neue Leviathan. Πολὺ δὲ μεγίστη εἶναι, ἔφη, καὶ καλλίστη τῆς Φρονή- Plato in Symposio, Tübingen, in der I. G. Cottaischen Buchhandlung, 1805. Vorrede Ais der Verfasser der vorliegenden Schrift vor einigen Jahren mit einem Werke auftrat, worin er die Erscheinungen der moralischen Welt einem allgemeinen Geseße zu unterwerfen suchte, da konnte er freilich nicht umhin, gegen die moderne Philosophie anzukämpfen; aber er that es auf eine Weise, wodurch er sehr deutlich zu erkennen gab, daß er im Stande sey, die Sache selbst von den Personen zu unterscheiden, in welchen sie sich offenbarte. Wie mannichfaltig auch die Urtheile gewesen sind, die man über jenes Werk gefället hat; so haben sie doch den Verfasser um so weniger bea ruhren können, da er sie auf das allerbestimmteste vorhersah. Das allgemeine Misverständniß rührte daher, daß man in seinem Werke ein System suchte, wiewol er in demselben kein System aufstellen konnte, ohne seine Idee von progressiver Entwickelung des menschlichen Geschlechts zu zerstören. Nach ihm ging alle menschliche Freiheit von der Nothwendigkeit aus; von einer solchen Freiheit aber wollte man nichts wissen, um die Philosopheme noch långer an der Stelle der Phi losophie zu erhalten. Freilich, so lange dies der Fall ist, wird man für die Philosophie wie pro aris et focis fåmpfen, weil sie zuleht nichts weiter ist, als eine Art von Subsistenzbasis; aber die wahre Philosophie muß über alles, was Ge muth genannt werden kann, eben so erhaben seyn, als der Sah:-2+2=4. Da jedes philosophische System von einem Factum ausgeht, und, wie sehr es sich auch von der Bahn der Erfahrung verirren mag, zuleht immer wieder zu einem Factum wird; so verzeihe man es dem Verfasser, daß er seiner Art zu philosophiren getreu geblieben ist. Was er seinen Realismus nennt, ist das Resultat sorgfältiger Beobachtungen, nicht willkürlicher Combinationen, durch welche man immer die Poesie an die Stelle der Philosophie bringt, und Erscheinungen, Die man erklären sollte, in einer Art von treuherziger Unwissenheit - macht. In allen modernen Systemen ist nichts so verdammlich als die Leichtigkeit, womit man philosophirt. Um ein neues System hervorzubringen, bedarf es zuleht keines großen Aufwandes von poetischer Kraft; um aber die Wahrheit darzustellen, bedarf es eines hohen Grades von Sorgfalt und Scharfsinn in den anzustellenden Vergleichungen. Soviel zur Rechtfertigung des vorliegenden Werkes im Allgemeinen, da sich voraussehen låßt, daß es den Widerspruch aller derjenigen finden wird, welche den Verfasser errathen; eine Sache, die 1 gar keine Schwierigkeiten hat, wenn man einmal mit seiner Grundidee bekannt ist. Was den Titel betrifft, so ist dieser auf eine so eigenthumliche Weise entstanden, daß sich der Verfasser verpflichtet glaubt, daruber noch besondere Rechenschaft abzulegen. Weil in dem oben angedeuteten Werke von einem Antagonismus des Selbsterhaltungs- und Geselligkeitstriebes die Rede war, der, sich selbst überlassen, zu einem Kriege aller gegen Alle führt; so schlossen mehrere Kritiker: Hobbes stehe im Hinterhalte, und das ganze Werk sey nichts mehr und nichts weniger, als eine Wiederholung des beruhmten Leviathans. Sie selbst hatten das Meisterstuck der Argumentation nie gelesen, denn sonst håtten sie nicht so urtheilen können.. Ich gestehe, daß auch ich davon nicht mehr wußte, als was ich in jenen Jahren, wo uns noch die ganze Welt ein unauslösliches Räthsel ist, in mich aufgenommen hatte. Indessen wurde ich begierig gemacht, den Leviathan von neuem zu lesen. Da mir die besonderen Umstände, unter welchen dies Werk geschrieben wurde, nicht unbekannt waren, so machte es mir sehr wenig Muhe, die wahre Tendenz desselben richtiger aufzufassen, als sie in der Regel ausgefaßt wird; und sobald ich damit im Reinen war, verschwand für mich alles Auffallende und sogenannte Paradoxe aus den Urtheilen des Englischen Philosophen. Jeht sah ich freilich ein, wodurch man sich hatte verführen lassen, mein Werk mit dem hobbesischen in Zusammenstel |