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53.

Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz und der Finanzen vom 14. April 1856,

betreffend die, von Seiner k. k. Apostolischen Majestät Allergnädigst bewilligte Errichtung eines Comitatsgerichtes für das Szabolcser Comitat im Großwardeiner Oberlandesgerichtssprengel mit dem Amtssiße in Nagy-Kálló.

Seine k. k. Apostolische Majestät haben mit der Allerhöchsten Entschließung vom 3. Februar 1856 die Errichtung eines eigenen Comitatsgerichtes für das, laut der Verordnung der Ministerien des Innern, der Justiz und der Finanzen vom 6. April 1854 (Reichs-GesezBlatt, Jahrgang 1854, XXVIII. Stück, Nr. 80), §. 45, sub 2 der Gerichtsbarkeit des Comitatsgerichtes zu Debreczin zugewiesene Szabolcser Comitat, mit dem Amtssige zu NagyKálló, wie auch eines politischen Stuhlrichteramtes mit demselben Amtssige Allergnädigst zu genehmigen geruht.

In Gemäßheit dieser Allerhöchsten Entschließung wird verordnet:

1. Im Großwardeiner Verwaltungsgebiete wird nebst den im §. 45 der Ministerialverordnung vom 6. April 1854 angeführten fünf Gerichtshöfen erster Instanz ein sechster, und zwar das Comitatsgericht zu Nagy-Kálló für den Umfang des gegenwärtigen Szabolcser Comitates bestehen.

2. Das Comitatsgericht zu Debreczin wird von dem Zeitpuncte der Activirung des Comitatsgerichtes zu Nagy-Kálló nur für das gegenwärtige Nord-Bihárer Comitat bestehen.

3. Das Comitatsgericht zu Nagy-Kálló wird gleich den übrigen Comitatsgerichten in seinem Sprengel die Handelsgerichtsbarkeit unter Beiziehung von Beisigern aus dem Handelsstande ausüben.

4. Die Bestimmung des §. 48 der Ministerialverordnung vom 6. April 1854 hat bei dem Comitatsgerichte zu Nagy-Kálló gleichfalls in Anwendung zu treten, daher werden die dem Stuhlrichteramte in Nagy-Kálló für den ganzen Bezirk desselben obliegenden gerichtlichen Geschäfte nach Maßgabe der Jurisdictionsnorm an das Comitatsgericht und an das städtischdelegirte Gericht in Nagy-Kálló übergehen.

5. Für den dermaligen Stuhlbezirk Nagy-Kálló wird in Gemäßheit des §. 49 dann nur ein politisches Stuhlrichteramt bestehen.

6. Das Comitatsgericht zu Nagy-Kálló wird Untersuchungsgericht in jenem Umfange,

welcher bisher nach §. 51, e dem bisherigen Stuhlrichteramte zugewiesen war.

7. Der Personal- und Besoldungsstand sowohl des Comitatsgerichtes, als des politischen Stuhlrichteramtes zu Nagy-Kálló, sowie des Comitatsgerichtes zu Debreczin nach seinem künftigen Bestande wird in Verbindung mit dem §. 52 besonders kundgemacht werden.

8. Ueber den Zeitpunct des Beginnes der Wirksamkeit der neuen Behörden wird eine besondere Kundmachung erfolgen.

Freiherr von Bach m. p. Freiherr von Krauß m. p. Freiherr von Bruck m. P.

Reichs-Gesek-Blatt

für das

Kaiserthum Desterreich.

Jahrgang 1856.

XV. Stücf.

Ausgegeben und versendet am 26. April 1856.

54.

Verordnung des Ministeriums für Cultus und Unterricht vom 16. April 1856,

wirksam für den ganzen Umfang der Monarchie,

in Betreff der Einrichtung und Abhaltung der, in Gemäßheit der Allerhöchsten Entschließung vom 25. September 1855, von den Studirenden der Rechts- und Staatswissenschaften abzulegenden theoretischen Staatsprüfungen.

In Durchführung der mit der Allerhöchsten Entschließung vom 25. September (hierortiger Erlaß vom 2. October) 1855, Nr. 172 des Reichs-Gesez-Blattes getroffenen Allerhöchsten Anordnungen über die von den Studirenden der rechts- und staatswissenschaftlichen Facultäten zu Wien, Prag, Krakau, Pesth, Lemberg, Graß und Innsbruck, und der k. k. Rechtsakademien abzulegenden theoretischen Staatsprüfungen, wird Folgendes angeordnet :

I. Von den Prüfungen, welche die an den genannten Universitäten öffentlich
Studirenden abzulegen haben.
S. 1.

Die ordentlichen Hörer der rechts- und staatswissenschaftlichen Facultäten, welche sich auf Grundlage dieser Studien dem Staatsdienste widmen wollen, ohne das rechts- und staatswissenschaftliche Doctorat zu erwerben, haben, in soferne sie nicht nach dem hierortigen Erlasse vom 2. October 1855, Nr. 172 des Reichs-Gefeß-Blattes und vom 8. Februar 1856, Nr 22 des Reichs-Geseß-Blattes, die theoretischen Staatsprüfungen noch nach dem Staatsprüfungssysteme vom Jahre 1850 abzulegen berechtiget sind, drei Prüfungen zu bestehen, welche nach dem vorherrschenden Charakter der betreffenden Prüfungsgegenstände mit den Benennungen „rechtshistorische, judicielle und staatswissenschaftliche" bezeichnet werden.

Dieselben sind in der angeführten Ordnung, und anbelangend die Zeit, im Allgemeinen in der Weise abzulegen, daß die rechtshistorische zu Ende des vierten oder im Verlaufe des fünften, die judicielle nicht früher als in den legten sechs Wochen des achten Semesters, die staatswissenschaftliche nicht vor vollständig zurückgelegtem Quadriennium bestanden werden kann. Die rechtshistorische Prüfung haben künftig in gleicher Weise auch Diejenigen abzulegen, welche das Doctorat zu erwerben beabsichtigen.

S. 2.

Die Gegenstände dieser Prüfungen sind:

a) bei der rechtshistorischen:

römisches Recht, canonisches Recht und deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte in Verbindung mit österreichischer Geschichte;

b) bei der judiciellen :

österreichisches bürgerliches Recht, österreichisches Handels- und Wechselrecht, österreichisches civilgerichtliches Verfahren in und außer Streitsachen, österreichisches Strafrecht und Strafproceß;

e) bei der staatswissenschaftlichen:

österreichische Statistik, Nationalökonomie (Volkswirthschaftslehre und Volkswirthschaftspflege) und Finanzwissenschaft.

S. 3.

Unter dem römischen Rechte ist auch die Geschichte desselben, unter dem civilgerichtlichen Verfahren auch die Darstellung der Organisation der Gerichte und ihrer Competenz mit einbegriffen.

Aus der österreichischen Statistik sind solche Details, welche auswendig zu wissen nicht von bleibendem Werthe ist, und die daher nur für die Prüfung memorirt werden müßten, nicht zu fordern.

Hingegen sind auch die für die Rechts- und Staatsgeschichte wichtigsten Thatsachen aus der österreichischen Geschichte, dann allgemeine Kenntniß des österreichischen Verfassungs- und Verwaltungsorganismus, d. i. die Wesenheit der wichtigsten politischen und Finanzgeseße, sowohl bei der staatswissenschaftlichen als bei der judiciellen Prüfung, in soweit sich hiezu ein Anlaß bietet, zu fordern.

Doch sollen hiemit die österreichische Geschichte, Verwaltungs- und Finanzgesetzkunde nicht zu selbständigen Gegenständen der Prüfung gemacht werden.

S. 4.

Zur Vornahme der Prüfungen werden von dem Unterrichtsministerium eigene Commissionen in solchen Städten, welche zugleich Sig einer Universität sind, bestellt werden.

S. 5.

Jede Commission besteht für jede Prüfungsabtheilung aus einem Präses, nach Umständen Einem oder zwei Präsesstellvertretern (Vicepräses) und so vielen Prüfungscommissären, als nach der Zahl der Candidaten, und zum Behufe eines häufigeren Wechsels in Bestellung der Specialcommissionen erforderlich erscheint. Der Präses, die ernannten Stellvertreter und die Prüfungscommissäre bilden die Hauptcommission für jede Prüfungsabtheilung.

Aus ihnen seßt der Präses nach seinem Ermessen die Commissionen für die einzelnen Prüfungsacte (Specialcommissionen) zusammen.

S. 6.

Zu Brüfungscommissären sind vorzugsweise Professoren, aber auch praktische Staatsbeamte, ausgezeichnete Advocaten und Notare, Doctoren der Rechte, oder sonstige Fachgelehrte zu bestimmen. Beamte können von dem Unterrichtsministerium nur im Einvernehmen mit den ihnen vorgeseßten Ministerien zu Vorständen oder Mitgliedern der Prüfungscommissionen ernannt werden. Jeder zu diesen Functionen berufene Professor oder Beamte ist verpflichtet, dieselben zu übernehmen.

S. 7.

Der Präses der judiciellen Prüfungscommission ist zugleich Examinator.

Bei den zwei anderen Prüfungscommissionen dagegen hat es als Regel zu gelten, daß sich der Präses nicht als Eraminator bei der Prüfung betheilige.

S. 8.

In Verhinderungsfällen wird der Präses durch den Vicepräses, oder falls für die Commission ein solcher nicht speciell ernannt ist, durch den, den Dienstjahren nach ältesten der Commission als Mitglied angehörigen Professor vertreten.

S. 9.

Die Prüfungen der judiciellen und staatswissenschaftlichen Abtheilung werden über Anmeldung der Candidaten das ganze Jahr hindurch mit Ausnahme der Herbst- und der Zwischenferien gehalten.

S. 10.

Für die Functionen der rechtshistorischen Prüfung dagegen werden als ordentliche Termine: die leßten Wochen des Juli und die ersten Wochen des October, als außerordentlicher Termin die lezte Woche jedes Wintersemesters bestimmt. (Wintertermin).

In dem legteren können nur solche Candidaten zur Prüfung zugelassen werden, welche

a) im Sinne des §. 7 des Erlasses vom 2. October 1855, Nr. 172 des ReichsGesez-Blattes, dem Privatstudium obliegen, oder

b) welche bei einer im Juli- oder October-Termine abgelegten Prüfung reprobirt wurden, und welchen dabei nicht etwa eine längere Frist zur Wiederholung der Prüfung anberaumt worden ist.

S. 11.

Die rechtshistorischen Prüfungen im Juli-Termine sind so einzurichten, daß damit erst am 30. oder 31. Juli geschlossen werde; im October-Termine haben sie mit 3. oder 4. October zu beginnen.

Es ist dafür Sorge zu tragen, daß durch ihre Vornahme die dabei beschäftigten Professoren ihrem unmittelbaren Lehrberufe nicht länger, als unumgänglich nothwendig ist, entzogen werden.

Während dieser Prüfungstermine dürfen an den rechts- und staatswissenschaftlichen Facultäten keine Rigorosen oder Disputationen abgehalten werden, bei welchen die zu Vor

ständen oder Gliedern der Commission für die rechtshistorische Prüfung ernannten Professoren zu fungiren hätten.

S. 12.

Die rechtshistorische Prüfung kann nur vor der Commission in dem Sige der Univer-. sität, an welcher der Candidat zur Zeit der Prüfung immatriculirt ist, abgelegt werden. Zur Ablegung der beiden anderen Prüfungen kann sich der Candidat in der Regel bei jeder ihm beliebigen Commission melden.

Wer reprobirt worden ist, hat jedoch die Prüfung vor derselben Commission zu wiederholen, von welcher er reprobirt worden ist.

S. 13.

Ausnahmen von den, in dem vorhergehenden Paragraphe enthaltenen Bestimmungen bei besonderes rücksichtswürdigen Gründen zu gestatten, ist dem Unterrichtsministerium vorbehalten. S. 14.

Bei der Meldung zur rechtshistorischen Prüfung hat der Candidat:

seinen Matrikelschein,

sein Maturitätszeugniß

oder das, dasselbe vertretende Document, und

sein Meldungsbuch;

bei den folgenden Prüfungen noch überdieß :

die Zeugnisse über die vorausgegangenen theoretischen Staatsprüfungen und insbesondere bei der letzten auch noch

das Absolutorium

beizubringen.

S. 15.

Alle diese Documente sind im Originale beizubringen und müssen auch der Commission während der Vornahme der Prüfung vorliegen.

Ohne dieselben darf kein Candidat zur Prüfung zugelassen werden.

S. 16.

Die Meldung zu den Prüfungen hat mittelst eines kurzen und gehörig belegten Gesuches zu geschehen, welches

rücksichtlich der rechtshistorischen Prüfung dem Decane des betreffenden rechts- und staatswissenschaftlichen Professoren-Collegiums,

rücksichtlich der beiden folgenden Prüfungen dem Präses der bezüglichen Prüfungscommission unmittelbar zu überreichen ist.

S. 17.

Die Meldungen zu den im Juli-Termine abzuhaltenden rechtshistorischen Prüfungen haben in der Zeit vom 15. Mai bis 15. Juni, die Meldungen für die Prüfungen des October-Termines im Monate Juli zu geschehen.

Diejenigen Candidaten der rechtshistorischen Prüfung endlich, welche in dem außerordentlichen Termine zu dieser Prüfung zugelassen werden wollen, haben ihre Gesuche mindestens drei Wochen vor dem Ausgange des Wintersemesters zu überreichen.

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