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und zum grossen Theile erreichtes Ziel gewesen sei, werden wir auch in der Folge sehen.

Wie nun der ganze Feldzugsplan in dem politischen Systeme des Augustus seine tiefere Begründung hatte, so war derselbe auch vom Kaiser vor der Ausführung wohl überlegt und vorbereitet. Augustus hatte den Zug nach Arabien bereits im J. 728 u. c., wenn nicht schon 727 beschlossen; aber erst im J. 730 unternahm er ihn 1).

Der Feldzug war ausschliesslich gegen die Araber gerichtet, und wenn Strabo berichtet, dass er sich auch zugleich auf die Aethiopier und Troglodyten, die Bewohner des westlichen Uferrandes des Rothen Meeres, erstrecken sollte, so haben wir uns zu erinnern, dass ein grosser Theil der ans Rothe Meer grenzenden Küste Afrika's unter der Botmässigkeit der Araber stand 2). Arabien war das eigentliche Ziel des Feldzugsplanes und blieb es auch in Wirklichkeit.

Zweifelhaft kann es scheinen, ob das Unternehmen bloss zur Erforschung des Landes dienen (so nach Merivale) und dann zur Unterwerfung der Araber ein grossartiger Feldzug folgen sollte, oder ob eine wirkliche Eroberung des Landes damit beabsichtigt war. Für ersteres scheint die eigentlich unbedeutende Truppenzahl (10,000 M.) zu sprechen, mit welcher Gallus den Zug unternahm; dennoch ist letzteres wahrscheinlicher. Strabo erzählt: „Gallus habe die genannten Völker erproben sollen", dann fügt er aber hinzu, Augustus habe mit diesem Zuge die Araber als Freunde gewinnen, oder als Feinde unterwerfen wollen. Die geringe Zahl der Truppen wenn Strabo sie nicht vielleicht absichtlich zu niedrig angegeben hat erklärt sich dadurch, dass die Araber von den Römern für völlig kriegsuntüchtig gehalten wurden, wie Strabo es in seinem Berichte wiederholt ausspricht. Uebrigens stellte sich das Unternehmen in Wirklichkeit durchaus als ein Eroberungszug dar; Gallus eroberte offene Städte und Festungen, liess Besatzungen darin zurück und hatte es somit auf eine dauernde Besitznahme des Landes abgesehen. Für diese Auffassung spricht ferner die Aeusserung Strabo's 3):,,Gallus

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1) Excurs II. 2) Periplus mar. Erythr. 3) XVII, 810.

würde das ganze glückliche Arabien unterworfen haben, wenn nicht Verrätherei von Seiten des Sylläus im Spiele gewesen wäre." Auch bei Dio und Plinius findet sich keine Andeutung, dass jenes Unternehmen nur als Recognoscirung dienen sollte.

Aelius Gallus, der von Augustus zum Befehlshaber des arabischen Feldzuges ausersehen war, gehörte, wie schon der Name sagt, dem bekannten Geschlechte der Aelier an. Es wäre wünschenswerth, uns ein einigermassen vollständiges Bild von der Persönlichkeit dieses Führers zu entwerfen. In den Nachrichten jedoch, die wir über den Feldzug haben, tritt seine Persönlichkeit fast gänzlich in den Hintergrund, und an anderweitiger Kunde über ihn fehlt es durchaus. Die bekannte Menschenkenntniss des Augustus aber, mit welcher er bedeutende, für seine Zwecke geeignete Persönlichkeiten herauszufinden uud seinen Plänen gemäss zu verwenden wusste, bürgt uns dafür, dass Gallus ein Mann von einer gewissen kriegerischen Tüchtigkeit war1). Seine innige Freundschaft mit Strabo berechtigt uns zu der Vermuthung, dass er auch eine nicht gewöhnliche wissenschaftliche Bildung besass. Wenn wir aber den unglücklichen Verlauf der Expedition bedenken, der, wie wir sehen werden, besonders in seinem Anfange den Missgriffen des Gallus zuzuschreiben ist, so mögen wir ihn immerhin für einen tüchtigen Officier halten, der in den voraufgegangenen kriegerischen Jahren eine gute Schule durchgemacht hatte, aber wir werden nicht leugnen können, dass ihm von wahrem Feldherrntalente wenig oder nichts verliehen war. Aelius Gallus bekleidete zu jener Zeit, als er den Feldzug unternahm, kein obrigkeitliches Amt2). Er unternahm den Zug auch nicht

1) Vgl. Strabo XVII, 797, wo uns gesagt wird, dass von dem Kaiser immer oopgoves avdoes zu ägyptischen Statthaltern ausersehen wurden. 2) Bei Tacitus (Ann. 5, 8) finden wir den Namen Aelius Gallus erwähnt. „Dieser Aelius Gallus scheint der älteste Sohn des Sejan gewesen zu sein (der unter Tiberius eine so grosse Rolle spielte). Denn Sejan war wahrscheinlich adoptirt von dem römischen Ritter Aelius Gallus, dem Präfecten von Aegypten 24 v. Chr. (Dio 43, 29), da Vellejus II, 127 nicht erwähnt, dass Sejan's Adoptivvater oder dessen Vorfahren Aemter bekleidet hat, die übrigen Familien der Aelii zu dieser Zeit aber consularisch waren.“ Borghesi bei Nipperdey, Tac. Ann. 5, 8.

als Präfect von Aegypten, obgleich Dio dies berichtet; vielmehr hatte Petronius zu jener Zeit die Statthalterschaft inne, und erst nach ihm, frühestens im Jahre 733, erhielt sie Gallus 1). Wenn Merivale 2) angiebt, Gallus habe kurz vor seinem Heereszuge unter Petronius Kriegsdienste in Aegypten gethan, so ist das eine völlig unerwiesene Behauptung. Am wahrscheinlichsten dürfte die Annahme sein, dass Gallus in Aegypten vor seinem Zuge die Würde eines Einkommenverwalters bekleidete, dessen Berichte an den Kaiser selbst gingen und der von ihm direct seine Instructionen empfing. Ein solcher genoss stets das besondere Vertrauen des Kaisers, und dass dies bei Gallus der Fall war, können wir daraus schliessen, dass ihm Augustus nicht nur die Ausführung des wichtigen Unternehmens gegen Arabien übertrug, sondern ihm selbst nach dem unglücklichen Verlaufe desselben seine Gnade nicht entzog.

Wahrscheinlich schloss sich an Gallus zu diesem Zuge eine bedeutende Anzahl seiner Freunde oder anderer junger Römer aus vornehmen Familien an. Solche Expeditionen galten nämlich in jener Zeit für junge, wissenschaftlich gebildete Männer als eine treffliche Schule zur Erwerbung von Menschen- und Länderkenntniss 3) und Horaz 4) nennt uns wenigstens den Iccius als einen solchen, der seine philosophischen Studien aufgab, um an diesem Kriegszuge Theil zu nehmen.

Zum Ausgangspunkt seiner Unternehmung machte Gallus die Stadt Kleopatris in der Nähe von Arsinoë, in der Gegend des heutigen Suez. Das Heer, welches er zusammenbrachte, bestand mit Einschluss der Bundesgenossen aus 10,000 Mann, wovon der grössere Theil, etwa 8500 M., der römischen Besatzung in Aegypten entnommen war5). König Herodes sandte ihm 500 aus der

1) Excurs III. 2) III, p. 120. 3) Vgl. Cicero's Briefe an den Trebatius. 4) Od. I, 29. 5) Wir glauben mit Merivale, dass die betreffende Stelle des Strabo: ἔπλευσεν ἔχων περὶ μυρίους nur so aufgefasst werden kann, obgleich die bisher allein übliche Erklärung war, dass Gallus mit Ausschluss der Bundesgenossen 10,000 Römer in seinem Heere hatte. Wir dürfen annehmen, dass Strabo, der es in seinem Berichte hinsichtlich der Zahlenangaben nicht allzu genau mit der Wahrheit nimmt, hier die Anzahl der zusammengebrachten Truppen verringert hat.

Zahl seiner Leibwächter ausgewählte Krieger; die Nabatäer stellten ihm ein Hülfscontingent von 1000 Mann. Dieses Anknüpfen von Verbindungen mit den Nabatäern war unter den Voranstalten zu dem Zuge ohne Zweifel der wichtigste Schritt, der in seinen Folgen den weiteren Verlauf des Unternehmens grösstentheils bestimmte.

Der merkwürdige Volksstamm der Nabatäer, der auf dem Schauplatze der Geschichte auftritt und von demselben verschwindet, ohne dass uns über seinen Ursprung und seinen Untergang bestimmte Nachrichten erhalten wären, gehörte zu der grossen aramäischen Völkerfamilie, wie zuerst Quatremère nachzuweisen unternommen hat 1). Die von den Nabatäern bewohnte Landschaft erstreckte sich vom Ailanitischen Golf bis zur Ostseite des Todten Meeres, ging dann bis an den Jordan und berührte die Grenzen von Haurân. Ihre völkergeschichtliche Bedeutung hatten sie, wenn nicht einzig und allein, so doch hauptsächlich durch ihren in grösster Ausdehnung blühenden Handel. Ihre weltberühmte Hauptstadt Petra war der Mittelpunkt für ihren grossartigen Handelsverkehr; dahin zogen die Minäer, die Gerrhäer und andere benachbarte Stämme mit ihren reichbeladenen Karavanen 2). Der Periplus des Erythr. Meeres giebt selbst einen Handelsweg von der Hafenstadt Leukekome nach Petra an; es wurde also ein Theil der auf dem Seewege aus Indien bezogenen Waaren direct durch das Land der Nabatäer über Petra vertrieben. Auf dem Handel beruhte eigentlich die ganze Existenz dieses Volkes; seine Erhaltung war für die Nabatäer eine Lebensfrage; daher suchten sie ihn denn ausschliesslich für sich zu bewahren und mit Wachsamkeit jede Störung desselben zu verhüten, wie uns denn Strabo berichtet 3), dass sie auf nichts so sehr bedacht seien. als auf die Mehrung ihres Vermögens.

Eine ernstlich drohende Gefahr brach für den Handel der Nabatäer erst herein, als im Oriente die Macht der Römer immer weiter sich ausbreitete. Die Stellung, welche die Nabatäer zu den Römern einnahmen, war schon seit langer Zeit eine sehr

1) Mémoire sur les Nabatéens, Journ. Asiat. 1835. Vgl. Levy, Ueber die nabatäischen Inschriften von Petra etc. in d. Zeitschr. d. deutsch. morgenl. Gesellsch. XIV, p. 363 ff. 2) Strabo XVI, 776. 3) XVI, 783.

schwankende gewesen. Immer unter kluger Benutzung der jewei ligen Lage der Nachbarländer hatten sie häufig in die Verhältnisse dieser zu ihrem eigenen Vortheile eingegriffen. Als nun die angrenzenden Landschaften nach und nach unter die Botmässigkeit der Römer kamen, konnte ein Conflict mit der römischen Macht nicht ausbleiben. Die fortwährenden Streifzüge der Nabatäer gegen Syrien, als dieses schon den Römern unterthänig war, bewogen endlich den Pompejus zu dem Entschlusse, zur Zerstörung Petra's auszuziehen; die feindliche Stellung, welche Aristobulus den Römern gegenüber einnahm, verhinderte ihn aber an der Ausführung. In ähnlicher Weise dauerte dieses gespannte Verhältniss fort; aber allmählich war die Macht der Römer furchtbarer für die Nabatäer geworden. Als Augustus nach der Schlacht bei Actium die Alleinherrschaft des römischen Staats erhielt, da schien die ihnen drohende Gefahr zwar wieder in die Ferne gerückt zu sein, weil Augustus die Grenzen des Reichs nur befestigte und nicht erweiterte; die Nabatäer traten sogar in ein freundschaftliches Verhältniss zu den Römern. Aber schnell und unerwartet bereitete sich ein Schlag der Römer gegen sie vor, als Augustus den Plan eines Feldzuges nach dem glücklichen Arabien ins Werk setzte. Die Araber überhaupt, wie die Nabatäer insbesondere mussten sich dadurch in ihrem innersten Leben angegriffen fühlen. Es handelte sich hier nicht bloss um den drohenden Freiheitsverlust: das Schlimmste war, dass dem Gelingen dieses Zuges eine für die Araber verderbliche Umgestaltung der commerciellen Verhältnisse folgen musste; diese aber in ihrem gegenwärtigen Bestande bildeten ja die Quelle ihres Wohlstandes, ihrer Reichthümer1). Und war der Zug auch zunächst nicht gegen die Nabatäer gerichtet, so war dennoch das Wohl dieses Landes auf das äusserste gefährdet; denn wenn auch nur Jemen in die Hände der Römer fiel, so war damit die Quelle des Wohlstandes der Nabatäer vernichtet, da sie eben von dort den grössten Theil der Waaren, durch deren Vertrieb sie reich wurden, auf dem Karavanenwege zugeführt erhielten.

Wie sollten sich die Nabatäer dieser Gefahr gegenüber verhalten? Der im Oriente so festgewurzelten Macht der Römer

1) Ritter, Erdkunde XII, p. 120.

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