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1840 gabunden in das Gebiet des andern der kontrahirenden Theile nicht bloss auf die eigene unzuverlässige Angabe derselben zu veranlassen, sondern, wenn das Verhältniss, wodurch der andere Staat zur Uebernahme eines Vagabunden konventionsmässig verpflichtet wird, nicht aus einem unverdächtigen Passe, oder aus andern völlig glaubhaften Urkunden hervorgeht, oder, wenn die Angabe des Vagabunden nicht durch besondere Gründe und die Verhältnisse des vorliegenden Falles unzweifelhaft gemacht wird, zuvor die Wahrheit sorgfältig zu ermitteln, und nöthigenfalls bei der, vermeintlich zur Aufnahme des Vagabunden verpflichteten Behörde Erkundigung einzuziehen.

§. 11. Sollte der Fall eintreten, dass ein von dem einen der kontrahirenden Theile dem andern Theile zum weitern Transporte in einen rückwärts liegenden Staat, zufolge der Bestimmung des §. 9. zugeführter Vagabunde von dem letzteren nicht angenommen würde, so kann derselbe wieder in denjenigen Staat, welcher ihn ausgewiesen hatte, zur vorläufigen Beibehaltung zurückgebracht werden.

§. 12. Es bleibt den beiderseitigen Provinzial - Regierungsbehörden überlassen, unter einander die näheren Verabredungen wegen der zu bestimmenden Richtung der Transporte, so wie wegen der Uebernahmsorte zu treffen.

f. 13. Die Ueberweisung der Vagabunden geschieht in der Regel vermittelst Transporte und Abgabe derselben an die Polizeibehörde desjenigen Ortes, wo der Transport als von Seiten des ausweisenden Staats beendigt anzusehen ist. Mit den Vagabunden werden zugleich die Beweisstücke, worauf der Transport konventionsmässig gegründet wird, übergeben. In solchen Fällen, wo keine Gefahr zu besorgen ist, können einzelne Vagabunden auch mittelst eines Laufpasses, in welchem ihnen die zu befolgende Route genau vorgeschrieben ist, in ihr Vaterland gewiesen werden.

Es sollen auch nie mehr als drei Personen zugleich auf den Transport gegeben werden, es wäre denn, dass sie zu einer und derselben Familie gehören, und in dieser Hinsicht nicht wohl getrennt werden können. Grössere, sogenannte. Vagantenschube sollen künftig nicht Statt finden.

§. 14. Da die Ausweisung der Vagabunden nicht

auf Requisition des zur Annahme verpflichteten Staats 1840 geschieht, und dadurch zunächst nur der eigene Vortheil des ausweisenden Staats bezweckt wird, so können für den Transport und die Verpflegung der Vagabunden keine Anforderungen an den übernehmenden Staat gemacht werden.

Wird ein Auszuweisender, welcher einem rückwärts liegenden Staate zugeführt werden soll, von diesem nicht angenommen, und deshalb nach §. 11. in denjenigen Staat, welcher ihn ausgewiesen hatte, zurückgebracht, so muss letzterer auch die Kosten des Transports und der Verpflegung erstatten, welche bei der Zurückführung aufgelaufen sind.

Zur Beseitigung der Zweifel und Missverständnisse, welche sich über die Auslegung der Bestimmungen §. 2. a. und c. der vorstehenden Konvention, namentlich a) in Beziehung auf die Beantwortung der Frage: ob und in wie weit die in der Staatsangehörigkeit selbstständiger Individuen eingetretenen Veränderungen auf die Staatsangehörigkeit der unselbstständigen, d. h. aus der elterlichen Gewalt noch nicht entlassenen Kinder derselben, von Einfluss seyen?

so wie

b) über die Beschaffenheit des, §. 2. c. der Konvention erwähnten zehnjährigen Aufenthalts und den Begriff der Wirthschaftsführung

ergeben könnten, sind die gedachten Regierungen, ohne hierdurch an dem in der Konvention ausgesprochenen Prinzipe etwas ändern zu wollen, dass die Unterthanenschaft eines Individuums jedesmal nach der eignen innern Gesetzgebung des betreffenden Staates zu beurtheilen sey, dahin übereingekommen, hinkünftig und bis auf Weiteres, nachstehende Grundsätze gegenseitig zur Anwendung gelangen zu lassen und zwar,

zu a.

1) dass unselbstständige, d. h. aus der elterlichen Gewalt noch nicht entlassene Kinder, schon durch die Handlungen ihrer Eltern an und für sich und ohne dass es einer eignen Thätigkeit oder eines besonders begründeten Rechts der Kinder bedürfte, derjenigen Staatsangehörigkeit theilhaftig werden, welche die Eltern während der Unselbstständigkeit ihrer Kinder erwerben,

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2) dass dagegen einen solchen Einfluss auf die Staatsangehörigkeit unselbstständiger ehelicher Kinder, diejenigen Veränderungen nicht äussern können, welche sich nach dem Tode des Vaters derselben in der Staatsangehörigkeit ihrer ehelichen Mutter ereignen, indem vielmehr über die Staatsangehörigkeit ehelicher unselbstständiger Kinder lediglich die Kondition ihres Vaters entscheidet, und Veränderungen in deren Staatsangehörigkeit nur mit Zustimmung ihrer Vormundschaftlichen Behörde eintreten können. Nächstdem soll

zu b.

die Verbindlichkeit eines der kontrahirenden Staaten zur Uebernahme eines Individuums, welches der andere Staat, weil es ihm aus irgend einem Grunde lästig geworden, auszuweisen beabsichtigt, in den Fällen des §. 2. c. der Konvention eintreten :

1) wenn der Auszuweisende sich in dem Staate, in welchen er ausgewiesen werden soll, verheirathet, und ausserdem zugleich eine eigene Wirthschaft geführt hat, wobei zur nähern Bestimmung des Begriffs von Wirthschaft anzunehmen ist, dass solche auch dann schon eintrete, wenn selbst nur einer der Eheleute sich auf eine andere Art, als im herrschaftlichen Gesindedienste Beköstigung verschafft hat;

oder

2) wenn Jemand sich zwar nicht in dem Staate, der ihn übernehmen soll, verheirathet, jedoch darin sich zehn Jahre hindurch ohne Unterbrechung aufgehalten hat, wobei es dann auf Konstituirung eines Domizils, Verheirathung und sonstige Rechtsverhältnisse nicht weiter ankommen soll.

Endlich sind die genannten Regierungen zugleich annoch dahin übereingekommen :

Können die resp. Behörden über die Verpflichtung des Staats, dem die Uebernahme angesonnen wird, der in der Konvention und vorstehend aufgestellten Kennzeichen der Verpflichtung ungeachtet, bei der darüber stattfindenden Korrespondenz sich nicht vereinigen, und ist die diesfällige Differenz derselben auch im diplomatischen Wege nicht zu beseitigen gewesen; so wollen beide kontrahirende Theile den Streitfall zur kompromissarischen Entscheidung eines

solchen dritten Deutschen Bundesstaates stellen, wel- 1840 cher sich mit beiden kontrahirenden Theilen wegen gegenseitiger Uebernahme der Ausgewiesenen in denselben Vertragsverhältnissen befindet.

Die Wahl der zur Uebernahme des Kompromisses zu ersuchenden Bundesregierung bleibt demjenigen der kontrahirenden Theile überlassen, der zur Uebernahme des Ausgewiesenen verpflichtet werden soll.

An diese dritte Regierung hat jede der betheiligten Regierungen jedesmal nur eine Darlegung der Sachlage, wovon der andern Regierung eine Abschrift nachrichtlich mitzutheilen ist, in kürzester Frist einzusenden.

Bis diese schiedsrichterliche Entscheidung erfolgt, gegen deren Inhalt von keinem Theile eine weitere Einwendung zulässig ist, hat derjenige Staat, in dessen Gebiet das auszuweisende Individuum beim Entstehen der Differenz sich befunden, die Verpflichtung, dasselbe in seinem Gebiete zu behalten.

Berlin, den 12. December 1839.

(L. S.)

Königliches Preussisches Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten.

Frh. v. WERTHER.

Vorstehende Erklärung wird, nachdem solche gegen eine übereinstimmende Erklärung der Fürstlich Waldeckischen Regierung vom 6. November 1839. ausgewechselt worden, hierdurch zur öffentlichen Kenntniss gebracht.

Berlin, den 6. März 1840.

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten.
Frh. v. WERTHER.

C

Recueil gén. Tome I.

1840

10.

Convention entre la Prusse et la Principauté de Waldeck par laquelle un paragraphe de l'ordre judiciaire de la dernière est déclaré nonapplicable aux sujets Prussiens. En date

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Erklärung vom

29. März
6. Mai

6 Mai

1840., die Aufhebung des §. 108. Nr. 6. der Prozess-Ordnung für die Untergerichte der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont vom 4ten Juli 1836. in seiner Anwendung auf Preussische Unterthanen betreffend.

Nachdem die Königlich Preussische Staatsregierung den Wunsch geäussert hat, dass die in der Prozessordnung für die Untergerichte der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont vom 4. Juli 1836. §. 108. Nr. 6. enthaltene gesetzliche Bestimmung wegen Zulässigkeit des Arrestprozesses gegen Ausländer, um deswillen. keine Anwendung auf Königlich Preussische Unterthanen finden und rücksichtlich derselben aufgehoben werden möge, weil die Königlich Preussischen Gesetze eine gleiche Bestimmung nicht enthalten, die Fürstlich Waldeckische Staatsregierung auch auf diesen Antrag einzugehen kein Bedenken gefunden hat; so verspricht die letztere hierdurch, dass die oben erwähnte gesetzliche Vorschrift rücksichtlich der Königlich Preussischen Unterthanen aufgehoben und das Erforderliche alsbald, nach Auswechselung der beiderseitigen diesfälligen Erklärungen, publizirt werden solle.

Die Königlich Preussische Staatsregierung nimmt dieses Zugeständniss an und macht sich eben so wie die Fürstlich Waldeckische anheischig, dass ohne vorhergegangene, von beiden Theilen beliebte Wiederaufhebung der diesfälligen Vereinbarung, die mehrgedachte gesetzliche Bestimmung weder in dem einen noch dem

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