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ken ihren Sitz und bestand hauptsächlich in einem brennenden Schmerze; viele tödtete sie sogleich in diesem ersten Stadium ; bei den übrigen warf sie sich auf die Füsse. Die Art der Krankheit ist aus Dio's Nachrichten nicht genau zu bestimmen; vielleicht aber haben wir hier an den Sonnenstich zu denken. Als Heilmittel wandte man innerlich und äusserlich Oel mit Wein vermischt an; jedoch war das nur bei wenigen möglich, da jenes Land diese Producte nicht hervorbrachte und die Römer keineswegs reichlich damit versehen waren. Es waren aber auch andere Krankheiten, von denen die Römer befallen wurden. Die Bisse der in Arabien nicht seltenen Skorpionen erzeugen gefährliche Entzündungen, und auch davon hatten die Truppen zu leiden, wie denn Gallus nach seiner Rückkehr dem Augustus mehrere Arten von Heilmitteln vorlegte, die er auf seinem Zuge gegen die Bisse der Skorpionen und anderer giftiger Insecten angewandt hatte 1).

Die Römer durchzogen nach Strabo das Land der Nomaden, bis sie zur Stadt Negrana kamen, die in einem friedlichen und fruchtbaren Lande gelegen war. Plinius giebt ebenfalls Negrana als eine von Gallus eroberte Stadt an. Nach der übereinstimmenden Meinung neuerer bedeutender Geographen und Historiker 2) ist dieses Negrana die Stadt Negrån in der Landschaft gleichen Namens. Zu Gunsten dieser Annahme spricht die hinzugefügte Bemerkung Strabo's, dass die Stadt in einem guten Lande gelegen sei; Negrân ist durchgängig sehr fruchtbar, hat viele Brunnen und bringt Korn, Datteln, Trauben u. a. Früchte in reicher Menge hervor; das Klima ist sehr gesund. Mit dem Berichte Strabo's, dass zu Negrana ein König residirte, stimmt auch der Umstand, dass Negrân einst der Königssitz jemenitischer Fürstengeschlechter war 3). Negrân ist das Grenzgebirgsland zwischen den beiden Gebieten Hegâz und Jemen.

Bei der Annäherung des feindlichen Heeres verliess der König von Negrana seine Hauptstadt und floh. Die Römer eroberten sofort die Stadt, setzten alsdann ihren Marsch fort und ge

1) Galenus, de antidotis, 1. II c. 17. vgl. c. 10. 2) Ritter, Erdk. XII, p. 232. Merivale a. a. O., Caussin de Perceval, Essai sur l'histoire des Arabes I, p. 73. 3) Rommel, Abulfeda Arab. Descr. p. 54.

langten nach sechs Tagen an einen Fluss. Welcher Fluss hier gemeint sei, ist nicht zu ermitteln. Forster ist der Ansicht, man habe hier an den Sankian zu denken, den einzigen Fluss in der Nachbarschaft von Negrân 1). Dieser Fluss nimmt jedoch seinen Lauf viel weiter östlich durch Chaulân und Abu Arîsch, wo er in's Meer mündet 2) und ist nicht in 6 Tagereisen von Negrân zu erreichen; ausserdem hätte Gallus, um zu ihm zu gelangen, seinen Marsch eigentlich rückwärts nehmen müssen. Da Arabien übrigens ohne grössere Flüsse ist, so wird hier wahrscheinlich ein Steppenfluss zu verstehen sein.

An den Ufern dieses Flusses wurde nach Strabo die erste Schlacht zwischen den Arabern und den Römern geschlagen. Vergegenwärtigen wir uns die Lage des römischen Heeres gegenüber einem feindlichen Zusammentreffen mit den Arabern, so werden wir sagen müssen, dass die Römer nur geringe Hoffnung auf einen Sieg hegen durften. Durch Krankheit und durch die Beschwerden des Wüstenzuges waren die Reihen der schon beim Beginne des Zuges keineswegs zahlreichen Truppen sehr gelichtet. Bedeutungsvoll musste aber auch der Umstand sein, dass die Stärke der Araber im Kriege hauptsächlich in ihrer Reiterei und in ihren Bogenschützen lag, die im Alterthume berühmt waren 3); sie traten so dem Nahkampfe des römischen Fussvolks mit der Reiterei und dem Fernkampfe gegenüber, und diese Taktik hatte bis dahin allein den Sieg über die römischen Waffen davongetragen. Die Lage der Dinge war vielleicht eine ähnliche wie die, in welcher das römische Heer unter Crassus im Kampfe mit den Parthern vernichtet wurde.

Dennoch war der Ausgang des Kampfes ein ganz anderer als der, welcher zu erwarten stand. Wir vermögen nicht mit Bestimmtheit zu sagen, wie es möglich war, dass die Römer hier der Vernichtung entgingen, da uns jede speciellere Angabe über den Verlauf der Schlacht fehlt. Strabo berichtet über den Hergang derselben: „die Araber machten, da sie völlig unkriegerisch sind, in unkundiger Weise Gebrauch von ihren Waffen: Bogen, Lanze, Schwert und Schleuder; die meisten waren mit zweischnei

1) Bei Merivale a. a. O. rod. VII, 69.

2) Ritter Erdk. XII, 194.

3) He

digen Streitäxten versehen. So fielen auf Seite der Araber 10,000 Mann, von den Römern nur 2 Mann." Die letztere Angabe Strabo's zeigt uns nur, dass man es schon im Alterthume ebenso gut wie in der Neuzeit verstand, die Berichte über einen erfochtenen Sieg in masslosester Weise zu übertreiben. Wenn Strabo es wiederholt ausspricht, dass die Araber völlig unkriegerisch waren, so steht er mit diesem Urtheile, wohl ziemlich vereinzelt unter den alten Schriftstellern da; die Araber haben, so lange es eine Geschichte giebt, den Ruhm tapferer und tüchtiger Krieger behauptet. Jener Angabe des Strabo gegenüber, dass die meisten Araber in der Schlacht mit zweischneidigen Streitäxten bewaffnet gewesen seien, ist darauf hinzuweisen, dass die Hauptwaffe der Araber im Kriege bis zur Einführung des Feuergewehrs zu allen Zeiten der Bogen war, nächst dem Bogen die Lanze; vom Gebrauche der Streitäxte bei den Arabern dürften sich nur wenige Spuren finden 1).

Es ist möglich, dass es den Arabern hier an einer einheitlichen Leitung, an einem tüchtigen Führer fehlte und sie so im Kampfe unterlagen. Am wahrscheinlichsten aber ist es, dass die Römer, wie sie einerseits ihre Noth und ihre Leiden zum grossen Theil mit Recht dem Sylläus zuschreiben durften, so ihm andererseits hier und vielleicht überhaupt ihre Rettung verdankten. Die völlige Vernichtung des römischen Heeres konnte nicht in Sylläus' Absicht liegen; wäre dieses durch seine Schuld gänzlich zu Grunde gegangen, so würde er nicht nur sich selbst, sondern auch das ganze Gebiet der Nabatäer der Rache der Römer preisgegeben haben, und Sylläus besass viel zu grosse Klugheit, als dass er dies nicht durchschaut hätte. Vielleicht wusste er hier durch geschickte Unterhandlungen mit den Arabern die den Römern drohende Vernichtung abzuwenden.

Nach jener Schlacht drangen die Römer weiter vor und eroberten sofort die von ihrem Könige verlassene Stadt Aska, ohne Zweifel dieselbe, die Plinius mit dem Namen Nesca bezeichnet. Da die Landschaft Negrân überhaupt noch sehr unbekannt ist, so

1) Diodor. II, 54, 30. Vgl. Reinaud, de l'art militaire chez les Arabes en moyen âge, Journ. Asiat. 1848; und Gibbon, Gesch. des Röm. Reichs XIV, p. 248.

ist es nicht möglich, auch nur muthmasslich die Lage dieses Ortes zu bestimmen. Von Aska gelangte Gallus nach der Stadt Athrula, die er ohne auf Widerstand zu stossen einnahm; hier liess er, bevor er weiter zog, cine Besatzung zurück. Von grösserer Wichtigkeit ist dieser Ort insofern, als nach Dio im Gebiete „der sogenannten Athluler" 1) die Expedition des Gallus ihren Endpunkt erreichte 2). Dio weicht in dieser Angabe von den Berichten des Strabo und Plinius ab, die Mariaba (und Caripeta) als den Endpunkt des Feldzuges bezeichnen. Diese Differenz ist jedoch von keiner Bedeutung. Gallus erreichte von Athrula aus in wenigen Tagemärschen Mariaba, was aus der Angabe Strabo's folgt, dass er auf dem Rückzuge schon nach neun Tagen von Mariaba nach Negrana gelangte, wo vorher die Schlacht geliefert wurde. Athrula musste also nicht ferne von Mariaba gelegen sein, und Dio stimmt demnach in seinem Berichte über den Endpunkt der Expedition im wesentlichen mit Strabo und Plinius überein, wenn er auch in der Namenangabe von ihnen abweicht.

Gallus versah in Athrula sein Heer von neuem mit Mundvorrath, der aus Getreide und Datteln bestand, und setzte alsdann seinen Marsch fort. In wenigen Tagen gelangte er nach Mariaba. Plinius übergeht den Namen Athrula, aber er führt, nachdem er Negrana genannt hat, ausser dem bereits oben erwähnten Nesca noch die Städte Nestum, Masugum, Camminacum und Labecia als von Gallus eroberte Ortschaften an. Wenn er, wie es scheint, die Reihenfolge der Eroberung innegehalten hat, so lagen diese vier Orte auf dem Wege, den Gallus von Negrana nach Mariaba zurücklegte. Die Feststellung ihrer Lage ist in Ermangelung aller Anhaltspunkte bis jetzt nicht möglich.

Mariaba lag nach Strabo im Lande der Rhamaniten; König war dort Ilasaros 3). Weiter drangen die Römer nicht in Arabien

1)

lovio, dasselbe Wort mit 49govla, da der Wechsel von r mit 1 zu den phonetisch häufigsten gehört. 2) Dio fügt hinzu:,,die Römer drangen zuerst, wie ich glaube aber auch allein so weit in Arabien vor", wogegen zu bemerken ist: wenn sie allein kamen, so waren sie nicht die ersten, waren sie aber die ersten, so waren sie nicht die einzigen. Man vergleiche den Scherz des Lucian Tom. II p. 386. 3),,) Wenn meine chronologischen Conjecturen nicht gänzlich irrig sind, kann das J. 24

vor.

Es ist hier nun zunächst die wichtige Frage zu beantworten, wo wir heute dieses Mariaba zu suchen haben. Fresnel stellte die Behauptung auf, dass im Wadi Doân in Hadhramaut der eigentliche Zielpunkt der Expedition lag1); Ritter 2) folgte ihm hierin und glaubte in dem Orte Churaibah im Wadi Doân das von Plinius gleich nach Mariaba genannte Caripeta wiederzuerkennen. Aber abgesehen von anderen Bedenken, die gegen diese Annahme sprechen, ist sie schon wegen der Angabe Strabo's unmöglich, dass Gallus in 60 Tagen seinen Rückmarsch vollendete. Wenn Leukekome oder eine andere nahe gelegene Hafenstadt das Ziel des Rückzuges war, so betrug die gerade Entfernung vom Wadi Doân bis dahin etwa 220 deutsche Meilen; der wirkliche Marsch würde ohne Zweifel 300 Meilen betragen haben, also täglich 5 Meilen ohne dazwischen liegende Ruhetage. Diese Strecke in der angegebenen Zeit mit einem zum grössten Theil aus kranken, abgematteten Kriegern bestehenden Heere unter dem glühenden Himmel Arabiens zurückzulegen ist eine Unmöglichkeit.

Es ist übrigens nicht nur als wahrscheinlich, sondern wohl als gewiss anzusehen, dass der Endpunkt jenes Zuges nicht der Wadi Doân war, sondern das heutige Marib, einige Tagereisen östlich von Sanâ. Als Arnaud, der bekannte französische Reisende, im J. 1843 Marib besuchte und eine Tagereise davon die Ruinen der Stadt Châriba entdeckte, da erkannte man in jenem Marib das Mariaba des Strabo und des Plinius und in Châriba das von letzterem unmittelbar nach Mariaba genannte Caripeta. Und von so grosser Ueberzeugungskraft war diese Entdeckung, dass Fresnel 3) und Ritter 4) von ihrer früheren Meinung zurücktraten und es als ziemlich entschieden hinstellten, dass hier und nirgendswo anders der Endpunkt der Expedition des Gallus zu

v. Chr. eins der Regierungsjahre von Dhu-1-Adhâr, dem Könige in Jemen, gewesen sein. Der Name Dhu-1-Adhâr, der im Genitiv Dhi-l-Adhâr oder Zi-l-Azâr bildet, zeigt besonders in der letzteren Form eine so schlagende Aehnlichkeit mit dem Namen Ilasaros, dass man schwerlich die Identität der Personen in Abrede nehmen kann". Caussin de Perceval, Essai sur l'histoire des Arabes, I p. 73. Vgl. Noël des Vergers, Arabie, Paris 1847 p. 58-59. 1) Journal Asiatique, 1840, p. 178. 2) Erdk. XII, 227, 288, 291. 3) Journal Asiat. 1845, p. 224 ff. 4) XII, 863 ff.

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