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Der

Feldzug des Aelius Gallus

nach

dem glücklichen Arabien

unter

Kaiser Augustus.

Eine

von der philosophischen Facultät zu Rostock gekrönte
akademische Preisschrift.

Von

Heinrich Krüger.

Wismar.

Hinstorff'sche Hofbuchhandlung.

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198875 NOV -3 1915

F3533 •K93

Als mit der Schlacht bei Actium die blutigen Bürgerkriege, welche im römischen Staate so lange Jahre hindurch gewüthet hatten, ihr Ende erreichten und Augustus die Zügel des ungeheuren Reichs in seine Hand nahm, da schien eine neue Aera des Friedens für Rom andämmern zu wollen. Augustus hatte nicht nur das ernste Bemühen, im Innern des Staats die Segnungen des Friedens zu wahren, er gab auch die so lange befolgte Eroberungspolitik auf, und in seinem politischen Systeme blieb der Grundsatz herrschend, ,,die Grenzen des Reichs nicht zu erweitern1)." Der Janustempel wurde unter ihm im J. 729 u. c. zum dritten Male geschlossen. Nur Ein Unternehmen erscheint als eine wirkliche Abweichung von jenem Principe, keine weiteren Eroberungen zu machen: es ist der denkwürdige Feldzug des Aelius Gallus nach dem glücklichen Arabien.

Arabien war das Eldorado der römischen Welt. Die Vorstellungen der Römer über dieses Land spielten stark in das Fabelhafte hinüber; man dachte sich Arabien als ein Land, das von der Natur mit allen ihren köstlichen Schätzen überschüttet sei. Das Bild, welches man sich zu Augustus' Zeiten und auch noch später von diesem Lande entwarf, liess die Schattenseiten desselben gänzlich zurücktreten und war in seinen Grundzügen etwa folgendes. Ein milder Himmel, wie er Italien zu einem so herrlichen Lande macht, spannt sich auch über Arabien aus und macht es mit Italien gleicher Segnungen des Glücks theilhaftig 2).

1) Tac. Ann. I, 11. Dio 54, 9. 2) Plin. H. n. VI, 32.

In üppigster Fülle sprossen hier die herrlichsten Erzeugnisse der Pflanzenwelt; reiche und dichte Wälder von Dattelpalmen und Feigenbäumen breiten sich weithin über das Land aus; das glückliche Arabien ist die eigentliche Heimath aller der köstlichen Specereien, die zu Rom so reichen Absatz fanden: Weihrauch, Myrrhe, Cassia u. a.). Gewürzige Düfte, wie die Specereipflanzen sie aushauchen, erfüllen überall die Luft; Vögel, deren Gefieder im schönsten Farbenschmuck schillert, und andere Thiere von seltsamer Gestaltung bewohnen die Wälder 2). Und die Einwohner dieses Landes besassen, wie die Alten glaubten, einen unermesslichen Reichthum an Gold, Silber und edlem Gestein. So erzählt Strabo von den Sabäern, dem bedeutendsten Volksstamme im glücklichen Arabien, dass sie fast alle ihre Geräthschaften von Gold und Silber verfertigten und ihre Häuser auf das kostbarste herstellten, indem sie Wände, Thüren und Dächer mit Elfenbein, Gold, Silber und Edelsteinen mannichfach verzierten 3). Diodor berichtet, dass im glücklichen Arabien das Gold gediegen gefunden werde und das Land reich sei an mannichfachen Arten von Edelsteinen: Krystallen, Smaragden, Beryllen, Chrysolithen u. a. 4). Es ist natürlich, dass bei solchen Vorstellungen von den Schätzen Arabiens und insbesondere des glücklichen Arabiens die Reichthümer dieses Landes sprichwörtlich in Rom wurden. So finden wir es bei Horaz, bei dem die Idee von den fabelhaften Reichthümern Arabiens durchgehend ist 5). Kurz, Jemen ist das ferne herrliche Wunderland, von dem der sonst so nüchterne Römer gerne träumte und fabelte, und was er darüber dachte, das alles concentrirte sich für ihn in der Benennung, die er diesem Theile Arabiens beilegte, in dem Namen ,,Arabia felix", wie denn Diodor ganz unbefangen behauptet, dass dieser Theil Arabiens wegen seines Reichthums an herrlichen Producten den Namen „,glückliches Arabien" erhalten habe®).

1) Plin. 1. XII. 2) Diodor. II, 50 u. 53; Dionys. Perieges. 935 ff. 3) XVI, 779; vgl Agatharchides in Photii Bibl. ed. J. Bekk. II, p. 459. 4) II, 52; vgl. Strabo XVI, 777 u. 778. 5) Od. I, 29, 1: Icci, beatis nunc Arabum invides gazis; II, 12, 24: plenas aut Arabum domos; III, 24, 1. 2: intactis opulentior thesauris Arabum; Epist. I, 7, 36: nec otia divitiis Arabum liberrima muto. 6) II, 49.

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Es darf uns auch nicht Wunder nehmen, dass bei den Römern solche Vorstellungen über Arabien und besonders Jemen herrschend waren. Die Römer kannten, ähnlich wie wir, eigentlich nur die äussersten Ränder dieses Landes genauer; denn Arabien hatte zu allen Zeiten den mächtigsten Reichen gegenüber seine Unabhängigkeit behauptet und in Folge dessen eine gewisse Abgeschlossenheit bewahrt, Arabien war noch keinem Eroberer unterworfen gewesen. Wohl hatte es nie an mächtigen Eroberern gefehlt, die lüstern waren, dieses reiche, unabhängige Land zu unterwerfen. Schon Sesostris unternahm einen Zug gegen die Araber, aber wenn er auch mit Erfolg gegen sie kämpfte, so gelangte er doch zu keiner dauernden Herrschaft über sie, denn noch nach jenem Zuge war er genöthigt, einen Wall von Pelusium bis Heliopolis zu ziehen, um Aegypten gegen die Einfälle der Araber zu schützen 1). Cyrus vermochte es nicht, Arabien zu unterwerfen. Alexander d. Gr. hatte den Plan, Arabien zu erobern, aber der Tod riss ihn hinweg, ehe er zur Ausführung desselben schreiten konnte 2). Ohne eigentlichen Erfolg waren auch die Züge, welche Antigonus durch seinen Feldherrn Athenäus und dann durch seinen Sohn Demetrius gegen die Nabatäer, die von den Alten zu den Arabern gerechnet wurden 3), unternehmen liess 4). Ptolemäus III. machte nach der Inschrift von Aduli zwar einen Theil der Araber tributpflichtig, aber zu einer eigentlichen Herrschaft über sie gelangte er nicht.

So standen denn die Araber noch zu Augustus' Zeiten in ihrer ungebrochenen Unabhängigkeit da, und dass man sie in jener Periode selbst in Rom noch als unbesiegt und frei anerkannte, das bezeugen uns aufs klarste die Schriften der Alten 5). Um gegen ein solches Volk, nach so vielen fehlgeschlagenen Versuchen mächtiger Reiche es zu unterwerfen, noch einen Eroberungszug zu unternehmen, mussten doch sehr gewichtige Gründe eintreten und wir fragen: durch welche Gründe wurde

1) Diod. I, 53 u. 57. 2) Strabo XVI, 741. 783; Arrian VII, 19. 3) Strabo XVI, 779. Joseph. Ant. I, 12, 4. 4) Diod. XIX, 94 ff. 5) Horat. I, 29, 3: non ante devictis Sabaeae regibus; III, 24, 1: intactis Arabum thesauris; Propert. lib. II eleg. 8, 20: et domus intactae te tremit Arabiae. Vgl. Diod. II, 48. XIX, 94.

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