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Gelübden gesprochen, so kann man wohl annehmen, dass er auch hier an die verschiedenen Arten des Bannes denke. Vorausgesetzt nun (wie dies wohl ziemlich zweifellos ist), dass das „, von Menschen" V. 29. nicht die Bannenden (wo das Gebannte etwa Vich seyn könnte), sondern vielmehr die Gebannten bezeichnet (=an Menschen), so sagt dieser Theil der Gesetzesstelle ganz einfach, dass wer durch einen Bannspruch zum Tode verurtheilt ist, von demselben nicht befreit werden dürfe. Es verstehet sich von selbst, dass dieser Bannspruch nur von Solchen ausgehen konnte, die dazu berechtigt waren. Also z. B. der den Götzen opferte, so wie eine ganze Stadt, die sich dieses Verbrechens schuldig gemacht, stand nach dem Gesetze selbst unter einem solchen Bannspruche, und Nichts sollte den wirklich Schuldigen von dem Tode retten können. Ebenso heisst es auch von dem eigentlichen Mörder, dass man kein Lösegeld nehmen solle, um ihn zu verschonen, ja ihn vom Altare selbst hinwegreissen müsse (K. 71.) Beide Verbrechen gehören also in Hinsicht der Strafe in eine Kategorie; es ist unerlässliche Todesstrafe. Nur dass es bei dem Morde im Interesse der bürgerlichen Gesellschaft selbst lag, diese Strafe zu vollziehen, der Götzendiener aber leicht, durch vergebliche Reue, Mitleid hätte erwecken können. Es sollte also hier, in dem ausgesprochenen Banne, ein religiöses Element dazu kommen, um ein für den Israelitischen Staat so gefährliches Verbrechen unrettbar der Strafe Preis zu geben. Dagegen heisst es im ersten Verse (28.) dass Alles, was Jemand von dem Seinigen, als Bann, Gotte hingebe, nicht ausgelöset werden könne, indem es hochheilig sey, und unter diesem nicht Auszulösenden werden auch Menschen genannt. Bringt man nun den zweiten Vers (29.) hiermit in Verbindung, so gewinnt es den Anschein, als wenn das an Menschen von Jemandem Gebannte gleichfalls getödtet werden müsse. Da im V. 28. offenbar von dem Eigenthume eines Privatmannes die Rede ist, so kann man etwa nur an seine, vielleicht im Kriege erbeuteten, Sklaven denken. Indess, dass ihm das Recht zuerkannt werde, nach eignem Belieben, auch selbst heidnische Sklaven, unter dieser Form, dem Tode zu weihen, dies streitet nicht allein gegen den Geist, sondern auch gegen ausdrückliche rechtliche Bestimmungen des Mosaischen Gesetzes, da der Sklave nirgend der Willkühr des Herrn Preis gegeben ist (K. 101. §. 13.). Beschädigte der Herr seinen Sklaven körperlich, so musste er ihn frei lassen, schlug er ihn so, dass er auf der Stelle todt blieb, so sollte dies (als Mord) gerächt werden. Im letztern Falle hätte sich dann der Herr damit entschuldigen können,

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dass dieser Sklave von ihm gebanntsey. Denn dass ein solcher etwa erst zum Priester gebracht und von diesem getödtet werden sollte, widerstreitet wiederum den Gesetzen, nach welchen Menschenopfer auf das Strengste verboten sind und, wie Mord, mit dem Tode bestraft werden. Auch konnte in diesem Sinne von dem Gebannten nicht gesagt werden, dass er hochheilig sey, denn der Mensch gehörte nach dem Opfer-Ritus, wie Michaelis richtig bemerkt, zu den unreinsten Geschöpfen, da auf das Genaueste bestimmt wird, dass nur Rinder, Kleinvieh, Turteltauben und junge Tauben, wenn sie fehllos sind, zu heiligen Opfern genommen werden, alles Uebrige aber ausgeschlossen bleibt. Wenn also diese Stelle nicht einen Widerspruch zu der ganzen Gesetzgebung bilden soll, so muss sie in dem Sinne verstanden werden, dass wenn Jemand, von seinem Besitz an Menschen, Gotte etwas als Bann weihete, dass es dann, als für immer geheiligt, dem Heiligthume verblieb, um ihm und den Priestern zu dienen, wie man auch sonst Nichtleviten als Dienende beim Heiligthume findet, und gleichwie das Feld und die Thiere des Bannes den Priestern zu nutze seyn sollten 475).

In der That deutet auch in den Worten selbst Manches darauf hin, dass V. 28. und 29. nicht zusammenhängen, sondern zwei verschiedene Gesetze enthalten. Ist in dem ersten Verse von der Hochheiligkeit des Gebannten die Rede, so spricht der zweite Vers nur von dem Tode, der, namentlich bei Menschen, dem Heiligen grade entgegengesetzt war, indem Leichen am Meisten

475) Auch d. Recht d. Michna denkt an nicht Anderes, als dass durch ein Banngelübde Geweihetes zum Nutzen des Tempels verwendet (also nicht vernichtet) werde, und nur darüber wird diskutirt, ob zur Ausbesserung desselben, oder für die Priester, welche letztere Meinung gesetzliche Kraft erhält. Erachin VIII, 6.

Ueber Söhne, Töchter, Hebräische Knechte und Mägde kann man, nach d. R. d. M., in einem Banngelübde nicht verfügen, da Niemand weihen kann, was nicht ihm als wirkliches Eigenthum gehört. Erach. VIII, 5.

Durch ein Banngelübde kann Jemand nur von" seinen Canaanitischen Knechten und Mägden, seinen Heerden, oder seinem Erbgut (einen Theil) dem Heiligthume geben. Wer sich aber irgend Eines dieser Besitzthümer durch ein solches Gelübde ganz entänssert, dessen Angelobung hat keine Gültigkeit, da es im Texte 3 Mos. 27, 28. heisst:,, von Jedem, was ihm gehört“ aber nicht: Jedes, ganz and gar. Erachin VIII, 4.

verunreinigten (K. 31. §. 3.). Ferner ist auch insofern der Ausdruck verschieden, dass es im zweiten Verse heisst:,,es soll nicht freigemacht“, aber im ersten: „,es soll nicht ausgelöst werden“. Endlich scheint der Hauptunterschied darin zu liegen, dass es im zweiten Verse einfach lautet: „,was gebannt ist, im ersten aber: was Jemand dem Ewigen bannet". Es ist im Frühern darauf hingedeutet, dass der Bann in seinen Folgen nicht überall gleich war, sondern es nur in seinem Wesen lag, das unauflöslich zu machen, was Jemand einmal über sich genommen hatte. bannen also hat zwar, nach der Analogie anderer Fälle, die BedeuEtwas tung: es der Vernichtung weihen, was natürlich nur von dem Gesetze und den von demselben Berechtigten geschehen konnte. Etwas von dem Seinigen Gotte barnen aber heisst, nach der Analogie der andern in demselben Verse (vgl. V. 21. 4 Mos. 18, 14.) genannten Fälle: es sich selber als Bann unlösbar auferlegen, dass man dies oder Jenes dem Heiligthume schenke, ohne es (wie beim gewöhnlichen Gelübde) je zurückfordern oder auslösen zu dürfen. Dies also hier auch in Bezug auf Sklaven, die lebend, für immer in dessen Dienste verblieben 416). Der Gesetzgeber fasst demnach (V. 28. und 29.) in der That die beiden verschiedenen, im Eingange bezeichneten, Fälle hier, als in einem übersichtlichen Gesetze für alle Arten von Weih-Gelübden (V. I — 29.) 477), zusammen, und es ergiebt sich eine regelmässige Steigerung für gewöhnliche und Bann-Gelübde, in Bezug sowohl auf Personen, als sonstiges Besitzthum 478).

476) Was vielleicht auch dann eintreten konnte, wenn Jemand sich selbst dem Heiligthume banngelobte (wie man Angelobungen dieser Art von Personen nebst Vermögen, im Mittelalter, in Deutschland findet, Hüllmann a. a. O. S. 184.).

Gelübden:

477) Wir hätten nun im Ganzen 4 Arten von 1. Weihgelübde (durch welche man irgend Etwas Gotte heiliget), 2) Entsagungs-Schwüre. 3) Nasiräer- Gelübde (das Gesetz bezeichnet sie namentlich als „, Gelübde“, führt sie aber doch besonders auf, da sie Beides, Entsagung ohne Schwur meinschaftlich umfassen), 4) Bann. und Weihegaben, ge

478) In dem Buche der Richter kommt 11, 31. der Fall vor, dass Jephtha das Gelübde thut, wenn er von einem Kriegszuge siegreich zurückkehren würde, das Erste, welches aus seiner Thüre ihm

Eine Bannung des Gutes kommt Esra 10, 8. als eine Strafe vor, die mit der Ausschliessung einer Person aus der Gemeinde verbunden wird, s. hierüber (so wie über den Bann, Cherem und Niddu des Rabbin. Rechts) K. 58.

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entgegen käme, Gotte, als aufgehendes (Ganz-) Opfer darzubringen. Unglücklicher Weise ist es gerade seine Tochter, die ihm entgegenkommt. So gross sein Schmerz ist, hält er sich doch an sein Gelübde gebunden. Auch das Mädchen ist so edel, sich der Erfüllung des Gelübdes zu unterwerfen, und bittet sich nur eine Frist von zwei Monaten aus, um in den Bergen ihre Jungfräulichkeit zu beweinen. Sodann kehrt sie zurück,,und er thut ihr, heisst es, sein Gelübde, das er gelobet, und sie erkannte nicht oder: hatte nicht erkannt einen Mann“, V. 34-40. Ob nun, nach der erstern Auffassung des Zusatzes, derselbe sagen wolle, dass sie für immer Jungfrau (vielleicht auch Dienende beim Heiligthume, wo Frauen in dieser Beziehung angestellt waren, 1 Sam. 2, 22.) blieb, und dass demnach Jephtha bei einem menschlichen Wesen hierin sein Gelübde erfüllt sah (da sein grosser Schmerz V. 35., nach der Denkweise der damaligen Zeiten, sich allerdings auch aus diesem Umstande erklären liesse, auch das dafür zu sprechen scheint, dass das Mädchen hingeht, um eben ihre Jungfräulichkeit, nicht ihre Jugend überhaupt, zu beweinen) — oder, ob anzunehmen sey, dass Jephtha den Ausdruck: zum Ganzopfer bringen, auch in Bezug auf Menschen wörtlich verstanden, und demnach seine Tochter wirklich geopfert habe, muss zweifelhaft bleiben. Offenbar war Jephtha ein, ursprünglich an der Spitze einer Räuberschaar stehender, zwar tapferer, aber ungebildeter Mann. Es ist schwer zu sagen, was er sich eigentlich bei der Ablegung seines Gelübdes gedacht habe. Wenn es auch ein Thier war, so konnte es ja gleichfalls, wie bereits Michaelis bemerkt, ein unreines, als z. B. ein Esel oder Hund oder sonst fehlerhaftes, zum Opfer nicht geeignetes seyn. In keiner Weise findet sein Gelübde in den Mosaischen Opfergesetzen Begründung oder Erläuterung (Jos. Ant. V, 7, 10.); denn nach diesen durfte er weder selbst opfern, noch auch, und am wenigsten, einen Menschen. Bemerkt muss noch werden, dass bei dieser Angelobung der Ausdruck „Bann“ nicht vorkommt. Der Fall gehört also nicht eigentlich hierher, sondern jedenfalls nur zur allgemeinen Geschichte religiöser Verirrungen.

Eine andere Art von Gelübde, dessen hier erwähnt werden kann, findet sich 1 Sam. 14, 24 ff. Saul, in der Verfolgung der Feinde be

Кар. 45.

Heidnische Cultus - Arten und Sitten.

§. 1. Haben die bisher mitgetheilten Einrichtungen die Tendenz, dem gesammten Cultus eine feste Basis zu geben und seine monotheistische Richtung, durch strenge Ausschliessung alles dessen, was sie beirren könnte, zu sichern, so gehet natürlich die Sorge des Gesetzgebers um so mehr dahin, den eigentlichen heidnischen Dienst der Nachbar-Völker, sammt allem seinem abergläubischen Zubehör direct, durch strenge Verbote, Strafen und Ermahnungen, auszuschliessen. Es verstehet sich von selbst, dass der zugleich mit Unsittlichkeit aller Art verbundene Götzendienst, in einem dem Dienste des Einen Gottes gewidmeten Staate, zu den Verbrechen gehörte (K. 65.). Gleichfalls wird auf die, als höchster Gräuel

griffen, beschwört das Volk, indem er einen Fluch gegen Denjenigen ausspricht, der bis zum Abende, bevor die Niederlage der Feinde vollständig sey, irgend Etwas geniessen würde. Das Volk unterwirft sich der Beschwörung, und nimmt demnach das Gelübde über sich. Jonathan aber hat jene nicht gehört V. 27., und nimmt Etwas von dem in dem Walde sich findenden Honig. Von Jemandem auf die Verwünschung seines Vaters aufmerksam gemacht, spricht er sich zwar über das Unzweckmässige eines solchen Gelübdes aus, welches das Heer unnütz kraftlos mache, geniesst aber, allem Anscheine nach, Nichts weiter. Da nun Saul darauf kommt, dass sein Gelübde von Jemand gebrochen seyn müsse, so schwört er, den Schuldigen zu tödten, auch wenn es sein eigener Sohn wäre, und will demnach anch, da es sich herausstellt, dass Jonathan Etwas von dem Honig genossen, an diesem wirklich das Todesurtheil vollziehen lassen. Nur das Volk tritt ins Mittel und macht Jonathan frei. Auch dieser Fall wird nicht als,, Bann" bezeichnet. Es war ein gewöhnliches Entsagungsgelübde (4 Mos. 30, 3.), in der Form einer Beschwörung. In keiner Weise würde Jonathan, nach den für Gelübde geltenden Gesetzen, den Tod verdient haben, um so weniger, da er den Schwur seines Vaters nicht gehört und sich dessen nicht theilhaftig gemacht hatte. Es war also nur eine Art von Kriegsrecht, welches Saul hier, und zwar auch übermässig streng und ungerecht, üben wollte.

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