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Unsere Aufgaben gegenüber dem Judenthum.

Ein Rückblick auf den Antisemitismus.

Von

Robert Heffen.

Es sind elf Jahre verflossen, seit die Judenfrage dem deutschen Volk wieder einmal ins Blut trat. Im engen Anschluß an gewisse wirthschaftliche Uebelstände von wenigen Schärferblickenden aufgeworfen, fand sie diesmal ihre Beantwortung durch das neuerwachende Nationalgefühl der Deutschen, die ein fremdes Element in ihrem Dasein, wie einen Stachel in ihrem Fleisch, zu spüren begannen. Einer entfesselten Naturkraft ähnlich, suchte und fand die antijüdische Bewegung dann ihren Eingang in die weitesten Kreise, und es tritt nunmehr die Aufgabe an uns heran, das Feld zu beschreiten, das dieser Strom bespült hat, und zu erörtern, was fortan zu geschehen habe.

Diese Aufgabe wird außerordentlich erschwert von zwei Seiten. Einmal von denen, die, während sie unaufhörlich das Unmögliche verlangen, doch niemals auf den Gedanken kommen, daß man den Juden gegenüber auch Pflichten habe. Sie erblicken im Antisemitismus weniger eine traurige Nothwendigkeit, als einen Sport, und nach Art jener Leute, die den Krieg nicht um der Sache willen treiben, sondern „wegen des wilden und zügellosen Lebens, das leider damit verbunden ist“, möchten sie eine Bewegung verewigen, die sie so angenehm beschäftigt.

Auf der anderen Seite stehen die Gegner jeglicher Diskuffion. Ihr Ziel ist nicht, die Judenfrage zu lösen oder auch nur zu fördern, sondern vielmehr sie zu unterdrücken, sie von der Tagesordnung abzusezen und wieder latent zu machen. Sie haben sich zu diesem Behuf einen „Antisemiten" zurechtgebaut, welcher mit allen Eigenschaften menschlicher Abscheulichkeit, insbesondere mit Habgier, Roheit, Intoleranz

und Neid ausgestattet ist. Jeder Einzelne, der das bloße Vorhandensein einer Judenfrage nicht von vornherein als kulturwidrig und barbarisch erklärt, wird sofort mit dem Antisemitenstempel versehen und erliegt als solcher der allgemeinen Verachtung. Dieses energisch geübte Verfahren ist insoweit von Erfolg gekrönt gewesen, als viele und selbst ganz aufrichtige Leute, jede einschlägige Auseinandersetzung mit den Worten glauben einleiten zu müssen, daß sie keine Antisemiten" oder doch keine „im landläufigen Sinne“ seien.

Allein hieran nicht genug, die Gegner jeder Diskussion haben sich auch einen Juden zurechtgemacht. Dies ist nun nicht etwa derselbe, der durch das letzte Jahrzehnt hin mit solcher Erbitterung an= gegriffen worden ist, nicht der Sprößling einer unglücklichen, durch ungesunde Ucberlieferungen, Verfolgung und Unterdrückung gleich sehr geschädigten Rasse, sondern dies ist der bereits durch Wohlstand gehobene, an dem Feuer unserer eigenen Kultur geläuterte, unsere Muttersprache nicht entstellende, sondern thatsächlich sprechende, arbeitsame und gebildete, israelitische Mitbürger, wie er schon vielfach anzutreffen ist. Jeder von uns kennt ihrer, die man in ihrem Thun und Treiben, in der Art sich zu geben und zu äußern, schon für Deutsche halten könnte, und die nur in ganz intimen Augenblicken ihre Herkunft dem Eingeweihten verrathen. Es liegt auf der Hand, daß der oben. geschilderte „Antisemit" gerade im Kampfe gegen diese verschwindende Minderheit, die regelmäßig vorgeschoben wird, um das übrige Judenthum zu decken, doppelt abscheulich ist.

Noch auf lange hinaus wird diese Schiebung im Schwange bleiben, denn Selbstkritik ist die schwächste Seite des Judenthums. Der Jude ist von äußerster Weichheit gegen sich, leicht verletzbar, sentimental und wehleidig. Der ganze Antisemitismus regt ihn auf, er stachelt seine Empfindlichkeit so sehr, daß er das Insichgehen ganz darüber vergißt. Sehr viel näher, als den Antisemitismus zu entwaffnen, liegt es ihm, sich an ihm zu rächen. Lieber als sich ändern, möcht er die großen Machthaber für sich gewinnen, um seine Angreifer von oben her zu erdrücken.

Die beste Antwort hierauf ist eine desto kühlere Behandlung der Angelegenheit von unserer Seite, und so soll im Gegensatz zu denen, die unaufhörlich Gewalt predigen, ein Verweilen bei den anfechtbaren Eigenschaften des Judenthums hier möglichst vermieden werden und in erster Linie von unseren eigenen Pflichten und Aufgaben die Rede sein.

Unmöglich kann es zu diesen Aufgaben gehören, die Judenfrage der ganzen Welt zu lösen. Irgendwelche noch so menschlichen und edeln

Rücksichten auf das Judenthum an sich stehen für die deutsche Volkswirthschaft und Politik in letter Linie. Für uns handelt es sich lediglich um die deutschen Juden, und zwar im Hinblick auf das große Ziel: die in unserem Gemeinwesen vorhandenen Kräfte nicht etwa auszustoßen, sondern nutzbar zu machen, und damit sie nußbar werden, in zweckmäßiger Weise heranzuziehen.

Es ist erfreulich, daß die Zahl derer abnimmt, welche die Ersprießlichkeit der Verwerthung jüdischer Kräfte für die deutsche Kultur überhaupt leugnen. Die weitgehenden Beschlüsse, welche von dem diesjährigen Antisemitentag in Bochum gefaßt wurden und einen bereits Jahrzehnte währenden historischen Prozeß rückgängig machen wollen, werden in maßgebenden Kreisen und vom besonnenen Theil unseres Volkes nicht mehr ernsthaft genommen. Der Beweis, daß eine Bildung und ein Fruchtbarwerden jüdischen Geistes im deutschen Sinne möglich, ist durch hunderte von Einzelbeispielen längst erbracht worden, und die Forderung, das in uns eingefilzte jüdische Element gewaltsam wieder herauszulösen, wird am heftigsten doch wohl von denen erhoben, die von der Möglichkeit ihres Verlangens keine Vorstellung haben, im Uebrigen aber sich Anstrengungen am eigenen Leib ersparen und das Recht vollster Schläfrigkeit für die Zukunft sichern möchten. Ist es vornehm, die Mittel, denen die Mehrzahl der Juden ihr Emporkommen verdankt, als verwerflich zu brandmarken, so ist es doch seig und unklug, ihnen zuerst zu weichen, um nachträglich Himmel und Hölle anzurufen. Ja der Deutsche, welcher die jüdische Begabung, den eigenen Vortheil wahrzunehmen, von der Höhe seiner Philosophie und seines Christenthums durch lange Jahrzehnte verachtet hat, ist von seinen Juden nicht mit Unrecht darüber belehrt worden, daß den Lurus einer so überaus edeln Lebensanschauung sich vielleicht ein unverantwortlicher Einzelner ge= statten darf, aber niemals ein ganzes Volk, welches einen Staat aufrecht zu erhalten hat und seinen Kulturidealen Geltung verschaffen will. Unter den Füßen anderer Leute bringt man keine Kulturideale mehr zur Geltung.

Prüfen wir nun, bevor wir in das eigentliche Thema eintreten, zunächst die Position, die wir dem Judenthum gegenüber einnehmen. Dieselbe hat sich in kaum gehoffter Weise geändert, seit vor drei Jahren unsere Ostgrenze für die Einwanderung geschlossen wurde. Bis dahin war unser Judenthum ein fluftuirendes Element, das sich, einer endlosen Schlange gleich, durch unsere Finger ringelte. Für diejenigen, die im Westen mit reichen Kapitalien das Weite suchten, rückten ebensoviele Zuwanderer aus dem Osten wieder nach, um den Ausmauferungs

prozeß erst zu beginnen. Wer die Straßen von Amsterdam und Chicago durchschritten und die Firmenschilder betrachtet, wer im New Yorker Adreßbuch 14 enggedruckte Seiten allein mit Levi's und Levy's und 9 Seiten mit Cohn's und Cohen's gefunden hat, wer da weiß, daß fast alle diese nicht bloß deutschredende Juden sind, sondern überwiegend gerad aus Deutschland stammen, der wird die 570 000, die wir bis 1886 im Lande zählten, für eine ganz problematische Zahl ansehen. Soviel betrug nur der feste Stamm, die Besatzung unserer Heimath. Erst seit jener Verordnung hat es thatsächlich einigen Sinn zu sagen, daß wir 1'/, Proz. jüdischer Bevölkerung in Deutschland hätten. Erst jezt haben wir das Zudenthum in festen Händen. Die unaufhörliche Ansteckung desselben durch die Nachzügler, die frisch aus dem polnischen Brodem mit ihrem mauschelnden Deutsch, mit ihren Augenkrankheiten, ihrer ganzen körperlichen Verkümmerung, ihrer Starrgläubigkeit, ihrem gierigen, ungezähmten und ungeläuterten Erwerbstrieb zu uns herüberkamen, diese Ansteckung hat aufgehört. Die Einwirkung unserer deutschen Kultur auf das jüdische Element wird nicht mehr in dem Maße wie früher gelähmt und rückgängig gemacht werden.

Auch eines weiteren ist unsere Gesetzgebung während der letzten 11 Jahre dem Judenthum auf Schritt und Tritt ungünstig gewesen. Die Partei, mit welcher die Juden innig verquickt sind, hat die größten Einbußen erlitten. Die 1878 eingeleitete Zollpolitik schlug dem Schoßkind des Judenthums, dem Freihandel, eine tödtliche Wunde, um die verhaßte nationale Wirthschaft einzuleiten. Die soziale Gesetzgebung schnitt bis auf Weiteres die Möglichkeit ab, die gesammte Arbeiterwelt in den Dienst der Demokratie zu stellen, die dem Judenthum am ehesten. und weitesten Spielraum giebt. Jeder Schritt zur Kräftigung der Zentralgewalt wie die kaiserlichen Botschaften, die Gesetze, die unsere nationale Vertheidigung sicherten, und ganz besonders die Maßregeln, die zum Schutz unseres Bodenbaues, zu seiner Fortführung in den überlieferten Formen mit möglichster Erhaltung der zeitigen Besizer hinwirkten, fie alle bedeuten ebensoviel Niederlagen für das Judenthum, soweit es sich von unseren Interessen abkehrt, sie alle zwingen den deutschen Juden, gewisse großjüdische Träume aufzugeben, sich mit dem deutschen Leben zu bescheiden und vielleicht zu befreunden. Das geht soweit, daß unsere gesammte Entwickelung während der letzten 11 Jahre der spezifisch jüdischen Preffe als eine Phase steter Reaktion, als eine traurige Periode des Niedergangs erscheint, in welcher nur die Hoffnung auf kommende, bessere Tage das Leben erträglich machen könne.

Was die Armee anlangt, so ist der Einfluß des Judenthums in ihr und auf sie der denkbar niedrigste. Es giebt keine jüdischen Linienoffiziere und, soweit bekannt, nur einen einzigen Juden in der preußischen Verwaltung. Die überall sonst hervortretende Neigung des Judenthums zum Plusmachen und Betheilen, zur Begönnerung und Bestechung, die in gewissen Nachbarstaaten das Wesentlichste beigetragen hat, um Lieferungswesen und Verwaltung zu einem Siebe zu machen, unter welchem hohle Hände den Segen auffangen, diese Neigung hat an der preußischen Armee und Bürokratie kein Betriebsfeld gefunden.

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In der deutschen Schule hat der Jude ebenfalls keine Stätte und von einer Einwirkung auf unsere Jugend in jüdischem Sinne kann gar keine Rede sein.

Was unseren Richterstand anlangt, so wurde zwar um die Mitte dieses Jahrzehntes die Warnung laut: il y a des Juifs à Berlin!" und in der That würde ein Ueberwuchern der Juden im deutschen Richterstand eine unabsehbare Gefahr für uns bedeuten. Indessen auch hier sind die Besorgnisse sehr übertrieben. Auf etwa 4300 preußische Richter werden 200 jüdische kommen, und die Gerechtigkeit erfor= dert es einzugestehen, daß die Fälle, wo jüdische Richter durch ihre Entscheidungen das Mißtrauen des Publikums wachriefen, ganz vereinzelt geblieben sind. Zwar rührt der geringe Prozentsatz jüdischer Richter mit daher, daß den Juden erst seit 1869 die juristische Laufbahn offensteht, daß das niedrige Gehalt ihnen nicht lockend genug ist und ihre ganze Veranlagung fie von vornherein zum Rechtsanwaltstand hinzieht. Indessen wär es auch der Gipfel der Unklugheit, wenn gerade jüdische Richter die Hauptentschuldigung hinfällig machten, die bis dahin dem Judenthum gegen alle Angriffe zu Gebote stand, daß ihm nämlich die sogenannten höheren Berufsarten gar zu lang verschlossen gewesen seien und sein Charakter hierunter nothwendig habe leiden müssen. Ein irgendwie begründeter Argwohn des deutschen Volkes gegen die, von denen es sein Recht empfängt, dürfte vielleicht das einzige sein, was auch dem Geduldigsten den Gedanken einer Verfassungsänderung nahelegte.

Endlich ist als eines unserer Hauptbollwerke zu erwähnen die deutsche Wissenschaft. Es ist richtig, daß dem Antheil der Juden an der deutschen Forschung nur zu häufig jener Trieb nach geschäftlicher Ausbeutung eines gelehrten Faches zu Grunde liegt, und besonders das Beispiel, daß sie (mit einzelnen rühmlichen Ausnahmen) dem ärztlichen Beruf gegeben haben, sich höchst nachtheilig von der ursprünglichen deutschen Sitte unterscheidet und zur Hebung des ärztlichen

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