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heilig bin ich der Ewige, euer Gott", und er trifft, auch in rechtlicher Hinsicht, die durchgreifendsten Massregeln, um diesem Grundsatze sittlicher Reinheit, in alle Verhältnisse des Lebens, Eingang zu verschaffen. Durch den würdigen Gesichtspunkt, unter welchen bereits 1 Mos. 2, 18. 20. 23. 24. die Ehe gebracht wird, wo das Weib nicht als blosse Kinder- Gebärerinn, yırǹ (yɛlvw) nicht bloss um ihrer Fruchtbarkeit willen geschätzt, femina (feo, fecundus) sondern als ,,Hülfe" des Mannes, als Ischa,,Männinn", auftritt, durch die bestimmten Rechte, welche den Frauen eingeräumt werden, die hier nicht wie bei andern alten Völkern als willenlose Geschöpfe, als blosse Mittel zur Befriedigung wilder Sinnlichkeit und tyrannischer Willkühr gelten, durch die Ehrfurcht ferner, welche er den Kindern gegen die Mutter gebietet (2 Mos. 20, 12. 21, 15. 17. 3 Mos. 19, 3. 20, 9. 5 Mos. 5, 16.) und mit welcher doch die Behandlung des Mannes auch in gewissem Einklange stehen musste, durch dies Alles schafft der Gesetzgeber ein edleres, wirkliches Familien - Leben, die beste Grundlage für die Sittlichkeit der Völker. Zwar verbietet derselbe die in jenen Gegenden, noch jetzt übliche Polygamie nicht direct. Aber er begünstigt sie keinesweges, und seine Bestimmungen in ihrem Zusammenhange mussten den Erfolg haben und hatten ihn auch, wie aus vielen Zeugnissen hervorgeht, die Polygamie bei dem Volke immer mehr einzuschränken, so dass sie in späterer Zeit gänzlich abgeschafft werden konnte. Bei der Darstellung des Eherechtes werden wir Gelegenheit haben, manches hierher Gehörige näher zu begründen.

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§. 2. Von den auf solche Weise ehrenvoller und freier gestellten Frauen, wird nun auch das beste Mittel ihnen diese Stellung zu sichern die strengste Sittlichkeit gefordert. Ehebruch auch Unkeuschheit der verlobten Braut wird bereits unter diesen Gesichtspunkt gebracht - Unzucht 353) und Schamlosigkeit wird streng und unnachsichtlich bestraft, wiewohl nicht mit den ausgesuchten Martern, wie sie bei andern Völkern die männliche Tyrannei gegen das rechtslose Weib ersann. Buhlerinnen sollen gar nicht geduldet werden. Ferner wird Blutschande, so wie überhaupt Heirathen in die nächste Verwandschaft, Verführung verheiratheter Frauen, Viehschande, die bei andern alten Völkern so sehr

353) Vorschriften der Mischna gegen ein, den Sitten gefährli ches, Beisammenseyn der beiden Geschlechter, s› Qidduschin IV, 12–14.

verbreitete Paederastie, mit strengen Strafen belegt, und Onanie schon an einem frühen Beispiele, 1 Mos. 38, 9. 10., der Verachtung Preis gegeben. Der Gesetzgeber musste um so mehr Anstalten gegen diese Verbrechen treffen, da sie von dem Götzendienste vielfach und öffentlich begünstigt wurden. K. 80-84.

Im Interesse der Sittlichkeit wird noch das Gesetz gegeben: Frauen sollen nicht, was für Männer gehört 354), und Männer nicht Frauenkleider tragen, wobei hinzugesetzt wird, dass wer dergleichen thue, ein Gräuel vor Gott sey, 5 Mos. 22, 5.

Aus einem verbrecherischen Umgang erzeugte Kinder sollen nicht in die Gemeinde aufgenommen werden, auch nicht ihre Nachkommen bis zum 10ten Geschlechte, 5 Mos. 23, 3.

Welcher Art der verbrecherische Umgang sey, der hier gemeint ist, lässt sich indess nicht ganz sicher bestimmen, siehe Kap. 100. §. 6.

Kastrirte sollen nicht in die Gemeinde aufgenommen werden, 5 Mos. 23, 2. s. Kap. 100. §. 6.

Unstreitig ist dieses Gesetz in dem Sinne gegeben, dass dergleichen eine unsittliche Verletzung menschlicher Würde sey. Auch selbst Thiere dieser Art werden, 3 Mos. 22, 24., als unwürdig zum Opfer bezeichnet und zugleich die Kastrirung von Thieren überhaupt verboten, K. 17, §. 2. Es spricht demnach obiges Gesetz mittelbar überhaupt das Verbot aus, Kastration an Menschen, in welcher Weise auch immer, zu vollziehen.

Kap. 33.

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§. 1. Bei allen Massregeln, welche das Gesetz trifft, eine gewisse Gleichmässigkeit des Besitzes und des Vermögens dem Volke zu

354) Es ist einigermassen auffallend, dass es im Texte eigentlich heisst: Manns-Geräth und Frauen-Kleid. Indess ist die allgemeinere Benennung Geräth wohl deshalb' gewählt, um auch den anderweitigen Schmuck des Mannes, als Helm, Rüstung u. s. w. mit zu bezeichnen. Derselbe Ausdruck:,,Geräth" kommt übrigens auch Jes. 61, 10. von dem Schmucke der Braut vor.

sichern (Kap. 12.), sieht dasselbe gleichwohl voraus, dass es auch Arme im Lande geben werde, 5 Mos. 15, 11. In der That lassen sich die menschlichen Verhältnisse durch keinerlei Mittel in starrer Unbeweglichkeit erhalten, und es konnte, unter den besten Umständen, nicht Allen im Volke gelingen, sich auf dem Boden der Besitzes - Gleichheit zu erhalten. Uebrigens gab es auch Audere, für welche diese Voraussetzung eines sorglosen Verhältnisses nicht anwendbar war, indem ihnen die gleiche Vertheilung des Grundeigenthums nicht zu Gute kam. Dies waren Leviten, Kap. 8., und Fremdlinge. Ueberhaupt aber werden regelmässig fünferlei Arme bezeichnet. Es sind: Wittwen, Waisen, Fremdlinge, Leviten und Arme im Allgemeinen. Wiederum nimmt das Gesetz Arme an, die nur einer Anleihe bedürfen, um sich selber aufzuhelfen, Andere, denen man Almosen reichen soll, und wiederum Andere, die aus Noth, bei Israeliten oder Fremdlingen, Dienste nehmen. Der Gesetzgeber trifft nun die ausreichendsten, und mitunter ihm ganz eigenthümliche, Anstalten, um die Nothleidenden aller Art vor dem Mangel, vor Ungerechtigkeit und Rücksichtslosigkeit zu schützen.

§. 2. Demjenigen Armen, der in augenblicklicher Noth eines Darlehns bedarf, ermahnt der Gesetzgeber dringend, es zu geben. ,,Lass nicht hart seyn dein Herz, und verschliesse nicht deine Hand vor deinem armen Bruder, sondern öffne sie und leihe ihm, so viel sein Mangel fordert. Hüte dich, dass nicht in deinem Herzen ein nichtsnutziger Gedanke sey, dass du sprechest: nahe ist das siebente, das Erlassjahr, und du deshalb ein böses Auge habest gegen deinen armen Bruder, und ihm nicht gebest; sondern gieb ihm und lass es dein Herz nicht verdriessen, 5 Mos. 15, 7—10. Es ist natürlich, dass Niemand zum Darleihen rechtlich gezwungen werden konnte, und dass wir hier nur eine rein sittliche Ermahnung des Gesetzgebers vor uns haben. Aber für den Fall, dass man dem Armen lieh, sind mehrere Anordnungen getroffen, die ihn von seinem Schuldherrn nicht ganz abhängig werden liessen (deren eine in obigen Worten bereits angedeutet ist): Im je 7ten, dem Erlassjahre darf die Schuld nicht eingetrieben werden, 5 Mos. 15, 1ff.s. K. 15.

Zinsen vom Gelde und Uebersatz von dargeliehenen Naturalien von dem Armen zu nehmen (also, bei dem Darlehn, das man ihm giebt, irgend einen Vortheil zu suchen) ist nicht gestattet, 2 Mos. 22, 24. 3 Mos. 25, 35-37. 5 Mos. 23, 20. 21. 355).

355) Vgl. Ps. 15, 5. Ezech. 18, 8.

Dies Gesetz soll nicht bloss dem einheimischen Israeliten, sondern auch Fremdlinge (Nicht-Israeliten) zu Gute kommen, 3 Mos. 25, 35-37.5).

Da in dem Lande selbst ein Handel der Art nicht vorauszusetzen war, welcher die Einheimischen veranlassen würde, von einander Darlehn, im Interesse kaufmännischer Speculationen, zu nehmen, so konnte an der Stelle 5 Mos. 23, 20. 21. das Gesetz auch ganz allgemein so ausgedrückt werden, dass von den im Lande Wohnenden überhaupt keine Zinsen genommen werden dürfen, sondern nur von dem Ausländer, in der Voraussetzung, dass nur dieser als Kaufmann, jener aber stets nur aus Armuth ein Darlehn nehmen werde. In Bezug auf die Missverständnisse 357), zu welchen dieses Gesetz Veranlassung gegeben hat, s. ob. Kap. 18. §. 2., ist es nöthig darauf aufmerksam zu machen, dass der Ausländer (Nochri), der an dieser Stelle und 5 Mos. 15, 3. genannt wird, von dem Fremdlinge (Ger) d. i. dem Nicht-Israeliten, der sich bleibend im Lande aufhält, wohl zu unterscheiden ist. Nur von

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356 Die Stelle lautet wörtlich: Wenn dein Bruder sinket und sein Vermögen abnimmt neben dir, so unterstütze ihn, er sey Fremdling oder Ansässiger, dass er mit dir lebe“ u. s. w、 Letztere Bezeichnung muss man auf den Israeliten beziehen, wenn die Stelle von diesem, wie man allerdings voraussetzen möchte, gleichfalls redet. Indess kommt „,Ansässiger" Thoschab sonst wohl deutlich nur von dem Fremdlinge (Ger) vor, der sich im Lande bleibend niedergelassen hat, und wenn Fremdling und Einheimischer (Israelit) einander entgegengesetzt werden sollen, dann hat der Gesetzgeber den Ausdruck: Ger Fremdling und Esrach Einheimischer (s. K. 100. §. 1.). Oder man muss die Stelle, wenn man sie nicht allein von dem Fremdlinge verstehen will, so nehmen: Wenn dein Bruder (d. i, im weitern Sinne der Israelitische oder nicht Israel. Mitbewohner des Landes, dem 5 Mos. 23, 21. der Ausländer entgegengesetzt wird) sinket, unterstütze ihn, den Fremdling und Ansässigen, d. i. namentlich auch diese, überhaupt Alle, die du als Brüder zu betrachten die Pflicht hast. 357) Zu diesen hat nicht wenig die Uebersetzung des betreffenden Hebräischen Wortes bei Luther, durch Wucher", beigetragen. Wucher hat aber in der Lutherischen Sprache eben so wenig wie das Hebräische die Bedeutung übermässiger Zinsen, in der es jetzt gebraucht wird, sondern heisst nur Zinsen überhaupt, von denen im einfachen Sinne auch Moses spricht,

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dem Ausländer, der nicht als Armer in das Land kam, um sich Geld zu leihen und wer hätte es sich auch einfallen lassen, einem ausländischen, durchreisenden Bettler, bedeutendere Summen zu leihen, in Erwartung, dass er Zinsen geben würde ist es gestattet, die überall unter Kaufleuten üblichen Vortheile in Anspruch zu nehmen, gleichwie man von ihm auch im siebenten Jahre die verfallene Schuld, ebenso wie sonst, eintreiben durfte, da die besondern Verhältnisse des Erlassjahres, in welchem die Aecker nicht bebaut wurden und der einheimische Schuldner keinen Ertrag hatte, von dem er die Schuld bezahlen konnte, auf den in andern Ländern Wohnenden keine Anwendung fanden. Dass dies in der That der Sinn der Stelle 5 Mos. 23, 20. 21. sey, und dass das Nehmen der Zinsen von Einheimischen eben nur darum verboten sey, weil das Darlehn hier von dem Gesetzzeber als Almosen angesehen wird, ergiebt sich unwiderleglich aus Vergleichung der Stelle 3 Mos. 25, 35–37. vgl. 2 Mos. 22, 24., wo derjenige, dem man bereitwillig ein Darlehn geben soll, ohne aber Zinsen oder Uebersatz zu nehmen, ausdrücklich als Armer bezeichnet wird. Schon die Anführung des Uebersatzes deutet hierauf hin, da ein Darlehn von Naturalien, als Getreide u. dgl. zu kaufmännischen Zwecken, in jener Zeit sich wohl nicht denken lässt. Daher wird dies Letztere, auch in Bezug auf den Ausländer, gänzlich weggelassen, und bei ihm nur von Zinsen gesprochen, 5 Mos. 23, 21. vgl. 20.

§. 3. Derjenige, welcher ein Darlehn giebt, darf nicht selbst in das Haus des Schuldners gehen, um sich ein Pfand zu nehmen, sondern muss draussen stehen bleiben, so dass der Schuldner ihm dasselbe herausbringe, 5 Mos. 24, 10. 11.

Der Zweck des Gesetzes ist offenbar, den Schuldner gegen die Willkühr eines übermüthigen Schuldherrn zu schützen, wenn derselbe vielleicht das zu gebende Darlehn an die Bedingung knüpfte, dass ihm ein besonders in die Augen fallender Gegenstand zum Pfande gegeben würde. Sondern Jenem soll die Wahl des Pfandes überlassen bleiben, und ihm auch das beschämende Gefühl erspart werden, einen Fremden in seinem Hause und unter den Seinigen, in einer gewissermassen herrischen Weise, schalten zu sehen.

Den obern und untern Mühlstein, und das Kleid der Wittwe, soll man nicht zum Pfande nehmen, 5 Mos. 24, 6. 17.

Was die Familie an Mehl oder sonst Gemahlenem bedurfte, wurde bekanntlich im Hause selbst, auf kleinen Handmühlen, ge

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