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Negertypus trotz der abweichenden Hautfärbung stets vor, sofern sie nicht überhaupt ganz und gar unvermischte Afrikaner waren. Letztere trifft man verhältnissmässig wenige und die Indianer scheinen völlig ausgestorben zu sein. Es herrscht im Allgemeinen das umgekehrte Verhältniss unter den Mischlingen wie auf Aruba, denn hier tritt der Indianertypus ganz entschieden in den Vordergrund und sieht man kaum einen wirklichen Neger, wogegen sich die Indianer noch in einzelnen Familien unverfälscht erhalten haben.

Von Rincon aus ritten wir zunächst in westlicher Richtung durch die Ebene weiter, welche noch stets denselben Charakter bewahrt, und wandten uns darauf nach Süden bis zum inneren Absturze des oft erwähnten Langen Berges, dessen Beschaffenheit auch immer die gleiche bleibt und zu keinerlei neuen Beobachtungen Anlass gab. Seinen Gehängen folgend begegneten wir indessen etwa halbwegs zwischen Rincon, und Goto einem in prismatischen Säulen abgesonderten Eruptivgesteine, welches mit demjenigen des Brandaris übereinzustimmen scheint, porphyrische Structur besitzt, grau bis braunroth verwittert und wahrscheinlich zu den trachytischen Gesteinen gezählt werden muss. Es ist nicht möglich darüber ohne eingehende Untersuchung etwas Näheres auszusagen, zumal frische Handstücke überhaupt nicht zu erhalten waren.

Während diese eruptiven Bildungen zur Rechten in Form von niedrigen steilen Rücken und kleinen Kuppen längs des Weges uns begleiteten, hatten wir zur Linken, unweit der Fahrstrasse, in der Richtung nach der Küste zu noch stets das tertiaere Kalkgebirge, welches hier ausnahms weise reich mit hellroth berindeten Sattelbäumen besetzt war. Gewöhnt an die kahlen Felsen, welche sonst das Tertiaergebirge kennzeichnen, boten diese immerhin noch sehr lichten Waldungen für mich einen überrasschenden Anblick, wie denn überhaupt der nordwestliche Theil von Bonaire sich durch einen im Vergleich zu Curaçao und Aruba üppigen Pflanzenwuchs auszeichnet.

So gelangten wir nach Goto, dem ausgedehnten Binnenmeere, welches noch vor Kurzem mit dem Oceane verbunden gewesen und erst durch einen gewaltigen Orkan vor wenigen Jahren davon abgeschnitten sein soll, indem derselbe Korallenbruchstücke in grosser Zahl in die offene Mündung hineinwarf und diese so verstopfte. Mir ist diese Erzählung indessen unwahrscheinlich, da der Charakter von Goto gleich demjenigen des Binnenmeeres von Slachtbai und anderer isolirter Becken längs der ganzen Küste ist, welche alle aufs Deutlichste eine in jüngster Zeit erfolgte Hebung der Insel documentiren. Es dürfte hier Manches auf

Rechnung des Orkanes geschrieben sein, an dem derselbe keinerlei Schuld trägt, eine Wahrnehmung, die man bekanntlich häufig bei grossartigen Naturereignissen machen kann.

In landschaftlicher Hinsicht ist Goto von ganz hervorragender Schönheit. Weit greifen seine Grenzen zwischen die Klippen des eruptiven Gesteines ein, und aus seinem trocken gelegten, inneren Theile ragen zahlreiche, kleine Inselchen hervor, bestanden mit Cactus und Dividivi, welche sich wie eben so viele Bouquets aus der Ferne ausnehmen und dem Reisenden stets neue Durchblicke mit immer wechselnden Formen vorführen. Bald schliessen sie die Landschaft in kurzem Abstande bereits ab, bald sieht man die Inselchen coulissenartig die Eine hinter der Anderen hervortreten. Ihr Fuss ist aus rundlich verwitterten Blöcken gebildet, an denen die Wirkungen des Wassers noch deutlich wahrnehmbar sind, obwohl die Klippen jetzt fast beständig trocken liegen, ohne dass aber dieser Umstand ihnen den Charakter von Inseln zu nehmen vermöchte. Denn so eben wie ein Wasserspiegel breitet sich zwischen ihnen die aus feinem, trockenem Schlamme gebildete Bodenfläche aus, über welche auch der Weg nach Slachtbai hinführt, da sie nur äusserst selten in Folge starken Regenfalles überschwemmt wird.

Das jetzige Ufer ist von einer Kruste von Kochsalz eingefasst, der sich in parallelen Streifen weitere Krusten landeinwärts anschliessen, die allmählige Eindampfung des abgeschlossenen Beckens, dem neuer Wasservorrath so selten zugeführt wird, andeutend. Salzkryställchen werfen glitzernd überall vom Boden die Sonnenstrahlen zurück.

Das mannigfaltige Bild erhält noch mehr Abwechselung durch den äusserst verschiedenen Charakter der umgebenden Gebirge, welche sich landeinwärts in sanft geschwungenen Wellenlinien oder als kleine Spitzen, gegenüber mit horizontal abgeschnittenen Gipfeln darstellen.

Kaum hatten wir Goto verlassen, so befanden wir uns nach dem Ueberschreiten von wenigen, niedrigen Hügeln auch schon im innersten Theile des Binnenwassers von Slachtbai, welches denselben Charakter trägt und wiederholt in seinen verschiedenen Ausläufern trockenen Fusses von uns passirt wurde. Die Karte ist hier durchaus unbrauchbar, da weder Form noch Lage der beiden Binnengewässer richtig angegeben ist; ihre inneren Grenzen sind einander weit näher gerückt, als wie jene es angiebt.

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Kurz vor Slachtbai führt der Weg über einen niedrigen Hügel, von dem aus man einen überraschend schönen Blick auf den Brandaris geniesst. Der Berg erscheint hier längs gestreckt und erhebt sich im Norden des Binnenwassers in Form eines abgestutzten Kegels, dessen Seitenwände einen Böschungswinkel von etwa 45° besitzen, und welchem ein zweiter, niedrigerer Gipfel aufgesetzt ist, so dass man beim ersten Hinsehen glauben möchte einen älteren und jüngeren Eruptionskegel vor sich zu haben. Indessen ist diese Aehnlichkeit eine durchaus zufällige. Am niedrigsten ist der abgestutzte Theil im Westen (ich fand für ihn später als rohe Meereshöhe 171 m und für den kleineren Kegel noch 75 m), während er sich nach Osten zu mehr und mehr erhebt und hier etwa 40 m höher sein mag; auch die höchste Spitze liegt diesem Theile des Berges genähert, nicht in seiner Mitte, so dass sich seitlich an ihn gleichsam zwei Flügel von ungleicher Ausdehnung anschliessen, welche unserem Gastherrn auf Slachtbai den Vergleich mit einer Fledermaus in den Mund legten.

Am Fusse des Berges breitet sich ein flaches Hügelland mit dichten Waldungen aus, in denen die zahlreich hervorstehenden, mit Armleuchter ähnelnden Gipfeln versehenen Cacteen die höchsten Bäume bilden. Davor liegt das Binnenmeer, eingefasst von einer niedrigen Terrasse tertiaeren, vielfach zerklüfteten Kalkes, und weiter nach innen von einer dicken Salzkruste, welche den trocken gelegten Theil des Beckens umsäumt. Lange Streifen Schaums werden von dem Passate, der heute wie Sturm daherkommt, über das Wasser gepeitscht.

Die tertiaere Terrasse schliesst auch zu unseren Füssen den See ein

und ist hier wieder mit Aloe bepflanzt, zwischen denen hie und da einzelne Exemplare von Dividivi und Cereus stehen. Der Vordergrund ist somit das Einzige, welches durch den Mangel irgend welcher ansprechender Planzenform die Schönheit des Bildes stört. Freundlich nimmt sich indessen an der Seeseite des Beckens das Haus von Slachtbai aus. Das Gestein, auf welchem wir stehen, ist vermuthlich ein HornblendeAndesit; es zeigt in der verwitterten, grauen Grundmasse zahlreiche dunkle Hornblendekrystalle mit deutlich sechseckigem Umrisse ausgeschieden. Zwischen Goto und Slachtbai hat diese Felsart eine bedeutende Ausdehnung und an der Küste trifft man sie als Liegendes des tertiaeren Kalkes an.

Wir waren froh endlich Slachtbai erreicht zu haben, denn trotz der schönen Natur, durch welche uns der Weg geführt, war uns der Genuss doch sehr wesentlich durch die Strapazen beeinträchtigt worden, welche das Reiten von so völlig unbrauchbaren Thieren mit sich bringt, wie sie Bonaire besitzt. Mein Begleiter, Herr Neervoort v. d. Poll, erfreute sich eines hochbeinigen, isabellfarbigen Pferdes, welches weder durch die gewöhnlichen Mittel der Reitkunst noch durch andere Manoeuvres, die wir inzwischen auf den Inseln gelernt, zu einer auch nur mässig raschen Bewegung zu bringen war. Mein Eselchen war auch ermüdet und so schlichen wir nur äusserst langsam durch die brennende Mittagssonne

vorwärts.

Nach glücklicher Ankunft trafen wir im Hause von Slachtbai auch unsere anderen Reisegenossen wieder, mit denen wir gestern die Nacht auf Fontein zugebracht und welche uns heute im Wagen mit dem Herrn Gravenhorst vorausgeeilt waren. Wir wurden freundlichst vom Eigenthümer der Besitzung, Herrn Dr. Jeserun, empfangen und liessen uns die eiligst hergerichtete Mahlzeit alle vortrefflich munden, um so mehr als am gestrigen Tag Schmalhans bei uns der Küchenmeister gewesen. Auch der Distriktsmeister der Insel, welcher kurz vor Fontein bereits gestern zu uns gestossen und uns darauf durch Herbeischaffung der nothwendigsten Nahrungs- und Transportmittel sehr von Dienst gewesen, befand sich bei der Gesellschaft. Ich machte mit ihm noch einen halbstündigen Ritt zu einem in der Anlage begriffenen Brunnen, in der Hoffnung dort endlich in den Besitz frischer Handstücke von Gesteinen zu kommen, aber leider vergebens, denn die Seitenwände des bereits 6 m tiefen Loches waren noch ganz und gar bis unten hin verwittert.

Jetzt liefen die beiden Pferde, deren wir uns bedienten, fortwährend in gestrecktem Galopp, obwohl sie doch bereits am Morgen einen langen.

Weg zurückgelegt, aber der Distriktsmeister wusste ihrer Müdigkeit eine gleich grosse Hartherzigkeit (um nicht zu sagen Quälerei) entgegenzusetzen und ausserdem hatten sie ja, wie mir mit vielem Nachdrucke bedeutet wurde, inzwischen sogar gefressen. Arme Thiere, deren Loos Hunger und Anstrengung ist! Der Bonairiane füttert seine Thiere nur einigermassen gut, wenn sie arbeiten sollen, sonst müssen sie ihr Dasein unter Entbehrungen fristen; wenn er sie aber mit ein paar Maiskörnern und sehr spärlich zugeinessenem Maisstroh versorgt hat, dann verlangt er für diese aussergewöhnlich gute Behandlung auch eine ganz aussergewöhnliche Leistung von Seiten der Thiere. Der Fremde, dem die hergebrachte Quälerei glücklicherweise nicht geläufig ist, kommt nur langsam mit ihnen vorwärts.

Nachmittags wurde der Brandaris bestiegen, bis zu dessen Fusse man von Slachtbai aus unter geringem Ansteigen auf etwa halbstündigem Wege gelangt. Wir begannen den Aufstieg von NW aus, wo die wenig geneigte Basis des Berges mit langen prismatischen Säulen bedeckt ist, welche meist, aus ihrem Zusammenhange gerissen, sich nicht mehr auf der ursprünglichen Lagerstätte zu befinden scheinen und welche verbunden mit den zahlreichen stachligen Cereus- und Opuntia-Gewächsen sowie mit gleich dornigen Acerineen den Weg ziemlich mühsam machten. Manche der lose daliegenden Säulen war bis zu 4 m lang und hatte Mannsdicke.

Alsbald nahm aber die Neigung des Abhanges zu und trat gleichzeitig der Pflanzenwuchs zurück, so dass die Feinde unseres Fleisches leicht zu vermeiden waren, und einem Thaleinschnitte folgend gelangten wir ohne sonderliche Beschwerden zum unteren, westlichen Gipfel des Berges, welcher oben erwähnt wurde und sich als eine ebene Fläche von ziemlich bedeutender Ausdehnung praesentirte. Nachdem seine Höhe gemessen, machten wir uns an die Ersteigung des letzten, bei Weitem am schwierigsten zu überwindenden Gipfels. Die prismatischen, aber sehr unregelmässig polygonalen Säulen des Gesteins sind oftmals gegliedert und bieten dann treppenförmige Absätze dar, welche das Klettern sehr erleichtern; desgleichen die kugeligen Verwitterungsformen, denen man hie und da begegnet. Wenn die Säulen indessen solcher Einschnitte entbehren und mehr oder minder steil aufgerichtet neben einander stehen, fast Baumstämmen gleichend, so wird das Steigen bei dem wenig entwickelten Pflanzenwuchse ungemein schwierig. Dazu kommt, dass fast alle Gewächse dornig sind und das Festhalten unmöglich machen, während andere morsch in der Hand zerbrechen.

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