Images de page
PDF
ePub

Belohnung der fahrenden Leute.

447

Leute, als für die grausame Sinnesart der vornehmen Herren, die nicht Bedenken tragen, einem armen Teufel selbst an ihrem Hochzeitstage seinen Scherz in so roher Weise zu vergelten.

Im Uebrigen aber wurden die Spielleute reich für ihre Leistungen belohnt 1). Die Spielleute Etzels, Swemmel und Werbel, verdienen bei Kriemhildens Hochzeit mehr als tausend Mark 2). Alle die fahrenden Leute, die sich zu einem Feste eingefunden hatten, bekamen Geschenke, Geld, Kleider und andere Werthsachen 3). Alle sollen zufrieden der Festtage gedenken und die Freigebigkeit des Herrn und seiner Gäste loben 4). Aber wenn sie noch so viel erhalten, so sind sie neidisch, falls einer mehr davon trägt, und verwünschen dann das Fest und diejenigen, welche ihnen nicht genug gegeben haben 5).

Auch einer Bärenhetze 6) zuzuschauen, konnte schon recht amu

und Füssen befestigten Stricke, welche um die an beiden Enden des Balkens befindlichen Rollen oder Schrauben liefen, in die Länge gedehnt." (Pauly, Realencyclop. VI, 2033.) Der gnädige Scherz des hohen Herrn liegt also darin, dass er ihm in der That ein Pferd giebt, aber für den equus den equuleus.

1) Es wurde sehr bemerkt als Kaiser Heinrich III. bei seiner 1044 zu Ingelheim gefeierten Hochzeit infinitam histrionum et joculatorum multitudinem sine cibo et muneribus vacuam et merentem abire permisit" (Ann. Wirzeburg.).

2) Nib. Z. p. 209, 6.

3) Karlmeinet 215, 54: Ouch wart gegeuen zo den zyden, Als ich vur wær horte duden, Lodderen ind varenden luden. Erec 2177: Von golde drîzic marke, Die gap man dâ vil manegem man, Der vor nie gewan Eines halben phundes wert. Gr. Wolfdr. 2095: On schande und one sorge ward rich manig farnde man Me denn umb hundert mark, der vor einen schilling nie gewan. Titurel 1683: Smeher gabe kleine hort man da die varnden wenic schreien. Mai u. Beafl. p. 83: Swaz armer liute dar quam, Ze vlîze er der war nam. Er sazte si selbe mit sîner hant. Spîse, pfenning unde gewant Hiez er in milteclichen geben. Dar umb gekrænet wart sîn leben; p. 95, 8: Swer dâ gâbe gerte, Die man dâ heizet varnde diet, Schône man die alle beriet. Parton. 17434: Dô gap der keiser lobesam Den gernden milteclîchen solt. Pfert, kleider, silber unde golt Hiez er in allen teilen mite, Die nâch hübscher liute site Den hof durch helfe suochten. Flore 7539: Spilmanne und varnder diet, Der dekeiner dannen schiet Âne gabe und âne guot. Meler. 3651: Den varnden liuten wart gegeben, Daz si mit freuden mohten leben.

4) Êneit p. 346, 27: Herzogen unde grâven Den spilmannen si gâven Grôzlichen unde sô, Daz si dannen schieden frô Und lob dem kunege sungen, Ieslîch nâch sîner zungen.

5) Erec 2169: Den gwîs varndez vole hât, Swâ man einem vil gît Unde dem andern niht, des hât er nît Und fluochet der hochzît.

6) Ren. de Mont. p. 152, 3: Et fait ces urs combatre et ses grans ors beter. Aye d'Avignon p. 83: Et esgardent le gieu des ours et des lions Et font ces fables dire et escouter chançons.

448

VI. Turniere. Feste in Padua und Treviso.

sant sein, aber das grösste Fest für die ritterliche Gesellschaft war es immer, wenn ein Turnier veranstaltet wurde. Da zogen aus weiter Ferne die Ritter mit Frauen und Töchtern nach dem Schauplatze des Festes, da sah man und wurde gesehen, alte Freundschaften wurden unter den Festgenossen erneuert, neue geschlossen. Die jungen Ritter beeiferten sich, den Preis zu erkämpfen, und konnten sicher sein, wenn sie als Sieger aus dem Kampfe hervorgingen, bei ihren Geliebten die langersehnte Belohnung zu erreichen. Dann wurde getanzt, und einige Tage vergingen so in fröhlicher Geselligkeit 1); die Erinnerung an solch ein Fest blieb ein Schatz, der über manche langweilige Stunde der Einsamkeit auf dem abgeschiedenen Schlosse hinweghalf. Ich werde später diese Feste ausführlich zu schildern haben. In Italien veranstaltete man übrigens auch harmlosere Lustbarkeiten, bei denen Niemand sein Leben aufs Spiel zu setzen brauchte. Rolandinus Patavinus erzählt (Chron. I, 10): „Im besagten Jahre 1208, als der Herr Visconti Podestà in Padua war, wurde ein grosses Fest im Prato della Valle gefeiert, und alle Reviere (contrate) von Padua schmückten sich, jedes in der gleichen Weise und mit demselben Abzeichen, mit neuen Kleidern. Und dann kamen an besagtem Orte die Damen mit den Rittern, der Adel mit dem niederen Volke, die Greise mit den jüngeren Leuten in grosser Fröhlichkeit zusammen und waren zu Pfingsten (den 25. Mai), und einige Tage vorher und nachher, singend und musicirend so heiter und guter Dinge, als ob sie alle Brüder, alle Genossen, alle Verwandte wären, einmüthig und durch das Band innigster Liebe verbunden."

Ein anderes noch interessanteres Fest, das 1214 in Treviso stattfand, schildert uns derselbe Autor (Chron. I, 13): Zur Zeit dieses Podestà (des Albizi Florensis) wurde ein Hoftag der Fröhlichkeit und Lustbarkeit in der Stadt Treviso veranstaltet, zu dem so viel als möglich Paduaner, sowohl Ritter als Fusssoldaten eingeladen wurden. Es gingen dahin auch eingeladen, um diesen Hoftag zu schmücken, ungefähr zwölf Damen, von den edelsten und schönsten und am meisten. zu Spielen geeigneten, die damals in Padua zu finden waren. Der Hoftag oder das Spiel war aber folgendermassen: es wurde zum

1) Ann. Veron. 1242: Et eo anno Henricus de Egna tunc existens potestas Veronae fecit magnam curiam militum et domnarum cuiuscumque conditionis in palatio communis Veronae, et in foro seu mercato Veronae milites bagordaverunt et tunc domnae ballaverunt in ponticellis factis extra palatium communis Ve

ronae.

Fest in Treviso.

449

Scherz eine Burg gebaut und in diese die Damen mit ihren Jungfrauen, Geleiterinnen und Dienerinnen gebracht, die nun ohne Beihülfe eines Mannes diese Burg weislichst vertheidigten. Diese Burg war auch von allen Seiten mit solchen Befestigungen beschützt, nämlich mit Bunt- und Grauwerk, mit Purpur-, Sammet-, Scharlachstoffen,

[graphic][subsumed][subsumed][subsumed]

Fig. 107. Elfenbeinerne Spiegelkapsel des Klosters Reun.

Seidentüchern aus Bagdad und Almeria. Was soll ich sagen von den goldenen Kronen mit Chrysolithen und Hyacinthen, mit Topasen und Smaragden, mit Rubinen und Perlen und von den Zieraten aller Art, mit denen die Damen ihre Häupter gegen den Angriff der Kämpfer

Schultz, höf. Leben. I.

29

geschützt hatten. Auch die Burg musste erstürmt werden und wurde erstürmt mit folgenden Wurfgeschossen und Instrumenten: mit Aepfeln, Datteln und Muskatnüssen, mit kleinen Torten, mit Birnen, mit Rosen, Lilien und Veilchen, zugleich mit Flacons gefüllt mit Balsam, Parfums, Rosenwasser, mit Ambra, Kampher, Cardamum, Zimmt, Nelken, kurz mit allen Arten von Blumen und Spezereien, die nur wohlriechen und glänzend sind. Von Venedig wohnten diesem Spiele viele Männer und mehrere Damen bei, dem Hoftage eine Ehre zu erweisen, und unter dem kostbaren Banner des heiligen Marcus kämpften die Venetianer weise und ergötzlich." Die Erstürmung einer solchen Minneburg ist dargestellt auf der geschnitzten elfenbeinernen Spiegelkapsel des Stiftes Reun in Kärnthen, abgeb.: Anz. f. Kunde d. deutschen Vorzeit 1866, N. 6; Mitth. d. k. k. Comm. XII, p. IV; XVIII, 164. Kunst- u. culturgesch. Samml. d. Germanischen Mus. Taf. XXVI, 7 (s. Fig. 107).

Endlich schieden die Gäste. Der Wirth begleitete sie noch bis zu den Rossen und leerte mit ihnen einen letzten Becher auf glückliche Reise und ein frohes Widersehen: sie tranken,sant Gertrûte minne" 1) oder ,,sant Johannes segen"?).

1) Erec 4019: Ze hant truog er im dô Ze heiles gewinne Sant Gêrtrûte minne. Vgl. Mhd. Wtb. I, 500.

[ocr errors]

2) Erec 8652: Ein trunc man im dar truoc Und trane sant Johannes segen. S. Oswald 611: Er gap im sant Johannis minne; cf. 1225 ff. Vgl. Mhd. Wtb. I. 773. Lassb. Lieders. IV, 313: Setz sant Johannes ze bürgen mir, Daz wir vrœlich unde schier Zuo ein ander komen. Vgl. auch Anz. f. K. d. deutschen Vorzeit 1832, 254 u. 1833, 159.

VII.

Zu keiner Zeit hat man wohl so viel über das Wesen der Liebe gegrübelt und gedüftelt, als in der Periode, in welcher das höfische Wesen ganz besonders blühte 1). Die Vrouwe Venus ist allgewaltig; Jedermann ist ihr unterthänig, der Kaiser und der Papst, der Laie wie der Kleriker, Männer und Frauen 2); ja die grösste Weisheit und Gelehrsamkeit schützt nicht vor der Venus und vor Amors Pfeilen (strâlen), der grundgelehrte Aristoteles lässt sich von der lockeren Phyllis berücken 3); der weise Salomo ), der grosse Zauberer Virgil'), alle sind sie der Liebe gegenüber wehrlos. Dies ergiebige Thema wird nun von den Minnesingern in allen Tonarten variirt. Wir würden uns jedoch sehr irren, wollten wir annehmen, dass diese von den Dichtern besungenen zärtlichen Neigungen lediglich platonischer Natur gewesen sind. Wenn je eine Zeit allein den realen Genuss im Auge gehabt hat, so ist es die damalige"); mit blossem Anbeten und Schmachten ist weder den Männern noch den Frauen gedient.

Die damalige Generation war körperlich gesund und kräftig. Von früher Jugend an hatten die Männer ausschliesslich ihre Körperkräfte ausgebildet; viel im Freien lebend waren sie erstarkt; die fast ans

[ocr errors]

1) Êneit p. 261, 27 ff.; Trist. p. 295, 6 ff. Gottfried von Strassburg sagt zwar selbst (Trist. p. 306, 29): „Ein langiu rede von minnen Diu swæret höveschen sinnen", aber trotzdem ist er selbst sehr redselig; Heinzelein von Constanz, der Minne Lehre (hgg. v. Pfeiffer); Chastiement des Dames 894 ff. u. s. w.

2) Heinz. v. Const. Minne Lehre 140: Dô gedâht ich vil gereite, Waz diu minne möhte sîn, Diu keiser, küneg und künegîn, Müneche, nunnen, herzogen, Bischove, bæpste mit ir bogen Schiuzet und mit ir strâle, Jung und alt ze mâle, Pfaffen und schuolære.

3) S. z. B. Gesammtabenteuer I, p. LXXV ff. und p. 21 ff.

4) z. B. Parz. 289, 16.

5) Gesammtab. II, 509 ff.

6) Gesammtab. III, 17 ff.

« PrécédentContinuer »