sind, sie mechanisch zu Hause nachzuschreiben. Dieses Nachhelfen des Lehrers findet bis in die höchste Klasse statt und führt den stolzen Namen „gründliche Einübung der Schul- und Hausaufgaben in der Stunde", indessen ist es, wie es geschieht, ein sehr unpädagogischer Vorgang, der die Schüler geradezu zur Unselbständigkeit erzieht. Eine Uebersetzung ist es in den meisten Fällen nicht. Die grammatische Methode hat gewiss auf diese Selbständigkeit hingearbeitet, wenn auch alle Lehrer nicht den richtigen Vorgang einzuschlagen wussten. Die Schüler sollten früher unter anderem bei Absolvierung der Realschule eine grammatisch „korrekte" Uebersetzung aus der Muttersprache mit Hilfe des Wörterbuches liefern. Jetzt bringen sie diese nicht zuwege, dafür sollen sie aber eine im idiomatischen Französisch geschriebene Uebertragung ohne Benützung des Wörterbuches herstellen. Das erstere war möglich, das letztere ist unmöglich, weil dazu eine so ausgedehnte Belesenheit erforderlich ist, dass sie die Schüler niemals erlangen können; denn eine grosse Belesenheit gehört schon dazu, wenn jemand beim Uebersetzen aus der Muttersprache oder beim Anfertigen eines freien Aufsatzes in der fremden Sprache jedesmal erkennt, dass diese oder jene Wendung unfranzösisch, dieser oder jener Ausdruck unpassend ist und ein solches Sprachgefühl sich angeeignet hat, dass er den richtigen Ausdruck im Wörterbuche zu finden imstande ist. In dieser Beziehung hat nun der Verfasser es verstanden, zwischen der Scylla und Charybdis durchzusegeln; er hat die den österreichischen Instruktionen an vielen Stellen anhaftende rätselhafte Ausdrucksweise angewendet, indem er als Zielforderung auf der Oberstufe aufstellt: „Nr. 4. Einige Gewandtheit im mündlichen und schriftlichen Ausdrucke." Durch dieses weitgeöffnete Tor können allerdings alle Schüler bequem passieren. Nicht weniger rätselhaft ist die Zielforderung für die erste Stufe: „einige Uebung im mündlichen und im schriftlichen Ausdrucke, mit besonderer Berücksichtigung der Bedürfnisse des Alltags." Die anderen Zielforderungen für den fremdsprachlichen Unterricht auf der Oberstufe der Gymnasien formuliert Dr. Vrba folgendermassen: 1. „Lektüre zusammenhängender Schriftwerke und von Proben aus den hervorragendsten prosaischen und poetischen Schriftstellern seit der Blütezeit bis auf die Gegenwart. 2. Einige Uebersicht über die wichtigsten Abschnitte der fremdsprachlichen Literaturgeschichte und ihrer Beziehungen zur deutschen Literatur. 3. Kenntnis der Formenlehre und der Syntax. 4. Einige Gewandtheit im mündlichen und schriftlichen Ausdrucke. 5. Elemente der Verslehre." Gegen diese Zielforderungen ist wohl nichts einzuwenden. Zu erwähnen sei nur noch, dass Verfasser mit Recht betont, dass die französische Lektüre einerseits in Beziehung gebracht werde zur Lektüre und Literaturgeschichte der Muttersprache, anderseits zum allgemeinen Geschichtsunterricht. Eine kanonmässige Festlegung der Lektüre empfiehlt er nicht. Bezüglich der Methode empfiehlt er eklektisch vorzugehen, das Gute zu nehmen, wo es sich findet," also ein Kompromiss zwischen allen fünf Arten. Er selbst beginnt mit dem enseignement par l'oreille, dann rückt er vor zum Unterricht auf Basis der Handlung und des Erlebnisses des Alltags und nachher erst greift er zum Lesestücke. Dieses geschieht schon nach sechs Wochen. Was aber die Jungen in dieser Zeit alles erlernt haben, das will ich hier nicht wiederholen, das muss man lesen und darüber staunen!! Meinerseits setze ich den grossen Erfolg des Verfassers nicht auf das Konto des Reformunterrichts, sondern der verhöhnten formalen Bildung, welche die Schüler vier Jahre lang genossen haben. Dieser allein ist es zu verdanken, dass sie schon nach einem anderthalbjährigen Unterrichte bei 3+3 Stunden so weit kommen, dass Verfasser als Zielforderung für das zweite Semester der sechsten Klasse aufstellen kann: ,,Verständnis leichterer Schriftwerke (auch Zeitungsartikel) allgemeineren Inhalts, Lektüre eines leichteren, im Konversationstone gehaltenen Lustspieles." An lateinlosen Realschulen wird dieses Ziel erst im vierten Jahre erreicht nach 6 +5 +5 + 3 Stunden. Ein Beweis also, wie wichtig die grammatische Methode ist, welche infolge der formalen Bildung jeden, der sie genossen hat, instand setzt, schnell und leicht jede europäische Sprache zu erlernen. Es ist ja natürlich, dass demjenigen, welcher sich in der lateinischen Grammatik und dem lateinischen Satzbau zurechtfindet, das Verständnis des Satzbaues jeder anderen Sprache leicht fällt; und das ist doch die Hauptsache beim Sprachunterricht. Wir möchten aber daraus die Schlussfolgerung ziehen, dass auch an lateinlosen Realschulen das grammatische Drillen sehr notwendig ist, sowohl um das Verständnis des Satzbaues der fremden Sprache als auch der Muttersprache aufzuschliessen. Wie sehr das Niveau der deutschen Maturitätsarbeiten an den Realschulen seit der Einführung der Reformmethode gesunken ist, davon wissen die älteren Fachlehrer genug zu erzählen! Deshalb sollte an lateinlosen Realschulen wenigstens eine fremde Sprache nach der grammatischen Methode unterrichtet werden. Diese Lehre sollten die Realschullehrer aus dem Vortrage des Dr. Vrba ziehen. Leider ist Prof. Feichtingers Antrag, den er in der Debatte über die passendste Methode für Gymnasien gestellt hatte, dass der Unterricht an Gymnasien aus vielen Gründen vermittelst der grammatischen Methode erteilt werde, nicht angenommen worden, obgleich er anführte, dass seine in dieser Weise unterrichteten Schüler bei der Reifeprüfung eine hinlängliche Fertigkeit im mündlichen Gebrauch des Französischen bewiesen haben. Es wird wohl den Anhängern der grammatischen Methode nichts anderes übrig bleiben als kategorisch zu verlangen, dass an zwei Anstalten je eine Klasse zu folgendem Versuch auserkoren werde: An der einen Anstalt wird die Klasse bis zur Maturitätsprüfung nach der Reformmethode, an der anderen nach der grammatischen von zwei Lehrern, die sich freiwillig dazu melden, unterrichtet. Zur schriftlichen Maturitätsprüfung werden beide Klassen zusammengezogen und bekommen dieselben Aufgaben: ein Diktat mit Uebersetzung, eine Uebersetzung aus der Muttersprache, einen freien Aufsatz und eine Nacherzählung. Die Auswahl der Aufgaben übernimmt eine unparteiische Kommission, und die zwei Fachlehrer müssen bei Ueberprüfung derselben mit Ehrenwort bestätigen, dass nichts den gestellten schriftlichen Aufgaben Aehnliches durchgenommen worden war. Die mündliche Prüfung müsste ebenfalls vor einer gemeinsamen Kommission vorgenommen werden, wobei auch festgestellt werden müsste, welche Schüler von Haus aus die fremde Sprache sprechen. So könnte endlich der endlose Streit beigelegt werden. Uebrigens könnte ein die fremden Sprachen gut beherrschender Schulinspektor auch ohne den genannten Vorgang durch selbständiges Stellen von Aufgaben und Prüfen bei den Inspektionen sich gründlich überzeugen, ob es berechtigt ist, mit der Reformmethode viel Wesens zu machen. An den Anhängern der grammatischen Methode liegt es aber, genaue neue Instruktionen für den fremdsprachlichen Unterricht nach ihrer Methode auszuarbeiten, damit man sieht, welchen Fortschritt diese gemacht hatte, denn die in Oesterreich jetzt übliche vermittelnde Methode die in Deutschland gebrauchte kenne ich nicht unhaltbar. Sie ist sowohl für die Schüler als auch für die Lehrer eine qualvolle Pein. Die Neuphilologentage sind aber nicht die richtige Instanz, um diese wichtige Entscheidung zu treffen. Infolge der meist gehobenen Stimmung, in der die Sitzungen abgehalten werden, erinnern die Abstimmungen nur allzusehr an die Forumszene in Julius Caesar; dem Freunde und kurz darauf dem Feinde wird von denselben Personen Beifall gezollt. Wie soll dabei ein richtiges Urteil gefällt werden? Wenn auch Dr. Vrba die Anzeichen am Kölner Tage, dass die Gegensätze heute nicht mehr unüberbrückbar sind, vielversprechend erscheinen, so können wir der „Annäherung der feindlichen Pole" keinen so hohen Wert beilegen. Uebrigens wo ein Götze angebetet wird, -dort ist schon das eigene selbständige Urteil abhanden gekommen. Bezüglich der Methode bringt also der Vortragende nichts Neues; er wollte ja nur gewisse dem Methodenstreite entfernter liegende Kreise informieren. Kritiken: Ueber Johann Fetters und Dr. Karl Ullrichs Französisches Lesebuch für die oberen Klassen der Realschulen, Gymnasien und Mädchenlyzeen von Dr. Karl Merwart. ist Zeitschrift für das Realschulwesen. Jahrgang 30. Heft 1. Abhandlungen und Aufsätze. Die Ferienkurse der Alliance française in Paris im Sommer 1904. Von Prof. Stangl in Wien. (7 S.) In der Einleitung erteilt Verfasser den Rat, dass die fremden Neusprachler in Paris aus naheliegenden Gründen nicht in Massenwohnungen und bei Berufsvermietern, sondern bei kleinen Familien wohnen sollten, die nur ein oder zwei Zimmer abgeben können. Weiter bespricht er die Cours und die Conférences, wobei er besonders die Vorlesungen des P. Rousselot hervorhebt, der die wichtigsten Sprechfehler der Ausländer behandelte. In den Conférences tadelt er das zu grosse Ueberwiegen der Grammatik und der Erklärungen, weiters den Umstand, dass die Vorsitzenden in einzelnen Uebungsstunden geneigt waren, gleichfalls Vorträge zu halten und schliesslich, dass dabei Vorgeschrittene, Anfänger, Lehrer, Lehrerinnen und Studenten beisammen sassen. Jedenfalls, meint zum Schlusse der Verfasser, dienen die Vorträge sehr gut dazu, um die Gewandtheit im Verstehen zu erwerben, um aber die Sprache zu üben, langen die Conférences nicht aus, da muss man durch Glück in der Wahl der Wohnung oder durch sonstigen Verkehr unterstützt werden. Zur praktischen Ausbildung der neusprachlichen Lehrer. Von A. Bechtel. Das österreichische k. k. Ministerium für Kultus und Unterricht hat für die Lehramtskandidaten je ein Institut in Frankreich und England errichtet. Nach dem Berichte des Herrn Landesschulinspektor Kapp, den er im „Neuphilologischen Verein" in Wien erstattet hat, unterhandelt das österreichische Unterrichtsministerium mit dem französischen wegen eines Austausches von Lehramtskandidaten. Als Hauptaufgabe falle einem solchen Kandidaten im einem lycée die Abhaltung von Konversationsübungen zu. Als Gegenleistung werde ihm freie Station wie den maîtres répétiteurs und den Schülern, die Kost, Wohnung und Bedienung im Internate, eventuell noch eine monatliche Entlohnung geboten. Es werden nun im zweiten Teile dieses Vortrages Vorschläge erteilt, worin in Oesterreich die Gegenleistung bestehen soll und wie der französische Kandidat in der österreichischen Realschule verwendet werden könne. Kritiken: Berthold Otto, Beiträge zur Psychologie des Unterrichtes. (Betont nachdrücklich die Wichtigkeit des Sprachlehrunterrichtes und hält den Begriff der formalen Bildung aufrecht. J. Resch.) Harnisch und Duchesne, Methodische französische Sprechschule. 1. T. (Empfohlen!!? Josef Klein.) Holzer Gustavus, Elementary English Grammar. (Beruht auf dem Grundsatze, dass der Unterricht in der Fremdsprache in dieser selbst erteilt werden sollte Sic!) Heft 2. Kritiken. Plattner und Kühne, Unterrichtswerk der französischen Sprache. Nach der analytischen Methode. (Tüchtige Leistung. J. Klein.) Deutschbein, Leitfaden für den englischen Unterricht. I. und II. T. Vermittelnde Methode. (Bestens empfohlen. Schatzmann.) Heft 3. Aufsätze. Bemerkungen zu einigen Punkten der neuenglischen Syntax. Von Prof. Dr. J. Ellinger in Wien. 1. Gebrauch des unbezeichneten Dativs vor dem Akkusativ bei Verben des Gebens. Gegenüber Dr. G. Krüger, der in seinem Werke Schwierigkeiten des Englischen erwähnt, dass die genannte Konstruktion der Umgangssprache angehöre, in gehobener Rede jedoch abgeschmackt sei behauptet Ellinger, auf zahlreiche Belege gestützt, dass in der engli schen Literatursprache betreffs der Setzung oder Weglassung des to vor dem Dativ die grösste Freiheit herrscht. 2. Vorwegnahme eines Adjektivs. Es werden als Ergänzung zu Krügers Werke einige Sätze aus verschiedenen Schriftstellern angeführt, in denen ein Adjektiv von seiner Ergänzung getrennt und vor das Substantiv, zu dem es als Attribut gehört, gesetzt wird. 3. Die aus here, there, where und Präpositionen zusammengesetzten Adverbia. Verfasser stellt durch Anführung mehrerer Beispiele fest, dass die genannten Adverbia auch in der Sprache der Erzählung nicht selten vorkommen. 4. Zum Gebrauch des adjektivischen very. Es werden mehrere Beispiele angeführt, in welchen very mit einem Substantiv ohne Artikel verbunden wird. 5. Stellung des still und des Adjektivs full vor dem unbestimmten Artikel. (Still worse a puzzle. Full a minute.) 6. He und his in Beziehung auf one. Es folgen ebenfalls mehrere Beispiele aus verschiedenen Schriftstellern. 7. Each one. Das ziemlich häufige Vorkommen von each one wird durch zahlreiche Fälle aus der neueren guten Prosa erhärtet. 8. Der Akkusativ mit dem Infinitiv nach den Verben der Wahrnehmung. Nach Anführung von Beispielen aus der modernen Prosa kommt Verfasser zu dem Schlusse, dass die Verba see, hear, watch, observe, behold, view, espy, mark, discern im Aktivum den Akkusativ mit reinem Infinitiv, während know, find, feel auch den präpositionalen Infinitiv nach dem Akkusativ gestatten, perceive jedoch nur den Akkusativ mit dem präpositionalen Infinitiv. Heft 4. Kritiken über Link Theodor, Grammaire française und über Gesenius-Regel, Englische Sprachlehre, Oberstufe. Heft 5. Kritiken über Münchener Beiträge zur romanischen und englischen Philologie, hrsg. von Breymann und Schick. ΧΧΧ. Η. Heft 6. Abhandlungen und Aufsätze. Die Konzentration im Sprachunterrichte der Realschule. Von Realschuldirektor Dr. Alois Würzner. 12 S. Der Verfasser, ein erfahrener und literarisch tätiger Schulmann, der auf dem Standpunkte einer gemässigten Reform steht, bespricht, ausgehend von österreichischen Verhältnissen, in überzeugender Weise, wie die Konzentration des Unterrichtes dem Sprachunterrichte nutzbar gemacht werden könnte. Die Gegenstände, welche sich zu dem fremdsprachlichen Unterrichte in Beziehung bringen lassen, sind die Muttersprache, die beiden Fremdsprachen, Geschichte und Geographie. Während beim Anfangsunterrichte in den Fremdsprachen die Beziehungen zum deutschen Unterrichte auf dem Gebiete des Ausspracheunterrichtes zu suchen seien, biete auf der Oberstufe das literar-historische Gebiet viele Anknüpfungen, der grammatische Unterricht müsse jedoch auf allen Unterrichtsstufen mit dem in der Unterrichtssprache verbunden werden. Nachdem Verfasser viele konkrete Beispiele der Einflüsse der englischen auf die französische und beider auf die deutsche Literatur ange |