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Notizen.

Das Kaiserliche Deutschland. Eine kritische Studie von Thatsachen und Charakteren von Sidney Whitman. Autorisirte Uebersetzung von O. Th. Alexander. Berlin, Carl Ulrich & Co. 245 S.

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Wir haben dieses Buch bereits beiläufig in der vorigen „Politischen Correspondenz" erwähnt, können jedoch nicht unterlassen, noch einmal besonders darauf aufmerksam zu machen. Es ist ja weiter nicht unnatürlich, daß man Jemand willkommen heißt, der uns selbst mit Lob und Anerkennung wahrhaft überschüttet, aber nicht nur auf diese schmeichelhafte Seite des Portraits wollen wir hinweisen, sondern ganz besonders auf die weniger erfreuliche, die vielleicht mit noch mehr Wahrheit getroffen ist, als jene. Die Mängel unserer Aristokratie, unserer Gesellschaft", in Gewerbe und Handel, in der Stellung der Frauen, der deutsche Philister" werden meisterhaft gezeichnet. Sehr gut im Vergleich mit der englischen kommt die deutsche Presse weg. Daß man eine oder die andere Thatsache zu berichtigen, gegen dieser oder jene Behauptung zu protestiren hat, ist natürlich, aber sehr selten. Der Verfasser hat offenbar lange selbst in Deutschlaud gelebt und mit der ruhigen Sicherheit eines vornehmen und wahrhaft gebildeten Mannes beobachtet. Für jede Einzelbeobachtung hat er den allgemeinen Gesichtspunkt gefunden, Regel und Ausnahme zu unterscheiden verstanden. Ich kenne Nichts, was ich als völkerpsychologische Studie höher stellen möchte. Die Lectüre jedes Saßes ist ein geistiger Genuß.

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D.

Ueber Kriegführung zur See. Eine strategische Studie an der Hand der englischen Flotten- Manöver im Jahr 1888 von Stenzel, Capitän zur See a. D. Berlin, Wiegandt und Grieben. 80 S.

Diese Studie hat keineswegs nur für Officiere der Marine und Armee, sondern für die weitesten Kreise Interesse. Vortrefflich geschrieben, in anschaulicher Weise wird an dem concreten Beispiel des englischen Manövers das Wesen des modernen Seekrieges entwickelt. Die Frage, welche den eigentlichen Mittelpunkt des Seekrieg - Problems bildet, nämlich die Leistungsfähigkeit der Torpedos im Verhältniß zu der der Panzerschiffe, wird allerdings nicht gelöst

und verständigerweise eine solche Lösung auch garnicht versucht, da nur die wirkliche Kriegs- Praxis sie einst zu geben vermag - aber eine andere kaum minder wichtige Seite des Seekrieges tritt in ein helles und für Viele wohl überraschendes Licht. Es ist das Absterben der Pariser Declaration vom Jahre 1856 betreffend die Schonung des Privat-Eigenthums zur See und an der See. Es ist in diesen Jahrbüchern im Jahre 1885 (Bd. 55 und 56) vom ViceAdmiral Batsch schon berichtet worden über die Schriften des französischen Admirals Aube, der trotz der internationalen völkerrechtlichen Satzung die alten Grundsätze des Piraten-Kriegs mit Kaperei und Küsten-Brandschaßung wieder in Anwendung zu bringen empfahl. Damals richtete die englische Regierung an die französische eine diplomatische Anfrage, wie sie zu der Frage stehe und Aube wurde von seiner Regierung desavouirt. Jezt hat in dem englischen Manöver die englische Admiralität selber die Aube'schen Ideen zum Princip erhoben und weder die französische Regierung noch sonst eine hat deshalb eine Anfrage an die englische gerichtet. Damit ist die Pariser Declaration, ohne je in einem großen Seekrieg practisch geworden zu sein, zum alten Eisen geworfen. D.

Von neuen Erscheinungen, die der Redaction zur Besprechung zugegangen, verzeichnen wir:

Bericht über die Verhandlungen wider die Sklaverei der Volksversammlung im
Gürzenich zu Köln am 27. Oktober 1888. Düsseldorf, Bagel.
Boruhak. Preußisches Staatsrecht von Conrad Bornhak.

J. C. B. Mohr.

2. Bd. Freiburg,

Brentano. Vom Ursprung sittlicher Erkenntniß von Franz Brentano. Leipzig, Duncker und Humblot.

Cohen. Die Nächstenliebe im Talmud von Dr. Herm. Cohen. Marburg, 1888, Elwert.

Dalton. Zur Gewissensfreiheit in Rußland. Offenes Sendschreiben an Konstantin Pobedonoszeff von Herm. Dalton. Leipzig, Duncker u. Humblot.

Dickel. Ueber das neue bürgerliche Gesetzbuch für Montenegro und die Bedeutung seiner Grundsätze im Allgemeinen von Dr. Karl Dickel. Marburg, Osc. Ehrhardt. Dieckmann. Heinrich IV., seine Persönlichkeit und Regierungsweise von Dr. Friedr. Dieckmann. Wiesbaden, J. Bossong.

Dreher. Natur- und Kunstgenuß. Vortrag von Dr. Eugen Dreher. Halle, C. F. M. Pfeffer.

Felir. Die französische Revolution von G. Felir. Leipzig, O. Spamer.

Gopčević. Makedonien und Alt-Serbien von Spiridon Gopčević. Wien, C. W. Seidel.

Gothein. Die Aufgaben der Kulturgeschichte von Eberhard Gothein. Leipzig, Duncker und Humblot.

Frenäus. Die christlichen Feste. Gespräche aus der Gegenwart her. von Frenäus. 2. Abdr. Berlin, H. Reuther.

Jahresbericht der Handels- und Gewerbekammer zu Chemnitz 1888. Chemnitz, Ed. Fode.

Jahresbericht der Handelskammer zu Köln für 1888. Köln, M. Du MontSchauberg.

Kirchner. Ueber den Zufall. Vortrag von Lic. Dr. Friedr. Kirchner. Halle, C. E. M. Stricker.

Kulemann. Das Gesetz betr. die Invaliditäts- und Altersversicherung in allgemein verständlicher Form dargestellt von W. Kulemann. Berlin, C. Heymann.

Leonhard. Roms Vergangenheit und Deutschlands Recht. Ein Ueberblick über d. Gesch. d. röm. Staates in ihrem Zusammenhang mit d. gegenw. Rechtsleben v. Rud. Leonhard. Leipzig, Veit.

Locella. Zur Deutschen Dante-Litteratur von Bar. G. Locella. Leipzig, Teubner. Merbot. Forschungsweisen der Geisteswissenschaften. 1. Beitr.: Forschungsweisen

d. Litteraturwissenschaft von Dr. Reinh. Merbot. Frankfurt a./M., Koeniger. Miaskowski. Agrarpolitische Zeit- und Streitfragen von Aug. v. Miaskowski. Leipzig, Duncker u. Humblot.

Politische Correspondenz Friedrichs des Großen. 17. Band. Berlin, Alex. Duncker. Polle. Wie denkt das Volk über die Sprache. Gemeinverständliche Beiträge von Dr. Friedr. Polle. Leipzig, Teubner.

Post. Musterstätten persönlicher Fürsorge von Arbeitgebern für ihre Geschäftsange= hörigen von Jul. Post. Bd. 1. Berlin, R. Oppenheim.

Rafael. Gedichte von L. Rafael. Mit Einleitung v. Felix Dahn. Leipzig, 1888, Breitkopf u. Härtel.

Ramaix. La réforme sociale et économique en Europe et dans les États-Unis de l'Amérique du Nord. La législation du travail en Belgique par M. de Ramaix.

Bruxelles, Imprimerie des Travaux publics. Thummel. Offener Brief an den Herrn Erzbischof Kremenz von Köln von Pfarrer Thummel in Remscheid. Barmen, D. B. Wiemann.

Weberweg. Die Welt und Lebensanschauung Friedr. Ueberwegs in seinen ge= sammelten Abhandlungen. Her. v. Moriz Brasch. Leipzig, Gust. Engel. Wagener. Der Niedergang Napoleons III. von Herm. Wagener. Berlin, George und Fiedler.

Welzhofer. Geschichte des Griechischen Volkes bis zur Zeit Solons von Heinr. Welzhofer. Gotha, Perthes.

Wolf. Internationale Sozialpolitik. Vortrag von Prof. Jul. Wolf. Zürich, Cäs. Schmidt.

Zimmermann. Versuch einer Schillerschen Aesthetik von Gustav Zimmermann. Leipzig, Teubner.

Zöller. Der Gottesbegriff in der neueren schwedischen Philosophie von Egon Zöller. Halle, C. E. M. Pfeffer.

Verantwortlicher Redacteur: Profeffor Dr. H. Delbrück Berlin W. Link-Straße 42.

Druck und Verlag von Georg Reimer in Berlin.

J. v. Kirchmann's Philosophische Bibliothek.

Von

Adolf Lasson.

Philosophische Bibliothek oder Sammlung der Hauptwerke der Philosophie alter und neuer Zeit. Unter Mitwirkung namhafter Gelehrten herausgegeben, beziehungsweise überseßt, erläutert und mit Lebensbeschreibungen versehen von J. H. v. Kirchmann. Heidelberg. Verlag von Georg Weiß.

Es scheint mir nicht unangemessen, an dieser mir freundlichst gewährten Stelle einige Worte über J. v. Kirchmann's Philosophische Bibliothek zu sprechen. Noch vor nicht langer Zeit sind mir neue Hefte oder genauer neue Ausgaben älterer Hefte des Unternehmens zu Gefichte gekommen, das schon im Jahre 1883 bis zum 313. Hefte gedichen war. Offenbar also pulsirt noch Leben darin; es wäre zu wünschen, daß es nicht langsam verlöschte, sondern durch verstärkte Theilnahme weiterer Kreise des deutschen Publikums einen neuen Aufschwung und die Kraft zu beschleunigtem ferneren Wachsthum gewönne. Denn das Unternehmen an sich ist nüßlich und ersprießlich und jeder Theilnahme werth.

Es ist das unzweifelhafte Vorrecht der Philosophie, wie man auch sonst über ihre Rolle in dem Entwicklungsgange der menschlichen Kultur urtheilen möge, daß ihre bedeutendsten Hervorbringungen ein immer frisches und gegenwärtiges Interesse für alle Zeiten behaupten und Kenntniß von ihnen zu haben zu den allgemeinsten Kennzeichen höherer Geistesbildung gehört. Unter allen litterarischen Hervorbringungen. theilt die Philosophie diesen Vorzug nur noch mit den Werken der Dichtkunst und mit den Erzeugnissen der historischen Muse; alles was rein oder überwiegend eine fachwissenschaftliche Bedeutung hat, und sei es sonst noch so hoch anzuschlagen wegen der Umwälzungen, die es in den Anschauungen der Menschen hervorgebracht hat, oder wegen der Höhe geistiger Kraft, die bei seiner Erzeugung thätig war, nimmt mit der Zeit, und oft schon nach sehr kurzer Zeit, unabänderlich den Charakter eines bloß für den Historiker des Faches bedeutsamen Faktums

Preußische Jahrbücher. Bd. LXIV. Heft 3.

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