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worden. Dafs in verhältnismäfsig kurzer Zeit eine dritte Auflage nötig wurde, ist der beste Beweis, dafs diese Lektüre sich in der Praxis bewährt hat. Und in der That können auch diese Erzählungen sowohl wegen ihres Inhalts als wegen der einfachen, lichtvollen und anziehenden Sprache, in der sie geschrieben sind, nicht dringend genug empfohlen werden, und zwar nicht nur für die Schulen, welche Shakespeares Dramen im Original lesen denn mehr als zwei werden kaum gelesen sondern auch für solche, deren Lehrplan das Lesen der Originaldramen nicht gestattet. Vor allem eignen sich diese Erzählungen mit dem abwechselungsreichen Stoff als Lektüre für das zweite Unterrichtsjahr; dann aber findet der Lehrer der oberen Klassen in diesen Erzählungen eine solche Fülle von Stoff für freie Arbeiten, für Sprechübungen u. s. w., dafs es sich wohl lohnt, dieses Buch als Hilfsbuch beim Unterricht in den oberen Klassen zu benutzen.

Die vorliegende Ausgabe scheint mir mehr für letzteren Zweck geeignet zu sein. Denn die zahlreichen, zum gröfsten Teile recht elementaren Anmerkungen erleichtern dem Schüler Verständnis und Übersetzung derart, dafs von einer selbständigen Arbeit nicht mehr die Rede sein kann. Und ein gewisses Mafs selbständigen Arbeitens mufs doch von dem Schüler im zweiten Unterrichtsjahr verlangt werden, wenn man den formal-bildenden Wert auch der neusprachlichen Lektüre anerkennen will. Nach des Verfassers Ansicht sollen die Anmerkungen ein Spezialwörterbuch ersetzen und den Schülern die Lektüre leichter und nutzbringender machen; ,,deshalb ist auch hin und wieder ein ganzer Satz oder der Teil eines Satzes ins Deutsche übertragen worden. Natürlich hat sich der Lehrer am Anfange einer jeden Lektüre-Stunde bei geschlossenem Buch davon zu überzeugen, dafs die Schüler sich bei der Präparation die Anmerkungen angeeignet, bezw. auswendig gelernt haben. Durch dieses Verfahren dürfte auch die Frage ihre Lösung finden, ob die Noten am zweckmäfsigsten unmittelbar unter dem Texte, oder am Ende des Buches angebracht sind". Man wird es begreiflich finden, dafs ich mich auf eine Widerlegung dieser wohl kaum noch von einem Fachkollegen geteilten Ansicht nicht einlasse.

Bei einem Hilfsbuch dagegen, welches in den oberen Klassen neben der statarischen Lektüre gebraucht wird, ist es wesentlich, dafs dem Schüler ein möglichst einfacher und leichter Text geboten wird, dessen Verständnis ihm auf jede mögliche Weise erleichtert wird. Denn einmal wird durch die Erleichterung die Lernfreudigkeit erhöht, und dann regt ein solcher leichter Stoff mehr zum imitativen Schreiben und Sprechen an.

Es wäre daher zu wünschen, dafs der Herausgeber sich dazu entschlösse, eine zweite Ausgabe dieses wirklich interessanten Lektürestoffes zu veranstalten, die in den Anmerkungen nur sachliche Erklärungen brächte, daneben aber ein, ausführliches Spezialwörterbuch böte und zwar mit einer guten Aussprachebezeichnung.

Denn die in den Anmerkungen gebotene Bedeutung der Wörter genügt dem Schüler zu einer gründlichen Vorbereitung nicht, selbst dann nicht, wenn der Text im Unterricht vorher gelesen wird. Dem Schüler mufs auch die Möglichkeit geboten werden, seine Aussprache zu kontrollieren und selbst zu bessern. Die von dem Herausgeber angewandte Aussprachebezeichnung ist gänzlich zu verwerfen. Portia wird z. B. phonetisch durch pawrshia dargestellt. Ewald Goerlich.

Dortmund.

David Müller, Alte Geschichte für die Anfangsstufe des historischen Unterrichts. Dreizehnte Auflage. Besorgt von Friedrich Junge. Mit vier geschichtlichen Karten. Berlin 1895, Weidmannsche Buchhandlung. 160 S. 8. 2,20 M.

Wenn ein Buch, von Meisterhand entworfen und von einem anerkannt tüchtigen Schulmanne seit länger als einem Jahrzehnt mit wachsendem Erfolge in fördernde Obhut genommen, die dreizehnte Auflage in einigen 20 Jahren erlebt hat, so kann man von vorn herein annehmen, dafs die Grundsätze, nach denen es gearbeitet ist, und die Ausführung sich im Unterricht bewährt haben, zumal da die wachsame Kritik das Festhalten an einem einmal eingeführten Unterrichtsmittel lediglich aus Bequemlichkeitsrücksichten wohl verhindern würde. Die genaue Prüfung des in dem Buche Gebotenen entspricht der Erwartung. Es kann nun nicht die Aufgabe des Ref. sein, ein so vielgebrauchtes Buch wie eine neue Erscheinung auf dem Gebiete des Unterrichts einer eingehenden Besprechung zu unterziehen. Dazu ist es viel zu bekannt. Es liegt ihm vielmehr ob, kurz nachzuweisen, wodurch die neue Auflage sich von der vorhergehenden unterscheidet, ob die Anordnung und Auswahl des Stoffes einer Vergleichung mit den Forderungen der neuen Lehrpläne standhält, und wo sich im einzelnen noch verbessern läfst.

Die neue Auflage stimmt mit der zwölften in der Anlage und im Text bis auf wenige Stellen, die durch Sternchen am Rande kenntlich gemacht sind und sich fast ausschliefslich auf die Geographie der griechischen Geschichte beziehen, vollkommen überein. Nur das Format ist gröfser geworden um der vier geschichtlichen, von H. Kiepert entworfenen Karten willen, von denen zwei der Veranschaulichung der persisch-griechischen und zwei andere der der römischen Geschichte dienen. Die beigegebenen Karten, welche dem Schüler im Geschichtsunterricht und bei der häuslichen Vorbereitung immer zur Hand sind und vollständig ausreichen, um sein geschichtliches Wissen geographisch zu stützen, müssen als eine entschiedene Verbesserung begrüfst werden. Da die Sagen des klassischen Altertums durch die neuen Lehrpläne der altsprachlichen Lektüre und dem deutschen Unterricht zugewiesen sind, die sagenhafte Vorgeschichte der Griechen

und Römer im deutschen Unterricht der V behandelt werden mufs, ist es ausgeschlossen, diesen Stoff unter Zugrundelegung der wenn auch knappen Ausführung des vorliegenden Buches im Geschichtsunterricht der IV noch einmal durchzunehmen. Es würde auch sonst unmöglich sein, das Pensum, welches für die griechische Geschichte mit Solon, für die römische mit dem Auftreten des Pyrrhus beginnt, zur sichern Einübung zu bringen, und sehr leicht die unerwünschte Folge haben, dafs einerseits die Geschichte Alexanders des Grofsen, welche die Schüler wegen des romantischen Zuges, der ihr anhaftet, sehr interessiert und zugleich viel wichtiger ist als die Sagengeschichte, dafs andererseits die des Cäsar und Augustus, welche der römischen Geschichte einen natürlichen Abschlufs giebt, nur obenhin behandelt würde. Man vergleiche nur einmal die zur Verfügung stehende Zeit, von der noch manche Stunde für die notwendigen Wiederholungen und unvorhergesehene Zwischenfälle abgeht, mit der Zahl der Paragraphen, die behandelt werden müssen, und man wird sich leicht davon überzeugen, dafs man sowohl absehen mufs von der Aufnahme der Vorzeit in den Unterricht wie der Zeit nach dem Tode des Augustus, der noch vier Paragraphen gewidmet sind. Verf. meint ja auch selbst in der Vorrede, dafs die in Rede stehenden Paragraphen von dem Lehrer nur zu berühren sind. Es wird aber auch dazu keine Zeit übrig sein, sich den Inhalt derselben von den Schülern erzählen zu lassen, wie Verf. vorschlägt, was doch immer eine Reihe von Stunden kostet. Der Lehrer wird vielmehr selbst eine ganz kurze Übersicht geben und so die nötige Grundlage für die eigentliche Geschichte legen müssen, den Schülern aber die Lektüre der betreffenden Abschnitte angelegentlich empfehlen; denn das Buch ist ja so eingerichtet, dafs der Schüler, und namentlich der Anfänger, sein Buch soll lesen können". Unter der Voraussetzung einer derartigen Benutzung möchte Ref. die Aufnahme der aufserhalb des Pensums liegenden Abschnitte als erwünschte Beigabe gelten lassen.

Wenn auch der Text in Bezug auf die Richtigkeit der Thatsachen, auf die Anwendung der Satz- und Quantitätszeichen und die Rechtschreibung unverkennbar mit grofser Sorgfalt gearbeitet ist, so schliefst das nicht aus, dafs sich dennoch einige Fehler eingeschlichen haben, wie S. 9 die Zahl 438 st. 436, S. 64 gesichtert st. gesichert, S. 97 Tullus st. Tullius, S. 118 die Zahl 215 st. 216 und S. 119 entbrante st. entbrannte. In stilistischer Hinsicht möchte sich Ref. einige Ausstellungen geMan kann doch wohl nicht sagen: „,Als Solon zurückkehrte, fand er seine Gesetze noch bestehen“ (S. 50). Als ein lapsus calami erscheint der Satz S. 88:,,Die älteste Bevölkerung Italiens, welche die Geschichte kennt, ist arisch und war verwandt" für: 'war arisch und verwandt'. Auf lateinischen Einflufs weist der Ausdruck hin: ,,Durch einen solchen Zwist bewogen" (S. 104).

statten.

Sollte es nicht besser sein zu schreiben: 'Seit die Macht der Etrusker mehr und mehr sank' an Stelle des Satzes: ,,Seit die Etrusker mehr und mehr sanken" (S. 109)? Stilistisch schleppend nimmt sich aus:,,Durch die Unterwerfung unter den Schimpf, durchs Joch zu gehen, und durch demütigenden Friedensschlufs" S. 110. Auch sind gewifs angreifbar die Ausdrücke: Unstätheit“ S. 111 und gleichschwebendes Glück" S. 120. Darf man wirklich sagen: Rom stand ohne Nebenbuhler als Herrscher .. da"? Mindestens einem Mifsverständnis ist der Satz ausgesetzt: Unter allen Nationen schienen allein die Karthager noch zu fürchten" S. 126. S. 128 ist statt des Plusquamperfekts, welches dem vorhergehenden Plusquamperfekt „,hatte sich vollzogen" entsprechen würde, das Imperfekt: ,,kam ein neuer Adel in die Höhe" gewählt. Warum sind wiederholt Zeitangaben, wie S. 136:,, im Jahre 83" in Kommata eingeschlossen? Auf S. 146, wo es heifst: ,,Gallien, Ägypten, Pontus, Afrika" fehlt das ,,und" vor Afrika. Wenn auch Georges in seinem lateinisch - deutschen Handwörterbuch adoptare mit,,annehmen zu etwas" übersetzt, so wagt Ref. doch zu behaupten, die Übersetzung annehmen als etwas' entspreche dem deutschen Sprachgeist mehr, und demgemäfs vorzuschlagen: 'den dieser als Sohn angenommen hatte' S. 147 und 'als Sohn annahm' S. 152. Auch die Hilfszeitwörter 'ist, war, hatte' und ähnliche würde Ref. im Text lieber sehen als häufig vermissen. Zum Schlufs wird die Versicherung am Platze sein, dafs die Ausstellungen den grofsen Vorzügen, welche das Buch unleugbar hat, kaum Abbruch thun können und sollen.

Stargard i. Pom.

R. Brendel.

F. Hettner, Bericht über die vom Deutschen Reiche unternommene Erforschung des obergermanisch-rätischen Limes. Ein Vortrag gehalten vor der XLIII. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Köln. Trier 1896, Verlag der Lintzschen Buchhandlung. 36 S. 8. 0,80 M.

Es ist sehr dankenswert, dafs Hettner seinen trefflichen Vortrag weiteren Kreisen zugänglich macht. Auch die Teilnehmer an der Kölner Versammlung werden gern nochmals den klaren Ausführungen folgen und daraus sich einprägen, was geschehen ist und was noch der Erledigung harrt.

Die Aufgabe der Kommission ist eine vierfache: 1. die Untersuchung der vorderen Linie, des Limes, für den H. die Benennung Pfahl" nach Zangemeister abzuleiten von vallum vorschlägt; 2. die Untersuchung der zurückliegenden Linien; 3. die Durchforschung der Kastelle; 4. die Forschung nach den Strafsen. Über den letzten Punkt wird nur gelegentlich berichtet, da er erst seit zwei Jahren näher ins Auge gefafst ist und da für diesen Teil der Aufgabe nur geringe Mittel zur Verfügung stehen.

Ich hebe aus Hettners Bericht einige wichtige Ergebnisse hervor. Die Grenze zwischen dem L. raeticus und dem obergermanischen nahm man bisher bei Lorch an. Nach den Grabungen des Majors Steinle scheint es, dafs sie etwa 5 km weiter östlich am Rothenbachthal gelegen habe. Bei der Untersuchung der Strecken selbst ist die interessanteste Entdeckung die des sog. Gräbchens. Auf ein solches war allerdings schon vor achtzig Jahren für Rätien durch Pfarrer Maier, neuerdings für die Wetterau und den Taunus durch Wolff und Soldan hingewiesen, aber zu voller Bedeutung hat ihm erst die Aufdeckung durch Jacobi verholfen, welche die Kommission auf allen Strecken zu eifriger Nachforschung veranlafste. In der Erklärung dieses Gräbchens, das zum Teil Pfähle, zum Teil eine Absteinung enthält, nimmt H. eine vermittelnde Stellung zwischen Jacobi und Löschcke ein. Während jener es für die mit signa versehene, unter dem Boden laufende Reichsgrenze hält, betont Löschcke, dafs die Absteinung angelegt sei, um die eingekeilten Pfähle festzuhalten. Deshalb nimmt er an, dafs die Grenze über dem Boden durch eine Art Zaun kenntlich gemacht war, und er glaubt, dafs die sog. signal nur aus der Kulturschicht in der Nähe der Türme zufällig in das Gräbchen geraten seien. H. spricht sich dahin aus, dafs verschiedene Arten der Grenzbezeichnung üblich gewesen sein mögen, weil sie den,,lokalen Behörden“ anheimgegeben war. Dafs Jakobis Hypothese z. B. für die Strecke vor der Saalburg Gültigkeit hat, hält er für zweifellos, und ich mufs auch sagen, dafs die Art, wie die Steine in dem Gräbchen nahe am Oberhainer Weg gelegt sind, nicht auf jenen praktischen Zweck die Pfähle zu festigen schliefsen läfst.

Die andere Hypothese, welche Mommsen - Jacobi über die Termination durch das Gräbchen aufgestellt haben, verwirft H. mit Recht. Das Gräbchen läuft eben nicht durchweg parallel mit dem,,Pfahl". Gerade auf der Strecke bei Grenzhausen hat uns Löschcke bei dem Ausfluge nach der Kölner Versammlung überzeugend ad oculos demonstriert, wie das Gräbchen von dem,,Pfahl" durchschnitten wird. H. erkennt Löschckes scharfsinnige Untersuchungen an, wonach das Gräbchen in Verbindung mit Türmen

es waren zunächst Holztürme ursprünglich die Grenze markiert hat, während der ,,Pfahl" erst bei gröfserer Gefährdung des Reiches angelegt wurde und jene Markierung antiquierte. Für den rätischen Limes stellt H. die Skala auf: Grenzmarkierung mit Holztürmen, eine solche mit Steintürmen, Mauer mit Steintürmen. Die Untersuchung der Begleithügel", auf welchen jene Holztürme errichtet waren, hat auch in betreff der Odenwaldlinie zu dem Urteile geführt, dafs sie eine frühere Grenze, welche der Linie Lorch-Miltenberg voranging, darstellte.

Durch die Untersuchung der Kastelle sind zwei Typen festgestellt worden. Den einen veranschaulicht ein Plänchen des

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