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ten Punkten ganz und ungetheilt gegenwärtig, mithin allge genwärtig sey.

Diese Forderung wird nur dadurch erfüllt, daß man die Armee in dem allgemeinen Vereinigungspunkt sämmtlicher, von der feindlichen Gränze in das Land führender, Wege aufstellt. Denn wer sich im Mittelpunkt eines Kreises befin= det, der ist auf allen Halbmessern zumal gegenwärtig.

Vom Mittelpunkt aus kann man nach jedem Punkt der Peripherie gelangen, um den Feind aufzuhalten, oder ihn selbst mit einem Angriff zu bedrohen. Im Vereinigungspunkt aller, von der feindlichen Gränze führenden, Wege aufgestellt, kann also die Armee nicht nur das eigne Land decken, sondern auch das feindliche auf der ganzen Erstreckung seiner Gränze bedrohen, und ist folglich gleich geschickt, die Defensive oder die Offensive zu führen.

Solche Punkte, in welchen die verschiednen Landesstraßen wie in einen Brennpunkt zusammenlaufen, sind zur Beziehung der Armee auf das Land, oder zu den Absichten der Strategie vorzüglich brauchbar, und werden daher auch wit Recht strategische Punkte genannt.

Die strategischen Punkte repråsentiren im Krieg gleichsam das gesammte Land; sie sind die Schwerpunkte des Landes, gleichsam polare Punkte in einer indifferenten Fläche.

In einem strategischen Punkt fallen Land und Armee in einen und denselben Punkt zusammen. Die Kriegsmacht ist darin zur Indifferenz gebracht; die Armee auf das Land am innigsten bezogen.

"Wenn mehrere Linien, die in einem und demselben Punkt zusammentreffen, durch eine transversale Linie vers bunden, oder welches einerley ist, von derselben geschnitten werden; so hat alsdann jeder einzelne Punkte einer solchen transversalen Linie in strategischer Hinsicht alle die Eigenschaf= ten, welche jener allgemeine Vereinigungspunkt hat.

Das heißt, die Armee kann, von jedem beliebigen

Punkt einer solchen Linie ausgehend, den Feind auf jeder besondern Linie, die er zu seiner Vorrückung wählen könnte, zuvorkommen, oder auch denselben auf der ganzen Gränze bedrohen.

Sonach erhält man statt eines strategischen Punk: tes eine strategische Linie, die man für jenen substi tuiren kann, welches in der Ausführung oft sehr erwünscht seyn muß.

Durch Aufstellung seines Grundsaßes von der Basis hat Bülow einem strategischen Punkte eine strategische Linie substituirt.

In jedem Land ist die Hauptstadt gewöhnlich der Vereis nigungspunkt aller Straßen.

Das Land ist gleichsam die erweiterte Hauptstadt, die Hauptstadt das concentrirte Land.

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Die Hauptstadt ist der Mittelpunkt einer nach allen Seiten wirkenden Expansivkraft, welche das Land oder, das Staatsgebiet in's Unendliche auszubreiten strebt.

Es wirken aber dieser Expanfivkraft die physische Be: schaffenheit des Erdkörpers und andre Expansivkräfte von an dern Mittelpunkten aus gerade entgegen, und beschränken dieselbe mehr oder weniger.

Durch den Konflikt dieser Kråfte ist jedes der vorhande: nen Staatsgebiete entstanden.

Die Hauptstadt ist ein strategischer Punkt.

Der Offensivkrieg muß von der Hauptstadt ausgehend, der Defensivkrieg in dieselbe zurückgehend gedacht werden. Die Hauptstadt ist der Formirungs- und AusrüstungsOrt; der Waffenplag der Armee.

Sie ist ihr lehter Zufluchtsort, den sie auf das Aeußerfte behaupten muß.

Die Hauptstadt ist das leßte Ziel aller feindlichen Ope rationen.

Das ganze Kriegssystem, das Lloyd aufgestellt hat,

gründet sich auf diese Ansicht der Hauptstadt, für welche Bülow eine Linie substituirt hat.

Indessen geht es besonders in großen Staaten aus ents fcheidenden Gründen durchaus nicht an, die Hauptstadt als Strategischen Punkt zu nüßen, sondern es entsteht vielmehr die Aufgabe, dieselbe ganz außer den Bereich der Kriegss Operationen zu sehen, sie als das concentrirte Land vollkom men zu decken, oder dem Feind ganz unerreichbar zu machen. IV.

Die Bafts.

Für die Hauptstadt als strategischen Punkt muß man daher nåher an der Gränze eine strategische Linie substituiren; eine Transversallinie also, welche fåmmtliche von der Hauptstadt nach der Gränze führende Kommunikatio nen untereinander verbindet.

Damit diese transversale Kommunikation die kürzeste sey, muß sie sich der geraden Linie nåhern; damit sie sicher fey, muß sie gegen den Feind durch ein natürliches Hindernis gedeckt seyn; und damit sie die bequemste und praktikabelste sey, muß sie so viel wie möglich in der Ebene fortlaufen.

Diese Bedingungen werden mehr oder weniger nur an den Ufern der Flüsse zu erfüllen seyn.

Auf dieser Linie müssen ferner alle Anstalten zur Aufnahme, zur Verpflegung, zur Instandseßung oder Ausrüs ftung und zur Sicherstellung der Armee auf den Nothfall ge troffen seyn; hier ist der Ort der Depots, der Magazine, der festen und unangreiflichen Lager,

Eine solchergestalt organisirte, der Hauptstadt substituirs te, strategische Linie heißt Basis,

Von der Basis geht der Krieg aus, auf dieselbe geht er im Nothfall zurück, an derselben muß er im schlimmsten Fall bleiben; sie dient allen Kriegs-Operationen zur Grundlage, und hat von dieser Bestimmung ihren Namen.

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Die Basis stellt in strategischer Hinsicht das Land vor, fie ist eine strategische Funktion desselben; Land und Basis find dem Strategen synonyme Ausbrücke.

Die Stellungen und Bewegungen der Armee auf das Land beziehen, ist eben so viel, als dieselbe auf die Basis beziehen.

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Armee und Basis sind die beyden erscheinenden Elemente der Kriegsmacht.

Der strategische Kalkul hat es mit vier Größen zu thun, welche find: 1) die eigne Armee; 2) die eigne Basis; 3) die feindliche Armee; 4) die feindliche Basis.

Es besteht eine Identität, Indifferenz, Integrität der Kriegsmacht, insofern die Armée ungehindert mit der eignen Basis kommuniziren kann, und diese Kommunikation in allen ihren Stellungen und Bewegungen gegen den Feind deckt.

Die Identitåt, Indifferenz der Kriegsmacht ist aufges hoben; dieselbe ist entzweyt, in ihre Faktoren zerlegt, sobald die Armee, außer Gemeinschaft mit ihrer Basis gesezt, von derselben abgeschnitten ist. Armee und Land find dann beyde ifolirt.

Das Verhältniß der Armee zu ihrer Basis ist ein koma munikatives Verhältniß.

Je mehr die Armee mit ihren Kommunikationen ihre ganze Basis umfasst, aber je mehr Kommunikationslinien, nicht ideale, sondern reale, von der jedesmaligen Stellung zur Basis, in je divergenteren Richtungen diese, dahin führen, desto mehr Basis hat die Armee, desto mehr ist sie bas firt, desto fester besteht die Identität der Kriegsmacht.

Dieses ist der Bülow'sche Sag von dem Objektiv winkel.

Dergleichen Punkte, zwischen welchen-und der Basis eit ne vielfache Kommunikation besteht, sind von großem strate gischem Werth; sie bestimmen den Gang, sowol der Offensiv als Defensiv: Operationen.

In den Kommunikationen besteht das Geheimniß des Kriegs.

Die Strategie ist die Kunst, die eignen Kommunikatio nen unter allen Umständen zu bewachen, und die feindlichen zu fassen.

Die Gränzlinie selbst taugt nicht zur Basis; denn da der Feind von der Basis aus an jedem Punkt der Grånze muß pråvenirt werden können, so muß sich die Basis rückwärts der Gränze befinden; es sey denn, die feindliche Basis selbst sey von der Grånze hinlänglich entfernt.

Aber auch dieses Verhältniß ist nicht vortheilhaft, ins dem man alsdann auf alle vorwårts der Basis befindliche ftrategische Punkte, deren man sich bedienen könnte, um den Feind von unsrer eignen Basis um so langer abzuhalten, Verzicht leisten müsste.

Ein Staat, dessen Basis und Grånze zusammenfallen, hat sein Gebiet noch nicht abgerundet; die Vorrückung seiner Gränze ist ihm ein nothwendiger Zweck, den er bey jeder Gelegenheit zu erreichen streben wird.

Der Rhein ist die wahrhafte Basis von Deutschland: denn das Rheinthal bildet die einzige große, durchgreifende, transversale Kommunikation in diesem Land. Durch das Rheinthal werden der Norden und Süden von Deutschland mit einander in Verbindung gebracht.

Damit aber der Rhein als Basis dienen könne, muß er aufhören, ein Grånzfluß zu seyn; die Gränze von Deutsch: land muß gegen Westen vorgerückt, Elsaß und Lothringen müssen wieder mit Deutschland vereinigt werden.

So lange dieses nicht geschehen ist, gibt es kein allge meines, einziges, sondern ein zwiefaches, besondres Deutsch land, ein Süd-Deutschland und ein Nord-Deutschland.

Jenes muß in strategischer Hinsicht auf Wien, dieses auf Berlin bezogen werden; das Innere von beyden ist zum Lummelplah künftiger Kriege bestimmt.

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