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Regierung, die Bischöfe verbindlich vorzuschlagen, während die Kirche das unverbindliche Vorschlagsrecht (gegen den Wortlaut des Konkordats) einzuschmuggeln versuchte, und um das besser begründete Recht des Papstes, die Bischöfe zu entsetzen, das soeben in den Fällen der zwei Bischöfe Geay und Nordez eine thatsächliche Bestätigung erfahren hat.') In weiterer Ferne steht bei den Anhängern der jetzigen französischen Regierung die Aufhebung des Kultusbüdgets und die sogenannte Trennung der Kirche vom Staat auf der Tagesordnung, während die fanatischen Klerikalen den Einfluss Frankreichs für eine nochmalige Wiederherstellung des Kirchenstaates zu gewinnen hoffen. Beides wird unseres Erachtens in die Klasse der vergeblichen Anstrengungen gehören. Herr Paul Seippel, Professor an der polytechnischen

1) Theilweise war das Konkordat von Anfang an nicht ganz ehrlich gemeint, indem Frankreich dasselbe am 18. April 1802 gleichzeitig mit sogenannten «organischen Artikeln» publizirte, welche vom römischen Stuhl niemals als rechtsgültig angesehen wurden. Die französische Regierung beruft sich auf folgenden Wortlaut des Art. 1 des Konkordats selber:

La religion catholique, apostolique et romaine sera libre. ment exercée en France. Son culte sera public, en se conformant aux réglements de police que le gouvernement jugera nécessaires pour la tranquillité publique.

Die daran geknüpften «Articles organiques» lauten:

«Article premier. Aucune bulle, bref, rescrit, décret, mandat, provision, signature servant de provision, ni autre expédition de la cour de Rome, même ne concernant que les particuliers, ne pourront être reçus, publiés, imprimés, ni autrement mis à exécution sans l'autorisation du gouvernement.

«Art. 2. Aucun individu se disant nonce, légat, vicaire ou commissaire apostolique, ou se prévalant de toute autre dénomination, ne pourra, sans la même autorisation, exercer sur le sol français ni ailleurs aucune fonction relative aux affaires de l'Eglise gallicane.>>

Schule von Zürich, drückte sich über die Frage wie folgt aus:

«Par l'Empire romain, par l'Eglise héritière de cet empire et par la monarchie absolue, la nation française a reçu une éducation séculaire qui peut se résumer par ces mots: unité, autorité. Depuis la Révolution l'unité morale est brisée et ne semble pas pouvoir être reconstituée d'une manière durable. Ainsi la France a perdu le bénéfice qu'elle a pu retirer, à quelques moments essentiels de son histoire, de la concentration de ses forces; et elle a conservé dans ces expériences diverses qu'elle a tentées depuis un siècle cette méthode unitaire et autoritaire dont le résultat dernier est d'atrophier l'organisme par la diminution des énergies individuelles.

Malgré les efforts de quelques-uns de ses penseurs les plus illustres, la France moderne est mal dégagée encore de la mentalité romaine: c'est là le cercueil de plomb qui semble attendre les races latines. Il faudra qu'elles le brisent ou qu'elles s'y couchent.»

Die ausschliessliche Hauptsache ist das aber, beiläufig gesagt, doch noch nicht, sondern dieselbe besteht noch mehr in der leichten Auffassung der geschlechtlichen Verhältnisse, die allen Franzosen mehr oder weniger eigen ist und das Mark der Nation verzehrt.

Einige Aktenstücke, die man vielleicht gut thun wird aus der rasch abfliessenden Fluth der Tageslitteratur an das Land zu retten, sind die folgenden:

Der historische Verlauf der Sache war nach einer journalistischen Zusammenstellung folgender:

«Es war gegen Schluss des Jahres 1900, als am 28. Oktober auf einem Bankett in Toulouse der damalige Ministerpräsident Waldeck-Rousseau in einer Programmrede die Ziele der Regierung in dieser Richtung umschrieb,

indem er ausführte, dass die Republik um ihrer selbst willen den Gefahren müsse zu begegnen versuchen, die daraus erwachsen, dass sich in einer demokratischen Gesellschaft immer mehr eine Vereinigung entwickelt, die unter der Maske einer religiösen Einrichtung nach völ liger Unabhängigkeit strebt und alle Autorität an sich zu reissen versucht. Das war die Ankündigung, dass die Regierung nunmehr entschlossen sei, all die früheren vereinzelt erfolgten Zurückweisungen klerikaler Machtansprüche in einer kraftvoll und zielbewusst durchzuführenden Abwehrpolitik zusammenzufassen. Das geschah dann durch die Vorlage eines Vereinsgesetzes, das auf die in Frankreich üppig wuchernden religiösen Genossenschaften anwendbar sein sollte, ein Gesetz, das der Regierung die Möglichkeit gab, fast alle damals bestehenden religiösen Vereine aufzuheben und die Bildung von neuen klösterlichen Vereinigungen zu verbieten. Am 30. März genehmigte die ganze Kammer das ganze Gesetz mit 303 gegen 224 Stimmen, und diesem Votum schloss sich am 22. Juni der Senat mit 173 gegen 99 Stimmen an. Die Waffe gegen die Kongregationen, wie die verschiedenen religiösen Genossenschaften mit einem Sammelnamen genannt wurden, war da. Nun kam es darauf an, ob und wie man sie gebrauchen wollte.

Das Gesetz selbst löste diese Frage teilweise, indem es für alle im Staatsgebiet bestehenden Vereine die amtliche Genehmigung vorschrieb. Am 3. Oktober lief die gestellte Frist ab, und die Kongregationen fügten sich zum grossen Theil, nachdem der Vatikan gute Miene zum bösen Spiel gemacht hatte und, zwar unter Missbilligung und Verdammung des Vereinsgesetzes, die Kongregationen angewiesen hatte, um die behördliche Genehmigung nachzusuchen. Es war das Rampolla'sche Politik, die lieber Jahrhunderte hindurch hartnäckig vertheidigte angebliche Rechte aufgab, als dass sie einen Konflikt mit dem bevorzugten Frankreich heraufbeschworen hätte. Eine ganze Anzahl jedoch blieb renitent. Trotzdem war das Ziel der französischen Regierung im Grossen und Ganzen er

reicht, die kirchlichen Vereinigungen waren unter schär fere Aufsicht genommen, und diesen Besitzstand übergab das siegreiche Haupt des Kabinetts, Waldeck-Rousseau, seinem Nachfolger Combes, der am 7. Juni 1902 sein Amt antrat.

Es waren wohl rein persönliche Gründe, die den Rücktritt Waldeck-Rousseau's veranlasst hatten: körperliche Erschöpfung sowohl als auch vielleicht die Absicht «präsidentabel» zu bleiben, denn eine politische Nothwendig. keit lag nicht vor. Die Kammerwahlen, die im Frühjahr stattgefunden hatten, waren im Gegentheil für die Regierung sehr günstig gewesen, und so nahm das neue Kabinett den Kampf gegen die Kongregationen mit verdoppeltem Eifer auf. Drei Tage nach seinem Amtsantritt verlas der Ministerpräsident Combes in der Kammer eine Erklärung der neuen Regierung, in der er ausführte, dass diese vor allem darüber wachen werde, dass keine der Bestimmungen des Vereinsgesetzes wirkungslos bleibe. Weiter aber und damit geschah ein neuer wichtiger Schritt in der mit dem Vereinsgesetz eingeschlagenen Politik, vielleicht sogar darüber hinaus erklärte Combes, dass das Unterrichtsgesetz von 1850 abgeschafft werden solle, «damit der Staat, ohne deshalb aus dem öffentlichen Unterricht ein Monopol machen zu wollen, die Stelle, die er niemals hätte aufgeben sollen, wieder einnehmen und über dem öffentlichen Unterricht, der jedem Bürger zutheil wird, wachen kann». Das war nicht mehr das Programm Waldeck-Rousseau's, das war ein neues Programm Combes.

Zunächst wurden bereits am 27. Juni 135 Kongreganistenschulen aufgehoben, weil die betreffenden Vereinigungen nicht um die staatliche Genehmigung nachgesucht hatten. Schlag auf Schlag folgte gegen den Rest der widerspenstigen Ordensleute, und der Aufruhr, den das Vorgehen der Regierung, die vielfach die Militärmacht zu Hülfe nahm, im Lande verursachte, ist noch frisch in der Erinnerung. Combes und die Seinen blieben fest. Im Oktober liessen sie sich ein spezielles Vertrauens

votum von Kammer und Senat ausstellen und im Januar 1903 hatten sie die Genugthuung, dass die Parteien der Regierung, der «bloc», bei den Wahlen zur Drittelerneuerung des Senats dreizehn Mandate gewannen.

Der Kampf gegen die Ordensniederlassungen dauerte während des ganzen Jahres 1903 fort. Die Mitglieder der Kongregationen setzten den Auflösungs- und Ausweisungs-Dekreten allerorten einen hartnäckigen passiven Widerstand entgegen. Wieder kam es zu peinlichen Auftritten, bei denen die Mönche mit bewaffneter Hand vertrieben wurden. Der französische Episkopat beschränkte sich auf platonische Proteste und das nicht einmal einhellig. Der Vatikan schwieg, grollend wohl, aber er schwieg. Wenige Wochen vor seinem Tode musste es dann Leo XIII. erleben, dass die Kammer mit 306 gegen 107 Stimmen dem Gesetz über die Säkularisirung der Kongregationen ihre Zustimmung ertheilte. Alle Kapellen der aufgelösten Gemeinschaften wurden geschlossen mit geringen Ausnahmen.

In seiner vor Kurzem geschlossenen Tagung hat das französische Parlament nunmehr auch das angekündigte Unterrichtsgesetz angenommen. das die Gewährung des Rechts zur Ausübung der Lehrthätigkeit von der Erklärung des Bewerbers abhängig macht, dass er zu keiner nichtautorisirten Kongregation gehört. Ausnahmen sind lediglich in den Kolonien aus nationalen Gründen für zulässig erklärt worden. Aber selbst Combes ging den Radikalsten unter den Radikalen nicht weit genug. Im November 1903 beschloss ein besonderer Kammerausschuss, die Tren. nung von Kirche und Staat in folgendem Gesetzesentwurf vorzuschlagen:

«Die Republik beschützt, bezahlt, unterstützt keinerlei Kultus, weder mittelbar, noch unmittelbar, unter welcher Form es auch sein mag. Sie anerkennt keine Kultusdiener. Sie gewährt unentgeltlich keinerlei Räumlichkeiten für Ausübung eines Kultus oder Wohnung ihrer Diener.»

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