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Ausserdem fanden noch statt:

Ein internationaler Arbeiterschutzkongress in Basel, worüber ein Bericht der Berliner Nationalzeitung sagt:

Die Aussichten für einen neuen Kongress seien angesichts der Entwicklung seit dem ersten Kongress wesentlich günstiger. Es sei über eine Reihe von Fragen in vielen Staaten inzwischen eine grössere Klärung erfolgt, als dies im Jahre 1890 der Fall war. Man werde sich beispielsweise heute viel leichter über gemeinsame Massnahmen bezüglich des Kinderschutzes, sowie bezüglich der Verwendung von Phosphor und Blei in gewerblichen Betrieben verständigen können. Da Deutschland der Abhaltung des Kongresses bereits zugestimmt habe und die meisten übrigen Staaten folgen werden, so sei die Verwirklichung der ersten internationalen Vereinbarungen über den Arbeiterschutz in den Bereich der Möglichkeit gerückt.

Ein Altkatholikenkongress in Olten. Eine deutsche Berichterstattung hebt aus den dortigen Reden besonders Folgendes hervor:

Ueber die kirchlichen und kirchenpolitischen Vorgänge der neueren Zeit sprach Professor Dr. Friedrich, München: Wir sehen ungeheure Verunstaltungen des Katholizismus durch den Romanismus. Römisch muss man sein, wenn man ein Christ sein will, denn alles, was nicht römisch ist, also auch der orientalische Katholizismus, obwohl er ebenso alt ist wie der römische, soll ebenso, wie das Heidenthum, des Teufels sein. (Heiterkeit.) Es ist aber eine Versündigung an dem wahren Christenthum und ein ungeheures Verbrechen, dass man verlangt, man müsse, um Katholik zu sein, sich romanisiren. Einige träumen von einem Reformkatholizismus. Diese Sorte Katholiken erfreut sich besonders des Wohlwollens der liberalen Presse und man konstruirt daraus einen Gegensatz zwischen politischem Katholizismus und religiösem. Die Leute aber wollen

römisch bleiben und nur reformiren, wo das Römerthum ihnen zu schwer wird; sie wollen A sagen, aber nicht B. Es ist so wie es ganz richtig in Regensburg gesagt wurde: seit 1870 gibt es zwischen römischem Katholizismus und Ultramontanismus keinen Unterschied. Macht man ihn, so handelt es sich nur um ein journalistisches Schlagwort. Leider hat auch der Protestantismus dieser Sachlage gegenüber nicht immer seine Aufgabe erfüllt und manche Protestanten werfen uns Knüppel zwischen die Beine, weil sie nicht einsehen, dass auch ihnen die Gefahr drohe. Und was ist die Folge? Das, was Döllinger vorausgesagt hat: Siech ist das Deutsche Reich, ob man es sich auch nicht eingestehen will. In den gesetzgebenden Körperschaften und Vertretungen haben sich die römischen Katholiken zu einer kompakten politischen Partei zusammengeschlossen. Sie sind in Deutschland die dominirende Partei, in Bayern dank der Unterstützung der Sozialdemokratie die brutalisirende, herrschende Partei. Die Regierung muss alles durch Konzessionen von den Römischen erkaufen, die Konzessionen bewegen sich auf dem Gebiete des Schulwesens, in Bayern auch des Verkehrswesens . . . . Ganz oben aber kann man sich an Ehrenerweisungen und Huldigungen nicht erschöpfen, die, wenn sie von protestantischer Seite kommen, ganz unbegreiflich erscheinen. (Stürmischer Beifall.) Haben wir doch erlebt, dass Gardehusaren nach Rom fahren mussten, um einen Aufzug zu machen, dass Leo XIII. einen Spezialgesandten nach Deutschland schickte und dass ein General bezeugen musste, dass in Deutschland zur Zufriedenheit Roms regiert werde. (Stürmische Heiterkeit). Was ist das anderes als das, was Bonifatius VIII. aufgestellt hat? . . . Die Gelehrten aber, besonders die der Hochschulen sollen, wie die Jesuiten so schön sagen, <<zum Opfer des Intellekts» gebracht werden. Wohin das führen würde, zeigt Bayern. Das Volk würde wieder verdummen, die Universitäten würden zu Nullen herabgedrückt werden. Aber gerade das wollen die römischen Germanen Wir Altkatholiken könnten eigentlich Schadenfreude empfinden, denn wir waren es, die den

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rechten Weg zeigten, um das Joch Roms abzuschütteln. Aber hochmüthig verlachte man uns. Heute wird Niemand mehr bestreiten, dass die auf Rom eingeschworenen Massen ein Bleigewicht und eine Gefahr für das Reich sind.

Es folgte dann ein Vortrag von Professor Dr. WokerBern über die Umbildung der römisch-katho lischen Kirche zu einer politischen Institution. Der Redner gibt eine historische Uebersicht über die Entstehung und Entwicklung des Papstthums und tritt der neuerdings wiederholt ausgesprochenen Ansicht entgegen, als ob es einen Gegensatz zwischen religiösem und politischem römischem Katholizismus gebe und als ob der politische Katholizismus innerhalb der römischen Kirche nur eine vorübergehende Erscheinung sei. Die Geschichte lehre vielmehr, dass das Papstthum von jeher eine politische Institution gewesen sei und nach politischer Macht und Weltherrschaft gestrebt habe.» (Lebhafter Beifall.) (Allg. Zeitg., 5. Sept.)

Die Sozialisten hielten einen internationalen Kongress in Amsterdam, bei dem sich neuerdings die tiefere Differenz zwischen dem gänzlich intransigenten, revolu tionären Sozialismus, wie er durch Bebel in Deutschland vertreten wird, und dem noch mit der Bourgeoisie paktirenden und Fühlung anstrebenden von Bernstein und Jaurès herausstellte; die alten Schüler von Marx und Babœuf werden noch sämmtlich zu Grabe steigen müssen, bevor die gemässigte Richtung definitiv Oberwasser bekommt. Bei einem deutschen Kongress wurde wieder am Jungbrunnen der Partei einige mangelhafte Wäsche gewaschen und ein Reichstagsmitglied scharf gemassregelt. Diese Art von Verhandlungen werden der dortigen «Dreimillionenpartei» auf die Dauer mehr schaden als ihren Gegnern, denn es ist nicht Jedermanns Geschmack, unter einem solchen Meinungster

rorismus zu stehen, selbst wo es sich um eine an sich bedeutende und anziehende Sache handelt.

Die Berliner «Nation» sagte über den Amsterdamer Kongress u. A.:

<< Die Deutschen haben bisher unbestritten die internalen Sozialistenkongresse beherrscht, moralisch und intellek tuell. Sie haben ja den modernen Sozialismus geschaffen. Sie sind von den Genossen fast aller Länder wegen ihrer Macht und Geschlossenheit beneidet. Aber dem feinen Dialektiker Jaurès ist Bebel entschieden nicht gewachsen. Bebel sprach in der Kommission wie in einer Volksversammlung. Er schreckte vor leeren Gemeinplätzen nicht zurück. In immer neuen Wendungen betrachtete er die Welt unter dem einen Marxistischen Gesichtspunkte des Klassenkampfes, der Unversöhnlichkeit der Interessen von Arbeitern und Unternehmern. Er hielt es für durchaus begreiflich und logisch, wenn die Bourgeoisie die Arbeiterklasse bekämpfe. Er wird misstrauisch, und es ist ihm förmlich unangenehm, wenn es anders ist. Denn die reine Lehre wird dann getrübt, und der Arbeiter lässt sich nicht mehr so leicht und einfach beherrschen; er verliert dann das revolutionäre Feuer. Bebel wird noch heute von revolutionären Vorstellungen beherrscht. Er steht noch heute auf dem Standpunkte, dass alles, was nicht Arbeiter ist, beschränkt, engherzig, ausbeuterisch, reaktionär gesinnt sein muss. Mit diesen Gegnern könne man sich nicht vereinigen, um innerhalb einer Regierung für gewisse Fortschritte im Volksleben zu kämpfen, sondern man müsse warten bis auf den grossen Tag, da die Sozialisten die Mehrheit haben. Jaurès schüttelte fortwährend den Kopf bei der Bebelschen Rede und zeigte, dass die doktrinären Plattheiten Bebels seiner politischen Stellung gar nicht gerecht würden.»

Es hat also noch gute Wege bis zu einem völlig internationalen Sozialismus.

Andere Kongresse waren noch: die internationale Konferenz für den Schutz des Urheberrechts in Bern und ein zweiter Kongress in Berlin, welche beide einen Kongress in Washington für das nächste Jahr vorbereiten sollen. Eine ebenfalls vorbereitende Konferenz betr. den Mädchenhandel in Zürich, welcher ein Kongress in Paris im Jahre 1906 folgen soll. Ein internationaler Zeichnungslehrerkongress, der eine solche Föderation gründen will. Eine Versammlung des institut de droit international in Edinburg, die sich besonders mit folgenden, sehr aktuellen Fragen zu beschäf tigen beabsichtigte:

1. Tribunaux internationaux chargés d'interpréter les conventions d'Unions internationales.

2. Régime juridique des aérostats.

3. Traités d'arbitrage entre États. Examen des projets récemment adoptés par divers États.

4. Condition juridique internationale des étrangers, civils ou militaires, au service des belligérants.

5. Des droits des États tiers vis-à-vis d'une puissance qui ne peut ou ne veut pas exécuter ses engagements financiers envers leurs ressortissants.

6. Commencement de la guerre au XX° siècle. La question de la déclaration de guerre.

7. Régime de la neutralité.

8. Codification du droit international privé.

9. Conflits de lois en matière d'obligations.

10. Conflits de lois relatives à la dépossession de titres au porteur.

11. Conséquences de l'application dans les matières de droit pénal de la règle que la capacité d'une personne et ses rapports de famille sont régis par sa loi nationale. 12. De l'ordre public dans les rapports de droit inter national privé.

13. Du respect des droits acquis en cas de changement de nationalité.

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