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hüten? Es wird ein Wort aufgegriffen, das ein geeignetes Paradigma für das gerade zu behandelnde Pensum abgeben könnte (yewgrós); dieses wird zum Topus erhoben, um andere formell gleichwertige und zugleich begrifflich verwandte Vokabeln zu finden (aygós, xaoлós); und nun genügt ein ganz bescheidenes Mafs von Phantasie, um mit dem Aufgebot einiger anderer, wenigstens formell gleichgearteter Wörter Sätze zustande zu bringen; ich meine Einzelsätze, die, weil sie sich alle um die Begriffe γεωργός, ἀγρός, καρπός drehen, nichts von der zerstreuenden Kraft anderer Einzelsätze an sich haben. Doch es scheint fast, als meinte M. auf diese Weise vielfach sogar eine zusammenhängende Lektüre geschaffen zu haben. Die vielen Absätze, in die zahlreiche Lesestücke nach Art schlechter Romane geteilt sind, erwecken doch mindestens den Verdacht, als halte M. in solchen Fällen zwar nicht die ganzen Nummern, aber doch die einzelnen Abschnitte für etwas Zusammenhängendes. Dem gegenüber mufs festgestellt werden, dafs der innere Zusammenhang auch hier meist entweder ganz fehlt oder nur ein lockerer ist und selbst da, wo er besteht, vielfach einen korrekten grammatischen Ausdruck nicht gefunden hat. Das gilt sogar von den durch Semikolon geschiedenen Teilen einzelner Sätze (z. B. S. 8: Οἱ παλαιοὶ τοὺς τῶν Ἰνδῶν σοφοὺς ἐγκωμιάζουσι· πολλοὶ τῶν σοφῶν ὑπὸ δένδροις τὸν βίον διάγουσιν.) Natürlich kann selbst die glücklichste Phantasie tadellose Einzelsätze oder etwas wirklich Zusammenhängendes nur dann schaffen, wenn ihr ein gewisses Mafs grammatischer Mittel zu Gebote steht. Über dieses Mafs aber konnte der Verfasser auf den ersten Seiten noch nicht verfügen, wenigstens nicht so weit, dafs er Zusammenhängendes zum korrekten Ausdruck zu bringen hoffen durfte; es sei denn, dafs er durch unzeitiges Fortschreiten zugleich in der Deklinationsund in der Konjugationslehre den Schüler in die Gefahr des Verwirrtwerdens führte. Auf den späteren Seiten hat er sich selbst die Mittel entzogen, insofern er in den Sätzen zur Einübung der ganzen Deklinationslehre, der Komparation, der Adverbia und der Pronomina, im ganzen auf 51 Seiten nur eine beschränkte Zahl von Formen des Präs. Akt. auf o, dazu εἶναι, ἐστί, εἰσί, von Formen der Vergangenheit aber gar nur ἦν und noav verwenden wollte. Der Leser wird aus dem Gesagten ersehen, dafs diese Lesestücke einen höchst unerquicklichen Eindruck machen müssen. Es ist fast, als ob M. auf Gediegenheit des Inhalts von vornherein verzichten zu sollen gemeint habe; wird sie doch selbst da vermifst, wo sie nach der Einführung des Lesestückes am sichersten erwartet werden mufs. Wer dieses Urteil auf seine Richtigkeit prüfen will, vergleiche einmal, wie es Referent gethan hat, was M. nach den Worten 'Hoodovos Αρτεμισίαν, τὴν τῆς Καρίας βασίλειαν, ὧδε ἐγκωμιάζει erzählt, mit dem, was im Herodot thatsächlich steht. Übrigens

sind auch grammatische Fehler nicht etwas Seltenes. Um mich auf die Sätze zur zweiten und ersten Deklination zu beschränken, so lesen wir S. 4: Ὀλίγοι μὲν ἵπποι τὸ φοβερὸν θηρίον (den Wolf) φεύγουσι, πολλοὶ δὲ κύκλῳ ἀμύνουσιν (Μ. unterdrückt hinter μὲν ὄντες οἱ und setzt ἀμύνουσιν für ἀμύνονται, jedenfalls weil der Schüler z. Z. weder ovres noch άuvvovτai versteht); S. 5: ὁ Πόντος Εὔξεινος (Stellung!); S. 11: Ὁ τῆς στρατιᾶς στρατηγὸς Σπαρτιάτης ἦν, οἷον τῇ ἐν Πλαταιαῖς μάχη Παυσανίας (Ι. ἐν τῇ — μάχη).

Es hat wahrlich keinen Zweck, noch besonders nachzuweisen, dafs die weiteren Lesestücke um nichts besser sind. Eigentümlich ist dem Herausgeber in diesen eine gewisse Vorliebe für den Dialog. Wie weit sich solche Stücke in der Form von den Platonischen Dialogen entfernen, mag ein kurzes Beispiel lehren. Leonidas verabschiedet sich 480 von seiner Gemahlin Gorgo. 4. Απολλον καὶ οἱ ἄλλοι θεοί, σώζετε τὴν ἐμὴν γυναῖκα. Φέρε, γύναι, τὸν ἐμὸν θάνατον σιγῇ. Χαῖρε, Γ. Χαῖρε, ἄνερ. ο θεοί, σώζετε τὴν τοῦ ἀνδρὸς ἀσπίδα. Ὁ θάνατος τῇ σῇ γυναικὶ πικρὸς μέν, λαμπρὰ δἡ μνήμη. Χαῖρε, Λεωνίδα. 4. Χαῖρε, γύναι. In einem andern Dialoge will ein Schüler an Pythagoras eine Frage richten. Dieser fährt ihm sofort über den Mund: Ὦ παῖ, σιώπα, πόλλ' ἔχει σιγὴ καλά. Gleichwohl möchte der Schüler gar manches fragen: φιλώ γάρ σε ὡς πατέρα· οὐδεὶς μᾶλλον σε φιλοίη ἂν ἢ ἐγώ. Ἡμεῖς πάντες σε φιλοῦμεν· σὺ γὰρ ἡμᾶς φιλεῖς. Das heifst φιλώ an zusammenhängenden Stücken üben. Die Briefe dieses Abschnittes -- wenigstens in dieser Menge ebenfalls ein diesem Übungsbuche eigentümliches genus stehen auf gleichem Niveau. Einige lesbare Bearbeitungen Äsopischer Fabeln werden das Gesamturteil nicht ändern können.

M.s Übungsbuch strebt wie viele andere Übungsbücher eine induktive Aneignung der Formen aus dem Lesestoffe als Vorbereitung der festen Einprägung an; und es mag sogar sein, dafs eine solche Aneignung mit Benutzung dieses Buches besser als mit Benutzung anderer Bücher erreicht werden kann. Damit spreche ich freilich ein zweifelhaftes Lob aus; ich wenigstens kann diese Art von Induktion nur als einen Zeitverlust betrachten. Auch das Mittel, das M. anwendet, um die Aufmerksamkeit des Schülers zu concentrieren, ist keineswegs neu; aber es ist vielleicht von keinem so handwerksmäfsig angewendet worden wie gerade von M. Der Schüler wird bei der Verwandtschaft des Inhalts, die seine Einzelsätze (oder zusammenhängenden Sätze?) mit einander verbindet, nicht zerstreut, aber desto mehr gelangweilt sein. Die grammatisch-stilistischen Gebrechen aber, an denen M.s Buch leidet, verbieten doch geradezu seine Einführung zu befürworten. Unsere Kinder machen die erste Bekanntschaft mit der deutschen Schriftsprache an Lesestücken in

tadellosem Stile und korrektem Deutsch, nicht in dem Kauderwelsch der Ungebildeten. So soll auch die fremde Sprache, die der Schüler höherer Lehranstalten erlernen will, gleich in dem ersten Übungsbuche in einwandsfreier Gestalt geboten werden, gleichgiltig ob in Einzelsätzen oder in zusammenhängenden Stücken. Ohne gerade in die Forderung anderer einzustimmen, dafs schon dem Anfänger ausnahmslos griechische Originalsätze vorgelegt werden sollen, mufs ich doch jenes als unerläfslich bezeichnen, wenn anders der Unterricht zugleich eine Vorbereitung auf die Originale der höheren Stufen sein soll. Und auf diese wird der Schüler von M. nicht vorbereitet, ja ich mufs sagen, der Boden, auf dem die Saat der höheren Klasse aufgehen soll, wird von ihm durch die zahlreichen Unebenheiten seiner Lesestücke verdorben. Das Urteil mag hart klingen; aber Stücke wie der Dialog des Pythagoras und seines Schülers fordern es heraus.

Züllichau.

P. Weifsenfels.

Molière, L'es femmes savantes, Comédie en cinq actes. Für den Schulgebrauch herausgegeben von E. Pariselle. I. Teil: Einleitung und Text. II. Teil: Anmerkungen und Wörterverzeichnis. Leipzig 1896, G. Freytag. XXII u. 146 S. Beide Teile geb. 1,50 M.

Den bisher erschienenen Ausgaben von Molières Les femmes savantes reiht sich die vorliegende in ebenbürtiger Weise an. Nachdem der Verf. in der Vorbemerkung die Quellen bezeichnet hat, welche bei der Abfassung der Einleitung und für die Anmerkungen benutzt worden sind, giebt er zunächst einen kurzen, dem Bedürfnis der Schule durchaus genügenden Überblick über Molières Leben, läfst sodann die für das Verständnis des Stückes selbst unentbehrliche Einleitung folgen und fügt als wertvolle Beigabe schliefslich einen ebenso interessanten wie belehrenden Abschnitt über die Pariser Theaterzustände zu Molières Zeit an.

Die Ausgabe besteht aus zwei Teilen, von denen der erste Einleitung und Text, der zweite Anmerkungen und Wörterverzeichnis enthält. Die Anmerkungen sind mit grofser Sorgfalt ausgearbeitet und bringen in gedrängter, dem Verständnis des Schülers angemessener Darstellung nicht blofs sachliche Erklärungen, sondern erläutern auch in ausgiebigem Mafse zahlreiche Eigentümlichkeiten der Molièreschen Diktion und passen sie dem modernen Sprachgebrauch an. Ref. hätte nur noch gewünscht, dafs der Verf. zu et sage. (S. 18 Z. 1) eine Erläuterung bzw. Ergänzung gegeben und le jocrisse S. 90 Z. 10 sowie bailler S. 91 Z. 2 entweder unter die Anmerkungen oder in das Wörterverzeichnis aufgenommen hätte.

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Ungenaues bzw. Unrichtiges kommt nur ganz vereinzelt vor. So steht im Text S. 5 Z. 7 les soins, während die Anmerkungen Ces soins aufweisen. Ferner findet sich im Text S. 14 Z. 21 E st. Et; S. 18 Z. 11 fehlt nach mieux, S. 30 Z. 14 nach cousus,

S. 66 Z. 12 nach plaire, S. 97 Z. 4 nach coeur die Interpunktion, und S. 43 steht A st. A. S. 68 Z. 14 ist an Stelle des Fragezeichens ein Komma zu setzen, Z. 25 in jamais die Stellung des j zu bessern und S. 75 Z. 5 leur und leurs zu ändern. In den Anmerkungen mufs 23,10 (S. 108) getilgt werden, da sich die Bemerkung noch auf 23,9 bezieht. Zu d'un Grec (S. 55, 13) war eine Erläuterung wünschenswert; statt 74, 14 (S. 120) war 74, 13 zu setzen und zu 84,5 (S. 121) il ne fait pas bien sûr die Übertragung empfehlenswert. Endlich ist die Ziffer 0,4 zu 90,4 (S. 122) zu vervollständigen. In dem Wörterverzeichnis, dessen Abfassung Sorgfalt verrät, ist nur S. 137 Z. 14 v. o. mort st. mort aufgefallen.

Papier und Druck des Bändchens sind sauber und geschmackvoll.

Salzwedel i. A.

K. Brandt.

Albrecht Stauffer, Zwölf Gestalten der Glanzzeit Athens im Zusammenhange der Kulturentwicklung. München und Leipzig 1996, R. Oldenbourg. LXX u. 595 S. gr. 8. 7 M.

Ein recht gutes Buch, das allen Freunden der klassischen Altertumswissenschaft und allen Erziehern der vaterländischen Jugend warm empfohlen zu werden verdient. Nach einer, allerdings vielfach zu weit ausholenden, aber fesselnden Einleitung, welche, wie Verfasser in der Vorrede sagt,,,die Glanzzeit Athens in die Gesamtheit der Entwicklung gleichsam einzuordnen" bestimmt ist, gliedert sich die Darstellung, die überall in einer edlen, des grofsen Gegenstandes würdigen Sprache dahinfliefst, in folgende Abschnitte: I. Das Lebensalter des Sieges. 1. Kimon. 2. Polygnot und die Kunst. 3. Äschylus. II. Das Lebensalter der Höhe. 4. Perikles. 5. Phidias, die Gesellschaft und die Kunst. 6. Sophokles. 7. Herodot. III. Das Lebensalter der Krise. 8. Alkibiades. 9. Aristophanes, die Gesellschaft und die Kunst. 10. Euripides. 11. Thukydides. 12. Sokrates. Diese Anlage des Werkes ist nicht einwandfrei. Ob Herodot, den, wie Referent glaubt, Stauffer überschätzt, zusammen mit Perikles dem „Lebensalter der Höhe zuzuweisen war, bleibe dahingestellt. Aber ungern vermifst man Gestalten wie Miltiades, Themistokles, Xenophon. Auch die Ausführung leidet wiederholt an dem Fehler, dafs die sehr gründlichen Vorstudien und die ausgebreitete Litteraturkenntnis des Verfassers diesen wiederholt zu weit ab von dem eigentlichen Thema führen und dadurch eine scharfe und bestimmte Ausprägung der Hauptgestalten einigermafsen beeinträchtigen. So ist die Würdigung des Demosthenes S. 490, wo übrigens statt der ersten Auflage von Schäfers Demosthenes die zweite aus den Jahren 1885/87 (vgl. hierüber jetzt die ausgezeichnete Schrift von Asbach, Zur Erinnerung an Arnold Dietrich Schäfer, Leipzig 1895, S. 11) zu citieren war, zwar an sich sehr lesenswert, ebenso der

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sich daranschliefsende Ausblick auf Aristoteles und auf das Athen im Römerreiche; aber es stört diese Abschweifung die Aufnahme eines Bildes des Sokrates. So feinsinnig ferner die zahlreichen archäologischen Betrachtungen und Erörterungen, die Verf., vielfach in Anlehnung an Furtwänglers Meisterwerke, darbietet, auch sind, Ref. meint doch, dafs eine gröfsere Beschränkung in der Besprechung von Detailfragen dem Buche zum Vorteil gereicht hätte. Doch wir wollen mit dem Verf. darüber nicht rechten, sondern uns lieber seines schönen Buches freuen, das niemand ohne Genufs und Belehrung aus der Hand legen wird. Lasse sich niemand durch den allzu selbstbewufsten Ton der wenig glücklichen Vorrede abschrecken! Das Buch reiht sich dem Besten an, was unsere vielschreibende Zeit über Athen und die Tage seines Glanzes schon geschrieben hat. Es ist schwer, den grofsen Gedankenreichtum dieses starken Bandes anzudeuten. Um indessen eine ungefähre Vorstellung von der Betrachtungsweise Stauffers zu geben, seien einige seiner Gedanken hier mitgeteilt. ,.Das Lebensalter des Sieges", eingeleitet mit dem Worte Pindars fragm. 4, 4 Ω ταὶ λιπαραὶ καὶ ἰοστέφανοι καὶ ἀοίδιμοι Ἑλλάδος ἔρεισμα, κλειναὶ ̓Αθῆναι, δαιμόνιον πτολίεθρον, bringt zuerst eine Würdigung Kimons. Überall in seiner soldatischen Laufbahn bethätigte er die reinste Vaterlandsliebe, in der das Hochherzige seiner Natur sich in bewunderungswürdiger Art offenbarte. Echt und durchaus der Sache zugewandt, zeichnete sich Kimons Patriotismus durch Unbefangenheit und Freimut, durch eine Begeisterung und Hingebung aus, die bei eintretenden Konflikten ihn zur edlen Selbstverleugnung befähigte. Ihm schlug das Herz warm für sein Athen, aber auch für das ganze Hellas, wie es eben befreit sich erhob. Er fühlte sich nicht blofs als der Vorkämpfer seiner seemächtigen Heimat, sondern auch als Streiter für die hellenische Nationalität gegen die grofsen Despoten des Ostens. Hierauf erörtert Verf. ,,Polygnot und die Kunst". Polygnots Kunst ist erfüllt von dem eigentlichen Lebensgehalte der grofsen Jahre des siegenden Griechentums und seiner Führer, der Athener, und sie wird dadurch der volle Ausdruck der Weltund Lebensanschauung derselben. Durch das Beispiel ihrer geistigen Bedeutung und die Kühnheit wie Geschlossenheit ihrer Mittel wird sie die entscheidende Macht für die Kunstentwicklung. Führend, erziehend, begeisternd, wirkt sie auf den gröfsten Kunstgenius des kommenden Lebensalters, erstreckt sich mit der Fülle ihrer köstlichen Anregungen auf die Plastik nicht minder als auf die Malerei, ja sie dringt bis in die tiefer gelegenen Kreise des Kunsthandwerkes, indem sie zumal innerhalb der Vasenmalerei mit einer Art von zauberischer Gewalt sich geltend macht. Polygnots Phantasie hat die Macht den Olymp zu erfliegen, und er bewegt sich frei in der höheren Welt der Heroen, deren übermenschliche Gröfse er vor das sinnliche Auge des staunenden

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