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25927

OCT 25 1927

Einleitung.

Völkerrechts.

Die Frage der Neutralität ist eine Frage völker- Die Neutralität rechtlicher Natur und als solche vermöge ihrer breiten ein Zweig des Construction so sehr verknüpft mit allen unsern Ideen und Anschauungen über die internationalen Verhältnisse der Staaten, dass sie nach dieser Richtung hin als getreuer Ausdruck des Charakters unserer Zeit erscheinen muss. Dieser gibt sich kund schon in der Art und Weise, wie das Völkerrecht überhaupt in seinem Grundwesen aufgefasst und beurtheilt wird1).

kerrechts.

Was uns betrifft, so stehen wir nicht an, dem Völ- Natur des Völkerrecht die rechtliche Natur zuzuerkennen, übersehen aber keineswegs, dass darüber eine wirre und noch keineswegs entschiedene Streitfrage herrscht2).

1) Siehe darüber namentlich Holtzendorff, Völkerrecht, Einleitung.

2) Für die rechtliche Natur des Völkerrechts sprechen sich u. a. aus: Holtzendorff, Völkerrecht p. 24: „Wer aus dem gegenwärtigen Zustand der Privatrechts- oder Strafrechtsgesetzgebungen einen Grund entnimmt um dem Völkerrecht positive Qualität abzusprechen, verfährt in seiner Beurtheilung unbedachtsam und oberflächlich".

Ferner Ihering: „Der rechtliche Charakter des Völkerrechts sowohl wie der den Monarchen betreffenden Bestimmungen der Verfassung kann nicht Gegenstand des Zweifels sein.

Gegen unsere Ansicht spricht sich Lorimer Institutes of international law. Bd. II, pag. 189 folgendermassen aus: There is really no positive international law at all. Public international

Thatsächliche Bedeutung des Völkerrechts für

len Verkehr.

Beim Völkerrecht, das sich naturgemäss noch auf einer relativ niedrigen Stufe der Entwicklung befindet1), ist es leicht erklärlich, wenn dermalen über dessen Grundcharakter sehr verschiedene Anschauungen gegen einander streiten.

Die Besprechung derselben gehört indess nicht in den Rahmen dieser Arbeit. Für diese genügt es zu den internationa- konstatiren, dass geordnete Verhältnisse zwischen den einzelnen unabhängigen Staaten de facto bestehen. Thatsachen lassen sich eben nicht leugnen, und die zahlreichen internationalen Verträge, die gleichsam vor unseren Augen fast täglich abgeschlossen werden, sind der beste Beweis dafür, dass die regelnden Normen des Rechts, so precär auch deren Durchführung im einzelnen Fall erscheinen mag, längst über die Grenzen der Staaten hinaus getreten sind und die Beziehungen derselben zu einander erfasst haben. Diese Beziehungen sind heutzutage mannigfach, und wenn wir uns so sehr mit dem Völkerrecht beschäftigen, so ist dies nichts als die zwingende Logik der faktischen Verhältnisse, der sich keine Theorie zu entziehen vermag. In der That, wie sehr auch die heutigen Ansichten über die Natur des Völkerrechts auseinandergehen, so hat doch keine Zeit dasselbe so eifrig gepflegt, wie die unsrige. Es wird

law is neither defined nor enforced by any authority superior to that, which its subiects retain in their own hands, and private international law is positive only to the extent to which, in virtue of its adoption by municipal systems it ceases to be international.

1) Holtzendorff Völkerrecht I. pag. 11: „Das internationale Recht bedeutet die letzte und späteste Gestaltung der Rechtsverhältnisse, welcher die Ausbildung haltbarer Fundamente des Privat-Straf- und Staatsrechts vorangegangen sein muss“.

jetzt in einem Jahrzehnt mehr darüber geredet und geschrieben, als in ganzen frühern Jahrhunderten.

denzen unserer

Zeit bezügl. des

Verkehrs.

Dagegen ist allerdings wahr, und muss hervorge- Politische Tenhoben werden, dass die politischen Tendenzen unserer Zeit nicht auf die Ausbildung und Verbreitung des internationalen Völkerrechts gerichtet sind. Das Verdienst der heutigen Staatslenker ist es nicht, wenn sich jenes trotzdem weiter fortentwickelt. Das Streben nach möglichster Abgeschiedenheit und die weitgehende Exclusivität, die heute in den meisten Staaten prädominiren, bewirken, dass auf manchem Gebiete der internationale Verkehr stockt, oder nicht zu erspriesslicher Entfaltung gelangt. Die gewaltigen Waffenrüstungen, die hüben und drüben. mit stets zunehmender Hast betrieben werden, lassen das gegenseitige Zutrauen nicht aufkommen. Dies alles wirkt natürlich auf das Völkerrecht zurück. Die Abnahme oder Erschwerung der internationalen Beziehungen bedeutet zugleich eine Beschränkung in der Anwendung des internationalen Rechts.

schaft mit Hin

nisse.

Es sind denn auch nicht nur die Verhältnisse der Aufgabe der Gegenwart, die uns so sehr zum Studium des Völker- Rechts-Wissenrechts anspornen, als vielmehr zu einem guten Theil blick auf die zuauch die Ereignisse, die wir in naher Zukunft voraus- künftigen Ereigzusehen glauben. Wir erwägen, welche Aufgaben die bevorstehenden Zeiten dem Völkerrecht stellen werden und suchen sie theoretisch festzustellen und zu lösen, damit sie eintretenden Falls in concreto um so schneller und sicherer ihre Erledigung finden. Auch hierin bleibt das Recht sich seiner Natur treu. Es eilt den Ereignissen nicht voraus, aber es will enge Fühlung haben mit deren Entwickelung, um sich ihrer im gegebenen Moment sofort bemächtigen zu können: Wohin das Leben strebt, zieht ihm das Recht nach.

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