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artiger Wasserbehälter. In späterer Zeit wurde er von den Fluthen durchbrochen, und dieser Durchbruch wird uns in verschiedener Weise als ein in der Geschichte Arabiens höchst denkwürdiges Ereigniss mitgetheilt (vgl. die ausf. Nachr. über diesen Sedd Marib in R. v. L.: Zur Geschichte der Araber von Muhammed p. 197 ff). Das Land Saba oder Marib wird nun als der Ort bezeichnet, wo dieses grosse Bauwerk angelegt war. Verschiedene Einzelheiten in den Nachrichten über diesen Dammdurchbruch berechtigten zu der Annahme, dass in Marib die Ueberreste jenes Dammes zu suchen seien. Diese Muthmassung wurde durch Arnaud's Forschungen zur Gewissheit erhoben. Arnaud, der zuerst von den neueren Forschern Marib sah, entdeckte hier die gewaltigen Ueberreste jenes so berühmten Wasserbehälters. Er fand hier auch die Ruinen eines Pallastes, den die Einwohner Haram Bilkis nennen und von dem Edrisi (bei Jaubert p. 149) uns berichtet, dass er an demselben Orte lag, wo einst jener berühmte Wasserbehälter erbaut war. Es scheint also ausser Zweifel gestellt zu sein, dass in dem heutigen Marib jene berühmte Stadt wieder zu erkennen ist, von welcher die arabischen Schriftsteller so manches berichten; es liegt aber auch nach alle dem nichts näher, als dieses Marib für Mariaba metropolis Sabaeorum zu halten.

So wahrscheinlich sich nun diese Ansicht auch darstellt, so lassen sich doch eine ganze Reihe von Gründen gegen dieselbe geltend machen, und zwar kommen hier besonders die bezüglichen Nachrichten aus Strabo und Plinius in Betracht. Wir beginnen die Gegengründe, mit jener oben angeführten Stelle des Plinius, nach welcher Mariaba regia am Meere gelegen war. Nehmen wir diese Angabe als richtig an, so dürfen wir bei Mariaba regia auch nicht im entferntesten an das heutige Marib denken, das tief im Innern von Jemen liegt. Aber auch die übrigen localen Verhältnisse von Mariaba regia, verglichen mit denen des modernen Marib, gestatten in keiner Weise solche Annahme. Nach Strabo XVI, 778 und Diodorus II, 125 lag Mariaba, die Capitale der Sabäer, auf einem Berge. Ueber das heutige Marib berichtet Arnaud, von dem wir allein zuver lässige Nachrichten über diesen Ort haben, dass es inmitten einer öden, fast unbegrenzten Fläche liege; die ganze Umgegend führe den Namen ,,Ebene von Marib" (Journ. As. V p. 219 ff.) Der Umfang des antiken Mariaba metr. war nach Plinius ein höchst bedeutender: sinum obtinet XCIV mil. pass. (VI, 32). Das moderne Marib dagegen hat nach Arnaud nur einen Umfang von etwa 34 Stunden. Unmöglich kann man nach dieseu Angaben in dem heutigen Marib die alte Metropole wiedererkennen. Nun liesse sich dem gegenüber vielleicht einwenden, die Ruinen Marib's seien uns nicht in ihrer ursprünglichen Ausdehnung erhalten, da ein Theil von Sanâ aus Bausteinen hergestellt sei, die von Marib hierher gebracht wurden, wie Cruttendon wahrgenommen habe (Ritter XII,

p. 81). Indess, entgegnen wir, die Beobachtungen von Cruttendon beschränken sich doch nur auf einige Marmorsteine mit himjaritischen Inschriften und auf einige Skulpturen, die aus Mareb nach Sanâ gebracht waren; wir dürfen daraus noch keineswegs schliessen, dass ganze Massen gewöhnlichen Baumaterials vor den Ruinen des mehrere Tagereisen entfernten Marib zum Aufbau von Sanâ verwandt wurden.

Zu demselben Resultat, dass das moderne Marib nicht mit Mariaba metropolis eins sei, gelangen wir auch, wenn wir die hierher gehörigen Nachrichten des Strabo und des Plinius über den Zug des Gallus vergleichen; damit aber berühren wir zugleich schon den ersten Theil unserer dritten Frage, ob Mariaba metr. das Ziel jenes Feldzuges gewesen sei. Es erhellt aus beiden Schriftstellern auf das deutlichste, dass sie bei Erwähnung jener Stadt, die sie als den Endpunkt der Expedition bezeichnen, auch nicht im entferntesten an Mariaba metr. gedacht haben. Strabo nennt diesen Ort im Unterschiede von der Metropole der Sabäer ausdrücklich eine Stadt der Rhamaniten. Bei Plinius ist, wie auch Fresnel anerkennt, der Context entschieden dagegen, hier an die Metropole zu denken. „,Aelius Gallus diruit supra dictam Mariabam“ sagt Plinius, nachdem er kurz vorher von Mariaba Baramalacum und Mariaba Calingiorum gesprochen hat, von Mariaba regia aber lange keine Rede mehr gewesen ist. Hätten beide Schriftsteller an die Metropole gedacht, so würden sie dies ohne allen Zweifel ausgesprochen haben. Wie Sillig bemerkt, konnte Plinius schon deshalb nicht an die Metropole denken, weil er sie als am Meere gelegen aufführt. Sodann ist zu erwägen, dass die Metropole die grösste unter den drei gleichnamigen Städten, nach Plinius sogar eine Stadt ersten Ranges war. Es ist nun doch wohl nicht denkbar, dass Gallus mit einem kleinen, auf das äusserste geschwächten Heere die Eroberung einer Stadt von so enormer Grösse versuchte.

Für die Untersuchung des anderen Punktes, ob das von Plinius als Endpunkt des Feldzuges genannte Mariaba das vorher von ihm angeführte Mariaba Baramalacum oder Mariaba Calingiorum sein solle, ist von Wichtigkeit Fresnel's Aufsatz: Lettre sur la géographie de l'Arabie (Journ. Asiat. X, p. 83 ff.), der genaue Bestimmungen über diese Frage enthält. Ritter (XII, 282) bezeichnet diesen Aufsatz als ,,eine kritisch und scharfsinnig trennende wie combinirende Beweisführung;" man kann dem beistimmen, ohne dennoch das gewonnene Resultat für richtig zu halten. Fresnel sagt in Kürze folgendes: „die Stadt Marsyaba (Mariaba) sei nicht zu identificiren mit der Metropole der Sabäer. Die Rhamaniten, in deren Lande sie lag, seien identisch mit den Rhadamaei oder Rhammaei des Plinius und bildeten eiuen Theil der Minäer. Mariaba Baramalacum, welche Stadt Plinius zur Capitale der Minäer mache, sei der Endpunkt der Expedition des Gallus. Die von Plinius

nur nebenbei erwähnte Stadt Carnon sei jedoch die eigentliche Capitale der Minäer gewesen. Die Minäer, schliesst dann Fresnel, hätten in Hadhramaut gewohnt und in dem Orte Al-Ckarn im Wadi Doân sei die Capitale Carnon wiederzuerkennen; hier liege also auch der Endpunkt jenes Feldzuges." Fresnel hat in einem späteren Aufsatze (Journal Asiat. 1845 p. 224) diese seine Ansicht dahin geändert, dass er mit Ritter annimmt, nicht im Wadi Doân, sondern bei dem heutigen Marib und dem in der Nähe liegenden Châriba habe Gallus seinen Rückmarsch angetreten. Die Bestimmungen, welche er in seinem ersteren Aufsatze über die Minäer und ihre Hauptstadt Carnon aufstellt 1), werden dadurch nicht wesentlich alterirt und kommen eben deshalb nicht weiter in Betracht. Da er ferner Mariaba Baramalacum, nach ihm im Wadi Doân gelegen, nicht mehr als den Endpunkt jenes Zuges betrachtet, so scheint es, als könnten wir auch über das, was er über diese Stadt sagt, hinweggehen. Es ist indess ein rein äusserer Grund, nämlich die Auffindung des alten Caripeta in der Nähe von Marib, der Fresnel zu jenem Meinungswechsel veranlasst hat; die von ihm aufgestellten, angeblich im Texte des Plinius selbst liegenden Gründe dafür, dass Mariaba Baramalacum und nicht Mariaba Calingiorum als Endpunkt des Feldzuges angenommen werden müsse, sind damit nicht widerlegt und bleiben also in Kraft. Eine Prüfung dieser Gründe dürfte hier um so mehr am Orte sein, als wir das von Fresnel gewonnene Resultat nicht für richtig halten können.

In Betreff des Textes des Plinius kommt hier Folgendes in Betracht. Plinius sagt: Minaei, a rege Cretae Minoë, ut existumant, originem trahentes, quorum Carmaei. Oppidum XIV mil p. Mariaba Baramalacum, et ipsum non spernendum; item Carnon. Gleich darauf folgen die Worte: Calingii, quorum Mariaba oppidum significat dominos omnium. Alsdann erwähnt Plinius den Feldzug des Gallus und sagt: oppida diruit non nominata auctoribus, qui ante scripserant, Negranam.. et supra dictam Mariabam circuitu VI mil. p., item Caripetam, quo longissime processit.

Die Schwierigkeit liegt nun, wie bereits erwähnt, in der Frage, ob an der letzten Stelle Mariaba Baramalacum oder Mariaba Calingiorum zu verstehen sei.

Fresnel's Beweis, dass an Mariaba Cal. nicht zu denken sei, ist folgender: „Die Völkerschaft, welche allein unter allen arabischen Stämmen die ausserordentliche Ehre hatte, den Römern eine Schranke entgegenzusetzen, eine Schranke, die sie nicht durchbrochen haben, kann

1) Nach Strabo XVI, 768 u. 776 werden jedoch die Minäer nicht in Hadhramaut, sondern nördlich von den Sabäern gewohnt haben, wie Kiepert sie auch auf seiner Karte eingetragen hat.

keine unbekannte sein; es ist nicht wahrscheinlich, dass diejenige Stadt, deren Belagerung Aelius Gallus nach 6 Tagen aufzuheben gezwungen wnrde, eine Stadt dritten Ranges war. So sind die Calingier und ihr Mariaba von der Concurrenz ausgeschlossen, denn die Calingier finden sich weder im Strabo noch im Ptolemäus." Freilich dann wäre diese

Entscheidung eine noch leichtere gewesen, wenn, wie Fresnel hinzufügt, ,,Plinius oder der Copist, welcher aus seinen Text überlieferte, an der letzten Stelle XIV statt VI geschrieben hätte."

Eine Beweisführung dieser Art hat im vorliegenden Falle gewiss schon ihr Bedenkliches; aber selbst wenn wir ihre Berechtigung zugestehen, müssen wir sie dennoch für eine falsche erklären. Die Prämissedes ganzen Schlusses ist unrichtig, und so vernichtet der Schluss sich selbst. Wenn nämlich Fresnel sagt: „Diejenige Völkerschaft, welche den Römern eine unübersteigliche Schranke entgegensetzte, kann keine unbekannte gewesen sein; es ist nicht wahrscheinlich, dass diejenige Stadt, deren Belagerung Aelius Gallus nach 6 Tagen aufzuheben gezwungen war, eine Stadt dritten Ranges war", so ist da vorausgesetzt, dass nur eine Stadt vor wirklicher Bedeutung und Stärke dem Vordringen der Römer eine Schranke setzen konnte, und dass also das Heer der Römer, das durch dieselbe zur Umkehr gezwungen wurde, ein starkes sein musste. Diese sich ganz von selbst ergebende doppelte Voraussetzung lässt sich aber leicht beseitigen. Das Heer der Römer, sagen wir zunächst, war durch die Beschwerden des sechsmonatlichen Wüstenzuges, durch Kämpfe mit den Arabern und durch Krankheiten bereits so geschwächt, dass es ohne Zweifel von einer Stadt dritten Ranges zur Umkehr genöthigt werden konnte. Und in Wirklichkeit war doch gewiss nicht sowohl die Stadt, als vielmehr die äusserste Schwäche des Römerheeres die Veranlassung zum Rückzuge. Sodann fragen wir: wer sagt uns denn, dass die Stärke dieser Stadt die Römer zum Rückzuge gezwungen habe? Gerade im Gegentheil sagt Strabo mit dürren Worten, dass Gallus durch Wassermangel zur Aufhebung der Belagerung genöthigt wurde.

Nachdem Fresnel in der angegebenen Weise gefunden hat, dass an der betreffenden Stelle des Plinius nur Mariaba Bar. gemeint sein könne, sagt er über diese Stadt noch folgendes: „Die Hauptstadt der Minäer sei Carnon gewesen; Plinius habe aus Römerstolz mit Absicht die Provinzialstadt (Mariaba), welche die römischen Adler gedemüthigt hatte, vergrössert und dagegen die Capitale der Minäer verkleinert und zurückgestellt durch den Zusatz: item Carnon. Mariaba sei die einzige Stadt, die Plinius mit einem solchen reflectirenden Zusatze beehre." (Vergl. über Fresnel's Meinung Ritter XII p. 276, 277, wo sich jene Ansicht noch weiter fortgebildet findet).

Wir erwiedern darauf: Bei den verschiedenen Nachrichten, die Plinius über Arabien hatte, ja bei den grossen Abweichungen, die sich überhaupt zwischen seinen geographischen Mittheilungen und denen von andern Schriftstellern jener Zeit finden, ist es durchaus nicht unnatürlich, sondern sehr wohl denkbar, dass Plinius Mariaba Bar. und nicht Carnon für die Capitale der Minäer hielt; es ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass er hier einen früheren Irrthum zu berichtigen glaubte. Alle drei von ihm unter dem Namen Mariaba aufgeführten Städte scheinen ihm nämlich bedeutungsvoll, wie er sie denn auch sämmtlich durch gewichtige Zusätze auszeichnet; aus diesem Grunde hat denn auch der Zusatz:,,et ipsum non spernendum, der bei Fresnel von so entscheidender Bedeutung ist, nichts Auffallendes. Von Mariaba metr. sagt Plinius:,,tamen regia omnium"; von der Stadt der Calingier: quorum Mariaba oppidum significat dominos omnium"; von Mariaba Baramalacum: „,et ipsum non spernendum", vermuthlich, weil er sie nach Analogie der andern beiden Städte gleichen Namens durch einen auszeichnenden Zusatz einführen wollte und sich nicht wie bei diesen ein specieller Anknüpfungspunkt dazu darbot.

Uebrigens scheint es uns nach dem Contexte des Plinius ausser Zweifel zu sein, dass er an der betreffenden Stelle an das Mariaba Cal. dachte. Plinius bezeichnet hier Mariaba, welches er als den Endpunkt des Zuges nennt, als ,,supra dictam". Es ist nun doch nicht nur das ganz Gewöhnliche, sondern auch das Allernatürlichste, dass er damit jenes Mariaba meint, von dem er zuletzt gesprochen hat, das aber war Mariaba Calingiorum. Er würde gewiss, wenn er die früher erwähnte Capitale der Minäer im Sinne gehabt hätte, „Baramalacum" hinzugefügt haben. Es ist ferner ganz undenkbar, dass Plinius innerhalb weniger Zeilen den Umfang einer und derselben Stadt zwei Mal sollte angegeben haben, und das wäre der Fall, wenn Mariaba Bar. die eroberte Stadt sein sollte. Entscheidender aber ist noch der Umstand, dass Plinius den Umfang von Mariaba Bar. zu 14000 Schritt und den der eroberten Stadt zu 6000 Schritt angiebt, und Varianten finden sich hier nicht. Diese Angabe gestattet so wenig, bei der eroberten Stadt an Mariaba Bar. zu denken, dass sie vielmehr recht eigentlich auf die Stadt der Calingier hinweist. Von diesem Orte nämlich hatte Plinius vorher den Umfang nicht angegeben; es ist also nur eine nachträgliche Ergänzung, wenn er bei Wiedererwähnung des Namens den Umfang hinzufügt. Und hier zeigt sich denn die ganze Haltlosigkeit von Fresnel's Behauptung: „der Römer habe Mariaba Bar. absichtlich vergrössert, um durch Hervorhebung dieses Ortes, der den Römern ein Halt gebot, den Schimpf des Rückzuges zu mildern. Plinius macht jene angebliche Vergrösserung („non spernendum") da, wo er ganz allgemeine geographische Angaben gibt.

Man

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