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Kap. 34.

Allgemeine Wehrpflichtigkeit.

§. 1. Moses stützt die Anordnungen zum Schutze des Volkes und des Landes auf den edelsten, eines freien Volkes würdigsten Grundsatz, wie wir ihn auch in unserm Vaterlande finden, die Waffenpflichtigkeit Aller. Bei den, 4 Mos. 1, 2 ff. 26, 2. 4., angeordne ten und vollbrachten Zählungen des Volkes wird, mit einem stehenden Ausdrucke, Jeder vom 20sten Jahre und darüber, als zum Heeresdienst, Zaba, ausziehend (d. i. zum Kriegsdienste pflichtig) bezeichnet. Dies geschieht namentlich an der letztern Stelle 365) in Bezug auf einen wirklich bevorstehenden und bereits angeordneten Krieg, 4 Mos. 26, 17. 31, 2 ff. Diese Gewohnheit, sich eine jede Menge zugleich nach ihrer zum Kampfe nöthigen Ordnung und Gliederung zu denken, lag so entschieden in der Anschauungsweise der Hebräer, dass sie auch andere Verhältnisse unter den gleichen Gesichtspunkt brachten. So haben wir bereits im Frühern darauf hingedeutet, dass derselbe Ausdruck,,sich zum Dienste, Zaba, einfinden", auch auf die Leviten angewendet wird, die bei dem Heiligthume Dienste zu thun verpflichtet waren, 4 Mos. 4, 3. Aber auch die Sterne werden das Heer, Zaba, des Himmels genannt, 5 Mos. 4, 19. 1 Mos. 2, 1., woraus der Name des heidnischen Sterndienstes, Sabaeismus, hervorgegangen ist, gleichwie der später so gewöhnliche Name Gottes: Ewiger Zebaoth" (Gott der Sternenheere). Der Gottes - Bote, Jos. 5, 13-15., thut sich kund als einen „Fürsten von dem Heere des Ewigen" und erscheinet mit gezücktem Schwerdte, wie auch Bileam, 4 Mos. 22, 23., den ihm erscheinenden Engel so schauet, und die vor dem Paradiese lagernden Cherubim feurige Schwerdter haben. Auch Jakob nennt eine ihm auf dem Wege, als Engel, erscheinende Schaar,,göttliche Lager", 1 Mos. 32, 2. 3. Die Geläufigkeit dieser kriegerischen Vorstellungen, die Nothwendigkeit stets zum Kampfe gerüstet zu

365),,Nehmet auf die Kopfzahl der ganzen Gemeinde der KinJeden, der da aus

der Israels, vom Zwanzigjährigen und darüber ziehet zum Dienst in Israel."

seyn, und die gleiche Verpflichtung eines Jeden an demselben Theil zu nehmen, war in jenen Zeiten und Verhältnissen durchaus natürlich. Hierauf sich gründende Einrichtungen waren aber dem Volke, welches hier gesetzlich constituirt wird, um so nothwendiger, als es das Land, in welchem es seine Wohnsitze erhalten sollte, erst mit den Waffen in der Hand erkämpfen, in demselben, als welches an den Verbindungswegen der Völker, 5 Mos. 33, 19., ja dreier Welttheile lag, voraussichtlich jeden Augenblick zum Kampfe, gegen durchziehende, oder rings umher wohnende Feinde, gerüstet seyn musste. Auch während des Aufenthaltes in der Wüste selbst war dieses bereits der Fall, wie z. B. der unerwartete Kampf mit den Amalekitern zeigt, 2 Mos. 17, 8. Daher war auch die Ordnung, nach welcher die Stämme sich lagerten und aufbrachen streng vorgeschrieben, s. Kap. 94.

§. 2. In welcher Weise die Zählung des Volkes geschah, ersiehet man aus der Anordnung 4 Mos. 1, 2. 3.:,,Nehmet auf das Haupt (die Kopfzahl) der ganzen Gemeinde Israels, nach ihren Familien, nach dem Hause ihrer Väter (Stamme, vgl. K. 2. §. 3.) vermittelst der Namenszahl von jedem Männlichen, nach ihren Köpfen; vom Zwanzigjährigen und drüber, Jeden der ausziehet zum (Kriegs-) Dienste in Israel, sollt ihr sie mustern, nach ihren Dienstschaaren. Hier ergiebt sich eine zwiefache Musterung, zuerst der allgemeinen Kopfzahl Aller, und sodann der Zwanzigjährigen im Besondern. Es entstand demnach, wenn man etwa die Namen aufschrieb, vgl. Kap. 5. §. 3., eine zwiefache Liste, nämlich sämmtlicher Männlichen, mit Einschluss der Kinder 366), und sodann derjenigen, die sich im mindesten 20jährigen, waffenfähigen Alter befanden. Wenn die Angabe, dass die Musterung ,,nach Familien, Stämmen, zu Folge der Namenszahl" geschehen solle, nicht überflüssig und eine unnütze Weitschweifigkeit seyn soll, so muss darin die Methode angedeutet seyn, nach welcher man verfuhr, vgl. Jos. 7, 14., indem man, in jedem Stamme, die einzelnen Familien, in welche er sich theilte, und hier die Kopfzahl aller männlichen Geburten ermittelte. Aus der letztern Uebersicht wurden dann diejenigen ausgezogen, die bereits das 20ste Jahr erreicht (vgl. V. 20. 22. 24. u. s. w.). Zu diesem Geschäfte waren dem

366) Eine Mitzählung der Kinder von einem Monat und darüber, zu anderm Zwecke, kommt auch 4 Mos. 3, 15. 40.

Yor.

Moses und Aaron noch je ein Mann aus jedem Stamme, und zwar das Haupt desselben, beigeordnet, V. 3-17. Hierauf heisst es ferner V. 18.: sie versammelten die ganze Gemeinde, und sie gaben sich nach ihren Geburten an, über (oder was betrifft) ihre Familien, nach ihrem Stamme, zu Folge der Namenszahl, von dem 20sten Jahre an und darüber, nach ihren Köpfen. Dass hierbei nicht in der That Alle versammelt wurden, sondern nur die Vertreter des Volkes, s. Kap. 3., verstehet sich von selbst, wie man auch nicht wird annehmen können, dass die mit der Zählung Beauftragten, von Hunderttausenden, Jeden einzeln vor sich kommen liessen. Sondern der Ausdruck Jithjaldu, sie gaben sich nach ihren Geburten an, ist wahrscheinlich wörtlich zu nehmen, und zwar so, dass die von den Stammes - Fürsten aufgerufenen FamilienHäupter die Geburtslisten mittheilten, wegen deren sie sich wieder an die einzelnen Familien - Väter gewandt, welche das Verzeichniss der männlichen Mitglieder, nach Geburtsjahr, Alter und Namen, angaben. Wie übrigens dieses Geschäft, ohne die Namen aufzuschreiben, vollbracht werden, oder für die Zukunft nützen konnte, wäre schwer zu sagen, vgl. Kap. 5. §. 3. 2 Mos. 30, 12 — 16. wird geboten, dass bei der Aufnahme der Kopfzahl der Gemusterten, von 20 Jahren und darüber, ein Jeder einen halben heiligen Schekel geben solle, der als ein Sühnegeld betrachtet und zum Baue des heiligen Zeltes angewendet werden soll. Man wird indess nach dem vorher Angedeuteten nicht wohl annehmen, dass die Zählung überhaupt so geschah, dass man die eingekommenen halben Schekel statt der Personen zusammenzählte, zumal aus 4 Mos. 1, 2. 3. sich deutlich ergiebt, dass die männlichen Mitglieder einer jeden Familie namentlich aufgeführt wurden.

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Unter Moses selbst kommen nur zweimal Zählungen des ganzen Volkes vor, nämlich 4 Mos. 1, 1 ff., im zweiten Monate des zweiten Jahres nach dem Auszuge aus Aegypten, und in der letzten Zeit des Aufenthaltes in der Wüste, nach dem Aussterben der ganzen ersten Generation, 4 Mos. 26, 1 ff. 64., unmittelbar vor dem Kriege mit den Midianitern. Aus den Worten, V. 4., dass Moses eine Musterung Aller, vom 20sten Jahre und darüber, vornehmen solle, so wie ihm und den Israeliten die aus Aegypten gezogen befohlen worden wäre, ergiebt sich ziemlich klar, dass zwischen diesen beiden Zählungen keine andere vorgekommen. Ferner ist auch nicht zu übersehen, dass bei dieser 2ten Zählung nur von den Kriegsfähigen allein die Rede ist, aber auch nicht mehr von einer namentlichen Aufführung, und noch weniger von einer voll

ständigern Controlle Aller, auch der Jüngern, wie bei 4 Mos. 1, 2. Auch wird bei dieser 2ten Zählung nicht mehr, wie bei jener ersten, eine grosse Commission für dieses Geschäft, 4 Mos. 1, 5—17, ernannt. Sondern es scheint sich diesmal die Zahl der Gemusterten leichter und einfacher zu ergeben. Es möchte also hieraus gleichfalls ziemlich deutlich hervorgehen, dass bei 4 Mos. 1. die eigentlichen Geburtslisten, V. 18., ordentlich angelegt und eingerichtet wurden, indem man sämmtliche männliche Geburten aufnahm, V. 2., aus diesen die im Augenblicke Waffenfähigen für das Mal auszog, sodann aber die Fortführung dieser einmal regelmässig und gründlich eingerichteten Controlle für die Zukunft den Schoterim (K. 5.) übergab. Aus'ihren Listen konnte man dann, ♫ jeder Zeit, die Zahl der waffenfähigen Mannschaft, ohne besondere Mühe und Zeitaufwand, ermitteln.

§. 3. Die Commission, welche Moses bei der ersten Zählung zur Seite ist, bestehet aus den Stammes-Häuptern. Die Aufnahme der Kopfzahl wird durch eine vollständige Berufung der Aeltesten bewirkt. Gleichfalls wird es den Repräsentanten des Volks, bei dem ersten ordentlichen Kriege gegen die Midianiter überlassen, die nöthige Mannschaft (von damals nur 12000 Kriegern) auszuheben und zu rüsten, 4 Mos. 31, 2-5. vgl. 25, 17. 18. Hierin möchte vielleicht eine Erklärung des Umstandes liegen, dass dem Könige David die Zählung des Volkes als eine Sünde angerechnet wird, dass selbst sein General Joab sie bedenklich findet, und jener sich später darüber Vorwürfe macht, 2 Sam. 24. Denn diese Zählung geschah keineswegs nach den von Moses eingeführten Normen. Vielmehr werden bei derselben die Häupter des Volkes gänzlich übergangen und die Zählung einer militairischen Commission unter Joab übergeben, die ordentlich, bei dem Umherziehen im Lande, ein eigenes Lager bildet, 2 Sam. 24, 5. Dies war eine Hintansetzung der Freiheiten des Volkes und des Vertrauens gegen seine Familien - Oberhäupter, denen die Gestellung der waffenfähigen Mannschaft überlassen war, 4 Mos. 31, 3-5., es konnte leicht zu einem tyrannischen Missbrauche der königl. Gewalt führen und ein schlechtes Beispiel für die Zukunft geben. Dies ist die politische Seite des Ereignisses. Uebrigens war man allerdings im Alterthume in Hinsicht des Zählens ängstlich, indem man die Meinung hatte, dass es dem Segen der Vermehrung Grenzen setze und überhaupt Unheil bringen könnte. Moses lässt, um diese Aengstlichkeit zu beschwichtigen, den halben Schekel als allgemeines Sühnegeld, 2 Mos. 30, 15., geben, indem zugleich V. 12.

bemerkt wird:,,uud es wird ihnen nicht zum Schaden seyn, wenn man sie mustert.

Ist übrigens im Vorhergehenden gesagt worden, dass unter Moses nur 2 Zählungen vorkommen, so bekennen wir uns hierbei vollkommen zur Ansicht Michaelis's (s. dessen Anmerkungen zu 4 Mos. 1, 1 ff.), dass die 2 Mos. 30, 12ff. in Aussicht gestellte Zählung, deren Ertrag an halben Schekeln 38, 25. 26. berichtet wird, mit der 4 Mos. 1 ff. angeordneten (da beide Male die gleiche Kopfzahl herauskommt) identisch sey, so aber, dass jeder von 20 Jahren und darüber zuerst freiwillig seinen halben Schekel hergab, und die normalmässige Zählung, in Bezug auf welche dies vorher geschehen war, erst später vollbracht wurde. So konnte also das auf diese Weise eingekommne Geld schon für das Heiligthum benutzt werden, 2 Mos. 38, 27 ff., das im ersten Monate des zweiten Jahres eingeweihet wird, 2 Mos. 40, 2. 17., während die Zählung erst in dem darauf folgenden zweiten Monate desselben Jahres, 4 Mos. 1, 1 ff., Statt findet.

§. 4. Gänzlich frei waren vom Kriegsdienste die Leviten, Kap. 8. S. 105., ferner: wer ein neues Haus gebauet, 5 Mos. 20, 5., einen Weinberg gepflanzt, und dieselben noch nicht eingeweihet hatte, V. 6. (im zweiten Falle also vielleicht bis zum vierten Jahre 3 Mos. 19, 24. Kap. 16. Anm. 214.). Ein junger Ehemann soll im ersten Jahre wie von allen Lasten (Kap. 35.) so auch vom Dienste frei seyn, 5 Mos. 20, 7. 24, 5. Ausserdem wurde Niemand eigentlich zum Kriegsdienste gezwungen, in so fern er noch vor der Schlacht ausscheiden und sich dem Schimpf der Feigkeit aussetzen wollte, 5 Mos. 20, 8., vielmehr die freiwillige und freudige Theilnahme am Kampfe von Jedem vorausgesetzt. S. d. Nähere im eigentlichen Krieg sr. K. 94. 95.

Kap. 35.

Steuern, Schätze.

§. 1. Nach den Bestimmungen des Gesetzes wurde das Israelitische Volk wenig durch Steuern und Abgaben belästiget. Die eingesetzten Aemter wurden, nach der Sitte der damaligen Zeit, unentgeldlich verwaltet. Es bedurfte also keiner besondern Mittel zur Besoldung der Ortsrichter, der Schoterim, oder auch des Oberrichters. Samuel konnte öffentlich fragen, ob er von Jemand irgend

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