Images de page
PDF
ePub

2) Jedes Kunstwerk entsteht mit seinem Rahmen (Rahmengerechtigkeit des Kunstwerks).

3) Jeder Stil ist innerhalb seiner Zeit zu begreifen und in seiner Zeit berechtigt

4) Nicht der Gedanke, sondern die Form macht das Kunstwerk aus.

5) Bis zur Wiederausgrabung der entfärbten Antike gab es keine farblose Kunst, wie es keine farblose Natur giebt; das Gesetz der Polychromie entspricht also dem naiven Kunstempfinden.

6) Das Ornament ist der in Zierform umgesetzte bildliche Ausdruck der in Bau- und Bildkunst wirkenden Kräfte.

Prof. Dr. Bormann (Wien): Über die Bestimmung des Monumentum Ancyranum.

Zum Beweise seiner Annahme1), dafs Augustus den Text des M. A. für seine Grabschrift niedergeschrieben habe, verglich der Vortragende die Inschriften vom Mausoleum des Augustus (CIL VI n. 884—895). Diese zerfallen in drei Gruppen. Die eine bilden einfache, einst an dem zum Mausoleum gehörigen ustrinum aufgestellte Cippen, die die Stelle bezeichneten, an der die Leichname verbrannt waren. Eine zweite bilden diejenigen Inschriften, die man zunächst als die Grabschriften bezeichnen möchte, die Aufschriften auf den Marmorurnen, die die Asche der Verstorbenen enthielten. Von den uns bekannten dieser Gruppe ist eine zu Lebzeiten des Augustus eingegraben, die auf der Urne seines ältesten leiblichen Enkels und Adoptivsohnes. Auf dieser stand, wie auf den anderen dieser Gruppe, das Wort ossa mit dem Namen des Verstorbenen im Genetiv, hier also (CIL VI 884) ossa C. Caesaris, Augusti f(ilii), principis iuventutis. Aber die Marmorurnen mit der Asche der Verstorbenen befanden sich innerhalb des Mausoleums, sie sind mit ihren Inschriften fast nie von jemandem gesehen worden. Dafs auch aufserlich sichtbare Grabschriften üblich waren, beweist das Grabmal der Plautier an der via Tiburtina. Erbaut hat dies M. Plautius Silvanus, der im Jahre 2 vor Chr. mit Augustus Konsul war, zunächst für sich und seine Gattin, und er liefs deshalb am Grabmal selbst, an der der Strafse zugewendeten Stelle, die Inschrift eingraben (CIL XIV 3605): M. Plautius] M. f. A. n. Silvanus cos., VII] vir epul[on(um). | Huic senatu]s triu[mphalia] | ornamen[ta] decre[vit_ob] | res in Ilyrico bene [gestas]. | Lartia Cn(aei) f(ilia). Nun starb noch zu seinen Lebzeiten ein Sohn von ihm im Koabenalter. Damals wohl hat er vor dem Grabmal die Strafse entlang eine durch Pilaster gegliederte Art von Wand aufführen lassen, die mit dem Grabmal durch kleine Mauern verbunden wurde, und in einer Abteilung dieser Wand befindet sich noch jetzt eine gewaltige Marmorplatte, in der die eben angegebene Inschrift wiederholt ist, mit Hinzufügung des Namens des Sohnes (C XIV 3606), also: M. Plautius M. f. A. n. | Silvanus | cos., VII vir epulón. | Huic senátus triumphália | (5) órnámenta décrévit | ob rés in Ilyrico | bene gestás. | Lartia Cn. f. uxor. | A. Plautius M. f. | (10) Urgulánius, | vIxit ann. IX. In den anderen Abteilungen sind dann im Laufe der Zeit Inschriften für andere im Grabmal bestattete Angehörige und Nachkommen des Erbauers angebracht worden, von denen wir zwei kennen: eine aus der Zeit des Claudius (XIV 3607) noch im Nominativ, eine aus der Zeit des Vespasian (XIV 3608) mit

1) Marburger Rektoratsprogramm 1884.

ausführlichem Bericht über die Verdienste des Verstorbenen in seiner amtlichen Thätigkeit, im Dativ. Also waren schon zur Zeit des Augustus vor dem Mausoleum der Plautier Platten angebracht, die die Namen der im Inneren Beigesetzten enthielten und bei dem reichlichen Raum die Möglichkeit boten, eine ausführliche Angabe der erreichten Ehren hinzuzufügen. Daf's Ahnliches am Mausoleum des Augustus geschehen ist, beweist die dritte Gruppe der dorther stammenden Inschriften CIL VI 894. 895 (S. 159 u. 840). Es sind nur drei verhältnismäfsig geringe Bruchstücke. Zwei, die zu derselben Inschrift gehörten, sind nach dem Zeugnis des Accursius 'effossa pridie idus Iul. 1519 ex tegumento exteriori Augustorum mausolei' und damit stimmt die Angabe des Architekten S. Peruzzi überein (Uffizien, disegni n. 2067): 'queste lictere erano nel basam(en)to del sepulcro deli Augusti in la ripa del tibero'. Sie werden sich in der Verkleidung der Aussenwände des Unterbaues befunden haben. Mit einigen im Corpus (894 a. b) zugefügten Ergänzungen haben sie folgenden Wortlaut:

[merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][merged small]

Das dritte Bruchstück VI 895, das im 16. Jahrhundert sich zu Rom in einem Privatgebäude befand, ist nur vermutungsweise, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Mausoleum des Augustus zugewiesen worden. Es war nach Metellus ein ‘fragmentum marmoreum quod videtur fuisse basis alicuius statuae, litteris et elegantissimis et optimis' und der Text, der mit n. 894 zum Teil wörtlich zu stimmen scheint, lautet ohne Ergänzungen:

[merged small][ocr errors][merged small]

.

5 INSIGNIBVS DECORATA CV

Die Bruchstücke sind im Corpus auf die beiden leiblichen Enkel und Adoptivsöhne des Augustus, Gaius Caesar und Lucius Caesar, bezogen worden. Der Vortragende hielt dies auch jetzt noch für richtig; unbezweifelt aber ist, dafs eine der beiden Inschriften sich auf einen dieser Prinzen bezog.. Damit ist erwiesen, dafs wenigstens in der späteren Lebenszeit des Augustus, wenn ein Mitglied seiner Familie, das Gemeindeämter bekleidet hatte, gestorben war, aufser der Aufschrift auf der Urne, aufsen am Mausoleum, anscheinend am Unterbau, ein ausführlicher Text angebracht wurde, in welchem die Ehren, die der Verstorbene bei seinen Mitbürgern im Leben und nach dem Tode erreicht hatte, in erzählenden Sätzen berichtet waren. Zu welcher Klasse sollen diese Inschriften gerechnet werden? Die Grabschriften sind sie nicht, denn die auf dieselben Personen sich beziehenden Aufschriften der

Urnen sind zweifellos Grabschriften. Andererseits sind jene Texte nicht aus einem zufälligen Grunde am Grabe angebrachte Schriftstücke, wie etwa hin and wieder am Grabe das Testament des Verstorbenen oder ein Teil desselben eingegraben worden ist, sondern es sind die Inschriften, aus denen das Publikum ersah, wer innerhalb des Mausoleums bestattet war. Die Teilnehmer der Sektion waren ausnahmslos mit dem Vortragenden der Ansicht, dafs diese Inschriften als elogia sepulcralia zu bezeichnen seien und dafs sie zu den Inschriften auf den Urnen in ähnlichem Verhältnis stehen, wie die berühmten Elogien des Scipio Barbatus und seines Sohnes in saturnischen Versen (CIL I 30; VI 1285) Cornelius Lucius Scipio Barbatus | Gnaivod patre prognatus fortis vir sapiensque | ff. und (I 32; VI 1287) honc oino ploirume consentiont Romane] | duonoro optumo fuise viro | Luciom Scipione filios Barbati | ff. zu den gemalten Grabschriften der beiden, des ersten (I 29; VI 1284) L. Corneliļo Cn. f. Scipio, des zweiten (I 31; VI 1286) L. Cornelio L. f. Scipio aidiles, cosol, cesor.

Nach dieser Einigung über die luschriften des Mausoleums des Augustus ging der Vortragende zum Monumentum Ancyranum über. Dieser Text ist in drei Teile gegliedert. Im ersten, Kapitel 1—14, führt Augustus dasjenige an, was nach römischer Anschauung zu seinem cursus honorum gehört; im 2. Teil, K. 15—24, seine Aufwendungen für die römische Gemeinde an Geld und Geldeswert; im dritten, K. 25 bis etwa zum Schlufs, eine Auswahl von Thaten, durch welche die maiestas der römischen Gemeinde Steigerung oder Glauz erhielt. Nur die beiden letzten Kapitel weichen etwas ab. Der Anfang des vorletzten (34.) Kapitels enthält das Verdienst, das Augustus sich durch die Wiederherstellung der Verfassung erwarb; es schliefsen an die deshalb ihm erwiesenen Ehren, namentlich die Verleihung des Namens Augustus. Das letzte (35.) Kapitel enthält seine Ehrung mit dem Namen pater patriae und den Schlufssatz [cum scri]psi haec, annum agebam septuagensu[mum sextum]. Indes sollte dieser Text nach der Absicht des Augustus, wie der Vortragende für sicher hielt, vor der Eingrabung noch geändert werden. Schon Mommsen hat (in Sybels Hist. Zeitschr. 57 S. 397 13) als einleuchtend bezeichnet, 'dafs für eine Zusammenfassung dieser Art die Fortführung bis an die Grenze der öffentlichen Wirksamkeit unerlässlich war', und Paul Geppert hat in einer Abhandlung1), die vor dem Artikel Mommsens geschrieben, aber diesem unbekannt geblieben war, dargelegt, dafs Augustus selbst die Vervollständigung und Umänderung des von ihm hinterlassenen Textes gewünscht und erwartet habe. Ein Beweis dafür liege in den Worten K. 9 Lat. II 16. 17 [ex iis] votís s[ae]pe fecerunt vivo | me [ludos]; das vivo me gewinne (S. 5. 6) 'erst seine Bedeutung, wenn man sich hinzugesetzt denkt, was nach dem Tode oder vielmehr nach dem excessus des Kaisers ihm an Ehren erwiesen ist'. Da man aber den Kaiser selbst nicht gut sagen lassen konnte, was nach seinem Ende geschehen sei, so hätte man überall das 'Ich' in ein 'Er verwandeln müssen, wie das auch gewifs in der Intention des Augustus gelegen hat'. Augustus habe aber auch verständlich angedeutet, an welchen Stellen voraussetzlich eine Änderung nötig sein würde, nämlich bei der Angabe der Zahlen von 1) seinen Konsulaten und tribunicischen

1) Programm des Berlinischen Gymnasiums zum grauen Kloster 1887 Zum Monumentum Ancyranum'.

=

Jahren (Lat. I 29); 2) seinen seuatorischen Mitkämpfera, die es zum Konsulat oder zu einer Priesterwürde gebracht hätten (V 8); 3) der Dauer seiner Stellung als princeps senatus (Gr. IV 4. 5. Lat. I 45); 4) seinen Lebensjahren (am Schlufs VI 27. 28). Diese Stellen habe er durch den Zusatz von cum scribebam haec oder einer ähnlichen Wendung bezeichnet; dies 'sollte fortfallen und die definitive Zahl eingefügt werden'. Der Vortragende legte der Sektion die vier ersten Kapitel des Monumentum Ancyranum mit der Umgestaltung vor, wie sie nach Gepperts und seiner Auffassung Kaiser Augustus etwa für die definitive Redaktion erwartet hatte. Ebenso den Schlufs des Ganzen, Kapitel 35. Darüber hatte Geppert S. 6 geschrieben: 'Hier sollte, unter Weglassung des cum scripsi haec die Zahl der Jahre eingefügt werden, die Augustus in Wirklichkeit erreicht hat. Vielleicht sollte dann auch noch an dieser Stelle von der Konsekration die Rede sein, auf welche der Kaiser bestimmt hoffte. Dafs durch die Erwähnung der Konsekration ein würdigerer Schlufs gebildet worden wäre, liegt auf der Hand; der jetzige befriedigt, wie auch von anderer Seite anerkannt ist, in keiner Weise'. Der Vortragende meinte auch, dafs nach der Absicht des Augustus hier die Ehren folgen sollten, die nach seinem excessus ihm beschlossen wären. So erklärt sich die Abweichung von der Gliederung. Während die honores im Teil I stehen, hervorragende Thaten im Teil III, enthalten die beiden letzten Kapitel wieder Ehren, K. 34 die Benennung als Augustus, K. 35 die als pater patriae, und diese beiden bisher höchsten Benennungen bilden passend den Übergang zu einer noch höheren, die nach dem Tode ausgesprochen wird.

Hält man die sich so ergebende Fassung des Monumentum Ancyranum mit den vorher besprochenen als elogia sepulcralia der Adoptivsöhne des Augustus bezeichneten Texten zusammen, so ergiebt sich die Gleichartigkeit. Hier wie dort werden die honores, die die Verstorbenen im Leben und nach dem Tode bei ihren Mitbürgern erreicht haben, in Sätzen angeführt, die kurze untereinander nicht verbundene, durch Vorrücken bezeichnete Abschnitte bildeten. Wenn in den Elogien des Gaius und Lucius das gefehlt hat, was den beiden Anhängen des Monumentum Ancyranum entspricht Teil II und III mit der Auführung der besonderen Verdienste um die römische Gemeinde, durch Freigebigkeit und durch ruhmreiche Thaten, so war der Unterschied in der Sachlage begründet, da die beiden jungen Leute solche Verdienste nicht aufzuweisen hatten. Ist also die Bezeichnung elogium sepulcrale für die Texte auf Gaius und Lucius Caesar die angemessene, so ist sie es auch für das Monumentum Ancyranum, nämlich für die Fassung desselben, die Augustus erwartet hatte.

Aber in diese Fassung ist der von Augustus hinterlassene Text nicht gebracht, sondern ohne Änderung eingegraben worden. Wie erklärt es sich, dafs diese Umwandlung unterblieb? Die Gründe, die dafür bestimmend gewesen sein können, hat zum Teil schon Geppert angeführt. Augustus starb wenige Monate, uachdem er die Schrift abgefafst hatte; so fehlte die Nötigung, die Zahlen zu ändern, da sie auch als definitive richtig waren, und etwas aus der öffentlichen Thätigkeit hinzuzufügen, da in der kurzen Zeit nichts ausgeführt war, das Erwähnung verlangt hätte. Ferner ergab sich eine Schwierigkeit für die Vervollständigung des Textes daraus, dafs Augustus zum divus erklärt war. Eine Grabschrift, sei es auch eine rühmende,

für einen Gott! Die Schwierigkeit bestand gleich für den Anfang, der auch bei den Elogien des Mausoleums wohl aus dem Namen bestand. Sollte da der Name des Gottes stehen und darauf die Ehrenlaufbahn des Menschen folgen? Wenn deshalb Tiberius sich entschlofs, von jeder Redaktion abzusehen und das von Augustus Geschriebene eingraben zu lassen, so braucht damit die Anordnung des Augustus nicht verletzt worden zu sein. Sein Auftrag kann etwa gelautet haben, das von ihm Hinterlassene in der Fassung (in eam formam) einzugraben und am Mausoleum anzubringen, wie es Tiberius als recht erachten würde, ut ei e republica fideque sua videretur. Damit konnte auch ein völliges Unterlassen einer Redaktion verträglich erscheinen. Es mochte auch Tiberius bei seiner grofsen Pietät gegen Augustus jede Änderung an dessen Worten scheuen und mochte finden, dafs mit der Umwandlung der ersten in die dritte Person der Text den Wert einer unmittelbaren Äufserung verlor und damit etwas an seiner Wirkung einbüfste. Genug er entschlofs sich, den Text ungeändert vor der Grabstätte zur Aufstellung zu bringen. Damit hörte derselbe allerdings auf, eine Grabschrift zu sein, oder vielmehr er wurde nicht mehr zu einer solchen, und Mommsens Darlegung besteht zu recht, dafs ein derartiges Schriftstück, ohne Nennung des Namens, in erster Person, und mit dem wiederholten cum scripsi haec formell keine Grabschrift sei. Publiziert wurde dasselbe als letzte Kundgebung des verstorbenen Kaisers an die Bürgerschaft in der für kaiserliche Kundgebungen herkömmlichen Weise durch Eingraben auf Bronze1). So unterschied sich die auf den Stifter des Grabmals sich beziehende Inschrift auch durch das Material von den in der Nähe befindlichen Inschriften der übrigen im Mausoleum bestatteten Mitglieder des Kaiserhauses; diese waren auf Marmortafeln eingegraben, die wohl, wie oben bemerkt, als Wandverkleidung dienten.

Nach der in Ancyra erhaltenen Kopie hatte das Original in Rom die Überschrift: res gestae divi Augusti, quibus orbem terrarum imperio populi Romani subiecit, et inpensae, quas in rem publicam populumque Romanum fecit. Es wäre also eine Kundgebung des Augustus über seine Verdienste um die römische Gemeinde, teils durch gewaltige Thaten, teils durch seine Freigebigkeit. In Wirklichkeit ist die erste Hälfte der Überschrift im Ausdruck sehr übertrieben und bezeichnet die ganze nur Teil II (ohne den Schlufs) and Teil II, also nur die Anhänge des Schriftstücks und zugleich dasjenige, wodurch es von den Elogien der kaiserlichen Prinzen sich unterscheidet. Der ganze erste Teil und damit die Hauptsache, der Bericht über die bei der Bürgerschaft erreichten Ehren, ist in der Überschrift unberücksichtigt geblieben. Es ist das eine Folge der Denaturierung des Schriftstückes. Nachdem es keine Grabschrift mehr war, wurde auch in der Bezeichnung das unterdrückt, was den wesentlichen Inhalt jeder Grabschrift

1) Vielleicht dienten die Bronzeplatten, die den Text enthielten, zur Verkleidung der Pilaster, die das Thor des Mausoleums beiderseits einrahmten. Sueton Aug. 101 complexus est (Augustus), altero (volumine) indicem rerum a se gestarum, quem vellet incidi in aeneis tabulis quae ante Mausoleum statuerentur läfst von Augustus aufser der Stelle auch das Material angeordnet sein. Aber es kann dies ebenso auf Suetons Autopsie zurückgehen, wie die Bezeichnung als index rerum gestarum, die der Überschrift der Bronze res gestae divi cet. entnommen ist.

« PrécédentContinuer »