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auf den Stand der wissenschaftlichen Fragen hinweisen; der Verfasser hat auch Nachträge hinzugefügt und verspricht von Zeit zu Zeit Ergänzungshefte auszugeben. Wir gewinnen also den Eindruck, dafs die Altertumsforschung in rüstigem Vorschreiten ist; mehrmals wird darauf hingewiesen, was noch zu thun bleibt.

Meisterhaft sind die im zweiten Teil gegebenen Charakteristiken der hervorragenden Geschichtschreiber, namentlich Thukydides, Polybios, Poseidonios, Tacitus; sie beruhen ebenso sehr auf eigner lebendiger Kenntnis wie auf umsichtiger Würdigung dessen, was andere über sie geurteilt haben; in neues Licht tritt Poseidonios, der auch als Vorbild Sallusts nachgewiesen wird. Bei dem grofsen Interesse, welches solche Charakteristiken erregen, ist es wohl statthaft, für den gleichfalls nicht unbedeutenden Theopompos zum Vergleich mit dem, was hier S. 537-543 gesagt ist, die Aufserungen Arnold Schaefers mitzuteilen ; man wird sehen, dafs die Beurteilung in vielen Punkten zusammentrifft. Schaefer hat in seinem Werk über Demosthenes die Bruchstücke von Theopompos' Geschichte Philipps überall benutzt und verwertet, aber kein Gesamturteil über ihn ausgesprochen. In den Vorlesungen, welche er 1863 über Quellenkunde der griechischen und römischen Geschichte hielt, sagte er, nach meinen damaligen Aufzeichnungen, folgendes: Theopomp von Chios, in Athen des Isokrates hervorragendster Schüler, war wohl begabt, um im praktischen Staatsleben eine Stellung zu gewinnen, aber er war aus seiner Heimat verbannt, bis Alexander das Perserreich auflöste, und sein Gemüt wurde dadurch verbittert, dafs die Verhältnisse ihn von praktischer Thätigkeit ausschlossen. So wandte er sich rednerischer Schaustellung zu, namentlich in einer Lobrede auf Maussolos von Karien. Er gewann den Preis, aber von Herzen kam ihm die Lobrede nicht; in seinem Geschichtswerke sagte er von Maussolos (fr. 116 Müller), dieser sei bereit gewesen, für Geld alles zu thun. Es war eine Leistung, durch die Theopomp einen Namen gewinnen wollte, und persönliche Eitelkeit war das leitende Motiv in seinem ganzen Leben; das zeigen auch seine Äufserungen in der Einleitung der Philippika. Er war nicht etwa ein Schmeichler, auch nicht mit Willen und Bewusstsein parteiisch, aber er konnte sich nicht ruhig und klar fassen, er übertrieb Lob und Tadel, er war mifsgünstig, grämlich und eher geneigt schlechte Motive als gute unterzulegen. Geforscht bat er mit staunenswertem Fleifs, weite Reisen gemacht, Natur und Sitten erkundet, mit handelnden Personen in Verkehr gestanden; er ist Augenzeuge gewesen und hat auch die feineren Ursachen und Triebfedern der Begebenheiten kennen lernen wollen. Die Geschichte Philipps bot ihm ein grofses, lohnendes Thema, wo für rhetorische Schilderungen Raum gegeben war; hier kamen die Gegensätze in seinem Wesen zu Tage. Er sagte mit Bewunderung in seiner Einleitung: Europa habe nie einen solchen

Mann hervorgebracht, aber weiterhin hielt er den bittersten Tadel nicht zurück; Demosthenes hat in den heftigsten Invektiven viel ruhiger und edler über Philipp geurteilt. Oft tadelt Theopomp die Athener, und doch nennt er Athen ein TоντаvεTov tys 'Ellados (fr. 297); den Demosthenes klagt er der Unbeständigkeit an, aber er überliefert von ihm auch das Wort: ,,Ihr werdet an mir einen Ratgeber haben, auch wenn ihr nicht wollt, nicht aber einen Sykophanten, auch wenn ihr wollt" (fr. 106, 107 aus Plut. Dem. 13, 14). So findet man Belege bei ihm für die widersprechendsten Auffassungen der Geschichte jener Zeit; er hat nicht das ruhige Urteil eines staatsmännisch erwägenden Geschichtschreibers, sondern überall tritt der Rhetor hervor. Auch wollte er nicht einfach die Geschichte seiner Zeit darstellen, sondern in Episoden fügte er, um zu glänzen, alles Mögliche hinzu, was er erforscht hatte; im Erzählen von Mythen wollte er es dem Herodot, Ktesias, Hellanikos und den Beschreibern Indiens zuvorthun (fr. 29). Verfafst ist das Werk erst in der Zeit Alexanders, dem er die Rückkehr nach Chios zu verdanken hatte, herausgegeben wohl erst nach Alexanders Tode; es feierte den Gründer der makedonischen Macht, dessen halbvollendetes Werk Alexander weitergeführt hatte. Seiner Erhaltung ist die weitschichtige Anlage in 58 Büchern nicht günstig gewesen. König Philipp V. von Makedonien, der Zeitgenosse Hannibals, liefs einen Auszug verfassen, der in 16 Büchern die zusammenhängende Geschichte seines grofsen Vorfahren darbot; aber diese Ausgabe in knapperer Form fand nicht Eingang: wäre sie regelmäfsig abgeschrieben worden, so hätte sie sich wohl erhalten. Zu Diodors Zeit waren von dem ausführlichen Werk 5 Bücher verloren; als Vorbild diente es dem Trogus Pompejus; eine Fundgrube war es für spätere Anekdotenschreiber, Aelian, Polyaen, Athenaeus. Theopomp war der erste griechische Geschichtschreiber, der auf Rom und Italien einging (fr. 144, 222 u. a.); seine Genauigkeit auch für die ihm ferner liegenden Dinge erkennt Polybios an (12, 4a)“.

Man sieht aus dieser Probe, ebenso wie aus Wachsmuths Darstellungen, dafs wir uns von den antiken Geschichtschreibern, wo nur einigermafsen Bruchstücke vorhanden sind, wohl ein Bild machen und ihre Behandlungsweise von den Thatsachen selbst unterscheiden können. Darin liegt ein grofser Reiz der historischen Studien, die von den grofsen Geschichtschreibern immer wieder den Antrieb zu eindringender, geistiger Auffassung der Vergangenheit erhalten; dem entgegengesetzt ist der Antrieb, der von der Fülle des baulichen und inschriftlichen Materials ausgeht. Wie beide zu verbinden sind, zeigt das vorliegende Buch in anregendster Weise. Gegenüber der grofsen Ausdehnung, welche das Studium des Mittelalters und der neueren Zeiten gewonnen hat, ist es von hohem Werte, hier das Fortschreiten und die eigentümliche Methode der antiken Geschichtsforschung zu überschauen. Max Hoffmann.

Lübeck.

Konrad Stein, Lehrbuch der Geschichte für die mittleren Klassen höherer Lehranstalten. I. Teil: Das Altertum. Paderborn 1895, F. Schöningh. 104 S. 8. 1 M.

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Dem Verf. hat es laut Vorrede geschienen, als ob die vorhandenen Lehrbücher zumeist entweder den Stoff gar zu dürr und trocken darbieten oder in umgekehrter Weise sich so sehr in breite Erzählung verlieren, dafs dem Schüler die Wiederholung längerer Abschnitte erschwert wird", Verf. hat daher versucht beide Klippen zu vermeiden und einen mittleren Weg einzuschlagen". Dies ist ihm unseres Erachtens gelungen: der Quartaner wird aus dem Büchlein nicht nur sein Pensum erlernen, sondern auch darin lesen mögen, da die Darstellung zusammenhängend, klar und lebendig ist. Besonders ,,anekdotenartige Erzählungen und Äufserungen, in denen das Altertum die Eigenart berühmter Männer kurz zu zeichnen liebte", sind zahlreich eingestreut worden mit Recht, nur mufste, wo sie in direkter Rede auftreten, die Originalstelle doch etwas genauer wiedergegeben werden, als es z. B. bei dem Briefe des Themistokles an Xerxes S. 25 der Fall ist. Die Ausdrucksweise ist an einigen Stellen noch nicht mustergiltig, so wenn S. 66 mit Bezug auf Q. Fabius Maximus von ,,seinen untergebenen Befehlshabern" gesprochen wird oder wenn es S. 4 heifst:,,Solon ordnete nicht blofs den Staat, sondern gab auch manche wohlthätige Gesetze", als ob die Ordnung des Staates ohne wohlthätige Gesetze erfolgt sei. In dem Satze S. 22:,,Wegen der geringen Zahl der Truppen hatte er eine lange Angriffslinie gebildet, aber die beiden Flügel verstärkt" wird die Begründung der Länge der Schlachtordnung nicht ohne weiteres verständlich sein, und ob die Schüler der Römer Urteil über Fabius, er sei ein „Wolkensteiger" doch wohl nach Plut. 5? - richtig auffassen werden, ist fraglich. Ebenfalls wenig glücklich gefafst ist der Satz S. 98 über Oktavian: Er erhielt den Titel Imperator und Princeps", und da hierbei auch die Auffassung der Ereignisse in Frage kommt, so sei dazu gleich bemerkt, dafs die althergebrachte kaum je verlassen wird; kehren doch sogar Herodots Zahlenangaben über Darius' und Xerxes' Heere und Regulus' Martern wieder. Dafs beim Ostracismus ein Bürger von 6000 Stimmen verurteilt sein mufste (S. 6), oder dafs die Volksversammlung in Athen jährlich nur zehnmal stattgefunden hätte (S. 4), entspricht dem Sachverhalt nicht genau. Störender jedoch als dergleichen kleine Versehen ist dem Ref. der Umstand, dafs nicht versucht worden ist und bei der Bestimmung des Buches für höhere Lehranstalten ohne Unterschied nicht versucht werden konnte, den Gegenstand in irgend welche engere Beziehung zum altsprachlichen Unterrichte zu setzen ein Desiderium, dem bereits im vorigen Jahrg. dieser Ztschr. S. 236 Ausdruck gegeben worden ist. Beigefügt sind zwei Zeittafeln, deren enger Satz von der sonstigen, empfehlenswerten Ausstattung des Buches etwas abZeitschr. f. d. Gymnasial wesen L. 1.

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sticht; von Druckfehlern habe ich

ruderer statt Dreiruderer wert wäre.

aufser etwa S. 23 Dreifsigkeinen gefunden, der der Rede

Schwetz.

M. Baltzer.

E. Richter, Zwölf denkwürdige Schlachten der preufsischen Armee. Ein Beitrag zur Ergänzung und Belebung des vaterländischen Geschichtsunterrichtes. Mit 14 Karten. Ober- Glogau 1895, Verlag von L. Willimsky (H. Handels Buchhandlung). 76 S. 8. 2 M. Gegen den Plan des Werkchens hat Ref. nichts einzuwenden, wohl aber mancherlei gegen die Ausführung. Gehen wir zuerst auf das Sachliche ein!

Es würde zur Belebung der Darstellung viel beigetragen haben, wenn der Verf. bei der Schilderung der Schlacht von Fehrbellin die Bodenverhältnisse etwas mehr berücksichtigt hätte, als das geschehen ist. Ein Blick in das bekannte Werk von Fidicin : ,,Die Territorien der Mark Brandenburg", ebenso in die Werke von Fofs: Die Mark Brandenburg" und weiter,,Das Norddeutsche Tiefland" hätten ihm klar gemacht, dafs die Schweden gerettet waren, wenn sie aus dem durchschnittenen Gelände des Rhinund Havelländischen Luches in weitere ebene Flächen gelangt wären. Nur in diesen Sumpfgegenden der Luchs mochte der Grofse Kurfürst auf einen Erfolg rechnen, da dort sich die Übermacht der Schweden nicht recht geltend machen und namentlich eine Vereinigung ihrer getrennten Truppen verhindert werden konnte. Auf der beigegebenen Karte fehlt jede Bezeichnung der ungangbaren Stellen der Luchs, die durch einige Punkte oder Striche hätten kenntlich gemacht werden sollen. Wenn man den Marsch des Grofsen Kurfürsten verfolgt, wie er auf dem Kārtchen durch Punkte angedeutet ist, versteht man durchaus nicht, warum er so und nicht auf graderem Wege vorgegangen ist. Ferner hätten wir gewünscht, dafs die schönen Sagen, die den Prinzen von Hessen - Homburg und den Stallmeister Froben verherrlichen, doch wenigstens andeutungsweise berührt wären. Wir meinen, dafs das die Teilnahme weiter Kreise würde erweckt haben. Wenn der Verf. mit dieser Schlacht den Reigen beginnt, so stimmen wir ihm zu, da in ihr brandenburgische Truppen zum ersten Male ohne fremde Hülfe einen bedeutenden Sieg erfochten haben.

Die zweite Schlacht, welche besprochen wird, ist die Hohenfriedberger. Der Verf. nennt den Ort im Texte sowohl als in der Karte stets: Hohenfried e berg. Ich weifs nicht, warum er das thut. In allen Geschichtswerken, in den Karten steht immer Hohenfriedberg, und nie habe ich von einem Hohenfriede berger Marsch sprechen hören. Die zu der Schlachtbeschreibung gelieferte Karte ist nicht genau, z. B. ist die Lage von Simbsdorf und Üllersdorf in ihrem Verhältnis zu Hohenfriedberg falsch angegeben.

Köstler, Gebiets- u. Ortsk. d. Königr. Bayern, agz. v. Oehlmann. 51

Der bekannte Ort Füssen ist mit ss und nicht mit fs zu schreiben. Er liegt nicht in Tirol (diese Schreibweise ist gebräuchlicher als Tyrol), sondern gehört jetzt zu Bayern, damals im J. 1745 unterstand er dem Bistum Augsburg.

Bei der Darstellung der Leipziger Schlacht wird der General von Normann als sächsischer Offizier bezeichnet; das ist nicht richtig, er war vielmehr ein württembergischer General. Der Verf. giebt als ganz bestimmt an, dafs das Grimmasche Thor der Stadt Leipzig durch das Königsberger Landwehrbataillon unter Major Friccius erstürmt wurde. Ich möchte das nicht als so ganz sicher hinstellen, da die Sache nicht völlig aufgeklärt ist. Es wird behauptet, dafs ein Linienbataillon wenn ich nicht irre, das Fusilier-Bataillon vom 14. Regiment das Thor erstürmt habe. Nr. VIII. Ligny und Belle - Alliance (Waterloo) wimmelt von Druckfehlern. So heifst es S. 41: Die Preufsen standen von Charleroi längs der französischen Grenze bis Luxemberg statt Luxemburg. S. 42 steht Sompreffe statt Sombref, Thielmann statt Thielemann, S. 45 und mehrfach Quatrebas statt Quatrebras; auf manchen Karten findet man den Ort les 4 bras genannt. S. 47 steht Plancenoits, während die Karten Planchenoits schreiben.

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Ich will hier nicht weiter auf diese Dinge eingehen, zumal in den Anmerkungen des Werkchens selbst eine Menge Druckfehler und Ungenauigkeiten berichtigt sind.

Die Arbeit ist äufserst flüchtig angefertigt. Das beweisen. weiter auch die stilistischen Nachlässigkeiten, z. B. Wiederholung derselben Worte. So wird S. 4 das Verbum dringen, S. 9 gelingen, S. 15 das Fürwort nach mehrmals zu dicht hintereinander gebraucht. Auch in der Rechtschreibung zeigt sich das. Im allgemeinen folgt der Verf. dem Regelbuch; doch findet sich: detachirt, indefs u. s. w. Bald lesen wir: östreichisch, bald: österreichisch.

Zuletzt ist zu tadeln, dafs viel zu viel Fremdworte auch da angewendet werden, wo sie leicht zu vermeiden waren.

Unser Endurteil geht dahin, dafs in dieser Form die Arbeit nicht zu empfehlen ist und einer gründlichen Durcharbeitung unterworfen werden mufs, wenn sie brauchbar werden soll.

Schoneberg bei Berlin.

R. Fofs.

1) Karl Köstler, Handbuch zur Gebiets- und Ortskunde des Königreiches Bayern mit Unterstützung des Kgl. Bayer. Ministeriums des Innern u. s. w. und des Kriegsministeriums herausgegeben. I. Abschnitt: Urgeschichte und Römerherrschaft bis zum Auftreten der Bajoarier. Mit einer Karte. München 1895, Lindauersche Buchhandlung. XVI u. 153 S. Fol. 10 M.

Dem vorliegenden I. Bande sollen noch sechs weitere folgen, die bis in die bayerische Königszeit führen werden. Ein so grofs angelegtes Werk kann eingehende Darlegung seines Inhalts und seiner Behandlungsweise beanspruchen. Der erste Teil dieses

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