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fühlsregung bestimmen zu laffen“, (— gleichsam s. v. a. stark oder straff angezogen in seinem Verfahren gegen Andre, ohne nachzulaffen), entgegengesezt der Nachsichtigkeit“ und „Schwäche". Die Strenge aber fann auch auf vernünftigen Gründen beruhen, welche dieß Verfahren und fein anderes vorschreiben, während die Härte gewöhnlich in Verschlossenheit gegen die sanften Gefühle ihren Grund hat, hart gleichsam zu streng" ist. Eine Schöne z. B. kann gegen Männer streng sein aus Gründen großer Sittsamkeit, ohne daß diese Strenge in Härte ausartete. Ein Vater ist strenge gegen seine Kinder, wenn er unnachsichtlich jede ihrer Vergehungen rügt; die Behandlung aber, welche Friedrich der Große in seiner Jugend von seinem Vater erfuhr, war überaus hart.

903. Hart. Strenge. Trocken. Ü. Werden figürlich in den schönen Künsten gesagt, wenn an einem Werke die natürliche malerische Schönheit mangelt. V. Hart deutet auf unangenehm wirkenden Mangel an Leichtigkeit in demübergange des Einen in das Andre, an Bewegung u. f. w. hin. So z. B. harte Verse, wie: ,,Stehn hier zwei ftattliche - Kön'ge, der Strid'rin harr'nd (de La Motte Fouqué, Sigurd's Rache). Deßgleichen: ein harter Reim, ein harter Styl, u. dgl. m. In den bildenden Künften redet man von einer harten Manier, bei dem Maler auch von einem harten Pinsel, wenn die Zeichnung in ihren Umrissen eckicht, ohne sanfte Ründung, Weichheit ist, den Linien und Bewegungen das Wohlgefällige mangelt; oder wenn die sanfte, wohlgefällige Verfließung von Schatten und Licht in einander, eben so der einen Farbe in die andere abgeht. Strenge = zu genau in Beobachtung der Regeln, selbst mit Verlust von Schönheiten oder Erhöhung der Schönheit des Werkes, welche eine Abweichung von den Regeln gegeben hätte. Trocken sagt man von einem Werke, wenn Erfindung und Darstellung ohne ästhetische Weiche, Fülle und Glanz find, sohin nicht mehr und nicht weniger enthalten, als dazu gehört, daß der Gegenstand kenntlich ist. Das Gegentheil von hart ift geledt (in dem Colorit), von strenge nachlässig, von troden überladen.

904. Hart. Unbarmherzig. Ü. Theilnahmlos bei dem Leiden Andrer. V. Hart sagt man von jemanden, insofern er für die Eindrücke der Leiden des Andern nicht empfänglich ift oder sein muß; unbarmherzig, insofern er aus Mangel an Mitgefühl nicht nur von den Leiden Andrer nicht bewegt wird, sondern auch selbst zu der kleinsten thätlichen Hilfe für Leidende nicht bestimmt werden fann (Vgl. Barmherzig Nr. 858.). Hiervon liegt in hart nichts. Ein Richter z. B., der nach dem strengen Rechte spricht, kann hart sein; aber er ist dann nicht unbarmherzig. Die Bedingungen, welche Gustav Adolf dem von Tilly hart bedrängten Kurfürsten von Sachsen stellte, als ihn dieser um Hilfe angieng, waren hart; dennoch gieng er sie mit Freuden ein, denn er fürchtete ähnliche gräuelhafte Scenen und unbarmherzige

Behandlung, wie sie kurz vorher die unglückliche Stadt Magdeburg erfahren hatte.

905. Hart. Gefühllos. Unempfindlich. Ü. Sagt man von demjenigen, welcher für alle Eindrücke, die Dinge auf ihn machen, nicht empfänglich ist. V. Hart bez. diesen Begriff geradezu, wird aber nur in Beziehung auf unangenehme Eindrücke gebraucht. Gefühllos und unempfindlich dagegen weisen darauf hin, worin jene Unempfindlichkeit ihren Grund hat, und gehen ebensowohl auf angenehme Eindrücke. Gefühllos nun bed.: ohne alles Gefühl", und daher gänzlich unzugänglich jedem angenehmen wie unangenehmen Eindrucke. 3. B. „Ich sah es ja, wie sie von Eurem Brief - Erschüttert war, ihr Auge schwamm in Thränen. Nein, sie ist nicht gefühllos" (Schiller, M. St. III, 3.). ,,Wer möchte gefühllos bleiben, wo frohe Menschen sind!" Unempfindlich,,feine Empfindung zeigend", unterscheidet sich von gefühllos, gleichwie Empfindung von Gefühl verschieden ist (S. Nr. 571.), wobei auch Empfindlichkeit und Gefühl Nr. 570. verglichen werden kön nen. Daß übrigens gefühllos und unempfindlich stärkere Ausdrücke sind, als hart, braucht kaum erinnert zu werden. Der Harte kann immerhin noch vielleicht erweicht werden, der Gefühllose und Unempfindliche aber nicht; denn der Harte kann es aus vernünftigen Gründen sein (S. Nr. 904.), wie durch unterdrücktes Gefühl, wohingegen bei dem_Gefühllosen und dem Unempfindlichen Gefühl und Empfindung gänzlich mangeln und sie daher für keinerlei Rührung oder Erweichung zugänglich find.

906. Haspel. Weife. Ü. Werkzeug, vermittelst dessen und auf welches das gesponnene Garn von der Spule abgewunden wird und dann eine f. g. Strähne (Garnflechte; abd. der strëno = Flechte Garns, Haars u. dgl., Streifen) oder, wie man auch landschaftlich, z. B. i. d. Wetterau u. s. w., dafür sagt, einen Strang bildet. V. Der Haspel, ahd. haspil (Gloffen b. Schmeller, II, 254.), haspe (Monumenta Boica VII, 434.), - vielleicht wurzelhaft mit ahd. hasan geglättet und hasanon bilden, ftreichen wie der Häfner, glätten, welche Wörter Schmeller II, 244. belegt, verwandt? nach Frisch (I, 421.) Verkleinerungsform von haspe Hafen, bed. überhaupt eine Winde, die vermittelst einer Kurbel, oder eines Kreuzbolzes, eines Griffes, nicht aber eines Rades, umgedreht wird, um etwas aufzuwinden. So z. B. der Haspel im Bergbau zum Aufwinden des Erzes und der Steine aus der Grube, der Haspel der Färber zum Aufwinden des Tuches aus der Färbebrühe und wieder hinab in dieselbe, u. a. m. Besonders aber nennt man Haspel ein solches Werkzeug mit Stäben, die anten an einer Welle befindlich und oben mit Querhölzern versehen find. Dieß ist vornehmlich der Haspel zum Aufwinden des Garns von der Spule. Die Weife, ehedem die waiff (Voca

bularia v. 1419. und v. 1429.), die weife (Hoffmann's Fundgrr. I. 397 a), gehört zu altn. vippa umdrehen, umschwingen, goth. vipja (Mark. 15, 17.) u. váips (Joh. 19, 5.) Krone, ahd. wifan einwickeln (Grimm II, 13. Notker, Ps. 108, 7.) 1), und bez. nur die erwähnte Garnwinde, und zwar in Hinsicht des Umdrehens, der wiederholten Kreisbewegung, weßhalb auch i. d. Nürnberger Vocabularium v. 1482. Wayff-Haspellat. vertibulum vorkommt. Adélung (IV, 1451.) und Campe (V, 640.) nehmen Haspel als den niederd. Ausdruck; allein Haspel ist ebensowohl oberdeutsch, wie der Gebrauch in der baierischen Mundart und die Belege aus dem Altoberdeutschen bei Schmeller H, 254. zeigen. Überhaupt ist Haspel der im Hochd. gangbare Ausdruck, während Weife mir nur oberd. scheint.

1) Mhd. weifen aufwickeln, entfalten. 3. B. • Der ingewunden van [Fahue] wart für daz [vor dem] here geweifet (Wernher, Maria 6). Durch niederf. die Wiepe (engl. wipe) gewundener Strohwisch, hindurchgegangen, scheint ags. wipian wischen abgeleitet zu sein.

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907. Häßlich. Garftig. Gräßlich. Scheußlich. Ü. Wogegen man stärkere Abneigung empfindet. V. Dieß bez. man am Allgemeinsten, dem Begriffe von Haß gemäß (S. Nr. 60.), mit häßlich. Z. B., Welch ein Nest voll häßlicher Thiere, größer und fleiner! Und die Mutter dabei, ich dacht', es wäre der Teufel. So was Abscheuliches hab' ich Nicht im Leben gesehn!" (Göthe, R. Fuchs XI.). Dann auch überhaupt häßlich in höherm Grade unangenehm ". gegen stünde eig., gleichwie dem Hasse die Liebe (S. Nr. 60.), lieblich (wogegen man Liebe, stärkere Zuneigung, fühlt"); aber der gewöhnliche Gegensag ist schön, wie z. B. die Heren in Schil ler's Macbeth I, 1. singen: „Häßlich soll schön, schön häßlich sein!" In garstig hat, seiner Abstammung gemäß (S. Anm.), fich der Begriff des Unreinen, Schmußigen, Ekelhaften, wodurch die starke Abneigung gegen den Gegenstand erregt wird, als unterscheidender Nebenbegriff erhalten. 3. B. " Im faulen Heue gebettet Fand ich die garstige Brut, und über und über beschlabbert Bis an die Ohren mit Koth, es stank in ihrem Reviere Arger als höllisches Pech" (Göthe, R. Fuchs XI.). ist eine Hunde- Lagerstätt! Ein's Missethäters Folterbett! Aufliegen hab' ich than mein'n Rücken, und die Unzahl verfluchte Mücken! - Bin kommen in ein garstig Loch" (Ders., Satyros II.). Doch gebraucht man das Wort nicht in höherer edlerer Sprache (Adelung II, 419. Schmitthenner, Wtbch. 170.). In vertraulicher Sprechweise ist, wie häßlich, nur in stärkermusdrucke, garstig = unartig (Gruber III, 19.). 3. B. Gehen Sie doch, Sie garstiger Mensch, wer wird gleich so unwillig werden!" Außerdem dient der Ausdruck auch, um den Begriff von Unangenehmem, Übelm recht zu verstärfen, worauf Campe II, 226. hindeutet. 3. B. Manche Wunde kneipten sie ihm und hatten das Fell ihm Garstig

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zusammen gerucht" (Göthe, R. Fuchs XI.). „Schwester, Schwe fter! ein garstiger Mißverstand" (Ders., Gesch. Gottfr. v. Berlichingen I, 3.). Scheußlich bed., seiner Abstammung nach (S. Anm.): „so, daß man heftige Scheu davor hat“, d. i. ein solches unangenehmes Gefühl erregend, daß man sich von dem übeln Gegenstande fern hält oder schnell entfernt (S. Scheuen Nr. 745.). Hierauf beruht der unterscheidende Begriff von scheußlich vor den übrigen Ausdrücken, und seine Stärke vor dem von häßlich und von garstig. 3. B.,,Und bang beginnnt das Roß zu feuchen, Und bäumet sich und will nicht weichen [= will nicht vorwärts]; Denn nahe liegt, zum Knäul geballt, Des Feindes scheußliche Gestalt" (Schiller, der Kampf m. d. Dr. 18.). Neuere Schriftsteller haben übrigens auch anstatt scheußlich die spätere, mit dem Fülle anzeigenden -selig (S. Nrr. 857. 685. 173. 139.), gebildete, Form scheuselig = höchst Scheu-erregend, oder, wie schon Casp. v. Stieler i. f. Sprachschat S. 1765., von Scheusal scheusälig als ein Scheusal fich zeigend. 3. B., wo traurigen Anblick - Neulich gab der von weißem Gebein scheufelige Acker" (I. H. Voß i. d. übers. Horaz Sat. I, 8, 16.). Menschen der Waldungen hat, als heiliger Bote der Götter, Ab vom Morde geschreckt und des Mahls Scheuseligkeit Orfeus; Drum der Ruf, wie er Tiger gezähmt und wütige Bergleun" (Das. v. d. Dichtkunst 392 ff.). Scheusäligstes Gesicht im Himmel und auf Erden“ (Zachariä). Gräßlich ist der stärkste unter den hier verglichenen Ausdrücken, wie fich aus seiner bereits in Nr. 589. bestimmten Bed. ergibt, welche man nachsehe. Das Gräßliche sett in die heftigste Gemüthsbewegung vor dem Übeln, erfüllt mit ängstlichem Grauen, macht die Glieder, die Lebensgeister erstarren. 3. B. Längst schon sah ich im Geist mit weiten Schritten das Schreckens gespenst herschreiten - Dieser entseg lichen blutigen That [nämlich des Brudermords ]. Dennoch übergießt mich ein Grauen, Da sie vorhanden ist und ge= schehen, Da ich erfüllt muß vor Augen schauen, Was ich in ahnender Furcht nur gesehen. All mein Blut in den Adern erstarrt - Vor der gräßlich entschiedenen Gegenwart" (Schiller, Br. v. M.). „Ein von Pockennarben zerrissenes und entstelltes Gesicht st häßlich; ein übelriechender Athem ist garstig; die dem feuerarmigen Moloch dargebrachten Menschenopfer (3 Mos. 18, 21.) waren scheußlich; der schlangenhaarige Medusenkopf, dessen Anblick Alles versteinert, ist gräßlich." Übrigens fann dem zärter Fühlenden schon gräßlich, oder auch scheußlich erscheinen, was dem Andern nur häßlich dünkt, wie ähnlich über entseglich und gräßlich in Nr. 589. bemerkt ist.

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Anm. Häßlich, ahd. bazlih, mhd. haglich, hazzelich, hezzelich, bed. eig., nach seinem Stammworte, s. v. a. «in Haß ( ge hässig) gegen etwas» (Iwein 7379. Tristan u. Isolt 6929. 18891.), und dank so, daß es gehaßt wird», wie oben. Garftig, im Nürnberger Vocabularium v. 1482. garst = ranzig (lat. rancidus), ist abgeleitet von

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dem, wie es scheint, aus der mhd. Wurzel gar gohr in mhd. gëren gähren (S. Nr. 756.), neben garz ranzig (Schmeller II, 72.) hervors gegangenen mhd. Hauptworte garst ranziges Fleisch und dessen übler Geruch (Hoffmann's Fundgrr. I, 370 a), ahd. (im 8. Jahrh.) gersti Gestank von Fäule, was man lat. rancor nennt (Diut. I, 280.). Wahrscheinlich gehört auch ahd., ags., altn. (daz) gor (b. Grimm gôr) Mist, Koth, in die Stammverwandtschaft. Scheußlich, im frühen Neuhochd. scheuzlich (Dasypodius, Ausg. v. J. 1537.) und scheußlich (Seb. Frank), wie schäwtzig (d. i. schiuzic) lat. horrorosus ab fcheuvou (Vocabularium v. 1419.), kommt von dem aus mhd. schiuwen scheuen schiuhen scheuchen mit der verstärkenden (intensiven) Endung -azan, -izan (S. Grimm II, 217.) gebildeten mhd. Verstärkungsworte schewezen (Hagen, Chron. Austr. 1157.), schiuzen, schewtzen (Schmeller III, 339.) grauen vor etwas, anstatt scheuhezen, scheuchzen, woher das alte Hauptwort scheuz = Abscheu, Ekel, anstatt schiuhitze, z. B. Du wirst ein speisz der wurm vnd ein scheutz den menschen Westenrieder, histor. Beiträge V, 63.). Hiernach bed. fcheußlich: 1) eig. s. v. a. «so, daß man Übeles leicht meidet », in gröBerm Maße schen, z. B. « Bücher und Federn machen nur faule scheuzliche Stubenstenker » (Aventinus Chron. 307. i. d. Ausg. v. 1566.); und dann 2) «starke Scheu erregend», wie oben.

908. Hau. Hi e b. Ü. Eig. die Handlung des Hauens, dann s. v. a. Schlag mit einem den Gegenstand verlegenden Werk zeuge. V. 1) Beide Wörter sind spätere Gebilde von dem reduplicirenden (S. Einleit. §. 16.) Zeitwort hauen ahd. houwan: aber, der Hau" veraltet immer mehr, verdrängt durch das rein neuhochd. Wort, der Hieb", welches unorganisch erwachsen ist aus der Vergangenheit (dem Präteritum) hieb ahd. hio (hiô) oder hiu (hiu), in der Mehrzahl hiowumês (hiowumês) wir hieben, hieuun (Tatian CXVI.) fie hieben, ags. heow und in der Mehrzahl hëôwon wir hieben. Vgl. Grimm I, 1039. III, 479. 2) Der Hau bez. nur einen Schlag mit einem schneidenden Werkzeuge, der Hieb auch mit jedem andern, z. B. einem Stock, einer Peitsche u. s. w., weßhalb das Wort, mitunter auf den Fechter hieb anspielend, bildlich auch von einem versteckten, empfindlichen Tadel oder einer solchen Zurechtweisung gegen jemanden gesagt wird, z. B. Er hat ihm in seiner Nede manchen Hieb. verseßt." Eine mit einem schneidenden Werkzeuge geschlagene Wunde aber wird nur Hieb genannt. 3) Im Forstwesen wird ein bestimmter Waldbezirk, wo das Holz gefällt werden soll oder auch schon gefällt worden ist, ein Hieb und auch ein Hau (Stalder II, 25.) genannt; aber die Berechtigung, in einem Wald Holz hauen zu dürfen, heißt nur Hieb, z. B. „freien Hieb in einem Walde haben.

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909. Haube. Helm. Ü. Metallene Kopfbedeckung als Theil der Kriegsrüstung. V. Die Haube, mhd. hûbe, bez. zunächst die Kopfbekleidung überhaupt (Vgl. Nr. 910.). Daher ist z. B. bei Bonerius (LXXV, 5.) die Perrüde «eine habe mit hâre» genannt; bei Luther heißen sogar die,,Stirnbänder zum Schmucke" Hauben (z. B. 3 Mos. 8, 13.); auch wird figürlich die Bekleidung der obersten Spige erhabener Dinge, wie in der Baukunft ein

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