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sie ja versuchsweise, wenn die Zeit reicht, hie und da geben. Wer jedoch weiss, welche Mühe es dem Mittelschlage der Schüler macht, ihre Gedanken selbst in der Muttersprache gut auszudrücken, der wird sie, zumal bei der Prüfung, mit diesen Aufgaben, die Clodius selbst. die sog. freien Arbeiten" nennt, und in deren Forderung er doch merkwürdigerweise mit den Reformern übereinstimmt, tunlichst verschonen.1)

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Bezüglich der Hinübersetzung schliesse ich mich ganz der Ansicht Dr. Uhlemayrs an, der in seinem Vortrage bei der dritten Versammlung des Bayerischen Neuphilologen-Verbandes von Ostern 1904 in München die Forderung aufstellte: Die Hinübersetzung Unterrichtsmittel, aber nicht Zielleistung!) Als letztere sollte sie durch eine Herübersetzung und ein Diktat ersetzt werden. Als Unterrichtsmittel wird sie am besten, wie oben ausgeführt, an das fremde Lesestfick angelehnt, das sich bei einiger Geschicklichkeit immer wieder in andere Form umgiessen lässt. Gelegentlich kann man übrigens inhaltlich auch einen neuen Stoff wählen, nur sollten dabei möglichst die Wörter und Redensarten der erklärten Lesestücke zur Verwendung kommen. Die Frage der Hinübersetzung und im Zusammenhang damit der mehr rezeptiven Sprachbetätigung überhaupt wird voraussichtlich bei dem nächsten Deutschen Neuphilologentage in München zu eingehender Verhandlung kommen.

Wenn der eine Hauptpunkt der vermittelnden Methode, von dem der Sprachunterricht nicht mehr abkommen sollte, darin besteht, von der Fremdsprache auszugehen und den fremden Text in die Mitte des

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1) Freie Arbeiten sind bei konsequenter Durchführung der reformerischen Methode ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn der Schüler aber gelernt hat, seine deutschen Gedanken in französische und englische umzudenken wozu allerdings eine gründliche Kenntnis der Grammatik gehört, dann ist auch eine leidliche freie Arbeit möglich Mit den phrases de tous les jours kann man bei solchen Arbeiten selbstverständlich nicht viel anfangen, es sei denn, dass man über alltägliche Dinge einen Dialog (und den auch noch in Fragen und Antworten) schreiben lässt. So gut man früher auf den Gymnasien lateinische Aufsätze schreiben lernte, so gut und noch viel eher kann man es in den neueren Sprachen dahin bringen. Man muss es nur richtig anfangen! Nach Reformerart habe ich es nun oft genug, und immer ohne Erfolg, versucht. Es geht eben nicht, weil die Kinder auf der Oberfläche haften bleiben und an Aeusserlichkeiten kleben Cl.

2) Ich habe diese Frage ausführlich bei der Versammlung der bayerischen Gymnasiallehrer in Würzburg Ostern 1905 in einem Vortrage behandelt, der nächstens in den bayerischen Blättern f. d. Gymn.-Schulwesen erscheinen wird. Betreffs meiner Ansicht über den Grammatikunterricht verweise ich auf meinen Aufsatz, der ebenda (Bd. 41, Heft 1 und 2) erschienen ist. Eidam.

Unterrichts zu stellen, so darf darüber der zweite Hauptpunkt, die Sprache als lebende zur Geltung zu bringen, eine möglichst gute Aussprache zu erzielen und die Schüler im Verstehen des Gesprochenen zu üben, nicht vernachlässigt werden. Dies wurde, ausser in dem hier besprochenen Aufsatz von Clodius, der zu den Nebenzielen ausdrücklich eine korrekte Aussprache rechnet, ja auch sonst schon in dieser Zeitschrift ausgesprochen. Es hat mich daher gewundert, dass die Herausgeber ohne jede Bemerkung jene sonderbaren Ansichten Hasls gegen das Diktat zum Abdruck brachten. Denn das Diktat ist, richtig gegeben, gerade eines der vorzüglichsten Unterrichtsmittel in den neueren Sprachen, es übt nicht nur das Ohr im Auffassen und Verstehen der fremden Laute, sondern es gibt beim Niederschreiben dem Schüler auch reichliche Gelegenheit, seine grammatischen Kenntnisse auf vielen Gebieten zu zeigen, ferner kann er, sofern man ihm nachher noch einige Zeit zur Durchsicht und zum Nachdenken gewährt, an manchen Stellen durch Ueberlegung des ganzen Zusammenhangs, durch richtige Schlussfolgerung Fehler, die er zuerst niedergeschrieben hat, verbessern und so seine Denk- und Urteilsfähigkeit beweisen. Gerade als Prüfungsaufgabe halte ich bei einer lebenden Sprache das Diktat für sehr geeignet, weil dabei auch die lautliche Seite der Sprache zur Geltung kommt. Alles, was Hasl dagegen einwendet, ist den ungeheueren Vorteilen gegenüber von untergeordneter Bedeutung oder lässt sich leicht vermeiden.1)

Die Fähigkeit, sich in der fremden Sprache zusammenhängend mündlich auszudrücken, wird, wie einmal die Verhältnisse liegen, bei dem Durchschnitt der Schüler über ein sehr bescheidenes Mass kaum je hinauskommen. Mehr kann im Verstehen des in der Fremdsprache Gesprochenen erreicht werden, und dies betrachte ich beim Unterricht in einer lebenden Sprache als ausserordentlich wichtig, nicht nur aus Gründen der Nützlichkeit, weil die Schüler das später im Leben gut verwerten können, obwohl es töricht wäre, diese praktischen Gründe ganz ausser acht zu lassen, sondern auch wegen der Gesamtausbildung der Schüler; denn wenn die in ihnen ruhenden Fähigkeiten und Kräfte entwickelt werden sollen, so gehört dazu gewiss auch die Ausbildung des Ohres, und hier wirken Uebungen in einer fremden Sprache naturgemäss viel kräftiger als in der Muttersprache. Wenn ich nun auch ein Gegner der völligen Ausschaltung der letzteren beim Unterricht bin, so glaube ich doch, dass dem Schüler möglichst viel Gelegenheit

1) In dem Aufsatze von Hasl (Zeitschrift II, 337 ff.) handelte es sich doch vorzugsweise um die Unzweckmässigkeit des Diktats als Zielleistung bei der Reifeprüfung, und seine Ausführungen nach dieser Richtung hin halten wir trotz allem, was dagegen gesagt worden ist, auch jetzt noch für durchaus überzeugend, Red.

geboten werden muss, die Fremdsprache zu hören. Deshalb finde ich folgenden Satz unserer bayerischen Instruktion für sehr gut: „Beim Unterrichten erscheint in allen Klassen der möglichst häufige Gebrauch der fremden Sprache geboten, soweit es sich nicht um erziehliche Zwecke, um tiefere Einwirkung auf Verstand und Gemüt der Schüler handelt." Ich sehe also nicht ein, warum Clodius z. B. „Belehrungen in der Literaturgeschichte" nur in der Muttersprache geben will. Das lasse ich nur bei tiefer eingehenden Betrachtungen gelten. Aber sonst sind gerade die bei der Lektüre notwendigen einfachen Bemerkungen und Mitteilungen über politische und Literaturgeschichte oder Geographie des Landes, über Einrichtungen, Sitten und Gebräuche, wenn sie vom Lehrer in leicht verständlicher Form in der Fremdsprache gegeben werden, ein vorzügliches Mittel zur Uebung im Auffassen und Verstehen. Und das sind auch zweifellos die Rezitationen, gegen die sich Clodius so scharf wendet. Es ist doch eigentlich auch von ihm eine Uebertreibung, wenn er sie so allgemein zu den „Spielereien“ zählt, es grenzt fast ans persönlich Verletzende, wenn er hierbei sagt, es sei nötig, dass endlich der nötige Ernst wieder in die Schule einziehe", sie sei „zum Arbeiten da, nicht zum Tändeln". Gewiss sollen Rezitationen keinem Lehrer aufgezwungen werden, gewiss können sie gelegentlich den geordneten Gang des Unterrichts etwas stören1) und sollten deshalb auch nicht zu häufig abgehalten werden; aber sie sind. auch, wenn richtig veranstaltet, ohne Zweifel eine nicht gering zu schätzende Anregung für die Schüler und eine treffliche Uebung im Hören und Verstehen, besonders wenn der Rezitator, was jeder gern tun wird, auch einige leicht gehaltene Einleitungen und Bemerkungen zu den vorgetragenen Stücken gibt. Es ist von grossem Vorteil für den Schüler, dazwischen einmal auch einen Nationalen zu hören, und mancher wird den Bemühungen des Lehrers, auf eine gute Aussprache hinzuwirken, ein willigeres Ohr leihen, wenn er nun beobachtet hat, dass das, was ihm nur als übertriebene Pedanterie und als geziertes Wesen vorgekommen ist, tatsächlich zu den Eigentümlichkeiten der fremden. Sprache gehört.

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Eine Bemerkung, die Clodius macht, muss uns neusprachliche Lehrer an den humanistischen Gymnasien Bayerns zu einem wehmütigen Lächeln bringen, wenn er nämlich von dem ziemlich breiten. Raum" spricht, „den der fremdsprachtiche Unterricht im Lehrplan der

1) Ich kenne eine Schule, in der in einem ganzen Jahre nichts Anderes gelesen wurde (d h. keine Klassiker) als der Text der Rezitationen! Das ist, denke ich, Störung genug. Da wird doch ein Nebenziel zum Hauptziel gemacht. So sehr ich für Freiheit der Methode bin die Rezitationen gehören nicht zur ,,Methode" und deshalb auch nicht in die Schule, und die Behörden würden sich ein Verdienst erwerben, wenn sie diesen Unfug denn nichts Anderes ist es einfach verböten. Cl.

höheren Schulen einnimmt".1) Obwohl wir ungefähr das nämliche Ziel erreichen sollen wie die Lehrer an den preussischen Gymnasien, fängt bei uns der französische Unterricht erst in der sechsten Klasse (U II) mit drei Wochenstunden an, denen in der nächsten Klasse ebenfalls drei, in den beiden oberen je zwei Stunden folgen.2) Eine gründliche Besserung dieser unhaltbaren Zustände kann nur eintreten, wenn man nicht etwa bloss die Stundenzahl in den oberen Klassen ebenfalls auf drei erhöht, womit sich manche meiner Kollegen begnügen würden, sondern vor allem wie in den anderen deutschen Staaten den Unterricht mit einer ausreichenden Stundenzahl früher beginnen lässt. Wie schon bei der Versammlung des Deutschen Gymnasialvereins in Strassburg 1901 der Ulmer Rektor Hirzel sich aufs schärfste über diese bayerischen Verhältnisse äusserte, so wäre es gut und würde vielleicht eine Abänderung beschleunigen, wenn bei der nächsten Tagung des D. N.-V. in München ein nichtbayerischer Kollege nachdrücklich auf diesen Unterschied zwischen den bayerischen und den anderen deutschen Gymnasien hinwiese und die dringende Notwendigkeit, dieses „Reservatrecht" aufzugeben, betonte.

Wenn ich nun zum Schluss meine Antwort auf die Frage, was wir wollen, noch einmal kurz zusammenfasse, so sage ich zunächst mit Clodius, dass der Zweck unserer höheren Schulen als Erziehungsschulen auch beim neusprachlichen Unterricht gewahrt werden muss, dass man aber im übrigen nicht alles an der „neuen Methode" geringschätzen und zurückweisen, sondern das nach reiflicher Erwägung und nach Erfahrung wirklich Brauchbare verwenden sollte, dass die zwischen den Extremen vermittelnde Methode in Verbindung mit dem gemässigt induktiven Verfahren immer mehr ausgebildet werden möge. Wir wollen alles prüfen und das Beste behalten.3)

Nürnberg.

Christian Eidam.

1) Der Raum ist noch viel zu breit, wenn man die Zeit nach Reformerart vertrödeln will. Cl.

2) Und in diesen paar Stunden soll all das, was E. oben sagt, erreicht werden? Da ist es doch um so nötiger, das Hauptziel fest im Auge zu behalten und alle minderwertigen Nebenziele unberücksichtigt zu lassen. Hier ist der induktive Umweg viel zu lang, auf dieser Stufe überhaupt nicht mehr zweckmässig. Auch hier heisst es: in der Beschränkung zeigt sich der Meister. Cl.

3) Ich freue mich, dass E. trotz aller Polemik in den Hauptpunkten mit mir übereinstimmt, was man ja auch von einem im Amte ergrauten und erfahrenen Lehrer nicht anders erwarten kann. Nach der „Freiheit der Methode", wie ich sie aufgefasst wissen will, hat er selbst ja auch darauf Anspruch. Ich glaube auch, dass er auf seine Weine das Beste erreichen wird. Er gibt aber selbst zu, dass er sich die Methode selbst gemacht hat; so möge er dann jeden denkenden eifrigen Lehrer auch seine Methode machen lassen, und es wird gut stehen um Schule und Unterricht. Eines schickt sich nicht für alle! Cl.

Kritik der Kritik.

Im Anschluss an die im vorigen Hefte unserer Zeitschrift veröffentlichte Rezension von Klincksiecks französischer Chrestomathie übersendet der Verfasser der Redaktion folgende

Erwiderung.

Die Nr. 5 des 4. Bandes dieser Zeitschrift bringt, aus der Feder von G. Thurau, eine Kritik meiner Chrestomathie der französischen Literatur des 19. Jahrhunderts, die geeignet ist, bei den Lesern irrtümliche Anschauungen wachzurufen. Es seien mir daher zur Richtigstellung folgende Bemerkungen gestattet:

1. Th. sagt (S. 449): „Wie die „Freunde" französischer Literatur zu dieser Sammlung von Lesestücken sich stellen, mag jeder von ihnen mit sich allein ausmachen, sehr ernsthaft ist eine Freundschaft, die sich mit so oberflächlicher Anknüpfung begnügt, nicht zu nehmen." — Ich möchte mit Bezugnahme auf das Wort „begnügt" betonen, dass ich mit meiner Chrestomathie gerade das Gegenteil davon im Auge habe, nämlich Anregung zu weiterer Bekanntschaft mit den Autoren zu geben; darauf weist doch auch schon der Ausdruck „ersten Ueberblick" (S. IV des Vorworts) hin.

2. Th. fragt (S. 450): „Was soll einem Studierenden u. a. der Fetzen Chateaubriandscher Geschichtsschreibung Tacite (p. 9) mit der historisch überdies fragwürdigen Charakteristik Neros?" Der Herr Rezensent hat augenscheinlich übersehen, dass die betreffende, für Ch. charakteristische und deshalb in Frankreich oft zitierte Stelle einem Zeitungsartikel (aus dem Mercure de France) entnommen ist, den Ch. gegen Napoléon richtete (Néron = Napoléon, Tacite Chat.). Ein Hinweis darauf findet sich auch in den von Th. so sehr getadelten „Bemerkungen". (S. 397, Zeile 5.)

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3. Th. sagt (S. 450): Von Faguet hätte mancher vielleicht ganz gern nicht nur über die Zeit des Klassizismus und der Aufklärung, sondern auch eben über das 19. Jahrhundert etwas vernommen."

Gewiss! Gerade deshalb gebe ich ja an erster Stelle fast fünf Seiten aus Faguets bekanntem Aufsatz über Balzac. Natürlich ist dies der Balzac des 19. Jahrhunderts. Sollte ihn Th. mit dem B. des 17. Jahrhunderts verwechseln?

4. Th. sagt (S. 450) von meinen Bemerkungen über Leben und Werke der Schriftsteller: „Was aber den Studierenden, für die das Buch „in erster Reihe" bestimmt ist, diese „Bemerkungen“ in der gegebenen Verfassung nützen sollen, ist unerfindlich.“ Nun, sie sind ja auch gar nicht für den Studierenden, sondern, wie ausdrücklich in meinem Vorwort (S. IV) steht, nur für den Schüler bestimmt.

Halle a. S.

Fr. Klincksicck.

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