Images de page
PDF
ePub

Theil eines eigenen Redeganzen anderweitig nur etwa in Citaten, Anspielungen zu verwenden; dem Werden und Welken im usus der Sprache entnommen, sind sie ein Schmuck, an welchem keine Zeit dies verwischen kann, dass er Schmuck ist. Wenn Quintilian (IX, 1, 14), hiermit übereinstimmend, die hierher gehörige Figuration definirt als: arte aliqua novata forma dicendi, so ist die Neuheit, welche er als charakteristisch fordert, nicht als eine zeitliche, im usus sich verlierende, zu fassen; Homer's Sprachkunstwerke waren den Griechen neu auch zur Zeit des Eustathius, Virgils den Römern, auch als Theodosius lebte.

Die Alten haben die Gegensätze zwischen Natur und Kunst, zwischen naivem und bewusstem Schaffen, zwischen der Sprache des Bedürfnisses und der literarischen Darstellung in genügender Schärfe nicht erkannt, und so sind sie über den Unterschied der grammatischen Figuren und der lexikalischen Tropen von den rhetorischen Figuren und den Tropen des Schmuckes nicht zur völligen Klarheit gekommen. Was die Tropen betrifft, so haben wir Bd. I, p. 357 das Nöthige angeführt. Wenn die Alten von Uebertragungen sprechen, welche „inopiae causa" geschähen, weil das „proprium feble (Cic. de or. III, 38 und or. 27), meinen sie die Tropen der ersteren Art. So sagt z. B. Tryphon (лɛi τρόπ. Rhet. Gr. ed. Sp. Vol. III, p. 191): τρόπος δέ ἐστι λόγος κατὰ παρατροπὴν τοῦ κυρίου λεγόμενος κατά τινα δήλωσιν κοσμιωτέραν ἢ κατὰ τὸ ἀναγκαῖον und Gregor. Cor. (περί τρόπ. 1. c. p. 215): παρείληπται δὲ (τρόπος) χρείας ἕνεκα ἢ κόσμου περὶ τὴν φράσιν, Quintilian erkennt den Unterschied an, wenn er diese „motus" zwar von den Grammatikern behandelt wissen will, selbst aber sie als Schmuck des Vortrags an späterer Stelle durchnimmt. Er sagt (mit Bezug auf I, 8, 16, VIII, 5, 35): Reddam nunc, quam proximam partem dixeram esse de tropis, quos modos clarissimi nostrorum auctores vocant, horum tradere praecepta et grammatici solent. sed a me, cum de illorum officio loquerer, dilata pars haec est, quia de ornatu orationis gravior videbatur locus et majori operi reservandus. - Bestimmter unterscheidet er (VIII, 6, 2 sq.) Tropen, welche um der Bedeutung willen gewählt werden, von solchen, welche zum Schmucke dienen; in den ersteren liege meist auch einige Kraft des Schmückens, wogegen die Tropen des

Schmuckes nicht auch im Interesse der Bedeutung wirkten: neque illud ignoro, in isdem fere, qui significandi gratia adhibentur (die naiven Tropen), esse et ornatum, sed non idem accidet contra, eruntque quidam (die ästhet. Figg.) tantum ad speciem accommodati.

In Bezug auf die Figuren sehe man etwa bei Alexander (Rhet. Gr. ed. Sp. Vol. III, p. 11) die Abgränzung. Er definirt die Figur der Sprachkunst als eine Veränderung der Rede zu ihrem Vortheil, entweder im Gedanken oder in dessen Ausdruck, so jedoch, dass nicht uneigentlich gesprochen wird (oxa Sé otev ἐξάλλαξις λόγου ἐπὶ τὸ κρεῖττον κατὰ λέξιν ἢ κατὰ διάνοιαν ἄνευ 790лou). Die Veränderung zeige sich in einer Abbeugung von dem geraden Lauf der Rede (ὅτι γὰρ οὐκ ἐπ ̓ εὐθείας ἐκφέρεται ὁ λόγος, γίνεται διὰ τοῦτο σχῆμα), misse aber zu einem Vorzuge des Ausdrucks führen, damit sie unterschieden sei vom Soloecismus, der eine Aenderung zum Nachtheil bewirke (пóσтa de τὸ ἐπὶ τὸ κρεῖττου, ὅτι καὶ ὁ σολοικισμὸς ἐξάλλαξις ἐστι λόγου, ἀλλ' ἐπὶ τὸ χείρον). Da nun aber diese Soloecismen (wie die Barbarismen) nach den Aufstellungen der Alten auch Schema (Metaplasmus) sind (vid. oben Bd. I, p. 394, 409) also eben die grammatischen Figuren, wenn sie, worüber nur der usus entscheidet, sich irgendwie rechtfertigen lassen (si habet probabile aliquid, quod sequatur, virtus est"), und da umgekehrt das „orationis schema" zum vitium" würde, si non peteretur, sed accideret (Quint. IX, 3, 3), so ist der Unterschied, welchen Alexander angiebt, weder als Unterschied begriffen, noch in der Sache gegründet, noch bietet er überhaupt etwas Sicheres.

[ocr errors]

Wie nun hier Alexander die grammatischen Figuren einseitig nur als Fehler von den rhetorischen unterscheidet, so denkt er im Folgenden gar nicht an sie, wo er bemüht ist zu zeigen, dass und wie die rhetorische Figur sich von der gewöhnlichen Sprache abgränze. Bedenkt man jedoch, dass die grammatischen Figuren durch den usus ebenfalls zur gewöhnlichen Sprache werden, so kann man (obwohl Alexander selbst z. B. auch Pleonasmus, Asyndeton, Ellipse, Zeugma, Hyperbaton u. dgl. m. zu den rhetorischen Figuren The λégews rechnet) seine Unterscheidung sich gefallen lassen. Er lässt nämlich gegen die Aufstellung der rhetorischen Figuren sich einwerfen, dass die beständig bewegte Seele

auch unaufhörlich Figuren bilde, und so stelle die Rede schon an sich selbst als deren Ausdruck sich gänzlich als Figurirung dar (ὁ γὰρ λόγος ἐκ διατυπώσεως τῆς ψυχῆς ἐστιν, οὗ χάριν καὶ εὐμέση, τὰς μορφὰς αὐτῆς καὶ τὰ πάθη καὶ συνόλως τὰ κινήματα ἐξοίσειν, ψυχὴ δὲ ἀεικίνητόν ἐστι καὶ πλείστους λαμβάνει σχηματισμούς, λόγου χάριν οριζομένη, νουθετούσα, βουλευομένη, τῶν ἄλλων τῶν περὶ ψυχὴν συμβαινόντων ἕν τι πάντως πάσχουσα ἢ ὁρῶσα, ὥστε κατὰ τὸ τῆς ψυχῆς μίμημα ὁ λόγος ἕν τι πάντως σχῆμα ἕξει). Darauf giebt er die Antwort, dass von dieser naturgemässen Figurirung sich die kunstmässige unterscheide, jene sei im Besitz der Idioten, diese eigne den Rednern; es sei ja auch die Seele selbst bald naturgemäss bewegt, bald leidenschaftlich, und so die Rede; (schief!) das Kunstmässige ahme das Naturgemässe nach (κατὰ μίμησιν τούτου γεγονώς), und so sei es im engeren Sinne Figurirung (εξαιρέτως σχῆμα καλεῖται) zu nennen *); dass aber die Figuren, welche die gewöhnliche Rede bilden, eigener Art seien und ebenso die, welche der Kunst ihr Entstehen verdanken, sehe man schon daran, dass man die letzteren wieder auf die ersteren zurückführen könne (οὐ μὴν ἀλλ' ὅτι ἴδια μέν ἐστι τὰ κατὰ φύσιν σχήματα τοῦ λόγου, ἴδια δὲ τὰ κατὰ τὴν τέχνην, ἐκεῖνο σημεῖον ἂν εἴη, ὅτι πᾶν σχῆμα, τοῦτο δὴ περὶ οὗ καὶ λέγομεν, μετάγειν ἐστὶν εἰς τὸ κατὰ φύσιν).

Wir gehen über zur Eintheilung der im Dienste der Rede stehenden Sprachkunstwerke, welche für diese σχή ματα κατὰ τὴν τέχνην" keine andere sein kann, als für „τὰ κατὰ φύσιν σχήματα τοῦ λόγου“. Wir unterscheiden also, entsprechend der im ersten Bande: „die Sprache als Kunst" gegebenen Eintheilung in Tropen, phonetisch (etymologisch)- grammatische, syntactisch-grammatische Figuren; 1) Bild-Figuren, für welche wir den Namen: ästhetische Figuren wählen, 2) phonetische oder Laut-Figuren, 3) noetische oder Sinn-Fi

guren.

Alexander giebt als Beispiel, dass man im Falle einer Unschlüssigkeit naturgemäss etwa sage: ποίων ἔλθω, ταύταν ἢ κείναν; (Eur. Hec. 163) wobei dann kein oxua sei; aber wenn nun Jemand, ohne unschlüssig zu sein, solchen Ausdruck der Unschlüssigkeit nur eben nachahme, wie: ἡ τῶν ἄλλων Ελλή νων, εἴτε χρὴ κακίαν εἴτε ἄγνοιαν εἴτε ἀμφότερα ταῦτα εἰπεῖν, Dem. cor. p. 231) so ser dies allerdings σχήμα.

Die Laut- und Sinnfiguren sind Bildungen, durch welche die Technik der Sprache eine eigenthümliche Verwendung findet; bei den Lautfiguren geschieht dies so, dass die sinnliche Seite der Sprache benutzt wird, ihr Lautkörper, das Wort als einzelner Bestandtheil der Rede; bei den Sinnfiguren so, dass der Ausdruck der Beziehungen, auf welchen die geistige Seite der Sprache, der Sinn, beruht, der Zusammenhang also, die Construktion der Worte, in besonderer Weise gestaltet wird. Dagegen zeigen die ästhetischen Figuren ein Umschaffen des Sprachmaterials selbst; neue Bilder werden der Rede zugeführt, indem den Lautbildern neben ihrer eigentlichen" Bedeutung eine „übertragene" geliehen wird. Diese Bilder können ferner, insofern das Bewusstsein sie als solche auch dem gewöhnlichen Ausdruck gegenüber weiss und festhalten will, in Satzformen ausgeführt werden. Die Reflexion hält das Bild getrennt, wenn Göthe (Faust) sagt: „Dem Wurme gleich' ich, der den Staub durchwühlt", und so haben wir nicht Metapher, aber eine auf der Metapher beruhende Figur. Wenn Klopstock (An Gleim) sagt:

"

„Der verkennet den Scherz, hat von den Grazien

Keine Miene belauscht, der es nicht fassen kann,
Dass der Liebling der Freude

Nur mit Sokrates Freunden lacht."

so ist dies nicht eigentlich Synekdoche, aber eine an den Beispielen (apadaya) sich zur Figur bildende Synekdoche.

Quintilian (VIII, 6, 2) sagt, indem er dies bemerkt, von den Tropen: „verti formas non verborum modo, sed et sensuum et compositionis“ und „ mihi videntur errasse, qui non alios crediderunt tropos, quam in quibus verbum pro verbo poneretur". Auch Adelung (Dtsch. Styl Bd. I, p. 381) erklärt: Der Trope bestehet entweder aus einem einzelnen Worte, oder aus mehreren Wörtern. Im letzteren Falle macht er ein zusammengesetztes, aus mehreren Theilen bestehendes Bild aus." Zu bestimmter Anwendung kommt es jedoch bei ihm nicht.

[ocr errors]

Um mit den auf bewusster Kunst beruhenden Tropen (BildFiguren) auch Gestaltungen, wie Paradigma, Gleichniss, Parabel unter gemeinsamen Namen stellen zu können, haben wir den Terminus: Aesthetische Figuren eingeführt. Die Alten schwankten, was sie Tropus, was sie Figur nennen sollten. Tryphon

[blocks in formation]

z. B. giebt unter dem Titel çi Toолwv auch die Anastrophe, das Hyperbaton, den Pleonasmus, die Ellipse u. d. m., ähnlich verfährt Gregorius Corinthius u. A. Quintilian (IX, 1, 2) bespricht die nahe Berührung von Tropus und Figur und sagt: plerique has (figuras) tropos esse existimaverunt, aber auch das Umgekehrte wurde beliebt: nec desunt, qui tropis figurarum nomen imponant, quorum est C. Artorius Proculus. Quin adeo similitudo manifesta est, ut eam discernere non sit in promptu. Er selbst. nachdem er den Unterschied zwischen Tropus und Figur auch nicht zu eigener völliger Befriedigung auseinandergesetzt, lässt den Abschluss der „scrupulosa disputatio" auf sich beruhen: nihi enim refert, quo modo appelletur utrumlibet eorum, si quid orationi prosit apparet: nec mutatur vocabulis vis rerum cet.

"

Wir nennen diese Figuren aber ästhetische" (in dem Sinne, wie seit Baumgarten's „Aesthetica" das Wort gebraucht wird), weil sie rhetorische Wirkung, Erregung der Affekte nicht verfolgen, vielmehr aus dem Gestaltungstrieb der Phantasie hervorgehen, Laut und Sinn, Stoff und Geist zugleich berühren und durch diese Einigung vor allen ein Schönes hervorbringen.

Keine Eintheilung der Sprachkunst der Werke im Dienste der Rede ist übrigens im Stande, die ganze Menge der Figuren. welche von den Alten aufgestellt wurden, in ihren Rubriken unterzu bringen.*) Schon Quintilian sagt (IX, 1, 23): dicendum est, nequaquam figuras esse tam multas, quam sint a quibusdam consti tutae. Neque enim me movent nomina illa, quae fingere utique Graecis promptissimum est. Wir werden später die nöthige Aus scheidung vornehmen und bemerken hier nur, dass bei weitem die meisten der fälschlich unter die Figuren aufgenommenen Dar stellungen ihre Aufnahme der Meinung verdanken, es sei, weil die Figuren die Seele lebhaft anregten, umgekehrt auch jede Dar stellung lebhafter Anregung z. B. minae, ayaváxτnous eine Figur in Bezug worauf Quintilian (1. c.) erklärt: „ante omnia illi, qu totidem figuras putant quot affectus, repudiandi, non quia adfectu: non sit quaedam qualitas mentis, sed quia figura, quam non com muniter, sed proprie nominamus, non sit simplex rei cujuscumqu

*) Die Schematographen der Alten bespricht u. A.: Hermanni Sauppi epistola critica ad Godofredum Hermannum.

« PrécédentContinuer »