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Mit den Worten: Sie habendt yoch Krieg oder nitt" wird unzweideutig auf den Handel und Verkehr der neutralen Schweiz oder des neutralen Oesterreichs bezw. Burgunds für den Fall eines künftigen Krieges Bezug genommen.

B. Neutrale Stellung der Eidgenossen in einem Streite zwischen Herzog Philipp zu Bayern und

Herzog Albrecht zu München 1504.

(E. A. III, p. 259): Tagsatzung zu Frauenfeld am 3. März 1504.

Doctor Laurenz Wissberger, Chorherr zu Zürich, als Bevollmächtigter des Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogs Philipp zu Bayern, gibt Kenntniss von der zwischen diesem und Herzog Albrecht zu München ausgebrochenen Zwietracht, welche ohne Zweifel den Eidgenossen schon kund geworden sei und bittet im Namen des Pfalzgrafen, wir möchten, von zwölf oder sechs Orten, nach unserem Gefallen, eine Botschaft nach Rottweil, Konstanz, oder andere gelegene Orte in seinen Kosten senden, um eine gütliche Vermittlung oder eine Verständigung zu Recht zu versuchen. Zur Unterstützung seines Gesuches erinnert der Pfalzgraf an die guten Dienste, die er den Eidgenossen in ihrem letzten Kriege erwiesen hätte, und an seine ihnen stets günstigen Gesinnungen. Es wurde mit Dank für diese Eröffnungen geantwortet: „wir háben ein Wesen angenommen uns keiner fremden Fürsten und Herren weiter anzunehmen, sonst würden wir ihm gerne in der Sache dienen."

In dieser Antwort ist die Regel ausgesprochen, sich von Streitigkeiten zwischen dritten Staaten fernhalten zu wollen. Dass die Eidgenossen in diesem Falle Bedenken trugen, als am Streite Unbetheiligte sogar eine freundlich nachgesuchte Vermittlung zu gewähren, er

klärt sich schon daraus, dass dieses Gesuch nur von der einen der zwei Parteien gestellt wurde, beweist aber auch, wie sehr unsere damaligen Vorfahren sich der Pflichten eines neutralen Staates bewusst und wie sehr sie darauf bedacht waren, sich in dieser Eigenschaft nicht zu compromittiren.

C. Die Neutralität der Reichsstadt Rottweil im SchwabenKriege, von den Eidgenossen beantragt.

(E. A. III, 60). Rottweil, eine der Eidgenossenschaft früh befreundete und später als zugewandter Ort verbündete Stadt im heutigen Württemberg, befand sich bei Ausbruch des Schwabenkrieges in einer sehr misslichen Lage. Einerseits war sie von ihren Verbündeten, den Eidgenossen, gänzlich abgeschnitten und konnte von diesen nicht unterstützt werden, anderseits wurde sie als Reichsstadt vom Kaiser gedrängt, für ihn gegen die Eidgenossen Partei zu ergreifen. Da sandten die von Rottweil Boten an die Tagsatzung zu Zürich vom 12. Mai 1499, um die Eidgenossen zu fragen, wie sie sich in dieser kritischen Lage zu benehmen hätten. Es wurde ihnen von der Tagsatzung einhellig geantwortet: „Da wir Eidgenossen wider das Reich nichts vorgenommen, sondern vom Schwäbischen Bund angegriffen und zur Gegenwehr gedrängt worden seien, dermassen mit dem Reich nichts in Unfreundschaft zu thun haben, so möchten sie in Ansehung der alten Treue und Freundschaft, die zwischen uns und ihnen bestanden, sich wider uns nicht bewegen lassen, sondern ruhig bleiben". Wir wollen sie nicht um Hülfe ansuchen, in der Hoffnung, dass auch der römische König sie dann unangefochten lasse. Die Auffassung, welche die Eidgenossen von der Stellung Rottweils hatten, war demnach die: Rottweil hatte als Reichsstadt nur dem Reiche zu folgen, nur für das

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Reich in den Krieg zu ziehen. Oesterreich gegenüber war Rottweil eine unabhängige Stadt, die das Recht hatte, für Oesterreich oder die Eidgenossenschaft Partei zu ergreifen. Nahm sie aber am Kriege weder zu Gunsten des einen noch des anderen Staates Theil, so sollte sie einen gerechten Anspruch darauf haben, neutral zu bleiben.

D. Die neutrale Stellung der Eidgenossen gegenüber den Feindseligkeiten zwischen dem Könige von Frankreich

und dem deutschen Kaiser, 1507-1508.

Weitaus am wichtigsten war schon damals die Neutralität der Eidgenossenschaft in Kriegen zwischen Frankreich und dem deutschen Reiche bezw. Oesterreich. Sie war aber auch schon damals am schwierigsten durchführbar. Denn einerseits scheuten die Könige von Frankreich keine Mühe und kein Geld, die Schweizer, nachdem sie deren militärische Tüchtigkeit erkannt, für sich zu gewinnen und konnten ihnen auch wirklich viel grössere materielle Vortheile bieten, als die deutschen Kaiser, anderseits betrachteten sich die Eidgenossen, trotz ihrer gänzlichen thatsächlichen Unabhängigkeit vom Reiche, stets noch als Verwandte" des Reichs und brachten es nicht über sich, direkte Angriffe gegen die stammverwandte deutsche Nation zu unterstützen. Dem französischen König lieferten sie zu vortheilhaften Bedingungen vertragsmässig Söldner, behielten aber in ihren Freundschaftsbündnissen mit Frankreich stets das Reich als ihren Freund vor'). Den deutschen Kaiser nannten sie noch immer ihren allergnädigsten Herrn, wiesen aber

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1) Siehe darüber namentlich den Vertrag der Eidgenossen mit Ludwig XI. von 1474, 26. Oktober. (E. A. II. Beil. 53.)

dessen Forderungen, wenn sie noch so bescheiden waren, des Entschiedensten zurück, sobald er seine verwirkten nominellen Rechte irgendwie praktisch geltend zu machen suchte. Dieser Zwiespalt zwischen dem materiellen Vortheil und der Ehrfurcht vor der historischen Tradition hat viel dazu beigetragen, die Stellung unserer Vorfahren in Neutralitätsfällen zu verwirren. Umsomehr Anerkennung schulden wir ihrer politischen Tüchtigkeit, wenn sie, unbeirrt durch Verlockungen von der einen und ohne Furcht vor den Drohungen von der anderen. Seite, so frühe schon daran festhielten, dass sie als eigener, selbstständiger Staat ihre eigenen Interessen zu vertreten und vertheidigen hatten. Seit dem Schwabenkrieg trugen die Eidgenossen stets Bedenken, für Deutschland oder Frankreich offen Partei zu ergreifen. Sie erkannten klar genug, dass das Gleichgewicht zwischen diesen Staaten ihnen am nützlichsten war, das Uebergewicht. eines derselben aber verderblich werden konnte. Nur wo sie über die günstigen Erfolge der einen Partei Argwohn schöpften, fühlten sie sich veranlasst, der andern heimlich Hülfe zukommen zu lassen.

Als Kaiser Maximilian um die Hülfe der Eidgenossen für seinen „Romzug" gegen den König von Frankreich nachsuchte, vertraten sie consequent und mit Entschiedenheit den neutralen Standpunkt. Sie erklärten zwar den Gesandten Maximilians auf einer Tagsatzung zu Zürich, sie wollten ihm Hülfe leisten, aber weder gegen den König von Frankreich, noch gegen sonst Jemanden Feindseligkeiten begehen. Maximilian war durch diese Abweisung in zusagender Form natürlich nicht zufriedenzustellen, um so weniger, als er, gestützt auf die bisherigen Antworten der Eidgenossen, auf ihre Unterstützung zu zählen sich für berechtigt hielt. Er schrieb am 13. September 1507 einen Brief an sie, wo

rin er ihnen ernste Vorwürfe macht und u. A. Folgendes sagt: (E. A. III2, p. 399) „Und als gemain Aidgenossen oder etlich aus Inen auf demselben Tag durch geschwind bös praktiken vnd Gelt der Franzosen, das sy dann allein darumb aus seyen, damit sy widerwillen vnd vnainikait zwischen vns und Euch machen, von Irer Antwurt vnd Abschaiden auf vorigen tagen gefallen vnd denselben ganz ungemäss und widerwertig Antwort geben, sy wollen uns unsern Romzug helfen vollbringen, aber gegen dem Küng von Frankreich noch sonst yemands andern nichts handeln oder fürnehmen vnd darauf weiter tag auf Montag nach sant Bartolomäustag angesetzt, das vns merklichen befremdet vnd beswärt aus den Vrsachen, daz sy selbs wissen, daz wir unsern Durchzug durch Mailand, wie vnser Vorfaren getan, oder durch die herschaft Venedig lande nemen vnd thun müssen."

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Des Weiteren heisst es im genannten Brief, nachdem Kaiser Maximilian die Eidgenossen noch ein Mal mit allem vleiss und ernst" zur Hülfeleistung gegen jedermann gemahnt: wo Ir aber je solch hilff wieder meniglich nit zusagen vnd beweysen wollet, alsdann begeren wir an Euch dz Ir stillsitzen vnd keiner parthey hilf oder Zuschub thuet, auch Ewern Knechten zu kainem Küng, Fürsten oder herrn, auch in kain frömd Land wider uns zu lauffen gestattet vnd das auf das höchst verpietet vnd dermassen darin handelt, das wir abnemen mügen, daz Ir in gutem willen gegen vns vnd dem hl. Reich verharren vnd vnser des heil. Reichs vnd gemeiner teutscher Nation vnd Ewer selbs Eer vnd wolfahrt mer vnd höcher, dann einen kleinen aigennuz, so etlich der Ewern annemen, betrachten, daraus vns vnd Euch, dem hailigen Reich, auch teutscher Nation vnd gemainer Cristenhait Krieg, aufruren vnd widerwerti

kaiten erwachsen möchten."

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