Images de page
PDF
ePub

Port. cavidar.

*

Als ich Ztschr. XXVIII, 41 die südital. Formen von cavitare anführte, war mir port. cavidar „vermeiden“, „, entgegentreten“, cavidar-se,,sich sicher stellen",,, sich hüten" nicht gegenwärtig, welches übrigens heute nicht mehr gebräuchlich zu sein scheint. Ich trage es nach weil vielleicht die Anwälte von rum. căuta *cavitare es brauchen können. In Elucidario steht: cavidar, prevenir, acautelar .... nunca se queria cavidar" und: „cavidado, evitado, acautelado, resguardado; e por esto o pecado nom he cavidado (..... 1427).“ Fr. Joaquim vermeint dafs daher cabide „Kleiderständer" komme: ,,o lugar, onde os vestidos, e outras cousas se põe a seguro do pó, e do mais que os póde inficionar, e destruir.“

H. SCHUCHARDT.

Baskische Namen des Erdbeerbaums.

Der Erdbeerbaum, Arbutus unedo ist sicherlich nicht von Alters her im Baskenland heimisch, und man sollte daher hier keine andere Bezeichnungen für ihn erwarten als fremde oder ganz neu gebildete, durchsichtige. Das in einer bask. Md. vorkommende burbuza erweist sich in der Tat sofort als romanischen Ursprungs (Ztschr. XXVIII, 193); aber Lacoizqueta Dicc. eusk. de las plantas S. 113 bietet daneben noch zwei mehr oder weniger rätselhafte Namen, erstens südhochnav. (,, en esta comarca"; der Verf. war Pfarrer in Narvarte) animania, lab. aniamania und zweitens, aus Larramendis Wtb., kaudana. Von jenem gibt er eine unmögliche Herleitung aus dem Baskischen selbst; ich vermute, es ist entstellt aus lat. anima mea, und es soll damit ironisch der unangenehme Geschmack der Frucht ausgedrückt werden, die entweder „, meine Seele" ist oder „,meiner Seele" zusagt (vgl. rouerg. „,à l'anima-mea ,, bien, parfaitement, selon son désir" Mistral); vielleicht meinte man aber eine Frucht bei der man in schmerzlichem Ernste ausruft:,,meiner Seel"! Mit kaudana weils ich vorderhand nichts anzufangen; doch muss auch darin Romanisches stecken, aus dem Baskischen lässt es sich nicht erklären. Endlich hat uns Larramendi noch einen vierten Namen des Erdbeerbaums überliefert, nicht im Wtb., sondern in der erst 1882 zu Barcelona veröffentlichten Corografía .... de la .... provincia de Guipúzcoa". S. 62 zählt er die in der Provinz gedeihenden Bäume und Sträucher mit ihren spanischen Namen auf und darunter: „curpichas, que son madroños.“ Dieses curpicha ist nichts anderes als ital. corbezza, also ein interessantes Zeugnis für italienisch-baskische Beziehungen.

[ocr errors]

H. SCHUCHARDT.

Lat. semen im Bask.

Bask. seme,,Sohn" läfst an lat. semen denken, das ja ebenfalls in der Bed. „Spröfsling" vorkommt, und dieser Gedanke ist auch, ich entsinne mich augenblicklich nicht wo und von wem, ausgesprochen worden. Nun hat zwar der Baske mit vollen Händen aus Latein und Romanisch geschöpft, für die Verwandtschaftsverhältnisse aber die altüberlieferten Bezeichnungen beibehalten. Somit bedarf jene Herleitung der Stützen. Als eine solche erachtete ich früher kymr. plant, ir. cland,,Kinder", „Nachkommenschaft", als man dies noch für ein Lehnwort aus dem Lat., nämlich planta hielt (s. Rhys Lectures on Welsh philology 1 1877 S. 373). Mit besserem Rechte denke ich nun mich auf bask. sortu „aufgegangen“ (von Keimen; auch von der Sonne) und „geboren“ berufen zu dürfen; denn die erstere Bedeutung ist sicherlich die ursprüngliche und Zusammenhang mit dem roman. sortire auch nicht zu leugnen (sortum ire; vgl. susum ire neap. sosire und sósere, kal. susire und súsire, siz. susiri, nicht sowohl ,,hinaufsteigen“ als „aufstehen", bes. aus dem Bett; s. Meyer-Lübke Rom. Gr. II, $573, wo der Stern vor susire wegzufallen hat). Die in meinen Augen entscheidende Begründung für bask. seme lat. semen wird mir jedoch erst jetzt durch Cornu gegeben, der mich auf altport. semel,,männliche Nachkommenschaft" hinweist. Im Elucidario II, 311 wird aus einer Urk. von 1191 angeführt: mancando semél no postrimeiro Padrom", und in dem Rev. Lus. VIII, 82 ff. abgedruckten Testament Alfons' II. von 1214 heifst es, gleich im Eingang, von dem Thronerben: „e ssi este for morto sen semmel". Das lat. Wort ist erst durch das Christentum auf der iberischen Halbinsel eingebürgert worden; man denke an biblische Ausdrücke wie semen Abrahae, semen David, vor allem ,,non reliquerunt semen et mortui sunt". H. SCHUCHARDT.

[ocr errors]

Altprov. dolsa.

A. Thomas sagt in seinen Nouveaux Essais de phil. franç. S. 245:,,Quelle est l'étymologie de dolsa? Je ne m'arrête pas. au grec dolixos,long' mis en avant par Mistral." Zunächst heifst ,,lang" dolyós, nicht dólyos (wie S. 365 wiederholt ist), und sodann bezieht sich Mistral weder auf dieses, noch ein andres griechisches Wort, sondern auf lat. dolichus, und das bedeutet eine Art Bohne. Allerdings ist dies Wort (es findet sich bei Plinius) aus dem Griechischen übernommen, wo es dóλixos betont wird, und die neuere Botanik hat es für eine Gattung (Fasel, Heilbohne) aus der Familie der Leguminosen verwendet. Ich vermute dafs es aus irgend einer orientalischen Sprache stammt und sich an das griechische Wort für „lang“ nur angelehnt hat. Es wäre nun

doch möglich dass Mistral, wie in andern Fällen, gegen die Schule Recht behielte. Nämlich wenn dolichus im Latein früh genug zu *dolcus wurde um eine Ableitung *dolcea zu gestatten. Daraus wäre altprov. dolsa geworden wie calsa aus *calcea; die frühe Schreibung dolsa, Thomas führt sie aus einer lat. Hs. des 9. Jhrhs. an, entscheidet wohl nicht dagegen. Es sei nebenbei bemerkt dafs es schon hier alii dolsas heifst wie später dolsa d'alh, heute dolso d'alh u. ä.; die Knoblauchzehe konnte wohl ebenso gut als ,, Schote“ bezeichnet werden wie als „Scheibe“, „Kern“, „Kloben“, ,,Kopf", „Zahn", „Zehe" u. ä. H. SCHUCHARDT.

Norm. caieu ,,Miesmuschel".

[ocr errors]

Auf einem für mich noch nicht ganz gewöhnlichen Wege, nämlich durch den ,,Courrier de la Presse" ist mir ein Zeitungsartikel zugekommen der mich wissenschaftlich sehr nahe angeht. Er findet sich im Journal des Débats vom 21. März 1905, betitelt sich,,Moules et cailloux" und rührt von A. Thomas her. Ich komme hier deshalb auf ihn zu sprechen weil er die Berichtigung einer meiner Annahmen enthält, eine wirkliche Berichtigung. Ich hatte Ztschr. XXV, 244 gesagt: „Ebenso sicher erscheint mir dass das norm. pik. cayeux, cailleu, Miesmuschel' kein anderes Wort ist als das franz. caillou, alt und mdl. auch cailleu; nur sage ich nicht dass ich diese Meinung,pour rien au monde' [so Thomas bezüglich trouver *tropare] aufgeben würde für gute Gründe ist sie zu haben." Man gibt mir jetzt in der Tat gute Gründe und ich gebe meine Herleitung auf. Caieu, wie ich nun schreiben will, hat nichts mit caillou zu tun; es kommt von dem Namen eines normannischen Fischerortes, Cayeux her. Ich gestehe dass ich bisher von diesem nichts gewusst habe; vielleicht auch Thomas nicht, wenigstens das nicht dafs die Miesmuscheln des kleinen Hafens sich eines besondern Rufes erfreuen sonst hätte er mir das wohl längst vorgehalten. Wenn ich in jenem Worte ein mouilliertes fand, so hatte mich dazu die von Rolland gewährleistete Schreibung cailleu verführt; dafs er das Wort als auch der Pikardie angehörig bezeichnet, ist doch vielleicht richtig, obwohl Thomas behauptet, es komme nur in der Normandie vor; Cayeux liegt nämlich dicht an der Grenze der Pikardie. Mit Recht beruft sich Thomas für seine Erklärung auf die gegen 1460 in Rouen aufgeführte Sotie ,,Les Menus propos". Ich habe das in Montaiglon und Rothschilds Recueil de poésies françoises des XVe et XVIe siècles, Bd. XI herausgegebene Stück eingesehen und die Stelle auf die Thomas anspielt, in V. 133 f. gefunden:

Les bonnes moulles d'Isegny

Valent mieulx que Cahieu ne Toucque.

[ocr errors]

Natürlich ist hier Cahieu noch nicht Appellativ, ebensowenig wie Toucque, sondern abgekürzter Ausdruck für ,,celles de C.". Nebenbei gesagt, könnte man die zu Isegny gemachte Anmerkung: ,, cette localité n'est plus célèbre aujourd'hui que par son beurre“, mit Rücksicht auf die am Schlusse dieses Artikels erwähnte Verbindung für nicht ganz zutreffend halten. Übrigens ist die bewufste Erklärung von caieu schon vor langer Zeit gegeben worden, wenn auch nicht mit voller Zuversicht. Im Dictionnaire du patois normand en usage dans le département de l'Eure (1879) bringt Robin u. d. W. cayeux (des), des moules" den Ort Cayeux aufs Tapet und fügt hinzu: „,Peut-être en criant: Cayeux! cayeux! ceux qui vendent des moules, veulent-ils faire entendre que leur marchandise vient de là." Eine hübsche Analogie dazu bietet uns dasselbe Wörterbuch u. d. W. Villerville: „On entend souvent, à Pont-Audemer, le cri de Villerville! proféré par des gens qui conduisent on traînent eux-mêmes une petite voiture chargée de moules. Villerville est un village situé au bord de la mer entre Trouville et Honfleur et d'où viennent les meilleures moules du pays." Auf eine andere Analogie weist Thomas selbst hin, auf charron „Miesmuschel" im Gebiet von Bordeaux (Rolland hatte dies Wort in Arcachon aufgenommen) nach dem Orte Charron (hier sind sogar Muschelparks).

[ocr errors]

Zwischen uns wäre also diese Angelegenheit ins reine gebracht; den Lesern der ehrwürdigen Zeitung aber hätten die ,,moules de Cayeux", wenngleich,,au jour le jour" aufgetischt, wohl kaum genügt. Zum Glück versteht Thomas die alte französische Kunst trockene Speisen durch flüssige Zutaten schmackhaft zu machen. Er beherzigt die beiden Lehren des Journalismus: Langweiliges zu unterdrücken auch wenn es wesentlich ist, und Amüsantes heranzuziehen auch wenn es nicht zur Sache gehört. Er sagt, ich betrachte caillou als etymologisch mit moule gleichbedeutend und stütze mich dafür sur deux ordres de faits: d'une part, l'existence dans le patois normand d'un mot caieu ... de l'autre, la vraisemblance que des hommes simples . . . aient pris le caillou pour une moule pétrifiée." Danach muss man glauben, dies seien wenn nicht die einzigen, so doch die Hauptstützen meiner Behauptung, und das ist ganz und gar unrichtig. Meine Beweisführung liegt vielmehr darin dafs das franz. caillou lautlich dem lat. coclaca, und dieses dem gr. xóɣλağ (xáɣîn§) entspricht, und dass das griechische Wort die Bedeutung,,Kiesel" neben der:,,Muschel" aufweist, wie auch das lat. cochlea und seine romanischen Fortsetzungen. Ich sehe ein dafs damit Thomas seinem Publikum nicht unter die Augen treten durfte; wahrscheinlich verfügt auch die Druckerei der Zeitung nicht über griechische Typen. Aber warum sagt er denn, und zwar als ob er ein grofses Zugeständnis mache, es sei möglich dafs einfache und einbildungsreiche Menschen Kiesel für Muscheln genommen hätten (etwas genauer ausgedrückt: Kiesel nach Muscheln benannt hätten; man vergleiche noch lat. testa

,,Scherbe",,,Muschelschale",,,Flufskiesel")? warum sagt er nicht dafs bei Griechen und Römern der Name dieser wirklich auf jene übertragen ist? Und nun der Zusatz: „je proteste seulement que si ces hommes simples et imaginatifs ont confié au langage l'illusion dont ils étaient pleins, le français n'a pas reçu ou n'a pas conservé le dépôt de cette confidence." Das kann sich doch nur auf jenen Punkt unserer wissenschaftlichen Polemik beziehen wo der lautliche Zusammenhang zwischen coclaca und caillou erörtert wird. Aber Thomas selbst steift sich ja nicht mehr darauf einen solchen zu leugnen (s. Rom. XXXI, 625); wozu also diese feierliche Beteuerung? Das kommt daher dafs er an die Stelle der lautgesetzlichen Argumente, die für uns andere gut genug sind, für den weiteren Leserkreis ein argumentum ad hominem schiebt: die Fischweiber welche zu Paris rufen: la moule au caillou! Wäre caillou nichts anderes als moule, so würden wir ja, Thomas zufolge, etwas ähnliches haben wie das berühmte Gericht truffes aux truffes. Der Pariser Bourgeois, welcher schon den Vergleich eines Kiesels mit einer efsbaren Muschel sehr geschmacklos gefunden hat, lächelt über die truffes aux truffes; Thomas hat ihn überzeugt. Würde er aber nicht geradezu lachen über ein Paris de Madrid, und ist es etwas anderes als das wenn man in den Strafsen von Cherbourg (s. Fleury Le patois normand de la Hague S. 151) die Miesmuscheln ausruft: cáieu d'Isigny? H. SCHUCHARDT.

Niedermain. cosaque „Schober".

Ztschr. XXVII, 149 ff. hat Horning uns den Ausblick auf ein sehr interessantes Gebiet eröffnet, das der mdl.-französischen Bezeichnungen für „, Schober“, „Fehme", „Miete" oder wie wir nun im Deutschen sagen mögen. Es wäre zu wünschen dafs dieses Gebiet erweitert würde (über die gesamten romanischen und die mit ihnen sich berührenden Sprachen hin) und gründlich erhellt. Das aber kann nicht geschehen ohne dafs man die verschiedenen Gestalten die einer solchen Aufschichtung von Heu, Stroh oder Getreide in den verschiedenen Gegenden eignen, ins Auge fafst und aufs Papier bringt. Man sehe z. B. die Bilder der normandischen, der pikardischen und der flandrischen moyette im Nouveau Larousse u. d. W.; sehr wertvoll sind auch die Vorführungen dieser Sache und die sprachlichen Erläuterungen dazu in den drei Bänden von Hunzikers ,, Schweizerhaus“. Denn wir können uns nicht damit begnügen dafs die Volksphantasie in Beziehung auf Ähnlichkeit keine allzu hohen Anforderungen stellt" (Horning S. 151). Meringer bemerkt Idg. Forsch. XVI, 136 ganz richtig: „Es wäre notwendig und sehr verdienstlich wenn jemand einmal in weiterem Umkreis die bildlichen Namen d. h. Benennungen der Sprachen sammelte, damit man doch eine Vorstellung daran gewinnen könnte, was eigentlich möglich und was nicht möglich ist, und über das trostlose Hin

« PrécédentContinuer »