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dem Stamme, Damit findet die Tatsache, von welcher aus Thureau-Dangin seine Theorie aufstellt, eine andere, viel näher liegende Erklärung, die sich auf die Analogie aller andern zusammengesetzten Verben stützt. Das Gesagte mögen einige Beispiele bekräftigen. Die beiden Verbalformen e-ne-gar und e-ne-ta-gar, Fö. 158; 3 u. pass. geben dieselbe Bewegungsrichtung an; in beiden Fällen handelt es sich um eine Lieferung vom Tempelmagazin aus; in e-ne-ta-gar wird nur ausdrücklich angegeben, dass sie vom vorhererwähnten Magazine aus erfolgte. Dieselbe Bewegungsrichtung findet sich bei all den zahlreichen e- Formen dieses Stammes, ganz gleichgültig, ob die Infixe šú und ta stehen oder nicht. In allen diesen Fällen geht die Bewegung vom Zentrum, d. h. von dem Haupthandelnden aus, ta gibt genau den Ort an, von dem sie ausgeht und šú den Ort, auf den sie gerichtet ist. Auch ohne šú und ta kann die Bewegungsrichtung festgesetzt werden, wenigstens in allgemeiner Weise. Sobald aber diese sich ändert und von aussen zum Zentrum geht, heisst es mu-na-ta-gar, Fö. 28. Andere Beispiele s. oben unter 1. Sie zeigen mit Sicherheit, dass die allgemeine Bewegungsrichtung der Handlung durch die Präfixe muund e-, nicht durch die Profixe šú und ta bestimmt wird. Wie können diese Praefixe aber eine solche Kraft haben, wenn sie nicht lokale Bedeutung haben?

In meinem Systeme haben also alle Verbal-Praeformative adverbielle Bedeutung, während andere Beziehungen, (Tempus, Numerus, Person (?)) durch Suffixe bezeichnet werden. Ich sehe es als eine Schwäche der Theorie P. Witzels an, dass nach ihm ni-, und oft auch ba- und e- lokale Bedeutung haben, mu- allein aber nicht. Und doch hat auch nach ihm muetwas mit dem Orte zu tun; denn wenn nach ihm e- die Ferne bezeichnet und daher mit jenes zu übersetzen ist, so muss mu- die Nähe bedeuten.

IV KRITIK DER ENTGEGENGESETZTEN THEORIEN.

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1) Thureau-Dangin stützt seine Ansicht, dass mu-, ni-, e-, ba- Subjektpraefixe seien, auf die Tatsache, dass sie an erster Stelle stehen; ‹ also sind sie Repraesentanten des Subjektes ». Aber dieser Schluss bedarf des Beweises, da jene Tatsache auch eine andere Erklärung haben kann, wie im vorigen Abschnitte unter 3) nachgewiesen wurde. Der Schluss wäre richtig, wenn der allgemeine Satz sicher wäre: Alle Satzteile werden durch die Verbal-Praefixe vor dem Verbum wieder aufgenommen. Aber die Wahrheit dieses allgemeinen Grundsatzes müsste erst bewiesen werden. Es kann freilich kein Zweifel darüber bestehen, dass die Verbalinfixe da, ta, šú, ni eine vorausgehende gleiche oder bedeutungsverwandte Postposition, oder irgendeine Ortsangabe wiederaufnehmen. Auch die Infixe na, ne und ra greifen auf vorhergehende Dative zurück. Dass aber deshalb auch auf das Subjekt (und das direkte Objekt) durch eine Verbal-Partikel vor

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dem Verbum bezug genommen werden müsste, folgt daraus noch nicht, da auch andere Möglichkeiten bestehen. Insbesondere spricht die Tatsache, dass die drei Personen beim Verbum weder im Singular noch im Plural durch Verbal-Praeformative ausgedrückt werden (so wenigstens in den altšumer. einsprachigen Texten) von vornherein gegen die Vermutung, dass das Subjekt durch eine Verbalpartikel vor dem Verbum wieder angedeutet werden müsste.

Th.-D. hatte, hauptsächlich gestützt auf RTC 19, die richtige Beobachtung gemacht: Bei dem Praefix mu ist die Bewegungsrichtung von ‹ aussen zum Zentrum », bei ‹ e › < vom Zentrum nach aussen ». Durch sorgfältiges Studium aller ältesten Texte bis auf die Zeit Urukaginas einschliesslich fand ich, dass dieser Grundsatz bei allen Verben der Bewegung (es handelt sich um etwa 30) durchgeführt wird und zwar ausnahmslos, gewiss eine Seltenheit in der šumer. Grammatik. Es handelt sich hier um viele Fälle aus der Zeit Lugalandas und Urukaginas sind mir über 1400 Wirtschaftstexte bekannt und es handelt sich um sicher richtig erklärte Verbalformen, wenigstens was die Auffassung der Bewegungsrichtung angeht, welche in den betr. Formen zum Ausdruck kommt.

Diese Tatsache wurde in ihrer ganzen Ausdehnung und Sicherheit weder von Thureau-Dangin, noch von P. Witzel (von Poebel gar nicht zu sprechen) gewürdigt. Sie war ihnen offenbar mehr eine zu lösende Schwierigkeit, als etwas, was in erster Linie zu erklären war. Nach mir ist einfach « mu » = « her, ein » u. dgl., ‹ e › = ‹ aus, weg, ab u. dgl. › das erklärt die obige Erscheinung restlos. Th.-D. und P. W. traten mit ihren fertigen, andern Erwägungen entsprungenen Theorien an diese Tatsachen heran. Nach Th.-D. bedeutet mu > · jener, e dieser . P. W. hingegen wurde bei der gleichen Auffassung der Texte, ganz konsequent zu seiner Theorie, gezwungen, mu» mit diesen, dieses», «e mit jenen, jenes zu übersetzen. Wie können nun diese beiden lahmen, dazu noch einander entgegengesetzten Übersetzungen von mu» und «e» deren ganz offenbare Beziehung zur Bewegungsrichtung, die in dem betr. Satze zum Ausdruck kommt, erklären?

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Wie will insbesondere P. W. den Satz übersetzen: NN šitim-bi e-ag, RTC 42; 49; Fö. 66; 160; 195; DP 88; 93; 94 u. o. NN hat diese Zählung jene gemacht? Und hier handelt es sich um Sätze, welche in unsern ältesten šumer. Texten passim vorkommen. Es kann also nicht gesagt werden, dass der Unterschied zwischen mu und «e sich bereits verwischt habe. Nach meiner Auffassung wäre e-ag = effecit.

Th.-D. kommt mit seiner Theorie manchen Texten gegenüber in noch grössere Verlegenheit.

Unter den Listen aus der Zeit Lugalandas gibt es einige, in welchen die Verbalformen mu-DU, ni-DU, ba-DU nebeneinander vorkommen, z. B. DP 300; 319; Nik. 284. Der zweite dieser Texte lautet in der Umschrift: 90 suhura-aar-ra; 60 gu(d)-dar-ra; itu-gu(d)-du-ne-mú mu-DU

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; En-ig-gal, Nu-banda, é-sal-a ni-DU

3

10 suhura-dar-ra; 1 pisàn-gu(d)1a-anšu-nita; é-gal-la ki-sal-šú ba-DU itu ezen Ne-gu(n)-ka mu-DU

ha-il-kam. Šubur, šu-ha a-šes-ge mu-DU.

Diese Liste übersetze ich: 90 gedörrte suhur-Fische und 60 gedörrte Ochsenfische wurden im Monate gu(d)-du-ne-mú eingebracht. Diese Fische brachte Eniggal, der Nubanda, in das é-sal herein. 10 gedörrte suḥurFische und 1 Korb Fische gu(d)-anšu-nita wurden in den Palast an den Frauenort weggebracht. (Diese) wurden im Monate des Festes des Gottes Negu(n) eingebracht.

Abgabe-Fische. Subur, der Fischer des brackigen Küstenwassers, hat sie eingebracht.

Über die Richtigkeit dieser Übersetzung besteht nicht der geringste Zweifel. Nur fragt sich, wie die Verbalformen wörtlich zu erklären sind. Nach Th.-D. wären sie der Reihe nach aufzulösen:

I. mu-DU=jene + wurden gebracht.

Vielleicht ergänzt er in diesem Satze aus der Unterschrift das Subjekt Šuhur, der Fischer...; über die Berechtigung dieser Ergänzung weiter unten: sie möge einstweilen gelten; dann wäre:

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III. ba-DU=ba = (?)+wurden gebracht;
IV. mu-DU=jene +

V. mu-DU= jener + hat gebracht.

Hierzu ist folgendes zu bemerken:

oder jener + hat gebracht;

Zunächst ist die Lesung ni (e) unberechtigt. Denn die Form ni-DU kommt in der gleichen Bedeutung mehr als 100 mal in diesen Wirtschaftslisten vor, ein e-DU nie; es finden sich nur Formen wie e-na-DU; e-ne-DU; e-ma-DU; e-da-DU; e-šú-DU; e-ma-ta-DU:

Wenn in diesen Formen «e geschrieben wird, warum nicht e-DU? Warum immer ni-DU? Wo ist der Beweis, dass in diesen Texten ni ‹ ì» (= e) (1) zu lesen ist?

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Wenn nun aber ni zu lesen ist, wie will Th.-D. diese Partikeln wörtlich übersetzen? Nicht durch ‹ dieser »; denn das ist schon durch das Praefixe festgelegt; dann bliebe vielleicht nur mehr ni‹ er übrig. Welches Pronomen wäre dann für ba einzusetzen? derselbe oder er selbst > ginge nicht; denn die Person, welche das Eingebrachte wegbringt, ist gewöhnlich von den andern verschieden.

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Da ferner die obigen Formen immer streng auseinandergehalten werden, müssten die obigen Erklärungen der Praefixe fest und unveränderlich

(1) Sollte es sich bewahrheiten, dass « NI » « i» gelesen wurde, müsste dieses «i» nicht notwendig gleich dem Praefix « e» sein; denn im Šumerischen werden ja manche « i- » und «<e-» Silben streng auseinander gehalten, wie z. B. «me » und « mi ». « NI » könnte gleich <i» sein und « in, herein » bedeuten. So würde sich das «i» in den bekannten Zeichennamen, welche auf i-DU endigen, vollkommen erklären, z. B. ša lagabba-Ku-halla-i-DU, Br. 10215, d. h. lagab, in welches halla hineingeht oder hereingebracht wird.

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sein, nämlich mu « jene(r) » ; e = ‹ diese(r); nier, sie; ba = ? Hier lässt sich zunächst fragen: Wie drücken diese Pronomina die von Th.-D. richtig erklärten Bewegungsrichtungen des Verbums aus? In diesem Texte handelt es sich um drei Richtungen: zum Zentrum; im Zentrum von einer Stelle zur andern; vom Zentrum weg.

Diese Bewegungsrichtungen sind unlöslich mit den Formen mu-DU, ni-DU; ba-DU verknüpft. An mehreren Hunderten von Stellen, an denen diese Verbalformen vorkommen, haben sie immer die gleiche, feste Bedeutung. Verbindet man einmal eine andere Bewegungsrichtung mit einer dieser drei Formen, geht sogleich das richtige Verständnis des betr. Textes verloren.

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Ferner gibt es viele Listen, in welchen nur zwei dieser Formen vorkommen: mu-DU ni-DU/ba-DU. Weshalb darf in solchen Listen nicht mit << dieser operiert werden; nach Th.-D. wäre das nicht gestattet, da das Praefix e fehlt; oder, wenn er Ni‹è › setzte, dürfte man nicht er, sie › einsetzen. Ist zwischen dieser, jener, er, ba = ? › ein so grosser Unterschied? In dem Satze: Urd Nina é dNina mu-du wäre die Verbalform zu erklären: ‹ jener + hat gebaut ». Man erwartet hier doch notwendig mu‹ dieser » oder « er ».

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Die Übersetzung mu-Du = bracht; ba-Du= weg-gebracht

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ein-gebracht; ni-Du = < herein-gedrückt klar und scharf die betr. Bewegungsrichtung dieser Verbalformen aus und passt an allen Stellen, an denen sie sich finden. Daher ist sie allen andern vorzuziehen.

Die lokale Bedeutung nicht nur des Infixes, sondern auch des Praefixes << ni halte ich mit P. Witzel für absolut sicher, auch in dem Falle, in welchem es mit der Postposition « ta konstruiert wird.

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Die Deutung des Praefixes ba- ›, wie Th.-D. sie bietet, leidet sehr an Unklarheit. Einerseits soll ba Subjektspartikel sein; dann wird es mit celui-là übersetzt; wenn das Verb aber passivisch zu fassen ist, müsse das handelnde Subjekt indeterminiert (1) sein, es müsste also durch das Deutsche man erklärt werden, vgl. ZA 20, 398. ba-dib soll nach ihm bedeuten können il prit (la ville); (la ville) se prit = fut prise; il prit pour soi (la ville) ». Wie kann « ba » alle diese Bedeutungen in sich vereinigen? Wenn ba- Subjektspraefix ist, muss es doch Nominativ sein. Wenn Th.-D. es aber mit se, pour soi erklärt und davon die Verwendung von ba- bei passivem Sinn ableiten will, scheint er doch ba bia zu setzen. Wie könnte dann aber, ba-» zugleich Subjektspartikel sein? Warten wir also zunächst eine weitere Klärung seiner Auffassung bezüglich des Praefixes « ba- ab.

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(1) Wenn das handelnde Agens determiniert ist, soll nach Th.-D. gewöhnlich die Gruppe: Subjekt + da + Verb verwendet werden. Aber weder die von ihm zitierte Verbalform e-da-DU, RTC 19, 6 (Ma-al-ga e-da-DU M. nahm es mit fort) ist passivisch zu fassen, noch die beiden häufigen Formen e-da-ti(l) = er wohnte bei..., e-da-sig sie wohnten bei.....

2) P. Maurus Witzel hat bezüglich meiner Auffassung von ni › und <ba kaum eine Schwierigkeit. Es ist ja sein Verdienst, dass er die lokale Bedeutung des Praefixes und Infixes «ni» allgemein nachgewiesen hat. Die Meinungsverschiedenheit zwischen uns beiden dreht sich hauptsächlich um die Praefixe mu und e. Bezüglich des alleinstehenden Praefixes mu- formuliert er seine Begründung mir gegenüber in folgender Weise.

« Das alleinstehende mu findet sich bei einem intransitiven Verbum oder einem transitiven ohne Objekt überhaupt nicht, so dass die Wahl eines andern Praefixes in all diesen Fällen doch unmöglich auf Zufall beruhen kann ›. ‹ Allein im Cyl. A. Gudeas findet sich mu- wohl 50 mal. Und an allen diesen Stellen handelt es sich um ganz kurze Sätzchen mit transitiver Bedeutung, ohne alle Angabe des Ortes oder eines andern grammatikalischen Verhältnisses, sozusagen um einfache, nackte transitive Sätze. Daraus muss man den Schluss ziehen, dass das einfache mu- entweder das Subjekt oder das Objekt ausdrückt, da andere Verhältnisse, die ausgedrückt werden könnten, fehlen. Da aber kein einziges andere Praefix das Subjekt bezeichnet, tut es auch mu nicht ›.

Hierauf lässt sich erwidern: Bei dem ganzen Argumente wird vorausgesetzt, dass alle Verbal-Praeformative notwendig irgend einen Satzteil vor dem Verbum wieder aufnehmen müssen. Dieser Grundsatz ist bis jetzt nicht bewiesen und auch sicher nicht richtig. Im Deutschen können wir z. B. folgende Sätze bilden: Er brachte es ein; er brachte es herein; (vom vorigen unterschieden!) er brachte es weg; er führte es aus; er lieferte es ab; er sah es ein u. s. w. So ist es in allen Sprachen, welche verba composita bilden z. B. im Lateinischen intulit; attulit; extulit; abstulit. In allen diesen Sätzchen sind nun die Partikeln: ein, herein, weg, aus, ab u. s. w. Verbal-Praeformative, die keinen Satzteil vor dem Verbum wieder aufnehmen. Sie könnten sich auf eine Ortsbezeichnung in allgemeiner Weise beziehen, fordern aber eine solche nicht und sind ohne eine solche auch vollkommen klar und verständlich.

Die Theorie P. W.s leidet also an demselben Grundirrtum, wie die Th.-D.s; siehe hierüber oben 1). Ebendaselbst wurde auch die Schwierigkeit besprochen, auf die P. W. bei der Unterscheidung von ‹ mu › und <estösst, wie auch seine Erklärung bezüglich der sogenannten Profixe.

Thureau-Dangin gegenüber argumentiert P. W. bezüglich des alleinstehenden Praefixes mu- in folgender Weise: Das alleinstehende mufindet sich nie bei einem intransitiven Verbum, auch nicht bei einem transitiven ohne Objekt; aber es gibt viele Hundert Fälle mit mu-transitivem Verb. Diese sonderbare Erscheinung fordert doch eine vernünftige Erklärung; diese kann nur sein: mu- ist Objekts-Praefix ». Der Beweis für diese behauptete Tatsache scheint mir nicht erbracht

zu sein.

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Es gibt Verbalformen mit dem Praefix ‹ mu- (und‹ e- »), welche viel passender durch ein intransitives, als durch ein transitives Verb übersetzt

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