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Der nach zwölf Jahren dem Westphälischen nachgefolgte Friede von Oliva 1660 hatte für Desterreich nur den Sinn, daß es zurückgab, was Haßfeld und Souches mit wenig Ruhm gewonnen, daß es seine Bundesfreunde, den großen Kurfürsten und den polnischen Johann Kasimir, im Stiche ließ und Karl Gustavs fünfjähriges Kind als Schwedenkönig anerkannte.

Franzosen und Baiern hatten den Zauderer Montecuculi zum Siege bei St. Gotthard gezwungen. Acht Tage darauf eilten die Sieger über Hals und Kopf, im Visharer Lager einen Frieden zu schließen, welcher der Pforte Siebenbürgen ließ und die wichtigen Offensivpunkte Neuhäusel und Großwardein. Weder im Frieden von Aachen 1668, noch von Nymwegen 1678 noch von Ryswik 1697 gewann Desterreich Land oder Ruhm, litt aber tiefe Schmach an Lothringen, an Straßburg, an den Réunionskammern in Schutt und Trümmern, in Blut und Flammen der unglücklichen Pfalz.

Die üppige Schönheit und der sprühende Geist der Nichte Mazarin's, der Olympia Mancini, Witwe Savoyen - Carignan= Soissons, mußte der sanften Anmuth der Lavalière ins Eril nach Brüssel weichen. Ihr jüngstes Söhnlein, das Abbéchen, den ,,Eugenio von Savoye“, traf die Verfolgung mit. Er konnte weder eine reichere Pfründe, noch eine Compagnie in der maison du roi erreichen. Dies gab Desterreich den einzigen, großen Mann (in der erhabenen, vielseitigen Bedeutung des Wortes), den es jemals gehabt! Der klägliche Leopold, aus seiner Residenz verjagt, gab Eugen ein Dragonerregiment. Dieser zwanzigjährige Oberst ließ im Entsaße Wiens (1683) noch nicht ahnen, daß er bei Zentha, Peterwardein und Belgrad die Furchtbarkeit der Pforte für immer brechen, daß er des Louis le grand Mishandlung in jener Münze zahlen würde, die dem Ucbermuthe der Könige gebührt, daß er bei Blindheim Baiern und ganz Deutschland, daß er bei Turin ganz Italien, bei Oudenarde und Malplaquet die Niederlande mit einem Schlag ersiegen, daß er, wäre sein Rath befolgt worden, das stolze und dennoch wahre: ,,Desterreich über Alles, wenn es nur will!" herrlich

anticipirt haben würde! Aber im Utrechter im Rastadt-Badener Frieden ging das meiste Erbe des ältern spanischen Zweiges von Habsburg, Spanien und die neue Welt für den jüngern deutschen verloren (1713/14); der Wiener Friede (1735) verlor beide Sicilien noch dazu. Nur Sardiniens Zweideutigkeit und Spaniens Lauheit erhielten Karl VI. noch die Hauptmasse der Lombardei. Selbst die beiden vortheilhaften Frieden, die mit der Pforte, der Carlowißer (1699) und der Passarowißer (1718), verwirklichten nicht, was fast schon gethane Sache war, Eugen's großes altes Ungarn vom adriatischen zum schwarzen Meere: damals, bevor Polen entscheidend mitsprechen, bevor das, erst am Pruth (1711) gedemüthigte, noch halb asiatische Rußland hier nur eine Löwentheilung zulassen konnte! Der schimpfliche Belgrader Friede (1739) verwirkte das Köstlichste und Folgenreichste von Eugens Eroberungen und besudelte den Ruhm der österreichischen Adler.

Der Nachner Frieden (1748) vereitelte zwar die Allianzen von 1741, zur Theilung und Zerstückelung der Verlassenschaft des lehten Habsburgers Karl's VI., und sicherte ihren Uebergang an das neue Kaiserhaus Lothringen. Aber Ober- und Niederschlesien mit Glaß ward 1742 in Breslau und Berlin an Preußen abgetreten, Baiern, das dafür als Unterpfand dienen sollte, 1745 im Füßner Frieden dem neuen Kurfürsten Mar Joseph, Sohn Kaiser Karl's VII., wieder zurückgegeben. Der Wormser Friede 1753 ließ Karl Emanuel III. die von der Lombardei abgezwackten wichtigen Parcellen von Tortona und Novara und gewann neue Gebietstheile dazu. Der Infant Philipp erhielt Parma, Piacenza und Guastalla; und da der im Aachner Frieden vorausgesehte Heimfall nicht eintrat, wurde Savoyen mit französischem Gelde befriedigt. Desterreich aber that Verzicht für den Mannsstamm Don Philipp's.

Der gewaltige Bund zur Wiedereroberung Schlesiens und zur Erdrückung des kleinen und armen Preußenreiches war Kaunigens Meisterstück. Er hatte dem dreihundertjährigen Nebenbuhler Frankreich Schwefeläther beigebracht und in der Be

täubung es den politischen Selbstmord vollbringen lassen. Desterreichs Kräfte waren für sich allein hinreichend, Friedrichen. zu erschöpfen, zu vernichten; aber Kauniß waffnete gegen ihn, für Desterreich, auch noch Frankreich, Rußland, Schweden, das deutsche Reich, das mit der Polenkrone belästigte Sachsen und nach sieben Jahren ungeheuern Verlustes an Menschen und Geld und namenlosen Elends schlug Maria Theresia's Plan völlig fehl. Nicht das kleine Glah, nicht ein Titelchen Gebietes erhielt die Kaiserin im Hubertusburger Frieden 1763 zurück. Der Ruhm ihres Gegners schwang sich zu den Sternen.

„Baiern müsse für Schlesien entschädigen,“ war zur firen Idee geworden, so daß der Wiener Hof natürlich das Erlöschen des Hauses Baiern und das Zusammenfallen seiner Lande mit der Rheinpfalz und ihren Dependenzen als die köstlichste Gelegenheit nicht außer Acht lassen konnte!? Den thatenlosen, von keiner Seite ernstlich betriebenen Krieg endigte der Teschner Friede (1779). Desterreich mußte feine clandestine und allen Reichs- und Hausgesehen zuwiderlaufende Uebereinkunft mit dem Kurfürsten Karl Theodor, vom 3. Januar 1778, zurücknehmen und das in Folge derselben occupirte Land wieder herausgeben. Statt nahe an 240 Meilen bekam Desterreich we= niger als 40 und nicht das angesprochene Land, sondern einen andern, obgleich auch sehr zusagenden Bezirk, das Innviertel,

nicht wegen eines zugestandenen Rechtes, sondern für die Wiederverleihung der Reichslehen und der böhmischen Thronund Privatlehen.

Der 1788 ebenso unpolitisch, als ungerecht wie jener von 1738/39 für die schönen Augen der Russen begonnene Türkenkrieg hatte im ersten Feldzug und bei Preußens gebieterischer Vermittelung mit den Türken, wie mit den aufständischen Belgiern, eben so wenig Ruhm und Nußen gebracht. Im Szistover Frieden 1791 mußte Belgrad und alles Eroberte den Türken zurückgestellt werden. Die französische Revolution verwickelte damals die Lage der Dinge eben so sehr, wie es in den

Tagen des Carlowißer Friedens durch den stündlich bevorstehenden Anfall der spanischen Weltmonarchie sich begeben.

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Im großen Revolutionskriege (April 1792 bis April 1797) hatte die Invasion in Frankreich, in der Champagne (wo Valmy Dumouriez Haufen als ein Sieg galt, während das gänzliche Auseinanderstäuben derselben und der Marsch auf Paris auf flacher Hand lag), das Zutrauen der Alliirten wechselseitig sowol, als eines Jeden in sich selbst, bedeutend verringert. Die erste Campagne endigte mit dem unrühmlichen Rückzug über den Rhein und mit dem Verluste der Niederlande. Speier, Worms, das feste Mainz, Frankfurt hatte eine schwache Feindesmacht genommen. Jene Vormauer war nicht so leicht und so schnell wiedererrungen, als sie schmählich verloren war. Ruhmvoll war für die Oesterreicher die Wiedereroberung und Behauptung Belgiens 1793; nur der Ausgang des Herzogs von York in Flandern war, wie man ihn von den englischen Prinzen wol früher und später erlebte, vor und nach der Capitulation vom Kloster Zewen. Im Jahr 1794 endigte für immer Desterreichs achtzigjähriger Besiß der Niederlande nach der unstreitig gewonnenen Schlacht von Fleurus, durch nicht mehr unbekannte Ränke, politische Lug- und Truggewebe. Das folgende Jahr 1795 zerriß durch den Baseler Frieden, Deutschland in zwei fremde, ja feindselige Hälften. Aber nur Robespierre's plößlicher blutiger Ausgang hinderte, daß nicht ein Thugut'scher Separatfrieden, auch auf Deutschlands Kosten, vorausgegangen war. In den, dieses Jahres Ende bekränzenden Großthaten Clairfait's und Wurmser's, an den Mainzerlinien und vor Mannheim, muß Pichegru's Verrath, Moreau's Lauheit und die übrigen royalistischen Einverständnisse auch in Anschlag kommen!? Der 11. April 1796 eröffnete mit dem Siege von Montenotte die kaum mit irgend einer andern in der Weltgeschichte gleichzustellende Siegesbahn des achtundzwanzigjährigen Bonaparte,,,cui laurus aeternus honores, italico peperit triumpho." Die Erklärung in Fontainebleau am 11. April 1814, nach achtzehnjährigem, von den Pyramiden bis zum beeisten Belt und von Lissabon bis

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Moskau die Welt aus ihren Angeln hebenden Sturmschritte, beschloß sie für immer. Vom Rhein her drang 1796 Moreau bis München, Jourdan bis an Böhmens Marken, Beide vom Erzherzog Karl durch eine Reihe von Siegen verjagt. — Ein öfterreichisches Heer unter Beaulieu, zwei unter Wurmser, zwei unter Alvinzy, eines unter dem Erzherzog Karl zur Rettung Mantuas, zur Deckung des Innern fruchtlos entsendet!! Erstaunenswerthe, aber fruchtlose Kraftentwickelung, weil nicht in gleichem Grade intellectuell, als materiell und noch immer der größte Widerwille gegen alle, über das gewöhnliche Gamaschenmaß hinausreichende Mittel der Gegenwehr und des Angriffs!

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An den Pässen der julischen und carnischen Alpen strecken Kerntruppen schimpflich die Waffen, der Erzherzog selbst entkam mit Noth der Gefangenschaft, Bonaparte stand an der Grenzmark von Desterreich und Steyer, am Sömmering. An Widerstand gegen seine überall siegreichen Scharen war nicht zu denken mit den entmuthigten Heerestrümmern, mit den bunten Dilettanten des Wiener Aufgebots. Der Tyroler Aufstand bekümmerte ihn blutwenig und war meist schon wieder zu Hause; denn der war ein Mandarinenbrei und kein Wetterstrahl dès Nationalgeistes, wie 1809. Joubert zog ohne Verlust und unverfolgt die Drau hinunter, nach Klagenfurt. Der abgekartete Venediger Aufstand beruhigte nur darüber, ein Entschädigungsobject gleich an der Hand zu haben! Im gleichen Augenblicke waren 1796 beide Armeen, Moreau's und Jourdan's, über den Rhein gegangen. Die Kabinete von Wien und Berlin frohlockten innerlich, eines über die Unfälle des andern. In dieser Constellation kann man sich über die Thatsache nicht genug verwundern, daß Oestreich, in einem zweimal in Paris ersiegten Frieden (1814-1815) faum jene Extension und Intensität wieder erreichte, die ihm 1797 nach Niederlagen auf Niederlagen, im Nonnenkloster Göß bei Leoben und zu Campoformio von Bonaparte vergönnt war, der am Sömmering lagerte, während Wien sich deshalb im Belagerungszustande befand. Freilich das reiche Mailand und das feste Mantua gingen 1797 für Dester

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