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1566. 23.), altgefchaffen = ältlich, bejahrt chmelter IU, 328.), u. f. w.

1521. Regel. Denfart. Denkungsart. Gesez. Grundsaß. Marime. Ariom. (Gesinnung. Grundfäße.) U. Bestimmung für ein Verhalten. V. Die Regel, ahd. diu regula, ags. rëgul, altn. regla, ist, wahrscheinlich_kirchlich zu uns überkommen, das lat. regula, ein abgeleitetes Wort von lat. regere richten, und bed., wie jenes u. franz. la règle, eig. das Richtscheit (Lineal), ein gerades Werkzeug zum Ziehen gerader Linien, die Richtschnur (Quinctilian. IX, 4.). Diese Bed. ist in, dessen bei uns nur hie und da Mundarten angehörig (Adelung HI, 1020.). Davon dann abstract, wie im Latein. und Französ. f. v. a. „Richtschnur-gebende Bestimmung worin" (Kero cc. 7.1. Notker, Ps. 21, 19.), und so: ein Sag als Richischnurgebend in Beziehung auf Veränderungen. In diesem Sinne ist auch ein allgemeiner Sag als Bestimmung oder vielmehr Richtschnur freier Handlungen eine Regel. Der Grundsag = allgemeine Wahrheit, worauf Gedanken in ihrer Ableitung beruhen, oder Handlungen, als auf dem Grunde, aus dem sie hervorgehen und auf dem sie gleichsam ihre Richtschnur haben. Die Mehrz. Grundfäße aber in Beziehung auf das Verhalten ist enger finnverwandt mit Denk oder Denkungsart (f. unten). Die Marime, von lat. maxima (= die größte, nämlich regula Regel, d. i. höchste Richtschnur") ist eine subjective oder individuale Regel (Richtschnur-gebende Bestimmung) für das eigne Handeln, d. i. eine von jemanden für sein eignes Handeln angenommene Regel", also kurz eine subjective (individuale) Handlungs regel"; nach Kant's scharfer Begriffsbestimmung: eine Regel, welche die WillFür sich selbst für den Gebrauch ihrer Freiheit macht. Das Gesez, mhd. daz gesetze = rechtlich feste Bestimmung, lat. lex (Augsb. Stadtrecht 81. Hoffmann's Fundgrr. 372 ), u. gesezede Verordnung, lat. constitutum (Sumerlaten 5, 47.), älter nhd. gesetz (Melber, vocabular. predic. )'), ift eig.,, das Fest gesezte, feste Bestimmung worin", oder wohl genauer: allgemeine feste Bestim mung für die Wirksamkeit gewisser Kräfte. Insofern nun Gesez eine allgemeine feste Bestimmung für das Verhalten oder Handlungen ist, wird bei derselben immer allgemeine und objective Giltigkeit vorausgesezt (Vgl. Gefeß Nr. 306.). Wenn z. B. von den feines weitern Beweises bedürfenden Sägen in der Größenlehre, daß zwischen zwei Puncten nur Eine gerade Linie sein kann, oder daß ein Dreieck drei Seiten habe, oder der Sah, daß jede natürliche Wirkung eine natürliche Ursache haben müsse, jeder ein Grundsaß genannt wird, só ist doch keiner der Säge eine Marime. Eine solche aber ist z. B. der Grundsag und die Lebensregel des braven Mannes: Thue recht und scheue niemand." Diese Marime ist zugleich Gesez, weil die Vernunft von Allen dasselbe fordert. Dagegen kann die Marime des Charakter losen: Thue recht je nach den Umständen, im Gegentheile nicht",

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kein Geseß sein, weil diese Marime, in der Allgemeinheit gedacht, sich selbst zerstören würde, indem der Charakterlose gegen sich doch nicht unrechte Handlungen wollen kann. Eine ähnliche schlechte geseglose Marime ist die, daß der Zweck die Mittel heiligt. Die Denkart, oder, wie Andre lieber wollen, Den fungsart ist die Eigenthümlichkeit wie man denkt; vornehmlich bezz. beide Wörter die eigenthümliche Art über die sittlichen Verhält nisse zu denken. In der Philosophie unterscheidet man, daß sie in logischer Beziehung die von den Verstandes- oder Vernunftgesegen abhängige eigenthümliche Beschaffenheit oder Form des Denkens überhaupt (modus seu forma cogitandi) bezeichnen, in anthropologischer [fittlicher] Beziehung aber die dem einzelen Menschen oder einer gegebenen Mehrheit der Menschen (Familie, Volk, Glaus bensgemeinschaft u. a. m.) eigenthümliche Beschaffenheit oder Form des Denkens über gewiffe, mit jenen Subjecten in näherer Vers bindung stehenden Gegenstände ausdrücken (S. W. T. Krug, allgem. Handwibch. d. philos. Wissensch. 2. Aufl. I, 578.). So hat z. B. der Edelmann über Lebensverhältnisse eine andre Denkart oder Denkungsart, als der Bürgerliche u. s. w., und der Zeitgeist ist die Denkart oder Denkungsart der in einem gewissen Zeits alter lebenden Mehrheit von Menschen. Die Denkart oder Den fungsart beruht aber auf Grundsägen oder Marimen, wie denn z. B. die edle Denk oder Denkungsart der Ritter auf den edeln Grundsägen oder Marimen der Rittermoral. Übrigens find Denfart und Denkungsart im Begriffe nicht von einander verschieden; nur scheint Denkungsart der üblichere Ausdruck, und Denkart in seiner Kürze und edlern Bildung zunächst aus dem Zeitwort ohne das Verbale auf -ung für den Dichter geeigneter. Die Unterscheidung bei Eberhard und Maaß, daß Denkart auf das logische, Denkungsart aber auf das das ethische (sittliche) Denken gehe, ist eine bloß gemachte, grundlose, auch keineswegs im Sprachgebrauch angewandte. Die Gesinnung s. Sinnesart.

1) Ahd. galt für Geseß: diu êwa (mhd. ê, älter nhd. êe), alts. êo, eu, agf. æ; altn. lög, engl. law, goth. vitôḥ, ahd. der u. daz wizôd, ags. witôŎ, v. goth. vitan, ahd. wizan, ags. witan, = wissen, beobachten.

Anm. Das Ariom, das gr. vò à§íæμa (axiôma) eig. Würdigung, Schäßung, v. àžiovv (ážióεiv) würdigen, schäßen, dann auch « nach voraufgegangener Würdigung annehmen», und so bei den Philosophen «etwas als erwiesen annehmen», bed. bei ebendenselben: ein Sat, der, als keines weitern Beweises bedürftig noch fähig (indemonstrabel), unmittelbar gewiß für die Erkenntniß angenommen wird. Solche Säße, an die Spize einer Wissenschaft gestellt, sind Grundsäge und Principien (Vgl. Nr. 866.). Ju weiterm Sinn ist jedes für wahr angenommene Urtheil ein Ariom. In der Mathematik aber ist das Wort im engsten Sinn gebraucht: «<theo retischer Sah, dessen Wahrheit keines Beweises bedarf.» So sind z. B. die oben angeführten mathematischen Grundsäge Ariome. Dagegen nenut jene Wissenschaft einen practischen Saz, dessen Ausführbarkeit keines Beweises bedarf, ein Postulat, z. B. «Jede endliche gerade Linie läßt sich verlängern. »

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1522. Regelmäßig. Ordentlich. Recht. Ü. Dem Erfordernisse der Bestimmung gemäß. V. Regelmäßig = einer Regel gemäß (S. Regel Nr. 1521.). Recht, goth. raihts, ahd. u. mhd. rëht, alts. rëht, ags. rëht u. riht, altn. réttr, entspricht der Lautverschiebung gemäß (Einleit. §. 23.) ganz dem sansfr. ridshu, lat. rectus = gerade", und geht, wie dieses als Mittelwort auf das lat. regere = lenken (das Wohin eines Dinges bestimmen), auf eine gleiche Wurzel zurück. Die Grundbed. ist: Eine unabweichende Ausdehnung habend, gerade (Belege b. Graff II, 399.), z. B. goth. « jah vaírpip pata vráigó du raihtamma » (Luf. 3, 5.) und wird das Krumme (Schiefe) zu Geradem; mhd. «Die armen krumben [Krummen] rëhte [gerade] gân [gehn], Stummen sprechen, blinden sehen» (Barlaam 69, 38 f.); nhd. noch in „rechter Winkel“. Dann recht im Ahd. s. v. a. ,,eben", lat. æquus (Diut. II, 352b. Notker, Ps. 17, 27.), und hieraus wieder s. v. à. „, ebenwohl, genau“ (Lamprecht, Alexander 315. Iwein 1626.); ferner: in Angemessenheit, Paßlichkeit wozu, seiend wie es sein soll wozu (S. Nr. 516.), z. B. das Kleid ist inir recht, rechte Zeit, rechtes Mittel, rechte Bedeutung u. 1. w. Hier auch, wiewohl weniger üblich, der Ausdruck gerecht, z. B. einem Dieb ist der Galgen gerecht, sattel gerecht sein u. a. m. Davon bildete sich auch der Begriff von recht dahin: „einer Person oder einem andern Dinge vermöge giltiger Zuständigkeit, d. i. eines innern oder äußern Gesezes oder auch geltender Sitte, ge= bührend" (S. das Recht Nr. 1515.). Ordentlich ist mit eingeschobenem, einen wohllautenden Übergang der Zusammensegung mit lich bereitenden t, das ahd. ordenlicho (Notker, Boëth.), mhd. ordenliche, was in seiner ersten Hälfte das aus lat. ordo (Genit. ordinis) = Ordnung überkommene abd. diu ordena (Notker, Boëth.), mbd. der orden, Reihenfolge, Ordnung, Anordnung (Krolewiz 1813.), neben der ordo Reihenfolge (Otfr. III, 1, 7.); demgemäß bed. ordentlich zunächst nach der Reihenfolge (Ordnung)", oder,,so, daß unter Dingen jedes seine Stelle in der Übereinstimmung zu dem oder den andern hat." Dann überhaupt: der Ordnung gemäß, insofern dieses Wort Übereinstimmung mit einer Bestimmung, Vorschrift, einem Geseze anzeigt. So z. B. ordentlich leben, sich auf seine ordentliche Obrigkeit berufen, ein ordentliches Verfahren u. s. w. Hiermit nimmt ordentlich auch den Begriff an: der Üblichkeit gemäß, z. B. drei ordents liche Mahlzeiten täglich halten. Gemeinhin auch, wie recht, vers stärkend: stark, tüchtig. So z. B. ordentlich, recht essen können. Eine Bibliothek z. B. muß regelmäßig angelegt sein, und or. dentlich eingerichtet, so daß jedes Buch an seinem rechten Orte fteht. Ein ordentlicher Schüler ist immer zu rechter Zeit in der Schule und besucht die Schulstunden regelmäßig.

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1523. Reiben. Schaben. Scheuern. Ü. Etwas angedrückt an ein Ding auf demselben hin oder her bewegen. V. Reiben, abd. rip(b)an, mhd. riben, woneben altn. rifa scharrend reiben, schleißen,

Weigand, Wörterb. d. deutsch. Synonym. 11.

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ift als starkbiegendes Zeitwort wurzelhaft, und bez. den oben gegebenen Begriff allgemein. Vornehmlich aber und üblicher bed. reiben: etwas angedrückt woran wiederholt darauf hin und her bewegen. Schaben ist ebenfalls wurzelhaft, weil ehedem stark biegend: schaben abd. scap(b)an, schub ahd. scuop(b), geschaben abd. scap(b)anêr (giscaban), f. Nr. 1042. Das Wort bed.: scharf reibend woran abreiben. In weiterm Sinn aber, für reiben geradezu ges braucht, ist schaben unedel und gemein. Scheuern (Hamburg. schören, Bremisch schüren) 1) ist hart reibend reinigen (fegen) oder so glänzend machen, z. B. Küchengeschirr, Zinn, Fässer, eine Stube u. s. w. scheuern. Übrigens segt der Ausdruck viel Schmug an dem voraus, was gereinigt werden soll, weßhalb man z. B. von Silbergeschirr, Gewehren u. s. w. pugen, poliren u. dgl. sagt; ehedem freilich stand er allgemeiner, wie z. B. Matthesius i. f. Sarepta gescheurte Augen,,belle und glänzende" bat (Frisch II, 175). Aber für fäubern auf lebende Dinge angewandt ist das Wort augenfällig harter Ausdruck. Bei einem schmugigen Menschen z. B. hilft oft bloßes Waschen nicht; er muß wahrhaft gescheuert werden. Die Schweine scheuern sich an Bäumen, reiben sich heftig daran, um den beißenden Schmug abzubringen. Figürlich ist die Rebensart: jemanden den Kopf scheuern" ihm derbe Verweise geben. Der Schlaftrunkene reibt sich die Augen; der Schuhpußer schabt den Koth von den Schuhen; ein Stubenboden, der nicht von Zeit zu Zeit gescheuert wird, kann nie vollständig rein sein.

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1) Schenern ist schon frühe im Neuhochd. anstatt scheiern einge: treten (ähnlich wie man Reuter f. Reiter versuchte) und üblich geworden. Jenes bezeugt das schon abstracte goth. skeirjan erläutern (hell machen), r. goth. skeirs hell (Skeireins 43, 19. 45, 9.), alts. u. ags. scîr wie altn. skîr u. mhd. schir hell, leuchtend (Cädmon 184, 28.), blank, glänzend (Cädmon 185, 19 Ruother 224), glatt, lauter, rein (Héliand 84, 3. 89, 9.). Neud. hat sich von diesem Beiworte landschaftlich, namentlich in Niederdeutschland, in demselben Begriffe schier geltend gemacht, wofür aber, jenen alten Formen gemäß, regelrecht scheir oder scheier geworden sein müßte (Schmeller III, 390.).

1524. Reichen. Langen. Ü. Sich der Ausdehnung nach erstrecken oder sich hinausdehnen. Davon dann: „bis zur Genüge sich hinausdehnen, sei es nun in der Sache selbst oder in ihrer Wirkung." 3. B., Das Tuch reicht, langt nicht zu einem Kleide", das Gewehr reicht, langt nicht so weit", nämlich in seiner Schußweite. V. Allgemein bez. die Begriffe reichen, ahd. reichan (Notker, Ps. 35, 8. 103, 3.), mbd. reichen, agf. ræcan, v. d. starkbiegenden wurzelhaften abd. rthh(ch)an in kg)irthh(ch)an [Vorgegenw. kireih gerich, Mittelw. kirihhanér gerichen] = viel vermögen, regieren, woher auch das Reich abd. daz rihh(ch)i, reich abd. rihh(ch)i, u. a. m. Das Wort ist in den Begriffen edler, als das im neuern Sprachgebr. gemeinere langen, das mehr auf die Längendehnung, das Weithindehnen sicht; die geschichtliche Entwicke lung dieses Wortes s. Nr. 983. Anm. Im Gewöhnlichen sagt man z. B.,

der Rock reiche, lange bis zur Erde, und auch Luther sagt
noch in edelm Sinne:,, der berg Sina langet bis gen Jeru-
falem" (Gal. 4, 25.),,,deine gewalt langet bis an der Welt
ende" (Dan. 4, 19.); aber nach dem neuern Sprachgebrauche
würden wir z. B. in einem schönen Gellert'schen Liede anst. „Gott,
deine Güte reicht so weit, So weit die Wolfen reichen" nicht,
ohne in das Gemeine zu verfallen,,,...langt so weit" u....langen"
fingen können. Außer den oben gegebenen Begriffen ist auch langen

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sich hinausdehnend holen", wie Nr. 983. gezeigt und zugleich
in Hinsicht des Gebrauches im Hochd. besprochen wurde; aber mhd.
reichen sich hinausdehnend aus einer Entfernung her nehmen
(Nibelungel. 1868, 1. Tristan u. Isolt 7192. Monumm. Boica II, 507.
Westenrieder, Beiträge VI, 151.), ist, wenn auch noch schweizerisch
vorkommend (Stalder II, 268.), in dieser Bed. neuhochd. ver-
altet. Dagegen wenn im engern Sinne reichen = „sich hinaus-
dehnend (die Hand ausstreckend) darbieten", und sofort überhaupt
in edelm Einne für geben", wie z. B. auch in verabreichen,
dem abgeleiteten Reichung in Handreichung u. s. f.; so ist das
einfache langen in solchem Sinne gemein, landschaftlich (Schmidt,
westerwäld. Idiot. 100.), und im Hochd. vermieden. Man sagt
nur in gemeiner Rede z. B. Lange mir den Hut!" anstatt
reiche mir den Hut!"

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1525. Reichhaltig. Ergiebig. Fruchtbar. Ü.
Wovon viel an Erzeugniß zu haben ist. V. Reichhaltig = des
Stoffes oder was man so ansieht in beträchtlicher Menge enthal
tend (in sich habend). Ergiebig, v. ergeben = gleichsam,
hervorgehend aus sich geben, bed.: an Erzeugniß viel aus sich
gebend, oder woraus man viel an Erzeugniß erhält; dafür oberd.
ausgiebig, sonst auch ergeblich (Frisch 1, 328a). Davon
dann auch ergiebig oberd. für „, beträchtlich", z. B. einen ergie-
bigen Beitrag an Gelde thun (Adelung). Fruchtbar, mhd.
vruhtbër anft. vruhtbære, unterscheidet sich wesentlich von den beiden
vorhergehenden Ausdrücken durch den in bar (S. Nr. 773.) lies
genden Begriff des Hervorbringens, und bed. eig.,, organisches
(dem Pflanzen u. Thierreich angehöriges) Erzeugniß hervorbrin-
gend" (H. v. Friberg, Tristan 6874.), weßhalb auch z. B. fruchtbare
jare Jahre der Mündigkeit (Monumm. Boica II, 427. z. Ž. 1440.) u. s. w.
Dann bed. das Wort überhaupt: Erzeugniß aus sich hervorbrin-
gend." S. Nr. 739. Jm Besondern und vornehmlich:,, viel oder
die große Menge an Erzeugniß aus sich hervorbringend." Ein
fruchtbarer Acker z. B. ist ergiebig für den Landmann und
liefert reichhaltigen Ertrag. Reichhaltige Erzadern sind er.
giebig für den fleißigen Bergmann, insofern er viel daraus zu
Tage fördert, und seine Bemühungen sind fruchtbar. Lichtenberg's
reichhaltige Quelle des Wiges floß sehr ergiebig, wie denn
überhaupt dieser geistreiche Schriftsteller fruchtbar an treffenden
Gedanken war.

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