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dafür giebt es in den Lehrbüchern von Jaenicke (Breslau, Verlag von Trewendt), Kämmel - Ulbricht (Dresden, Höckner), Egelhaaf (Leipzig, Reisland) u. a. vortreffliche Belege. Referent hat in seiner Praxis die Erfahrung gemacht, dafs die mannigfachen Aufgaben, welche der Geschichtsunterricht an höheren Schulen stellt, um so eher sich bewältigen lassen, je besser nach der Bedeutung des geistigen Inhaltes (nicht nach den sich damit keineswegs stets deckenden Generationenreihen) disponiert und gruppiert das Lehrbuch ist. Nun glaubt derselbe zwar, dafs die klare, der Fassungskraft der Schüler angepafste Sprache Matzats seinem Buche gröfsere Erfolge verspricht, als man mit Tabellen oder Stichwörtern (vgl. Georg Steffen, Stichworte zu dem Unterrichte in der Geschichte des germanischen Altertums, des Mittelalters und der Neuzeit. 1889.) erreichen wird. Aber der Hauptbestimmung der geschichtlichen Lehrbücher, der Wiederholung zu dienen, indem sie das, was am leichtesten entfliehen kann, sicher stellen, durch dessen Verknüpfung aber den Faden geben, auf den die Erinnerung das Gehörte, wenn auch nicht immer ganz vollständig, doch ohne empfindliche Lücken reihen kann (Verhandlungen der Direktoren -Versammlungen in den Provinzen des Königreichs Preufsen IX 1881 S. 102), wird das Matzatsche Buch nur unvollkommen gerecht. Denn die annalistische Anreihung enthält die Hauptsache nicht oder doch nicht genügend, als welche das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung in allen Lebenserscheinungen zu gelten hat. Die annalistische Anordnung verleitet die Schüler geradezu, an Nebensächlichem hängen zu bleiben, und erschwert Übersichtlichkeit und Verständnis. Dieses wird und allewege wird L. von Ranke recht behalten mit dem Satz: ,,Historiae officium non tam in rerum gestarum collectione et quadam coacervatione quam in earundem intelligentia versari dicimus" am besten dadurch erreicht, dafs die Jahrhunderte nicht in ihrer aufserlichen Anreihung vorgeführt werden, wie dies Matzat thut, sondern dadurch, dafs diese Zeiträume in eine Reihe von Gruppen zerlegt werden, welche ihrerseits wieder in angemessene Unterabschnitte zerfallen (Verhandlungen der DirektorenVersammlungen XIII 1882 S. 97).

Nun behauptet zwar O. Tschirch (in Rethwisch' Jahresberichten über das höhere Schulwesen VIII. Jahrg. 1893 S. X 43): ,,Zuerst müssen dem Schüler die Ereignisse nach einander überliefert werden. Hierauf mag er in gemeinsamer Arbeit mit dem Lehrer zur inneren, sachlichen Verknüpfung der Dinge schreiten; dann darf er aber die zu gewinnende Disposition nicht schon fertig im Leitfaden finden". Und das ist genau der Gesichtspunkt, nach welchem Matzat (vgl. Vorwort S. IV) sein Buch benutzt wissen will. Es kann aber nicht Aufgabe des Geschichtsunterrichtes sein, durch heuristische Methode alle hauptsächlicheren Gruppierungen der Ereignisse von den Schülern feststellen zu

lassen. Das würde zu zeitraubend und zu schwierig sein. Ferner läfst sich das annalistische Prinzip nicht streng durchführen: auch Matzat sieht sich veranlafst, mit einem ,,Unterdessen" S. 133 oder wenigstens mit einem Plusquamperfektum S. 160 geschichtliche Ereignisse nachzutragen, kulturhistorische Betrachtungen aber reihen sich so wie so nicht an bestimmte Einzeljahre an. Häufig wird, wie bei den Kreuzzügen und den Konzilien, infolge der annalistischen Anordnung das inhaltlich Zusammengehörige durch zwischenfallende Ereignisse auseinandergerissen. Die inneren Gründe der Entwickelung, z. B. des Mifserfolges der Konzilbewegung auf dem Gebiet der Kirchenverbesserung, gelangen nicht zu der nötigen Klarheit. Nun giebt es zwar Geschichtslehrer, welche sagen: Wenn ein leidlich gutes Lehrbuch den Schülern in die Hand gegeben wird, was bleibt dann noch für den Lehrer zu thun übrig? Aber dieser Einwand, mit dem sich die Anschauungen von Tschirch und Matzat berühren, kann durchaus nicht als zutreffend gelten. Denn angenommen, es gäbe ein nach Form und Inhalt tadellos verfafstes Lehrbuch, so hätte der Lehrer immer noch eine äusserst schwierige und dankbare Aufgabe zu lösen, nämlich die Übermittelung des Lehrstoffes an die Schüler in einem freien, fröhlichen, Gemüt und Herz erfrischenden Vortrage; und das ist (vgl. Jaenicke im Vorwort des 2. Teiles seines,,Lehrbuches der Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten") das höchste Ziel einer gediegenen Lehrweise, vorausgesetzt, dafs der Lehrer sich an den Gang und den Lehrstoff des eingeführten Buches hält und dadurch dem Schüler eine bequeme Wiederholung ermöglicht. Es giebt ferner eine Anzahl Schüler, welche und an einigen Anstalten ist diese aus aufseren, unabwendbaren Gründen beträchtlich grofs erst spät in den Gymnasialkursus eintreten und dadurch gezwungen sind, gröfsere Epochen der Geschichte nachzuholen. Solche Schüler werden in dem Buch von Matzat manches nicht finden, was zu wissen ihnen sehr nötig ist. Auch die stilistische Darstellung leidet notwendigerweise unter der annalistischen Anordnung; denn dadurch, dafs die Jahreszahlen an den Anfang des Satzes gestellt werden, entsteht eine Konstruktionsmonotonie, die weit davon entfernt ist eine anziehende Lektüre für die Schüler zu bilden. Ja man mufs sogar sagen, dafs dadurch jene Monotonie des Ausdrucks, die mit allen Mitteln zu bekämpfen eine Hauptaufgabe des deutschen Stilunterrichtes ist, geradezu gefördert wird. Ein Lehrbuch (vgl. Matzat z. B. S. 163) soll aber dem Schüler nicht ein Muster sein, wie er sich nicht auszudrücken hat.

Die zahlreich eingestreuten Urkunden und Quellenstücke hat Matzat, soweit nichts anderes bemerkt ist, meist selbst übersetzt und zwar möglichst wortgetreu, so dafs auch stilistische Unebenheiten wiedergegeben sind, welche in den Originalen vorkommen. Gotische, alt- und mittelhochdeutsche Einlagen geben eine unge

fähre Vorstellung von der Entwickelung der deutschen Sprache. Es werden ferner Proben aus Kaiserurkunden, aus päpstlichen Bullen und Konzilbeschlüssen, aus Geschichtsschreibern und Dichtern geboten in reicherer Auswahl als dies sonst üblich ist. Da dies mit feinem Takt für die Bedürfnisse des Unterrichtes geschehen ist, kann es dem Buch nur zur Empfehlung dienen. Gewöhnlich beschränken sich die Lehrbücher auf ganz kurze Proben und überlassen es dem Geschick des Lehrers, den Unterricht durch die Quellen zu beleben. Das Verfahren Matzats erscheint aber sehr empfehlenswert, wenngleich der Abdruck von nicht weniger als 164 Strophen der Havamal S. 80-88 das rechte Mafs, welches der beschränkte Raum des Lehrbuches an die Hand giebt, wohl überschreitet. Denn wenn auch die Quellenauszüge, die Krämer, Schilling u. a. für den Unterricht mit Geschick hergestellt haben, und ebenso wenigstens die wichtigeren Hefte der „,Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit in deutscher Bearbeitung“, insbesondere in der 2. von Wattenbach besorgten Auflage, in jeder wohl eingerichteten Schülerbibliothek zu finden sind, so können diese Bücher doch immer nur von sehr wenigen zugleich eingesehen, von den einzelnen aber ihrer Kosten wegen gewöhnlich nicht angeschafft werden.

Matzat, der das Glück gehabt hat ein Hörer von Nitzsch zu sein, hat die wirtschaftliche und überhaupt die kulturgeschichtliche Seite des Geschichtsunterrichtes ausführlich berücksichtigt. Die Herren Professoren Dr. Seeck und Dr. Bernheim in Greifswald haben, jener für die letzten Jahrhunderte des Altertums, dieser für das Mittelalter, das Manuskript einer Durchsicht unterzogen und mit Berichtigungen versehen; auch konnte Matzat den ersten Band von Seecks,,Geschichte des Unterganges der antiken Welt" bereits vor dem Druck benutzen. Dem Referenten sind nur wenige Einzelheiten aufgefallen. Da die Zahl der Gelehrten, welche den ältesten Wohnsitz der Indogermanen auf asiatischen Boden verlegen, beständig abnimmt, dagegen die Anhänger des Gedankens an europäischen Ursprung sich in gleichem Mafse mehren, so war es schwerlich angezeigt, die von Matzat mit Recht als „,unbekannt" bezeichneten Ursitze in der Form der Parenthese mit den Worten,,vielleicht in den Steppen um das kaspische Meer" zu erläutern: entweder war gar keine spezielle Angabe anzufügen oder es war auch der europäische Boden mit hinzuzusetzen. S. 165 werden bei der Teilung der Wettinischen Lande im Herzogtum Sachsen nur die Städte Meifsen und Leipzig erwähnt, dagegen Freiberg, die gröfste und durch ihren Bergbau wichtigste Stadt des Meifsner Landes im Mittelalter (vgl. meine Geschichte des Freiberger Berg- und Hüttenwesens" S. 4), verschwiegen. Von Druckfehlern, die aber nur selten begegnen, seien erwähnt: États generaux S. 144, Göthe S. 129. 149. Die Probe arabischer Sprache S. 47 war besser zu streichen. Der Drucksatz hätte im Interesse

der Augen unserer Schüler durchgängig gröfser gewählt werden. sollen: So anhaltende Verwendung des minutiösen Druckes wie S. 9-19 (germanische Mythologie betreffend) sticht doch gar zu ungünstig gegen die Ausstattung anderer Lehrbücher ab. Eduard Heydenreich.

Schneeberg.

Langls Bilder zur Geschichte. Format 752:57 cm. Wien, Ed. Hölzel, Verlagsbuchhandlung. Preis pro Blatt 1,20 f. 2 M., auf starken Deckel gespannt 1,80 fl. = 3 M.

Zu den bekannten Geschichtsbildern mit dem Zweck, den Unterricht in der Klasse durch Anschauungsmittel zu beleben und zu erleichtern, kommen 4 Blätter hinzu: das Münster zu Strafsburg, der Zwinger zu Dresden, die Wartburg, endlich die Habsburg. Die Ausstattung ist angemessen, so dafs jeder Schüler einen Eindruck, ja einen Genufs beim Anschauen erhalten mufs. Beigegebene Erläuterungen, nicht umfassend und doch ausreichend, werden dem Lehrer willkommen sein. Über den Vorteil dieser Anschauungsmittel besteht kein Zweifel mehr, mithin werden auch diese 4 Bilder in der Schule ihren Platz finden. Dessau. J. Plathner.

Curt Wachsmuth, Einleitung in das Studium der alten Geschichte. Leipzig 1895, S. Hirzel. VI u. 717 S. 8. 16 M.

Je mehr das Material zur Geschichte des Altertums angewachsen ist, besonders durch das Hinzutreten der Bauwerke, Inschriften und Münzen zu den überlieferten Schätzen der Litteratur, desto willkommener ist ein Wegweiser von kundiger Hand. Bisher diente als solcher hauptsächlich der „,Abrifs der Quellenkunde der griechischen und römischen Geschichte" von Arnold Schaefer, in zwei Teilen 1867 und 1881 erschienen (neue Auflagen besorgt von H. Nissen 1889 und 1885), ein treffliches Buch, aber kurz gefafst, als Grundlage zu Universitäts vorlesungen entworfen 1). Der Fortschritt der Zeiten bringt es mit sich, dafs das, was in Vorlesungen feste Gestalt und allgemeinere Bedeutung gewonnen hat, später in Buchform an die Öffentlichkeit tritt. Den Vorlesungen bleibt dann die Aufgabe, Methode zu lehren und einzelnen wichtigen Dingen besonders auf den Grund zu gehen; der Aufbau des Ganzen ist in dem Buche gegeben. In diesem Sinne begrüfsen wir das hier vorliegende, ausführlich darstellende Werk mit Freuden; es ist aus eingehendster Kenntnis hervorgegangen, klar und anregend geschrieben und umfafst das Gesamtgebiet, auch die in neuester Zeit so sehr fortschreitenden orientalischen Studien.

Bedenken freilich erregt die Anordnung des Stoffes. Mit Vergnügen folgt man der Einleitung, die einen Überblick über die Behandlung der alten Geschichte in neuerer Zeit“ bietet, von 1) Vgl. die neu erschienene, der Kölner Philologenversammlung gewidmete Schrift von J. Asbach, Zur Erinnerung an Schaefer, Leipzig Teubner 1895, S. 21.

Arnold Dietrich

Petrarca anhebend bis auf Duncker, Curtius, Mommsen und jüngere Zeitgenossen. Aber statt nun mit den Anfängen geschichtlicher Darstellung bei den orientalischen Völkern, dann bei den Griechen zu beginnen und darauf die immer reicher werdende Entfaltung darzulegen, stellt der Verfasser die,,universalhistorischen Quellen", die erst im späteren Altertum entstehen konnten und besondere Bedeutung nicht erlangt haben, voran und handelt von diesen, sowie von den verschiedenen Arten,,monumentaler" Quellen in seinem ersten, allgemeinen Teil; dann folgen die Quellen für die Geschichte der einzelnen Völker, von den Ägyptern bis zu den Römern, jedesmal die litterarischen und die monumentalen gesondert, dazu auch die neueren Bearbeitungen, im zweiten, besonderen Teil. Daraus entstehen nicht nur manche Rückweise auf Dinge, die im ersten Teil schon behandelt sind, sondern auch die Unzuträglichkeit, dafs die Kenntnis der Einzelschriften, aus denen die,,Universalhistoriker" geschöpft haben, im ersten Teil vorausgesetzt wird. Für den Lernenden wird die Anordnung nach der Zeitfolge, welche Schaefer zu Grunde gelegt hat, immer die natürliche bleiben; aufserdem behält Schaefers Grundrifs durch die mit weiser Auswahl im Wortlaut angeführten Quellenstellen seinen besonderen Wert. Wachsmuth beginnt mit den fernliegenden byzantinischen Excerpten des Photios und Konstantin Porphyrogennetos; dann folgen die drei,,Universalhistoriker des Altertums", Diodor, Nikolaos von Damaskus, Trogus Pompejus, dann die Übersicht der kürzeren ,,Abrisse der Weltgeschichte" und der Weltchroniken" von Eratosthenes bis zu Hieronymus und den Byzantinern, alles sehr lehrreich, aber ans Ende gehörend, nicht an den Anfang. Der zweite Abschnitt über die ,,urkundlichen und monumentalen Quellen" ist umfassend angelegt, da bei den zuerst behandelten ,,handschriftlichen Urkunden" ebenso der ägyptischen Papyrusstücke wie der römischen Wachstafeln gedacht wird. Weiterhin sind die Arten der monumentalen Urkunden bei Griechen und Römern hinlänglich unterschieden, aber die der orientalischen Völker sind in den zweiten, besonderen Teil verwiesen. Dann werden die neueren Sammlungen der Inschriften lehrreich besprochen, dann die Kunstdenkmäler im allgemeinen, die Münzen genauer; daran schliefsen sich wertvolle Belehrungen über Metrologie und Chronologie. Man fragt bei diesem Abschnitt wohl auch nach den Ausgrabungen der historisch bedeutenden Bauwerke; diese sind, was Ägypten und Babylon betrifft, im zweiten Teil anziehend dargestellt; die Ausgrabungen auf griechischem und römischem Boden dagegen sind nur kurz erwähnt (S. 60, 561). So ergiebt sich eine gewisse Ungleichmäfsigkeit der Behandlung; aber wir haben alle Ursache, für das Gebotene dankbar zu sein, denn überall schöpft der Verfasser aus voller Kenntnis. Besonderen Wert haben die Anmerkungen, welche durchgehend über die neuere Einzelforschung Auskunft geben und

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