in Bezug auf die Hebräer, in einer anziehenden, lichten Darstellung, noch genauer ausführt, die Uebereinstimmung des ältesten Hebräischen Gewichtes und Geldes mit dem spätern Werthe und Gehalt, als durch die gefundene Uebereinstimmung in den Masssystemen der Völker, erwiesen annimmt, S. 35., so können wir uns bei dieser Ansicht keinesweges beruhigen, da es für uns eine Hauptfrage ist, welches der Werth der bei Moses vorkommenden Masse und Gewichte war, und die Identität derselben mit den von Josephus bezeichneten uns aus mehr als einem Grunde zweifelhaft erscheint. Denn die Uebereinstimmung der Völker in Massen und Gewichten konnten sich sehr wohl erst durch allgemeinere Handelsverbindungen herstellen, und es scheint uns keinesweges ausgemacht, dass sie eine ursprüngliche gewesen. Ursprünglich war etwa die gleiche Wahl natürlicher Massbestimmungen, z. B. der Elle, da man das Mass nach dem Arme nahm, 5 Mos. 3, 11. Auch mochten die Phönicier lange nach diesem natürlichen Masse ihre Waaren verkaufen. Wenn man es aber allmählig zweckmässig fand, das Schwankende in solchem Masse, durch genauere Bestimmungen zu beseitigen, wenn die „, Elle" allmählig grösser wurde als der natürliche Vorderarm, so ist wohl keinesweges anzunehmen, dass dies schon in ältern Zeiten gleichmässig bei allen Völkern geschah, sondern erst nach und nach, wie der gegenseitige Verkehr es dringender forderte, wird man die Masse übereinstimmender gemacht haben. Da nun das Gesetz der Hebräer auf die Beschäftigung mit Handel durchaus kein Gewicht legt, vielmehr das Volk von demselben weg, zum Ackerbau zu ziehen sucht, so ist noch mehr anzunehmen, dass bei den Hebräern sich sogar später, als bel den übrigen Völkern, das Bedürfniss, mit dem Masse des Welthandels sich in Uebereinstimmung zu setzen, geltend gemacht habe.

In der That scheinen uns die beigebrachten Gründe dafür, dass die frühesten Gewicht- und Massbestimmungen bei den Hebräern, und zumal die in den ältesten biblischen Schriften erwähnten, kleiner waren, als die gleichnamigen Masse und Werthe in späterer Zeit, durch diese neuesten Forschungen nicht entkräftet. Von dem Längenmasse liegt dies am Tage, denn die spätere Elle ist doch, auch nach Böckh's Notizen überall, grösser, als die ursprüngliche Länge des Vorderarms, nach der noch 5 Mos. 3, II. gerechnet wird. Die Erwähnung der ,,alten Elle" 2 Chron. 3, 3. und einige andere Notizen aus Ezech. (s. §. 2.) geben gleichfalls deutlich die Spuren einer allmähligen Veränderung dieses Masses. Dass das Gewicht des Geldes, bei gleicher Benennung, grösser geworden, scheint eine sehr natürliche Folge des Umstandes, dass das edle Metall, je grössere Massen von demselben ausgegraben, geprägt, in Circulation gesetzt wurden, nothwendig im Preise sinken, und sein Verhältniss zu den käuflichen Gegenständen sich ändern musste. Kam also der Schekel später nach Bertheau's Berechnung S. 49. (vergl. Böckh. S. 56.), seinem Metallwerthe nach, 21 gGr. unseres Geldes gleich, so wird man aus unsern Bemerkungen §. 6. 7. ersehen, wie schwierig es ist, für den ältern Schekel einen solchen Werth anzunehmen, mit Rücksicht sowohl auf Gewicht, als auf die Preise der Dinge, wenn man sich namentlich noch erinnert, dass ein Geldstück von 21 gGr. damals nach Michaelis den funfzigfachen, jedenfalls aber doch einen weit grössern Geldwerth repräsentirte, als in unsrer Zeit 262). Hat nun nach

262) Nach der Annahme bedeutender Forscher, war der Werth des Geldes im Alterthum 10 fach höher, als in unsrer Zeit. Böckh. Staatshaushaltung d. Athener S. 66 — 68., ist hiermit allerdings nicht einverstanden. Ihh widerlegt Schlosser, Geschichte d. alt. Welt Th. I. b. S. 86. Anm., welcher den Werth des Geldes zur Zeit des Perikles wenigstens um das Sechs- oder Achtfache höher annimmt, als der jetzige Geldwerth beträgt. In der That, wenn die Masse der zu gewinnenden Lebensmittel, im Verhältnisse zur Bevölkerung, doch eher sich verringert, als vermehrt hat, anderseits aber, bei der Auffindung so vieler neuer Gold- und Silberhaltiger Bergwerke, die alle regelmässig und im Grossen ausgebeutet werden, das Geld, wie jede andere häufiger gewordene Waare, im Preise sinken muss, so scheint uns ein Verhältniss von 10: 1, in Bezug auf die angegebene Zeit, keinesweges übertrieben. Gehet man von da in eine noch frühere Periode

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Böckh S. 33. das Talent bei Homer noch einen von dem des spätern Talentes jedenfalls ganz verschiedenen Werth, und ist es dort nur noch ein kleines Gewicht, das sich mit Hülfe der spätern Angaben nicht sicher berechnen lässt, warum sollte nicht dasselbe bei dem Schekel, dessen Name eben das was Talent" bedeutet, gleichfalls der Fall seyn? Wie bei uns die Benennung,,Groschen", sowie das Geld im Preise sank, immer werthvollern Geldstücken beigelegt wurde, so verhält es sich offenbar auch mit dem ,,Schekel", als Namen einer Münze. Dass auch das Haufen- und Kannen-Mass in früherer Zeit unmöglich so gross gewesen, als es sich aus den spätern Andeutungen und Zusammenstellungen ergiebt, wird wohl zur Genüge aus dem im §. 1. Beigebrachten hervorgehen.

Unter diesen Umständen dürfen wir es wohl kaum bereuen, durch Combinationen der in den biblischen Schriften sich darbietenden Data selbst, unser Ziel verfolgt zu haben. Die Berechnungen des Schekels nach dem Gewicht der Johannisbrodbohne (s. Böckh S. 58.) verwerfen wir gleichfalls, als durch keine biblische Angabe berechtigt. Aber Gera, deren zwanzig das Gewicht des Schekels bestimmen, ist offenbar nicht selbst ein Gewicht, sondern irgend ein natürliches Gewichtsmass, und der Gedanke, dass es ein Getreidekorn, granum sey, lässt sich wohl nicht mit Grund zurückweisen. Bei der Berechnung des Bath und Epha, scheinen uns die Angaben über Grösse und Gehalt des ,,ehernen Meeres" allerdings eine sehr willkommene Aushülfe. Wir kennen die anderweitigen Berechnungen, und namentlich diejenigen nicht selbst, die Saigey angestellt hat, s. Böckh S. 261. Keinesweges aber sind wir mit dessen Voraussetzung einverstanden, dass das „,eherne Meer" eine hohle Halbkugel gewesen sey. Da als die Bestimmung desselben angegeben wird, den Priestern zum Baden zu

zurück, so hat man Grund, auch dann schon eine allmählige Veränderung im Geldwerthe vorauszusetzen. So möchte es denn wohl kaum zu viel seyn, wenn man annimmt, dass zu den Zeiten Mosis, in welchen Sitten und Bedürfnisse noch so einfach waren, und die letztern so leicht gewonnen wurden, das Geld 15-20fach seltner, im Verhältnisse zu den Lebensmitteln war, als jetzt, folglich das je 15-20fache einer gleichnamigen Geldsumme unserer Zeit repräsentirte. Noch indess fehlen uns zu sehr die Data, um hier irgend sichere Zahlen angeben zu können.

dienen und es auch gar keinen andern erdenklichen Zweck haben konnte, so musste sein Boden eben seyn, wie überhaupt die ganze Form des Beckens durch diesen Zweck ziemlich deutlich bezeichnet ist, da auch eine sehr beträchtliche Ausbiegung der Wand sich kaum denken lässt, weil dies eine nutzlose Verschwendung von Material und Raum, wohl selbst auf Kosten der Bequemlichkeit,' gewesen wäre. So möchte denn unsere Berechnung ziemlich sicher seyn. Näherte es sich indess mehr der Kugelform, so waren die Masse noch kleiner, als wir sie fanden. Eben so sind die Höhe des Wassers in dem Becken, die nothwendige Höhe der kleinen Becken und des Altars, so viel wir wissen, übersehene Data, die aber hier sehr wichtig sind. Auch der wechselseitige Zusammenhang, in welche der Geldwerth und die Massbestimmungen stehen, ist wohl zu berücksichtigen. Die Benennung der Masse und Gewichte, wenn Granum ein Korn, Omer der Ertrag einer Garbe, Epha das für eine Familie zu verbackende Mass, Amah die natürliche ,,Elle" (von dem Ellenbogen bis zur Handwurzel) bezeichnet, würde auch auf die erste einfachste Bestimmung zurückweisen, deren künstliche Veränderung damals wenigstens noch nicht sehr gross gewesen seyn konnte. Vielleicht dürfen wir demnach hoffen, zu den Resultaten der angeführten geistreichen Forschungen einen kleinen, nicht unwillkommnen, Beitrag in Bezug auf die ältere Zeit geliefert zu haben.

Kap. 21.

Oeffentliche Sicherheit und Ordnung.

§. 1. Die Sicherstellung der Person und des Lebens, so wie demnächst auch des Eigenthums, betrachtet das Mosaische Recht als eine seiner dringendsten Aufgaben, und der Gesetzgeber sucht, als Sitten- und als Rechtslehrer, gleichmässig diesen Zweck zu erreichen. Die Sittengesetzgebung Mosis bemüht sich zunächst, die Grundursache des Verbrechens, den Egoismus, zu bannen, und indem solchergestalt dasselbe gleichsam an der Wurzel gefasst wird, keine Neigung aufkommen zu lassen, welche, wie zunächst dem Menschen selbst verderblich, so auch der allgemeinen Sicherheit gefährlich werden könnte. In dem Gebote:,,liebe Gott mit ganzem Herzen, ganzem Leben, allen Kräften", 5 Mos. 6, 5., giebt der Gesetzgeber seine Absicht zu erkennen, das Leben des Einzelnen

aus seiner Versenkung in den abgesonderten Kreis bloss egoistischer Interessen emporzuheben und in dem Gedanken einer höhern Liebe, als der seiner selbst, aufgehen zu lassen. In dem Gebote, heilig zu seyn, wie Gott es ist, 3 Mos. 19, 2., spricht er sein verdammendes Urtheil über Alles, was die sittliche Reinheit der Gesinnung trüben könnte, und ausserdem stellt er an die Spitze seiner Sittengesetzgebung, insofern sie die Verhältnisse zwischen Menschen und Menschen berührt, den Grundsatz: „,liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst", 3 Mos. 19, 18. Dies sagt gerade

das Gegentheil von dem bei uns üblichen Sprüchworte: „Jeder ist sich selbst der Nächste", und erklärt die ausschliessliche Berücksichtigung eigener Interessen, auf Kosten heiliger Pflichten der Liebe, welche die Menschen unter einander verbinden soll, für sündhaft; es giebt den höhern Beweggrund an, für das unmittelbar vorhergehende Verbot des Hassens im Herzen, der Rache und des nachhaltenden Zornes (V. 17.). Dasselbe Gebot wird ebendas. V. 33. 34., um jedem Missverständnisse vorzubeugen, noch einmal in Bezug auf nichtisraelitische Fremdlinge wiederholt, und dem Wesen nach, in Bezug auf heidnische Sklaven und Sklavinnen, auch in dem Sabbaths - Gesetze: „dass dein Knecht und deine Magd ruhe gleich wie du" 5 Mos. 5, 14. vgl. Hiob 31, 13-15. Gleichwie nun der Sittenlehrer vor dem allgemeinen und einenden Gesetze der Liebe, so lässt der Rechtslehrer jene egoistisch ausschliessenden Gesinnungen vor der höheren Idee eines Allen gemeinsam zukommenden Rechts zurücktreten. Er gestattet keine Parias, keine Heloten, er schliesst keinen Stand und keine Persönlichkeit von den Wohlthaten des Gesetzes aus (K. 99.). Er giebt dem Fremdlinge (,,einerlei Recht, soll bei euch seyn, Fremdling und Einheimischer sollen gleich seyn", 3 Mos. 24, 22. s. K. 91.), er giebt den Frauen im Allgemeinen (K. 102 ff.), die bei allen andern Völkern so sehr verachtet waren, der kriegsgefangenen Sklavinn, die anderswo das willenlose Opfer des rohen Siegers wurde (K. 103.), den Armen und Bettlern, fremden sowohl als einheimischen (K. 33.), dem Verbrecher, bevor das Gericht über ihn entschieden hatte, (K. 71.), ihre schützenden Rechte, ja dem Thiere selbst und dem Baume des Feldes (K. 17. 16. §. 2.). Er verfolgt so die, bei andern alten Völkern vorausgesetzte, Idee der Rechtslosigkeit gewisser Stände, und den Egoismus in seiner Rücksichtslosigkeit, die ihn so leicht zu den Verirrungen der Grausamkeit führt, bis an die äussersten Grenzen, und stellt auf solche Weise die Verhältnisse und die Personen vor ihm sicher.

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