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lere Schulen, so für die unteren Klassen höherer Lehranstalten in den betreffenden Partieen sich recht wohl verwenden läfst. Paul Wetzel.

Berlin.

W. Strehl, Der deutsche Aufsatz für die Mittelstufe höherer Schulen. Berlin 1895, G. Grotesche Verlagsbuchhandlung. VIII u. 138 S. 8. 2 M.

Die vorliegende Schrift Seminararbeit hervorgegangen

dem Anschein nach aus einer lehnt sich ihrem Inhalte nach

wesentlich an das an, was in dem ,,Deutschen Unterricht" des Referenten (S. 168-198 vgl. S. 73 ff.) über den Aufsatz der Mittelstufe gesagt ist; man darf den gröfsten Teil der Arbeit als weitere Ausführung der dort aufgestellten Gesichtspunkte bezeichnen. Der Verf. hätte freilich dieses Abhängigkeitsverhältnis deutlicher kennzeichnen dürfen, als es durch die Art, wie er das Buch anführt, geschehen ist. Doch kann Referent auch so zufrieden sein. Bleibt doch die Hauptsache, dafs die einmal ausgesprochenen Gedanken weitere Wirkung und Verwertung finden.

Die Arbeit ist mit Belesenheit und Geschick verfafst; sie wird denjenigen Kollegen willkommen sein, die, mit den a. a. 0. aufgestellten Grundsätzen übereinstimmend, weitere Ausführungen und Fingerzeige für die Praxis zur Hand zu haben wünschen, als sie im Rahmen einer Gesamtmethodik gegeben werden können. Insbesondere wird das wohlüberlegte Verzeichnis von Themen und Entwürfen, das den Schlufs des Heftes bildet, vielfach dankbar begrüfst werden.

Berlin.

Rudolf Lehmann.

Lessings Emilia Galotti, für den Schulgebrauch herausgegeben von Oskar Langer. Leipzig 1895, G. Freytag. 118 S. kl. 8. Geb. 0,70 M. (Freytags Schulausgaben klassischer Werke für den deutschen Unterricht).

In der Einleitung (Abschnitt über die Katastrophe S. 8 ff.) erklärt der Herausgeber, es sei weder der Todesbeschlufs Emiliens, noch der Todesstofs Odoardos mit ausreichender Klarheit begründet. In der Verlegenheit, wie zum rechten Verständnis der Dichtung zu gelangen sei, entschliefst er sich, wie Goethe (Brief an Riemer vom 4. März 1812), Bulthaupt, Paul Heyse, Gottfried Keller, eine leise aufsteigende Neigung Emiliens für den Prinzen anzunehmen; Emilia fühle sich diesem gegenüber nicht stark genug, so dafs sie zuletzt lieber sterben, als das Haus der Grimaldi betreten will. Der Verfasser tadelt, dafs das Wohlgefallen Emilias am Prinzen nicht zu hinlänglich starkem Ausdruck kommt, sowie dafs, obwohl ihre Gedankenschuld dem Vater nicht bekannt wird, dieser ihr dennoch den Todesstofs giebt. Wirklich zufrieden ist der Verfasser offenbar mit seiner Erklärung nicht; da er aber überzeugt ist, dafs es ein grofser Fehler wäre, wenn Emilia ohne alles Schuldgefühl und alle und jede innere Not

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wendigkeit lediglich als Opfer der „,rauhen Tugend" ihres Vaters sterben sollte, so will" er daran festhalten, dafs eine leise Neigung Emiliens zum Prinzen vorhanden ist, obwohl nur der aufmerksame Leser oder Hörer zu dieser Erkenntnis kommt.

Es ist ein Kommentar, der doch wieder alles schwankend läfst. Dafs an Lessings Dichtung mancherlei zu tadeln ist, wird von jedermann, auch von denen, welche scharf beobachten, lebhaft gefühlt. Unserm Schiller war in seiner Weimarer Zeit nach einem Bericht Goethes die Emilia Galotti zuwider. Goethe selbst schrieb an Zelter (27. März 1830): „Auf dem jetzigen Grade der Kultur kann das Stück nicht mehr wirksam sein. Untersuchen wir's genau, so haben wir davor den Respekt wie vor einer Mumie, die uns von alter hoher Würde des Aufbewahrten ein Zeugnis giebt. Aber die theoretische Erkenntnis, was an dem Stücke und aus welchen Gründen es zu tadeln ist, bleibt hinter dem natürlichen Gefühl, welches sich gegen die Tragödie ausspricht, weit zurück. Die Ausgabe von Oskar Langer hat diese Erkenntnis an keinem Punkte gefördert. Warum hat sich der Verfasser, bevor er seine Arbeit schrieb, nicht mit dem Handbuch der Poetik von Hermann Baumgart (Stuttgart 1887, J. G. Cotta) bekannt gemacht? Das Ergebnis der Ausführungen Baumgarts läfst sich so zusammenfassen.

Es ist richtig, dafs die tragische Hamartie der Emilia lediglich darin besteht, dafs sie gegen die eigene richtige Eingebung sich von ihrer Mutter davon abbringen läfst, ihrem Bräutigam die Begegnung mit dem Prinzen in der Messe sofort mitzuteilen: wäre Appiani so gewarnt worden, so hätte er den Plan Marinellis durchkreuzt. Das Bewufstsein dieser Verfehlung zum Motiv des Selbstmordes zu machen, hat Lessing offenbar geflissentlich vermieden. Weil die Hamartie der Heldin so fein angelegt und so äusserst schwach betont ist, konnte die Kritik auf die Vermutung kommen, die Handlungsweise der Emilia sei aus einer in ihrem Herzen aufkeimenden Leidenschaft für den Prinzen zu erklären, deren sie sich zwar nicht bewufst, von deren dunkler Gewalt aber jene sonst schwer zu erklärende Furcht ausgehe, die sie in den Tod treibt. Diese willkürliche Konjektur ist unrichtig. Dafs selbst Goethe sich dieser Annahme zuneigte, beweist, dafs er die That der Emilia für unzureichend motiviert erachtete.

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Das Hauptmotiv des Selbstmordes und hier legt H. Baumgart 1887 klar und überzeugend dar, was 0. Langer 1895 vergeblich zu finden sich abmüht, das Hauptmotiv ihrer That hat Lessing in die kunstreiche Komposition des Charakters seiner Heldin gelegt: das ganz singulär Eigenartige dieser hohen und edlen Mädchennatur ist, dafs, ähnlich einem überspannten Ehrgefühl in einer edlen Mannesseele, das Gefühl der Reinheit sie in solcher Stärke und Reizbarkeit erfüllt, dafs eine nur

von aufsen ihm widerfahrene Trübung genügt, um es zum ausschliefslich herrschenden, jede andere Empfindung verdrängenden werden zu lassen: dafs die Welt auch nur den Angriff gegen dieses Heiligtum unternimmt, reicht hin, um ihr die Welt und das Leben zu verleiden. Die bewufste Hingebung an die Idee der höchsten sittlichen Reinheit ist fähig, Emilia Galotti in einem Augenblick aus der Furchtsamsten zu der Entschlossensten ihres Geschlechtes umzuwandeln. Ohne den freien Anteil der Heldin an der Katastrophe hätte das Stück nicht den tragischen Ausgang nehmen können. In dem Bestreben, den Charakter Emiliens zu exponieren und ihre That als möglich erscheinen zu lassen, hat Lessing alle übrigen Charaktere der Tragödie geformt.

Wie der Dichter die Charaktere gestaltet hat, ist die innere wie die aufsere Motivierung lückenlos: alles drängt mit vereinter Kraft zu dem tragischen Ausgang, der doch objektiv schlechterdings nicht notwendig ist, sondern einzig und allein aus der seltenen Singularität in Emiliens und in Odoardos Charakter erklärlich wird.

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Über einen Punkt der Dichtung setze ich die Ausführungen Baumgarts hierber, nämlich über die Frage: ist Emilia da, wo sie von der Möglichkeit der Verführung in dem Hause der Grimaldi Idem Hause der Freude spricht, ernst zu nehmen, oder ist es nur ein Sophisma, was sie vorbringt, um ihr Ziel, den Tod von der Hand des Vaters, zu erzwingen? Die Beantwortung dieser Frage ist von gröfster Bedeutung: denn hier ist der Angelpunkt der Dichtung. Nicht die Furcht, sich selbst zu verlieren", sagt Baumgart S. 490,,,läfst Emilia den Tod so begierig suchen - diese fleckenlose Natur würde keiner Art der Verführung erreichbar sein, auch ohne das furchtbare Ereignis, unter dessen Eindruck sie steht, auch ist der Charakter ihres Bedrohers so angelegt, dafs vor dem Adel dieser reinen Seele sein schlimmes Gelüste die Angriffskraft verlieren würde, ihr Lebensüberdrufs entspringt aus dem verwirrten Tumult ihrer Seele, aus dem namenlosen starren Entsetzen über den unerhörten Einbruch in die heilige Welt ihres sittlichen Empfindens. Aber das ganz Singuläre ihres Wesens ist, dafs das Resultat nicht stolze Empörung ist, nicht Aufraffung zur Abwehr, nicht Umblick nach Rettung, sondern glühende Scham aus dem Gefühl frevelhafter Antastung und nur das eine brennende Verlangen, der abermaligen Berührung mit dem Laster zu entfliehen, die sie wie eigene Verschuldung empfindet. Das „,Und warum er tot ist! warum!" entspringt nicht allein dem quälenden Bewufstsein, jene rechtzeitige Mitteilung an den Grafen unterlassen zu haben, sondern weit mehr noch der verzweifelten Gewifs heit, dafs der Reiz ihrer Schönheit die Ursache seines Todes ist. Diesen Reiz fürchtet, verabscheut sie nun, wie etwas, wodurch ihre Reinheit in die Gemeinschaft mit dem Sündigen hieinge

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zogen ist, so dafs sie . . . nur den einen leidenschaftlichen Wunsch hat, den Körper zu zerstören, um wie ihre ,,Heiligen" das reine innere Leben zu retten. Aus solcher ungestümen Schwärmerei fliefsen ihre Worte und noch aus einem zweiten: es giebt keinen sophistischeren Advokaten, als die schwärmerische Leidenschaft; um den Vater zur Einstimmung fortzureifsen, wählt sie... den durch seine Unumwundenheit aufreizendsten Ausdruck, der der Erreichung ihrer Absicht, ihrer krankhaften Sehnsucht am förderlichsten ist. Und der Vater? der sie vor sich selbst schützen sollte, mit Aufbietung seiner ganzen moralischen Kraft sie zur Besinnung bringen?“ - „Odoardo, den eine unzugänglich rauhe Heftigkeit, eng verbunden mit überstolzem Hochsinn des Ehrgefühls kennzeichnet",,,er übernimmt selbst die grausige Vollziehung, überwältigt von demselben Sturm der Empfindung, der, nur von einer anderen Seite her aufgesprungen, ihn demselben Strudel zutreibt!"

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Die Tragödie Emilia Galotti vermag unser Mitleid in ausgiebigster Weise anzuregen, ja uns zur überwältigenden Sympathie hinzureifsen, aber sie kann unser Gemüt durch die Vorstellung der Schicksalsgewalt nicht zur Furcht führen, erschüttern und zu der Höhe echter Schicksalsempfindung erheben, weil die Wendung der Gesamthandlung zu einem furchtbaren Abschlufs fehlt. Lessings Theorie von der Tragödie, deren Musterstück Emilia Galotti ist, ist der eigentliche Grund dieses Mangels. ,,Mit bewunderungswürdiger Meisterschaft", sagt Baumgart S. 485, ,,ist hier alles erfüllt, was Lessing von einer Charakter-Tragödie verlangt ihre Wirkung ist ganz und gar auf die Erregung des tragischen Mitleids angelegt, von der Furchtwirkung ist ihr gerade nur so viel zuerteilt, als erforderlich war, um das reine Mitleid überhaupt zustande kommen zu lassen; dagegen ist von den Mitteln, die tragische Furcht als selbständige Empfindung hervorzurufen, darin kein Gebrauch gemacht, weil Lessing die Bedeutung der tragischen Furcht als eines selbständigen Faktors der tragischen Wirkung nicht erkannte".

Königsberg i. Pr.

Richard Tieffenbach.

R. Heinemann, Goethe. 1. Band. Leipzig 1895, E. A. Seemann. 480 S. 8. 6 M.

Biographie und Bildwerk vereinigen sich in dem vorliegenden Buche zu einem untrennbaren Ganzen, um uns ein klares und anschauliches Bild von der inneren Entwicklung wie nicht minder von dem äufseren Leben Goethes zu liefern. Der 1. Band reicht bis zum Jahre 1788, bis zur Rückkehr Goethes aus Italien. Was zunächst den Text anbelangt, so überzeugt man sich schon bei der Lesung der ersten Kapitel, wie wohl ausgerüstet Heinemann an die Lösung seiner Aufgabe ging. Ausgedehnte Reisen, die sich bis Sizilien erstreckten, setzten ihn in Stand, die Goethe

stätten an Ort und Stelle zu studieren und von allem eine eigene Anschauung zu gewinnen, und langjährige Beschäftigung mit der nachgerade überreichen Goethelitteratur und vor allem mit den Werken des Dichters selbst verschafften ihm eingehende Kenntnis des weitschichtigen Materials und Vertrautheit mit dem Wesen des Goetheschen Geistes. Bei der Ausführung hat der Verfasser die Masse des Stoffes zweckentsprechend zu sichten und zu verwerten und alle Spuren der vorausgegangenen mühevollen Arbeit zu verwischen verstanden. Die Darstellung ist klar und bestimmt und von natürlicher Frische und Lebendigkeit, in der Erörterung der Dichtungen voll Schwung und doch frei von Phrase und Überschwänglichkeit. Das äufsere und das innere Leben des Dichters wird anschaulich dargelegt und die Werke erfahren ihrer Bedeutung entsprechende Berücksichtigung; als besonders gelungen bezeichnen wir die Darstellung von Goethes Aufenthalt in Strafsburg und die seines Aufenthaltes in Italien; nur durfte letztere nicht als Teil des Kapitels,,Frau von Stein" erscheinen.

Nicht minder ist die bildliche Ausstattung zu loben. Dieser erste Band enthält allein gegen 400 Abbildungen in und aufser dem Text, alle vortrefflich ausgeführt. Wir finden hier Bildnisse Goethes aus den verschiedenen Stufen seines Lebens bis 1788, Bildnisse seiner Verwandten und von Personen, mit denen er verkehrte, Bildnisse der Goethestätten, Nachbildungen von Goethes Zeichnungen und Radierungen, darunter viel neues, bis jetzt noch nicht veröffentlichtes Material. Zum Beweis, wie lebendig durch solche Nachbildungen zeitgenössischer Originale u. a. der Charakter der Zeit veranschaulicht wird, braucht man nur auf den nach S. 78 eingefügten Rofsmäfslerischen Prospekt ,,Promenade de Leipzig" zu verweisen; er enthält eine treffende Illustration zu der ironischen Schilderung der Mode und des gesellschaftlichen Verkehrs in Leipzig, die Goethe in einem Briefe an Karl August i. J. 1776 liefert. Vermifst haben wir unter den Porträts nur das Bildnis von Goethes Mutter, das das freundliche Wesen dieser einzigartigen Frau in unübertrefflicher Weise wiedergiebt und das Heinemann dem Titelblatt seiner ausgezeichneten, in demselben Verlag erschienenen Biographie der Frau Rat Goethe vorgesetzt hat.

Das S. 369 erwähnte Singspiel heifst nicht „Die unglücklichen Hausgenossen", sondern ,,Die ungleichen Hausgenossen“ (vgl. Hempel IX 241).

Freiburg i. B.

L. Zürn.

Ernst Schulze, Die Schauspiele zur Unterhaltung des römischen Volkes. Mit elf Abbildungen. Gütersloh 1895, C. Bertelsmann. 105 S. 8. 1,50 M. (Gymnasial - Bibliothek. Herausgegeben von E. Pohlmey und Hugo Hoffmann. 23. Heft).

Den verdienstvollen Heften der „Gymnasial-Bibliothek", welche wohl thatsächlich, wie es der Titel als Wunsch ausspricht, in

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