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6, also hat er ouch nun einest den tod erlitten, unnd ist nun einest uffgeopfret. Und darumb wo man in der gschrifft findt, Christus tod habe unser sünd hyngenommen, unnd findt darnebend, sin opfferen habe unser sünd hyngenommen, und sin blutvergiessen hab unser sünd hyngenommen, als Col. 1, 22 › so ist es alles samen nun ein meinung, namlich das 5 uns Christus erlößt hat und für unser sünd bezalt, darumb dz er sich für uns in den tod des crützes geopfret und hynggeben hat. nun einest gestorben ist, also ist er nun einest uffgeopfret.

Wie er

Das aber demnach die pfaffheit sich darfür uẞgibt, sy opfre Christum für andre menschen uff, das hatt sy uẞ jr selbs erfunden, one 10 grund des worts gottes. UB welichem zwo treffenliche schmahen gottes und zwen grosse prästen erwachsend. Die erst schmach gottes ist, das

die türe1) und schatz des lydens Christi damit verduncklet wirt. Also Christus, der war got und mensch, ist so tür, hoch und wärd, das sin tod, nun einest uffgeopfret, rych und thür gnůg ist, für aller welt sünd 15 in die ewigheit zů bezalen. Denn er ist ein ewiger got, so ist ouch sin lyden in die ewigheit unabläßlich fruchtbar. Wenn nun die pfaffheit sich für die sünd opfrens ußgibt, so muß es je dahyn langen, das es Christus mit dem einygen lyden nit volkummenlich vollendet hab, oder das es nümmen krefftig sye. Denn so wir gloubend, das er, 20 einist uffgeopfret, uns, das ist die gleubigen, in die ewigkeit erlößt und bezalt habe, so můß je ein schmach sin, welcher das widrumb understat, glych als obs vor nit ußgemacht sye. Die ander schmach und grüwen ist, dz nieman ützid höhers mag uffopferen weder sich selbs; welchs opfren Paulus Ro. 12,, lert: Ich bitt üch, lieben brüder, durch die 25 barmhertzigheit gottes, das jr üwere lychnam embietend zů eim lebendigen opffer, zů einem heligen opffer, zů eim gotsgevelligen opffer, und das üwer dienst uß der vernunfft und gmüt kömme. Sich, dz ist das höchste opffer, das der mentsch uffopfren mag, sich selbs. Wenn er sich nun undernimpt got uffzeopffern, so schmächt er jnn, denn er macht 30 sich so groß, als ob er jnn uffopfren mög; und hat aber Christum nieman mögen uffopfren weder er sich selbs. Denn wie das opffer müßt rein sin, also můßt ouch der pfaff rein sin. So wir nun gheinen pfaffen in allem menschlichen gschlecht habend, der one sünd sye, weder den eynigen Christum, so mag ouch jnn nieman uffopfren weder er sich selbs. Und 35 darumb, welicher sich für ein opfferer ußgibt, der nimpt Christo sin eer, unnd gibt sy jm selbs; ist ein unlydenlicher grüwen.

Die zwen presten sind die. Der erst ist, das die irrig meinung des opfrens alle laster getröst und gepflanztet hat. Dann alle röuber, wuchrer, verräter, blutvergiesser, eebrecher habend vermeint, so sy für 40 ire miẞtat lassind meßhalten, so werde ir sach richtig. Und mag nit anders sin, denn das sy daruff gesündet habend. Das sicht man an iren pfrundenstyfften und meßverdingen wol, die sy nit styfftind, wenn es nit ir letste zůflucht were: so lieb hand sy das gut wol. Der ander prest ist, das man mit der mess so gros zytlich gut hat zemen geleit, 45 und es umb das erdicht opfer genomen. Unnd ob sy glich ein opfer xin, were es dennocht ein grüwen, gelt und lon der zytlichen gütteren darumb nemen. Noch ist es nit gnůg xin: man hat mit den güteren

1) türe, von teuer = der Wert.

erst ouch gemütwillet, unnd den armen gar verschlagen 1), das inen vor allen ghört, dann man den merteil aller almusen dahin gewennt hatt.

Zů sölchem fürnemen hat man getruckt, wie man hatt gmögen. Zum 5 ersten hand sy das iro niessen ein meß genempt, das ist als vil als ein opfer oder ein gesandtes opfer, das es aber nit sin mag, wie obstat. Denn Christus hat es nun einist und einen weg yngesetzt, und hat es nit ein opfer oder meß sunder ein Testament und widergedächtnus genent; darumb dem fronlichnam und blût Christi diser nam unbillich ist 10 ufgelegt. Man hat ouch darnach die einen gstalt, des blütes, abgeschnitten, das man sy dem gemeinen mentschen nit gegeben hat, die doch Christus hat yngesetzt, als ze besorgen ist, allein darumb, das man das ein für ein opfer hette und das ander nit; mit vil andren ceremonien, kleiden, crützen und seltzamen meinungen.

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Damit aber mencklichem offenbar werde, wie doch Christus dise spyB der seel habe yngesetzet, so sol man die wort Christi die Mat. am 26, ff., Mar. 14, ff., Lu. 22, ff., eigenlich besehen und dem volck zeverston geben. Dieselben werdend darnach vil clärer us den worten Pauli 1. Cor. 11, 23 ff., welche wir ouch hie für uns nemen wellend. 20 Ich hab es üch anggeben, das ich von got genomen oder glernet hab; namlich, das der herr Jesus der nacht, an dero er hinggeben ward, das brot genomen hatt, und nachdem er danck gseit, hat ers gebrochen und geredt: Nemend, essend, das ist min lychnam, der für üch gebrochen wirt. Dz tůnd zů gedächtnuß min. Dis sind die wort des 25 fronlychnams. Hie sehend wir zum ersten, das Christus spricht: der lychnam, der für üch gebrochen wirt; dz ist: wie ich üch ietz dz brot fürbrich, also wird ich verhergt 2) und getödt für üch. Darnach spricht er: das thund zů gedächtnus min. Sich, er nempt es selbs ein gedächtnuß, und des mals, do er es selbs ynsatzt; daran wir sehend, das 30 Christus selbs nit geopfret hatt nach dem nachttmal, do er den jungeren sin fleisch und blut geben hatt, sunder erst morn des, do er am Crütz starb. Unnd sol aber sin fleisch und blut zu einer widergedächttnus deß geschehen, das er geton hat, wie harnach kummen wirt. Jetz volgend die wort des blutes: Derglychen ouch dz Trinckgschirr nach dem nachtmal, 35 sprechende: Das trinckgschirr, das nüw testament, ist in minem blute. tund, so offt ir es immer trinckind, zú gedächtnus min. Dann so offt jr essen werdend das brot und das trinkgschirr trincken, so verkündend den tod des herren, biß das er kummen wirdt. Dis sind die wort des blutes Christi. Jn welchen wir zum ersten verstan söllend, das dis wort trinckgschirr, 40 für das wort tranck hie wirt genomen. Darnach nempt er das tranck das nüw testament, das ist, den nüwen pundt und gmecht"). Denn Christus hatt uns, wie obstat, mit sinem blutvergiessen widrumb mit sinem himelischen vatter gefridet, und ein ewigen pundt gemacht durch inn zu got ze kumen. Und so wir die eigenschafft des testaments be45 sehend, so ist ein gmächt erst denn ufgericht, wenn der gstirbt. der es geordnet hat. Also ist das testament Christi erst am crütz in sinem tod uffgericht. Als wenig nun ein mentsch sölch testament mag ufrichten, als Christus hat ufgericht, als wenig mag er ufopfren. Aber wol mag er

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widergedencken, wz Christus geton hat. Und so er sich in sin lyden und erlösen verlasst, wirt er heil. Des hat er uns ein gwüß sichtbar zeichen gelassen sines fleischs und blutes, und heißt die bede essen und trincken zů gedächtnus sin. Und wie die gedechtnus sölle verhandlet werden, truckt Paulus hie eigenlich us und spricht: Denn so 5 offt ir dz brot essen werdend und das dranck trincken, söllend ir den tod des herren verkünden. Also erlernend wir, das diß Sacraments eelicher 1) bruch also beschehen sol: Man sol, so offt es der kilchhöre gevalt jm jar, verkünden unnd predigen das lyden und tod Christi, da erzellen, was es uns gûtes und frydens gebracht hat, und zů vestigung 10. deß mit dem lychnam und blut Christi alle gleubigen, die des begerend, spysen. Diß ist kurtzlich der einvaltig handel und meinung Christi. So wir nun sehend, das die Meß gheinen besundren insatz hat, sunder von den menschen für ein opffer angesehen (dann diß Sacrament nüt anders ist, weder das niessen des lychnams und bluts Christi), so 15 sollend alle menschen daran sin, das sölicher mißbruch, da sich einer für den andren uffzeopfren fürgibt, hingelegt werd; doch mit sölichem ernst und fügen ), das nit uffrůren darumb beschehind, denn man gút weg findt sy hynzelegen. Darumb söllend die predgenden die gemeinen Meßpfaffen allenthalb entschuldigen. Denn dise jrtumb nit von jnen 20 entsprungen ist, so söllend sy ouch des nitt entgelten. Söllend ouch alle mentschen ermanen, das sy die jm fryden wellind lassen hynkummen, wie sy harkummen sind: denn der meerteyl dero sind versumpt, das sy zú der arbeit nümmen gezogen mögend werden. Unnd sol ghein Christ von der spy wegen das werck gottes entledigen. Ro. 14, Wo aber 25 etlich daby sich so gar ungebürlich halten wurdind mit widerbefftzen 3) one grund des gotsworts, sol aber nieman besunderlich wider sy handlen, sunder die einer obergheit verlassen; die wirt wol mit jnen handlen, das gschickt ist. Denn kurtz, so der allmechtig Got sin wort offnet, so muß der mentsch sehen, das er jm nachkumme, oder er wirt 30 den zorn gottes up sich laden.

Beschluß.

Und so das, wie vorstat, von üch, als jr schuldig sind, und wir von üch erforderend, volstreckt: so habend wir zu got gwüsse hoffnung, er werde sin wort fruchtbaren, und sin eer mit unser besserung und 35 frydlichem leben meren. Das geb uns Got durch Jesum Christum, unsern erlöser und behalter. Amen. Datum uff den 17. tag Novembris. Anno 1523.

1) eelich= rechtmässig. 2) fugen

Mass, Mässigung. 3) befftzen

= bellen.

3.

Die Berner Thesen von 1528.

Uber dise nachvolgend Schlußreden, wellend wir Franciscus Kolb, unnd Bertoldus Haller, beid Predicanten zů Bernn, 5 sampt andren, die das Evangelium verjechend 1), einem yeden, mit Gott, antwurt und bericht geben, uẞ heyliger Biblischer geschrifft, Nüws und Alts Testaments, uff angesetztem tag zů Bernn, Sonnentag nach Circumcisionis, im jar. 1523.

I. Die heylig Christenlich Kilch, deren eynig houpt Christus, ist uß 10 dem wort Gotts geborn, im selben belybt) sy, und hört nit die stimm eines frömbden.

II. Die Kilch Christi machet nit gsatz unnd bott 3), on Gottes wort. Deßhalb all menschen satzungen, so man nempt der Kilchen bott, uns nit wyter bindend, dann sy in Göttlichem wort gegründt und 15 botten sind.

III. Christus ist unser eynige wyßheyt, gerechtigkeyt, erlösung und bezalung für aller wellt sünd. Deßhalb ein andern verdienst der seligkeit, und gnůg thůn, für die sünd bekennen, ist Christum verleugnen. IV. Das der lyb und das blut Christi wäsenlich und lyblich in dem 20 brot der Dancksagung empfangen werde, mag mitt Biblischer geschrifft nit bybracht werden.

V. Die Mäß, yetz im bruch, darinn man Christum Gott dem vatter für die sünd der läbendigen unnd todten uffopffere, ist der geschrifft widrig, dem aller heyligosten opffer, lyden und sterben Christi 25 ein lesterung, unnd umb der mißbrüchen willen, ein grüwel vor Gott.

VI. Wie Christus ist allein für uns gestorben, also sol er ein eyniger mittler unnd fürsprech, zwüschen Gott und dem vatter, und uns glöubigen, angerüfft werden. Deßhalb all ander mittler und fürsprechen ußerthalb disem zyt 4) anzerüffen, von uns on grund der geschrifft uff30 geworffen.

VII. Das nach disem zyt dhein 5) Fägfhür in der gschrifft erfunden wirt. Deßhalb all todten dienst, als Vigill, Seelmäß, Seelgrät "),

=

1) verjehen bekennen. 2) belyben bleiben, verharren. ) bott Gebot. 4) Lat. extra hanc vitam existentes. 5) dhein kein. 6) Seelgerät was man zum Heil der Seele einer geistlichen Anstalt für Seelenmessen u. dgl. vermacht.

Sibend 1), TryBgost), Jarzyt, amplen, kertzen, und derglychen, vergeblich sind.

VIII. Bilder machen zů vererung, ist wider Gottes wort, Nüws und Alts Testaments. Deßhalb wo sy in gefar der vererung fürgestellt, abzethûnd syend.

IX. Die heylig Ee ist keinem stand verbotten in der geschrifft, sunder 3) hůry und unküscheyt zevermyden allen stenden botten.

X. Diewyl ein offenlicher hůrer nach der geschrifft im waren bann, so volget, das unküscheyt unnd hůry der ergernuß halb keinem stannd schädlicher, dann priesterlichen.

Alles Gott und sinem heiligen wort zů eren.

4.

Die Lehrartikel des Berner Synodus von 1532.

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Handlung des Synodi

oder Christenlichen versamlung, so am 9. Tag Januarij angefangen, und 15 am 14. Tag hienach syn end genomen hat, in disem gegenwürtigen 32. Jar. Daby 230 personen, alle predicanten und verkünder deß wort gottes, in Stat und landtschafft zu Bern gewesen synd.

Vom bevelch unnd gewalt der zytlichen Oberkeyt,

den Gotts dienst belangend, sampt einer ermanung an ein lobliche herr- 20 schafft Bern.

Es ist nit wol moglichen, by gemeinen Pfarrern und dienern deß worts deß ewigen Gottes, Gnedigen lieben herrn, ettwas fruchtbars mit usserlichen ordnungen anzefachen und zuerhalten, on einer zytlichen Oberkeit zůthůn unnd fürderung. Also gar ist das menschlich gemüt 25 zerrissen, und zů eygnem erdichten fürnemen verkert, beyde by den priestern, unnd dem gemeinen volck, von wegen das noch so gar wenig geysts und krafft gottes in unsern hertzen ist. Nun gezimpt der Oberkeyt, die ein Christenlich regiment und Gottselige herrschaft syn wöl,

der

1) Sibend = der siebente Tag nach der Beerdigung eines Verstorbenen, an dem der zweite Seelengottesdienst für ihn gehalten wurde. 2) Tryszgost dreissigste, der Tag des letzten Seelengottesdienstes. 3) sunder = vielmehr.

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