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II, 851.). 3. B. „(Don Cesar:) Was ist dem Bruder ? Mutter, sage mir's. (Isabella:) Ich kenn' ihn nicht mehr. Ganz verkenn' ich ihn" (Schiller, Br. v. M.). Dann verkennen unrechte Erkenntniß von etwas haben zum Nachtheile desselben. So singt z. B. der Dichter von der Liebe: „Ach! fie verkennen dich; Ach! sie hüllen der Wollust - Deinen heiligen Schleier um" (Hölty). Mißkennen steht immer in diesem legtgenannten Begriffe von verkennen, hebt aber in miß(S. Nr. 1316.) schärfer den Nebenbegriff des Nachtheiligen in Beziehung desjenigen, wovon man die unrechte Erkenntniß hat, hervor. Mancher verkennt z. B. das Gute, was ihm Andre bezeigen, indem er ihnen dabei Absichten unterlegt, die sie doch nicht haben; aber er mißkennt es vielmehr, wenn er in diesen Absichten nur Unlauteres, sogar Feindliches gegen ihn erblickt.

1324. Mißlaut. Mißklang. Mißton. Übellaut. übelflang. Ü. Ein dem Gehörsinn unangenehm Empfindbares im Vergleiche der Stimmung mit anderm, was empfunden wird. Vgl. Nr. 1171. Die V. nach den Grundwörtern Laut, Klang und Ton ergibt sich aus der Vergleichung dieser Wörter eben in Nr. 1171. Übellaut und Übelklang bezz. in übel- den obigen Begriff ganz allgemein, und so hat man in den Musikstücken nothwendige, Übergänge bildende übelklänge, welche sich in Wohlklänge auflösen müssen. Diese sind aber keine Mißklänge. Denn Mißlaut (wovon schon ahd. missiblûtjan mißlauten. Gloss. Jun. 240.), Mißklang und Mißton bezz. jenes unangenehm Empfundene als unrichtig stimmend und zuwider (S. übelund miß- Nr. 1316.). Soldes darf aber in einem Musikstücke z. B. nicht vorkommen; eben so wenig in einem musikalischen Vortrage, weßhalb mit Recht Eberhard (Syn. IV, 397.) in des italien. Singspieldichters Metastasio « Di chi mi fiderò, Se tu m'inganni» in den gehäuften i Mißlaute findet. ,,Klag' ist ein Miston im Chore der Sphären" (Salis). Was in der Dinge Lauf igt mißflingt, Tönet in ewigen Harmonien " (Klopstock).

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1325. Mißmuth. Unmuth. Ü. Unbefriedigte und über etwas ungeneigte und lebhaft unangenehme Gemüthsstimmung. V. Diese überhaupt bez. der Unmuth, was aus ahd. daz unmuot oder unmuoti (Notker im Boëthius) u. mbb. der unmuot (Herbort, trojan. Krieg 9393.) =,,Gemüthsaufregung der Betrübniß“, in seinem Begriffe hervorgegangen ist. Das Beiwort ist unmuthig, wofür abd. unmuoti (Graff II, 687.) und mhd. unmuotec (was ein ahd. unmuotac vorausseßt) in einem dem Begriffe des unmuot gemäßen Begriffe vorkommt, etwa ähnlichbedeutend wie franz. mal disposé. Daraus scheinen mit Grund Unmuth und unmuthig vorzüglich die oben bezeichnete Gemüthsstimmung zu benennen, insofern sie recht lebhaft unangenehm ist, als Gegentheil befriedigter heiterer Stimmung. 3. B. Laß in der augen glanz die freundligkeiten

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spielen, Im busen wird doch gifft und rauch und unmuth wühlen, Wenn ist die seele soll von ihrem leibe ziehn" (Hoffs mannswaldau). Der Mißmuth ist das abd. diu missimuoti, was eig. s. v. a. Mangel an Gemüthsstärke, Kleinmuth, auch Weichmüthigkeit bedeutet, lat. pusillanimitas (Graff II, 694.); dieserselbe Begriff waltet in dem ahd. Beiw. missimuoti (Ebendas.), doch schon zu dem Begriffe der Zwieträchtigkeit gewendet in mhd. missemüete (Gregorius 2484.), an dessen Stelle in dem obigen weiter daraus erwachsenen Sinne unser Beiwort mißmuthig (mißmüthig) getreten ist. In Mißmuth aber hat sich die ursprünglichere Bed. von miß am Reinsten erhalten, wenn auch im Neud. jenem Worte fich die Farbe des Widrigen in der bezeichneten unangenehmen Gemüthsstimmung beimischte (Vgl. miß- und un- Nr. 1316.).

Anm. Das nebenwörtliche unmuths ist Genitiv des Hauptwortes Unmuth, weshalb Einige Unmuths vorziehen. Die Form findet sich schon nebenwörtlich in nhd. unmuotes betrübnißvoll (Nibelungel. 2089, 3.) mit Überschwanken zu dem Sinne von widrig empfundener unbefriedigter unbehaglicher Stimmung, wozu ahd. ungimuati (Otfr. I, 8. 11.), mhd. ungemuot ungemuth (Nibelungel. 1134, 1. Minnes. I, 169 b ), so wie ahd. daz ungimuati (Otfr III, 14, 10.) und mhd daz ungemüete mit dem Nebenbegriffe erbitterter Gemüthsaufregung (Nibelungel. 791, 4.), den Übergang anbahnen.

1326. Mißrathen. Mißglücken. Mißlingen. Verunglücken. Ü. Anders werden, als man es will, und zwar insofern es ungut wird. Die V. von mißrathen, miße glücken und mißlingen in ihren Bedd. ergibt sich aus der Vergleichung und den Bedd. ihrer entgegengeseßten Zeitwörter gerathen, glücken und gelingen Nrr. 810. u. 811. Aber verunglücken

sich zum entgegengesezten nachtheiligen, Verlust an sich tragenden Erfolg oder Ausgang wenden, insofern dieß vornehmlich durch Einwirkung außer unsrer Gewalt liegender, äußerer Begebenheiten und Umstände geschieht. So ist z. B. ein Handelsunternehmen, das, anstatt zum Vortheile, zu Schaden und Verlusten ausschlägt, mißglückt und verunglückt, und ein verunglückter Studierender ist ein solcher, der seinen gewählten Wissenschaftszweig zu verlassen und sich einer andern Bestimmung zuzuwenden gezwungen ist; wer aber in Unternehmungen durch Einwirkung äußerer eingetretenen Umstände sein Vermögen, seine Gesundheit, sein Leben verliert, und was dergleichen mehr ist, wird nur als verunglückt, nicht als mißglückt bezeichnet. Diese Stärke in dem Begriffe des Ausdruckes verunglücken vor mißglücken beruht in der Abstammung von Unglüd.

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Anm. Mißrathen ist mhd. misserâten, was zuerst s. v. a. «unrecht rathen» bedeutet, z. B. Wanne als [denn gleichwie] wir ofte ûzzeu [äußerlich] einz vür ein anderz misse sëhen, als ofte [ebenso_oft] misse ráten wir ein guotez vür ein basez (Berhtold, Predigtt. 99 ). Dann nachtheiligen, schlimmen Rath geben. Aber auch: «zum Unrechten ausfallen», d. i. anstatt zum Vortheil zum Nachtheil sich umsehen (Kourad v. Würzb., trojan, Krieg f. 199.). — Mißlingen ist mhd. misselingen,

und davon wieder mhd, diu misselinge Mißgeschick (Tristan u. Isolt 1777.).

1327. Mißverstand. Mißverständniß. Ü. Unrichtige Auffassung und Erkenntniß von etwas dadurch, daß man von demselben eine andre geistige Bezeichnung in sein Bewußtsein aufnimmt, als sie jener Gegenstand wirklich hat oder als sie ihm gegeben ist. V. Der Mißverstand bed. dieß überhaupt. Der davon abgeleitete Ausdruck das Mißverständniß aber kommt am Üblichsten, wie franz. mesintelligence, von der Beziehung zwischen Personen vor, insofern durch jenes unrichtige Auffassen und Erkennen von Wort oder That, die von Personen ausgehen, zwischen diesen eine unfreundliche Gesinnung gegen einander besteht. Es ist dieß übrigens auch immer ein gelinder Ausdruck, insofern er für ,,Uneinigkeit" gebraucht wird. Sonst kommt Mißverständniß als abgeleiteter und somit schwächerer Ausdruck auch in seinem eigentlichen Sinne in der obigen Bedeutung des einfachern Wortes Mißverstand vor; dieses aber möchte sich in jener üblichen Bed. von Mißverständniß im gegenwärtigen Sprachgebrauche nur selten finden lassen.

1328. Mißverstehen. Übel verstehen (übelverstehen). Ü. Nicht so verstehen, wie man es verstehen sollte. V. Dieß ist übel verstehen (übelverstehen) vornehmlich mit dem Nebenbegriffe des unangenehmen, widerwärtigen Eindruckes. Einen leise redenden Prediger z. B. versteht man in einer großen Kirche übel, und ein Erklärer einer Schriftstelle hat diese übel verstanden, insofern in ihr nicht der Sinn ist, den er darin gefunden zu haben angibt. Dann: in widerwärtig ungutem Sinne in das Bewußtsein geiflig aufnehmen, wie nach dem wirklichen Sinne geistig nicht in das Bewußtsein aufgenommen werden sollte. So versteht z. B. mancher ein gut gemeintes Wort oder eine freundliche Handlung übel und fühlt sich beleidigt, oder er versteht dieselben mit Absicht übel, um dem Andern schaden zu fönnen. Mißverstehen dagegen bed. nur: in unrechtem Sinne, dem wahren Sinne zuwider verstehen. So hat z. B. der vorhin ers wähnte Erklärer seine Schriftstelle zugleich mißverstanden, und auch jener durch unser gut gemeintes Wort oder unsre freundliche Handlung Beleidigte hat diese, wenn wir es gelinder ausdrücken wollen, mißverstanden; jenen leise redenden Prediger aber fönnen wir dann mißverstehen, wenn uns dadurch, daß wir ihn nicht recht und somit übel verstehen, trog unseres Aufhorchens Wörter und Laute entgehen, und wir so ganz andre Worte und andern Sinn auffaffen, als er gesprochen und mit seiner Rede verbunden hat. Vgl. ähnliche Verschiedenheit zwischen mißdeuten und übel deuten Nr. 1318., und miß und übelNr. 1316.

1329. Mift. Dünger. Ü. Die verwesenden Stoffe, welche man dem nugbaren Lande zur Vermehrung seines Ertrages beimischt. Weigand, Wörterb, der deutsch. Synonym. II.

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V. Der Mist, goth. maíhstus, ags. mëox (anstatt mëohs, wie Ps. 82, 8. fteht), altn. myki, aber ahd. durch Verflößung der Laute der mist, stammt von einem vermuthlichen goth. Zeitw. meihan (Grimm I, 1. Abth. 3 Ausg. G. 349.), was in agf. migan harnen und dem Hauptw. micge Harn erhalten ist und dem gleichbedeutenden gr. o μixeiv und lat. mingere ob. mejere zur Seite steht, deren Wurzel im Sanffr. mih = ausgießen 1) und dann harnen, sich zeigt. Hiernach hat Mist zunächst den Begriff des natürlichen Abganges (der Ercremente) der Menschen und Thiere, im Besondern und gewöhnlich den des Kothauswurfs 2); davon bed. das Wort weiter s. v. a.,,der mit Streu (Stroh, Laub u. dgl.) vermischte und zur Fäulniß übergehende Thierkoth und Thierharn", welches gährende Gemisch zur Kräftigung des Baulandes in Hinsicht auf dessen Fruchtbarkeit dient. Überhaupt aber steht Mist auch zu Roth ver wes'te (in Gährung zu Koth aufgelöfte) Körper, z. B. mhd. «Die freie leute habent ûf ërden, Wan si ze miste auch müezzen werden»> (Der Renner 1420 f.). Der Dünger, ehedem, wie noch landschaftlich (baierisch „der“, wetterauisch „die“) Dung 3), ahd. diu tunga u. tungunga Düngung (Schmeller 1, 382.), tungin (gloss. trevir. 8, 30.), engl. the dung, fommt v. einem in mhd. tungen = be= negen (Hübner's Vocabular. v. 1445.), und dann s. v. a. düngen, erhaltenen Zeitworte, was urspr. tungen schwer machen (E. v. Würzburg, trojan. Krieg f. 69.), wozu altn. þûngr schwer gehört, zu sein scheint; der Ausdruck bez. wohl eig.: Besserung des Landes zum Ertrage durch Benegung mit thierischem natürlichen Auswurfe (Excrementen), nämlich Harn und Koth, weßhalb auch das Wort vornehmlich den Mist bedeutet. Aber der Begriff hat sich dann auf allen Stoff ausgedehnt, der zur Besserung des Landes und Pflanzennahrung, auf Bauland wie Wiesen u. s. w., verwendet wird, z. B. Asche, Mergel, Horn, Salze, Bauschutt (z. B. alter gemischter Lehm von Lehmwänden), bloße Pflanzenblätter (z. B. die als Dünger an Bäume benugten Abfälle des Flachses, bloßes Laub u. dgl.), unvermischter Auswurf von Menschen und Thies ren, Jauche (Mistpfuhl) u. s. w. Den Mist selbst bezeichnet man nun, je nach seiner Beschaffenheit, als guten und als schlechten Dünger; ein guter z. B. ist Schafmist. Der Ausdruck Dünger bez. also die Stoffe in Hinsicht ihrer Anwendung zur Besserung des Bodens (zum Düngen) und umfaßt alle, die dazu verwendet werden, während Mist nur die oben bezeichnete vermischte Art des Düngers an sich ohne Rücksicht auf Verwendung ist. Daher sagt man auch z. B. von schlechten Sachen, sie seien Mist; „ha puh! wie stank der alte Mist!" (Bürger, Fr. Schnips) u. dgl. m. Aber in folchen Beziehungen wird Dünger nicht gesagt werden, weil dessen Begriff hier nicht anwendbar ist.

1) Ob und inwiefern ags., engl., mhd. u. niederd. mist = feuchter Nebel (Winsbecke in Minnes. 11, 253 ), eig. wohl Nebelgeriesel, altu. Mist als Name einer Walkyrie, von deren Pferde Thau trieft, mit un serm Mist zusammenhangen, will ich nicht entscheiden, da eine Form fehlt,

welche auf den Stamm mih hinweist. Eine Verwandtschaft scheint Statt zu haben, da mih ähnliche Gebilde hat, z. B. sanskr. mêgha Wolfe, pers. migh Wolke u. Nebel, lettisch migla u. polnisch mgla Nebel, gr.. oμiyan Nebelgewölk.

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2) Mhd. Swie schoene dag mensche [der Mensch] üzen ist, Ez ist doch innen bæser mist (Vridankes bescheidenh. 21, 25 f.). Bud sties (das Schwert] jm in seinen bauch im gieng » (Richter 3, 21 f.).

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3) Im Hochd. z. B. « Doch nun lag er verachtet hügelten Dung» (J. H. Voß, Odyss. XVII, 296 f.).

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1330. Mit. Durch. Ü. Diese Wörter stimmen überein, insofern sie ein mittelbares Wirken worauf hin anzeigen. V. Mit, zunächst wohl den Begriff der Verbindung und Gemeinschaft zu Anderm, und sofort (begleitende) Gemeinschaft der Thätigkeit be zeichnend, bed., in Betrachtung des eben gegebenen Begriffes der Sinnverwandtschaft mit durch, daß etwas geradehin geschieht in Gemeinschaft des wirkenden Mittels wozu. Aber durch, von dem Grundbegriffe der räumlichen Bewegung im Innern eines Dinges hin zu dem Außern und in dieses" ausgegangen, und sofort Verbreitung im Innern nach allen Seiten hin bezeichnend, z. B. durchglühen u. dgl. (durchlaucht s. Nr. 502.), geht dann auch, neben der Bezeichnung eines stark wirkenden Grundes (S. Anm.), über in die eines Mittels, in welchem die Hinbewegung oder Gelangung wozu ihren wirkenden Grund hat. So z. B. wenn, nach der Erzählung Robertson's i. f. Geschichte von Schottland, die schottischen Könige ausrufen, ihre Schwerter ziehend: Durch diese erwarben wir unsre Landbesigungen, und mit diesen werden wir sie vertheidigen.“ Die finnverwandten Begriffe beider Wörter gränzen aber so nahe an einander, daß häufig ihre Verschiedenheit fast unmerkbar erscheint, z. B. mit dem Schwerte u. durch das Schwert hinrichten, mit Gewalt u. durch Gewalt erobern, mit Freundlichkeit. u. burch Freundlichkeit gewinnen u. s. w. Ich weiß ihre Großmuth durch nichts als durch die empfindlichsten Thränen zu belohnen" (Gellert). Nur bei schärferem Aufmerken ergibt sich eine feine Unterscheidung beider Wörter, wie sie oben bezeichnet wurde; allein wo in einem derselben mehr oder minder ein andrer seiner Begriffe hervortritt, bei mit z. B. der der Gemeinschaft, wird die Sonderung augenfälliger. So z. B. ein Missethäter wird durch den Henter mit Stricken gebunden, und durch den Nachrichter mit dem Schwerte hingerichtet" (Eberhard, Syn. IV, 401. ). Ich will burch niemanden glücklich werden, als durch Sie" (Gellert), bed. etwas anders, als wenn gesagt wäre: Ich will mit niemanden glücklich werden, als mit Ihnen.

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Anm. Mit, goth, miþ, ahd. mit (als bloße Partikel, als Nebenwort miti und so auch in Zusammenseßungen ), mhd, mit (als Nebenw, mite), ags. mid, altfries. mith, mittel- u. neuniederl. met (als Nebenw, mede), altu. mëð, dân. u. schwed. med, sind wahrscheinlich Nebenformen von dem Beiwort mitte goth, midis, ahd. mitti, agf. midde, altîî, midr, sanskr. madhja, gr. uɛrá zwischen (Vgl. Grimm II, 16.), und haben

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