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Die bekannte stelle des Paulus Diaconus 1, 8 ist wichtig genug. sie erlangt aber noch weit höhern werth für uns dadurch das sie den blofs zum spott mitgetheilten mythus aus älterer überlieferung schöpft, die unter den Langobarden gangbar gewesen sein mufs. der prologus edicti Rotharis erscheint nämlich in einigen handschriften ungleich vollständiger als er bisher bekannt gemacht worden ist. mein freund Bethmann, der künftige herausgeber des Paulus Diaconus, dessen gelehrter untersuchung ich hier nur in bezug auf diesen mythologischen gegenstand vorgreifen will, hat mir den nachfolgenden eingang aus der Madriter handschrift mitgetheilt.

In nomine domini. incipit origo gentis langobardorum. id est sub consule qui dicitur (Sca)danan quod interpretamur in partibus aquilonis ubi multae gentes extant. inter quos (so) erat gens parva quae guinnilis vocabatur. et erat cum eis mulier nomine gambata habebatque duos filios. nomen uni ybor. nomen alterius alo. ipsi cum matre sua nomine gambata principatum teneba(n)t super guinniles. moverunt se ergo duces guandalorum. id est ambri et assi cum exercitibus suis et dicebant ad guinniles. aut solvite tributa aut preparate vos ad pugnam et pugnate nobiscum. Tunc responderunt ybor et alo cum matre sua. melius est nobis pugnam parare quam guandalis tributa persolvere. tunc ambri et assi hoc est duces guandalorum rogaverunt godàn ut daret eis super guinniles victoriam. respondet godàn dicens quos sol (so) surgente antea videro ipsis dabo victoriam. eo tempore gambata cum duobus filiis suis id est ybor et alo qui principes erant super guinniles rogaverunt fream uxorem go

2. F. D. A. V.

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dàn ut ad guinniles esset propicia. Tunc frea dedit consilium ut sol surgente venirent guinniles et mulieres eorum crines solutę circa faciem in similitudinem barbae et cum viris suis venirent. Tunc luciscente sol dum surgeret giravit frea uxor godan lectum ubi recumbebat vir eius et fecit faciem eius contra orientem et excitavit eum. Et ille aspiciens vidit guinniles et mulieres ipsorum habentes crines solutas circa faciem et ait. qui sunt isti longibarbae. et dixit frea ad godan sicut dedisti nomen da illis et victoriam. et dedit eis victoriam ut ubi visum esset vindicarent se et victoriam haberent. ab illo tempore guinniles longobardi vocati sunt. et moverunt se exhinde longobardi et venerunt in golaidam etc.

Offenbar sind diese worte nicht erst aus dem buche des Paulus in die handschrift des prologs eingegangen, wie die wichtige abweichung von dessen erzählung anzeigt, sondern von älterer zeit an im prolog gewesen, dessen ganze übrige fafsung ein viel höheres alterthum in anspruch nimmt. auch hat Paulus die sage nicht verändert, sondern anders woher als aus dem prolog genommen. der zug dafs Frea frühmorgens Wodans bett verrückt und sein antlitz nach der aufgehenden sonne dreht, ist schön und märchenhaft (vergl. n° 44 vom gevatter Tod, der die kranken im bette umdreht). das ganze zeugnis, wenn man auch dem prolog oder dieser stelle darin nicht das alter des edicts beilegen will (und warum sollte man zweifel und bedenken tragen?) wird nunmehr um jahrhunderte älter und für die mythologie bedeutender. JAC. GRIMM.

DIE HELDENSAGE VON ALPHERE UND

WALTHERE.

Seitdem Karajans glücklicher fund bruchstücke des vermuteten epos von Walther und Hildgund gewährt hat, ergeben sich leicht einige aufschlüsse mehr über die innern verhältnisse dieser schönen dichtung. sie mufs auf breiterer grundlage ruhen als das lateinische lied erkennen läfst. nach ihm stammt Walthere aus Aquitanien und sein vater hiefs Alphere. Aquitania entspricht dem ahd. namen Wasconolant

(Vasconia, Gascogne), und bei der grofsen aber schwankenden ausdehnung, die diesem zwischen Spanien und Frankreich gelegenen theil des alten Galliens zusteht, hält es schwer auf die stadt oder burg zu rathen welche sich als Alpheres stammsitz ansehen liefse. der Sanctgaller dichter verschweigt ihren namen, obgleich er vorher Chalons (an der Saone) als den ort des burgundischen reichs bezeichnet hatte wo Hildgundes vater Herrich, der verbündete nachbar Alpheres, hauste. Walthere mufs als ein ursprünglich westgothischer held betrachtet werden, der sich von burgundischen und fränkischen unterscheidet. darum heifst er auch noch in den jüngeren deutschen liedern von Spáne oder der vogt von Spáne; weil aber Aquitanien bald dem fränkischen reiche zufiel, so begreift sich wie er von unsern dichtern abwechselnd Walther von Kerlingen genannt werden kann. in den bruchstücken wird auch seine heimat nicht so weit hinaus gegen Westen gedacht; Volchere geleitet ihn von dem Rhein her durch den Wasechen wald und Ortwins von Metz land durch Burgund, das aber hier gar nicht für Hildgundes vaterland gilt (die vielmehr aus Arragonien stammt), sondern Gunthers reich, das der nibelungischen Burgunder, meint. aus diesem Burgund wird nun unmittelbar, wie es scheint, in kurzer frist, das land der eltern Walthers erreicht, deren hauptstadt den namen Lengres führt. dies kann aber nichts andres sein als Langres, die alte civitas Lingonum, die zwar nie zu Aquitanien gerechnet wurde, sondern wenigstens späterhin einen theil von Burgund bildete, früher abgesondert erscheint. Walthers vater heilst in den bruchstücken nicht Alphere, sondern Alpkér, ganz wie das ältere Folchere in Folker und Gunthere Sigehere Giselhere in Gunther Sighér Giselher verderbt wurden. allerdings gibt es einen ahd. namen Alpkér (goth. Albgáis, ags. Alfgár) der von Alphari, Alpheri (goth. Albharis, ags. Alfhere) völlig verschieden ist und jene entstellung erleichtert haben mag; dafs nur Alpheri die rechte form war, folgt aus dem in Waltheri, dem namen des sohns, und Ratheri, dem des enkels, wie so oft geschieht, sich wiederholenden zweiten theil.

Wichtiger sein wird es wahrzunehmen dafs der in Dietrichs flucht und der Râbenschlacht auftretende Walther von

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