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rollende Donner" (Göthe). Das gemeine und nur etwa in der leichten Schreibart gebrauchte follern 1), niederd. kullern, schwed. kullra, scheint in jenen Begriffen ein Umwälzen in raschen und wiederholtern Drehungen auszudrücken. 3. B.,,Der Ameishauf durch einander follert“ (Göthe). „Dem harmløsen Wandrer vor die Füße zu kollern" (Ders., Faust). Und möcht ein kleiner Bube seyn — Und kollern durch das Feld“ (Wilhelm Müller). Wenn aber jenes rollen = „kreisartig umdrehen“, oder in fortgehender Umwälzung aufwinden", als z. B. die Augen rollen, „da rollt der Graf die finstern Brau'n“ (Schiller), Wäsche rollen, ein Papier rollen u. f. f.; so kann nicht follern gesagt werden, denn dieses geht nur auf die bloßen fortgehenden Drehungen um sich selbst. Der eig. Begriff des Wortes aber, was vielleicht verderbt v. altn. gôla beulen u. innerlich rollend knurren (Biörn Haldorson I, 296) ausgeht, ist das rasch wiederholte innerliche dumpfhohle Schallen, wie z. B. der welsche Hahn follert, die zornige Bruthenne (Mathesius, Sarepta Pred. 16.), oder wie es im Leibe follert u. s. w. Er pfiff die kleinen Flöten, er follerte [nämlich mit der Stimme nachahmend] die Querflöte" (Göthe, Rameau's Neffe). Ganz verschieden indessen ist der nach Frisch 1, 532b aus ital. cóllera Zorn, Groll (eig. Galle) überkommene, oder vielleicht aus altn. så gâli Alberner, Verrückter, verderbte Ausdruck der Koller = innere drehende Tobsucht, und kollern innerlich in schwindelnde (drehende) Tobsucht ausbrechen (Vgl. Luther 1 Sam. 21, 13.). 1) Vgl. z. B. das edle «Thränen rollen über ihre Wangen», neben dem gemeinen «Thränen kollern über ihre Wangen. >> Aber wer würde in folgender erhabenen Stelle kollern sehen dürfen: « Sphären rollt sie in den Räumen, Die des Sehers Rohr nicht kennt » (Schil ler, Freude).

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1550. Rösten. Braten. Ü. Thierischen oder Pflanzenstoff (animalischen oder vegetabilischen Körper) dadurch mürbe machen, daß vermittelst Feuerhize die Oberfläche ohne gänzliche Verbrennung zu verkohlen anfängt. V. Braten, ahd. p(b)râtan, ags. brædan, welche zunächst erwärmen" bedd. (Diut. III, 434.), neben altn. brâda = durch Hige zerlassen, schmelzen, ist: mürbe werden in saftigem Zustande durch Anfang der Verkohlung an der Oberfläche vermittelst Feuerhige ohne gänzliche Verbrennung (Otfr. V, 13, 32.). Davon dann erst die überleitende (transitive) Bed. des Wortes. Das nur überleitende (transitive) rösten, ahd. u. ags. rôstan, woher franz. rôtir (altfranz. rostir), ist das Zeitw. von dem, von rüsten abd. hrustên u. hrustan wurzelverschiedenen, der Rost abd. der rôst u. diu ròsta (altn. sû rist) = Scheiterhaufen zum Brand (gloss. trevir. 16, 16.), Hürde (Graff II, 552.) und dann das hürdenartige Eisen, hier hürdenartiges Brateisen, entweder aus gleichlaufenden Eisenstäbchen nahe neben einander oder aus kreuzweise verschränkten gemacht. Daher rößten ,,auf dem Roste braten" (3 Mos. 2, 7.), z. B. geröste

tes Hammelfleisch, was also von gebratenem merklich verschieden ist. Aber im Ahd. ist das Wort, wie auch noch jezt, üblicher in der Bed. Trockneres der Feuerhiße ausgesezt ohne Verbren nung burch Umrühren schnell ausdörren" (gloss. florent. 988b Graff a. a. D.), z. B. Mehl, Kaffee, Brot, Semmel u. f. f. rösten. Hier kann natürlich braten eben so wenig gesagt werden, als wenn weiter rösten überhaupt, Pflanzenstoffe vorbereitend durch angehende Verwesung mürbe machen", z. B. Flachs, Hanf rösten, d. i. sie im Wasser oder aufgelegt auf feuchtem Beden durch Mürbemachen der Stengel zum leichtern Ablösen des Bastes vorbereiten, Getraide rösten d. i. es durch Aufliegen auf Schwaden einige Tage der Witterung ausseßen zur leichtern Bes arbeitung im Dreschen.

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1551. Roth werden. Röthen. Erröthen. Ü. Eine rothe Farbe bekommen. V. Dieß ist überhaupt roth werden, abd. rôt nuërdan. Röthen, ahd. rôtên, ags. rëódjan, altn. rodna, rydna, bez. zunächst im Allgemeinen, wie noch mhd. rôten (Iwein 7230.), den Begriff roth werden, aber als eigentliches Zeitwort frischer und edler, z. B. die Apfel röthen schon"; doch ist diese Stellung des Wortes im Neuhochd. nur dem höhern Styl eigen und ungewöhnlich. Daneben kommt aber auch röthen, mbd. ræten, überleitend (transitiv) i. d. Bed. vor: roth machen, mit einer rothen Farbe überdecken, z. B. „Wie schön der Abend die Berge röthet" (Geßner). Allein das Wort hat gern im Neuhochd. die Färbung des Röthlichen und bed. insBesondere:,, eine röthliche Farbe bekommen", also nur einen Anflug von rother Farbe annehmen". 3. B. Als Erdbeer' und Kirsche sich röthet und schwoll" (Bürger). Erröthen, ahd. irrôtên. ist zunächst s. v. a.,,,Röthe annehmen" (Graff IÍ, 485.), z. B. Die reifenden Äpfel Glühn erröthend am Baum“ (Zachariä). So auch: Röthe annehmen machen, 3. B. Wo sie [die Sonne] zur Morgenszeit die Welt pflegt zu erröthen" (pig). In beiden Fällen übrigens nhd. selten und nur noch etwa dichterisch; die übliche Bed., die auch schon b. Notker im Boëthius vorkommt, ist: eine vorübergehende Gesichtsröthe bekommen als Wirkung des Schamgefühls.

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1552. Rücken. Buckel. Hocke (Hucke). Ü. Der durch aneinandergereihte Wirbelbeine gehaltene Längentheil des Rumpfes, bei den Thieren der Ober- und bei den Menschen der Hintertheil des Rumpfes vom Nacken bis zum Kreuze. V. Der anständige hochd. Ausdruck ist der Rücken, ahd. der hrucki, mhd. der rucke, älter oberd. der Rugk, alts. hruggi, agf. se hrycg, altn. så hryggr. Da aber nun der Rücken als Körpertheil zum Tragen schwerer Lasten dient, so kommt in dieser Beziehung figürliche Anwendung vor, z. B. Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, - Und die Schifffahrt selbst ermißt sic kaum; - Doch auf ihrem unermeßnen Rücken- Ift für zehen Glückliche nicht

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Raum" (Schiller). Ein abgeleiteter Begriff ist der der abgewandten Seite im Gegensaß der Gesichtsseite, wie bei lat. tergum, woher unser zurück ahd. ze (h)rukke (Otfr. V, 25, 99. Notker, Ps. 55, 11.), oberd, zerugk, was auch wieder gekürzt wird in rüd. Übertra gung aber ist es, wenn Rücken schon in ags. hrycg, engl. ridge, altn. hryggr, auch die höchste Längenfläche des Berges bezeichnet", wie lat. dorsum, den Berg rücken, wovon aber abd. ruhcke = Felsenzace (gloss. b. Schmeller III, 73.), mittelniederd. roke (Diut. II, 228 b), romanisch roc, rocca, roche, verschieden sind. Das neuhochd. der Buckel, niederd. puckel, aus ahd. puchelôn =,,sich stark auswärts biegen" erklärlich (S. Nr. 418.), und schon in dem ältern pucklat bucklicht (Hübner's vocabular. v. 1445.) sich zeigend, ist zunächst der erhabene Rückenauswuchs, neben ahd. der p(b)uhil (Buckel und Bühel) = hügelartige Erdanschwellung (S. Nr. 994.); dann ist der Buckel Benennung des Rückens von Menschen und Thieren, zwar landschaftlich gemeinüblicher, aber für das Hochdeutsche immer niedriger Ausdruck, oder wie Frisch 1. 151 sagt sehr grob geredet", z. B. Einem den Buckel voll Schläge geben. Die Hocke od. Hucke, b. Steinbach u. Frisch der Hock, scheint (Beleg mangelt in Haltaus glossar. 946. neben Anführung der Form) eine Nebenform von der Höcker = erhabener Rückenauswuchs (Nr. 418.), und bed. in niedriger Sprache schlechthin den Rücken, woher die gewöhnlichen hocken oder hucken ,, auf den Rücken nehmen" so wie sich auf jemandes Rücken segen", huckepack (b. Bürger) = rückentragend. Überhaupt scheint die Hocke oder Hucke mehr in Beziehung des Rückenaufs nehmens oder Rückentragens gebraucht zu sein, z. B. auf die Hocke nehmen, Einem die Hocke voll schlagen u. f. f. Übrigens auch hier der Hock Anhöhe (Frisch I, 459. Steinbach), was abd. daz houc lautet (Nr. 994. ).

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Hinterhalt. Ú.

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1553. Rückhalt. Rüdenbalt. Verläßliches im Nothfalle für das Thun. V. Die sämmtlichen Ausdrücke sind dem Kriegswesen entnommen, wo sie ein zum Nothfalle oder zur Ergänzung des Hauptheeres aufbehaltenes Heer hinter oder im Rücken desselben, ein Reservecorps (franz. corps de réserve), bedeuten, wiewohl auch einen Rücken an jemanden haben" = im Nothfalle durch seine Unterstügung gesichert fein, z. B. „Wir sind die Stärkern. Freunde, duldet's nicht! — Wir haben einen Rücken an den Andern!" (Schiller, Tell III, 3.). In Ansehung jener oben gegebenen Übereinstim mungsbed. nun unterscheiden sich die Wörter dahin, daß Hinters half in derselben unüblich und selten ist, das kürzere Rückhalt aber vor Rückenhalt geläufiger und edler sein dürfte. Übrigens bed. Rückhalt auch s. v. a. „stilles unentäußertes Aufbehalten zu Wort oder That", z. B. etwas ohne Rückhalt, frei gestehen. Daneben aber der Hinterhalt heimliches, gleichsam lauerndes Aufbehalten zu Wort oder That, besonders um im günstigen Augenblicke mit diesen hervorzubrechen. So z. B. „noch etwas im

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Hinterhalte haben“ u. s. f. Hiermit steht in enger Verbindung, wenn Hinterhalt Ort des Verstecktseins zum unvermutheten heimlichen Losbrechen auf den Feind, und auch ein verstecktes Heer zu solchem unvermutheten Losbrechen.

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1554. Rüdwärts. Rüdlings. Ü. In Beziehung der Rückenseite (S. Rücken Nr. 1552.). V. Das in -wärts (Nr. 89.) genitivisch beiwörtliche neuhochd. Nebenwort rückwärts ist nach der Richtung, die vom Rücken ausgeht", z. B. rückwärts sehen, fallen u. f. f.; so dann auch s. v. a. mit dem Rücken voran", d. i. mit der Richtung des Rückens dahin, wohin das Gesicht gerichtet sein sollte. z. B. rückwärts laufen, gehen, figen, fahren u. s. f. Aber das rück- dieses Wortes mischt sich auch mit dem aus zurück gekürzten rück- (Nr. 1552.) und geht selbst ganz in dieses über, woher rückwärts im Gegens sag zu vorwärts die Bed. hat: von der Rückseite aus nach dem Anfangspuncte der Handlung hin, z. B. rückwärts sehen, laufen, geben, lesen u. s. f. Ahd. sagte man hier afterwërt (gloss. mons. 354.), agf. äfterweard, auch widarërt u. a. m. Das neuhochdeutsch mit genitivischem Ausgang erscheinende rücdlings ist das, ein im Accusativ der Einzahl stehendes schwaches weibliches Hauptwort ankündigende ahd. Nebenwort (h)rucchilingûn, mhd. ruckelingen, neuniederl. ruggeling und daneben zuweilen ruggelings; die Endung ist eig. ahd. -ingûn, und das 1 ist eingeschaltet wie bei den Hauptwörtern auf -ling (S. Nr. 999. Anm.). Das Wort bed.:,,auf der Seite des Rückens" (glossa augustana 117 b), z. B. rücklings liegen, schlafen, schwimmen, jemanden rücklings anfallen d. i. von seiner Rückseite her, u. f. f.; in solchem Sinne ist das auf ausgehende Richtung deutende rückwärts nicht gebraucht. Dann: mit dem Rücken voran" (D. Buochir Mosis 1507.), 3. B. rücklings sigen, gehen, fahren u. f. f. Das Wort geht, gleich den übrigen Nebenwörtern auf -lings, bei der genauen Verwandtschaft des nebenwörtlichen -ing (-I-ing) mit dem eine Handlung anzeigenden ung weiblicher Hauptwörter, immer und wesentlich auf die Handlung, wie etwas geschieht (S. Grimm III, 234.), während rückwärts auf die Richtung fieht; zudem ist sein rück- nie, wie es bei rückwärts sein kann, das aus zurück gekürzte. Man fizt z. B. in einem Wagen auf dem f. g. Rüdsige rückwärts und rücklings und geht rückwärts und rücklings; aber man schläft rücklings, nicht rückwärts, und sagt, daß Gras rückwärts gelesen Sarg laute, nicht rücklings gelesen.

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1555. Ruf. Leumund. Nachrede. Ü. Verbreitetes Gerede über jemanden. V. Der Ruf ist eig., wie ahd. der hruof (Graff 1137.) neben der hruoft, goth. hrôpei, s. v. a. „stark austönende Stimmäußerung“. Davon dann der abgeleitete Begriff: weit gehende, allgemeine Äußerung worüber. 3. B. 3. B. „Erschollen war in diesen Thälern schon Der Ruf des neuen

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Greuels, der geschehn“ (Schiller, Tell 11, 2.). Hier nur im edeln Style, da der gewohnte Ausdruck Gerücht ist. Aber üblicher und vornehmlich: weit gehende, allgemeine Außerung des Urtheils worüber. 3. B. Das Argste weiß die Welt von mir, und ich Kann sagen, ich bin besser als mein Ruf" (Ders., M. St. III, 4.). Oft und gern, insofern keine nähere Bestimmung dabei ist eine vortheilhafte, auszeichnende Äußerung der eben genannten Art, z. B. ein Mann von Ruf, die Schrift, der Gesundbrunnen u. f. f. gewinnt Ruf. Der Leumund, ahd. der bliumunt (-unt ist Ableitungssylbe), mhd. der liument, liumet, liumde, älter nbd. leumet, leumat, leumut (Alberus Wtbch.), leumde, von dem Stamme, der in altn. hlióma flingen, goth. hliuma Gehör (Mark. 7, 35. 1 Kor. 12, 17.) u. f. f. liegt, worüber das Nähere Nr. 989. Anm. zu ersehen ist, bed. zunächst s. v. a. „was man in öffentlicher Ausbreitung hört, öffentliches Gerede wovon" (Tatian XVII, 8. LX, 18. Gloss. Jun. 207.). Davon dann: laute öffentliche Meinung wovon (Tatian XXII, 2. Willeram 2, 13.), wofür wir gemeinhin mit einem Fremdworte auch Renommée sagen; doch neuhochd. nur von Personen ') in fittlicher (moralischer) Beziehung. 3. B. Ihr steht im bösen Nuf und Leumund, Vetter, Daß Ihr der Frauen schönste Tugend schmäht" (Schiller, J. v. D. III, 3.). Im Besondern, ebenfalls in sittlicher (moralischer) Beziehung: die gute laute öffentliche Meinung wovon (= lop Lob i. d. gloss. Jun. 184. Gloss. paris. 220. Schwarzenbach, Syn. Bl. 60 b), der auszeichnende unbescholtene Name (gloss. mons. 342. 361.), wovon Gegensag Unleumund abd. unhliumunt (Notker, Ps. 118, 134. Boëthius S. 23, 25. Schwarzenbach a. a. D.). 3. B. Heut' noch werd' ich ihn - Auffordern, seinen Leumund vor der Welt zu retten" (Schiller, d. Picc. V, 3.). Und es wehrte dem Thun ehrliebende Achtung des Leumunds" (J. H. Vok). Das Wort aber, in seiner alten, tieftönigen AbLeitung im Neuhochd. von alterthümlicher Farbe, vollklingend und schön, ist aus der gewöhnlichen Sprache schon lange verschwunden und nur der höhern und edeln eigen. Die Nachrede unterschei det sich wesentlich von den beiden vorigen Ausdrücken, denn sie bed.: hinterrücks verbreitete nachtheilige Meinung in Beziehung worauf, vornehmlich in Beziehung auf Personen. 3. B. jemanden in üble Nachrede bringen, einem Geschäfte eine Nachrede machen u. s. w. Anstatt seinen Leumund zu bewahren, gab er Veranlassung zu allerlei Nachreden und kam dadurch in übeln Ruf.

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1) Früher auch von Anderm, z. B. ahd. liumuntmâra aha = nahmenberühmter (merkwürdiger) Fluß (Gloss. b. Schmeller II, 466. ).

1556. Ruhe. Friede. Ü. Ungestörter, leidenschaftsloser Zustand. V. Die Nuhe bez., dem allgemeinen Begriffe dieses Ausdruckes Nr. 1557. nach, auch den eben gegebenen Begriff im Allgemeinen. Der Friede, abd, der f(v)ridu, mbd. vride, alts. frithu, mittelniederd. vrede, agf. friŎu, altu. friðr, wohl nahe verwandt mit

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