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II. Türkisch-rufsfische Friedensschlüsse.

1. Friede von Kutschuk-Kainardschi.
(10. Juli 1774.)

Die polnischen sogenannten Conföderirten waren von russischen Truppen auf das türkische Gebiet verfolgt worden; weßhalb die Pforte, (angeregt von Frankreich, wohl hauptsächlich, um dem russischen Ueber= gewicht in Polen ein Ziel zu seßen), an Rußland den Krieg er= klärte (30. Okt. 1768). Die Russen stritten in diesem Kriege, der sechs Jahre währte, mit großem Glück. Die russischen Generale Romanzow und Panin eroberten fast die ganze Moldau und Walachei, die Türken wurden bis über die Donau zurückgetrieben. Die russische Flotte for= derte die Griechen auf Morea und den Inseln zur Befreiung vom türkischen Joche auf; leßtere erhoben sich wirklich, aber der russische Bei= stand war zu schwach; die russischen Truppen schifften sich schon nach drei Monaten wieder ein (1770), und die Griechen blieben der Rache der Türken überlassen. Bald darauf (Anfang Juli 1770) seßten die Russen die türkische Flotte im Hafen von Tschesme durch Brander in Feuer und vernichteten sie. Der Krieg wüthete fort, obwohl in beiden Heeren die Pest ausgebrochen war, die sich auch nach Constantinopel und dem südlichen Rußland (bis nach Moskau) verbreitete und eine große Zahl von Menschen dahinraffte (allein in Moskau und den benachbarten Dörfern 90,000). Panin's Nachfolger Dolgoruky eroberte die Krim (1771). Destreich sah den günstigen Erfolg der russischen Waffen zwar ungern, wurde aber durch die Theilung Polen's abgehalten, gegen Rußland feindlich aufzutreten und sich mit der Pforte zu verbünden. Die Friedenscongresse zu Fokschani und Bukarescht (1772) gingen ohne Vereinbarung auseinander; doch wurde der Krieg fortan mit weniger Kraftaufwand geführt, da die Russen durch die Empörung der donischen Kosaken unter Bugatschew, die Türken durch einen Aufstand der Ja nitscharen in Anspruch genommen wurden. Nachdem die Russen bet

Schiumla das ganze türkische Heer umzingelt hatten, wurde am 10. Juli 1774 im Zelte des russischen Feldmarschalls Grafen Romanzow, in der Nähe des Dorfes Kutschuk-Kainardschi, d. i. Klein-Kainardschi bei Silistria auf dem rechten Donauufer, der für die Russen sehr vortheilhafte Friede zwischen Romanzow und dem Großwesir Mousson Zade Mehemed abgeschlossen, den die Pforte am 10. Jan. 1775 ratificirte. Nach diesem Frieden gab Rußland zwar, in Berücksichtigung, daß es durch die Theilung Polen's das Land bis an die Düna und den Dnjepr als Entschädigung erhalten hatte, Bessarabien, die beiden Fürstenthümer der Moldau und Walachei und andere Eroberungen an die Pforte zurück, doch stellte es die Bedingung, daß die Fürsten der Moldau und Walachei fortan einen eigenen Chargé d'affaires griechischer Confession bei der Pforte haben sollten, daß die in Constantinopel residirenden russischen Gesandten für diese Fürstenthümer bei der Pforte sprechen dürften, und die Pforte diese Verwendung mit der einer befreun= deten Macht geziemenden Rücksicht beachte (Art. 16, Ziff. 9 und 10). Ruß= land selbst erhielt von der Pforte das Schloß Kinburn an der Mündung des Dnjepr, die Festungen Jenscale und Kertsch auf der Halbinsel Krim; die Stadt Azow mit ihrem im Jahr 1700 zwischen Tolstoi und Hassan festgesezten Gebiet, die große und kleine Cabardey. Die Schifffahrt sollte für Kauffahrteischiffe beider Nationen auf allen Meeren, welche die beiderseitigen Gebiete bespülen, frei sein, russische Schiffe sollten na= mentlich das Recht der Durchfahrt vom schwarzen in das weiße Meer und umgekehrt haben. Ebenso sollte der Landhandel in der Türkei den rusfischen Unterthanen unter denselben Bedingungen gestattet sein, wie den von der Pforte am meisten begünstigten Nationen. Von dem Frieden eristirt ein besonderer zu Petersburg 1775 in Folio erschienener franzö= fischer officieller Abdruck.

2. Friede von Jassy.

(9. Jan. 1792.)

Destreich hatte am 4. Aug. 1791 mit der Pforte zu Sistowa Frieden geschlossen; Rußland aber nahm den dargebotenen Frieden nicht an, sondern sezte den Krieg allein fort. Am 22. Dez. 1790 hatte Suwarow, auf Befehl Potemkin's, mit 40,000 Mann, unter dem hartnäckigsten Widerstande der Belagerten, nach einem furchtbaren Blutvergießen (33,000 Türken sollen nach Suwarow's Berichte innerhalb vier Tagen getödtet oder tödtlich verwundet worden sein) die Festung Ismail erobert und drei Tage lang der Plünderung und Zerstörung Preis gegeben. Im April 1791 gingen die Generale Kutusow und Gallişin über die Donau, warfen die Türken aus Maczin, wurden aber wenige Tage darauf zum Rückzuge nach Galacz genöthigt. Repnin sammelte nun die russischen Heerabtheilungen, um einen Hauptschlag zu

führen, und griff mit 40,000 Mann, ohne Potemkin's Ankunft von Petersburg abzuwarten, der die Ehre des Sieges genießen wollte, den türkischen Großwesir Jussuf an, welcher mit 60,000 Mann bei Maczin stand, schlug ihn, eroberte das türkische Lager und zwang die Türken zum Rückzug nach dem Balkan. Repnin begann nun im August Friedensunterhandlungen in Galacz, die aber Potemkin auf jede Weise zu hindern suchte. Lezterer starb am 15. Okt. 1791 an einem bösartigen Fieber unter freiem Himmel, als er sich von einem Landhause bei Jassy noch Ausch am Pruth bringen lassen wollte; er hatte sich unterwegs auf einem Grasplaß ein Lager von Teppichen zurecht richten lassen, da er das Fahren nicht mehr aushalten konnte. Nach Potemkin's Tod kam der Friede zwischen Repnin und Jussuf um so schneller (zu Jassy 9. Jan. 1792, oder am 29. Dez. 1791 alten Styls) zu Stande, da Rußland sein ganzes Augenmerk auf Polen richtete und seine Angelegenheiten mit den Türken zu schlichten wünschte. Die Russen erhielten in dem Frieden die Festung Oczakow und alles Land bis an den Dniester, welcher fortan die Grenze zwischen Rußland und der Türkei bilden sollte. Alle übrigen Eroberungen in der Moldau und Bessarabien, die Pläße Bender, Akjerman, Kilia und Ismail u. s. f., gab Rußland an die Türkei zurück, die Moldau jedoch nur unter gewissen Bedingungen, die im Art. VI, Ziffer 1-4 des Friedensinstruments aufgezählt sind. Der Friede findet sich abgedruckt in der Geschichte des östreichisch-russisch-türki= schen Krieges 1787-1792, bei Martens, recueil tom. V. u. a.

3. Friede von Bukarescht.
(28. Mai 1812.)

Als im Jahr 1805 zwischen Frankreich und Rußland der Krieg ausgebrochen und die Pforte anfangs zweifelhaft war, auf welche Seite fie sich wenden sollte, entschied sie sich nach der Schlacht bei Austerlig (2. Dez. 1805) für Napoleon, erkannte ihn als Kaiser an, versagte den russischen Schiffen die Durchfahrt durch den Bosporus, sezte die russisch gesinnten Hospodare der Moldau und Walachei, Ypsilanti und Morusi, ab und erklärte, nachdem die russische Armee schon im November 1806 Jasy besezt hatte, am 20. Dezember 1806 den Krieg an Rußland. Nach dem tilsiter Frieden wurde am 24. Aug. 1807 auf dem Schloffe Slobosia bei Giurgewo ein Waffenstillstand bis zum 8. Apr. 1808 geschlossen, nach welchem die Russen die Fürstenthümer binnen 36 Tagen räumen sollten. Wiewohl dies nicht geschah, dauerte die Waffenruhe doch auch nach dem Ablauf des Waffenstillstandes fort. Als sich nun aber Napoleon auf dem Congreß zu Erfurt gegen Kaiser Alexander bereit erklärt hatte, einer Einverleibung der Donaufürstenthümer in das russische Reich nicht entgegen zu treten, eröffneten die Russen im Febr. 1809 einen Friedenscongreß zu Jassy, auf welchem die russischen Bevollmächtigten

die Abtretung der Moldau und Walachei und die Entfernung des englischen Gesandten aus Constantinopel verlangten. Die Pforte ging auf diese Forderungen nicht ein, der Krieg begann im April 1809 von neuem, die Ruffen, unterstüßt von den Serbiern*), eroberten mehre feste Pläze an der Donau. Im Winter auf 1810 eröffnete man Friedensverhandlungen zu Bukarescht; Kaiser Alerander beharrte jedoch auf der Abtretung der Donaufürstenthümer und verlangte die Einführung des Continental= system's in der Türkei, worauf die Pforte nicht einging. Die Rufen fochten im Jahr 1810 mit Glück, General Kameskoi II. schlug die Türken am 7. Sept. bei Gerwena; Rustschuk, Giurgewo, Nicopolis mußten fich ergeben. Im Winter von 1810 auf 1811 machte es die zunehmende Spannung zwischen Rußland und Frankreich nothwendig, einen Theil der russischen Streitkräfte aus der Türkei nach Rußland zurückzuziehen; gleichwohl errangen die Russen auch jezt noch ansehnliche Vortheile über die Türken. Markoff eroberte am 12. Dkt. 1811 das türkische Lager auf dem rechten Donauufer, worauf am 28. Dkt. zu Giurgewo Friedensverhandlungen eröffnet wurden. Am 8. December streckten 5000 Türken die Waffen; im Laufe desselben Monats verlegte der russische Commandirende Kutusow den Friedenscongreß nach Bukarescht. Die Russen bestanden auch hier anfangs noch auf ihren alten Forderungen, Kutusow kündete sogar am 19. Jan. 1812 den Waffenstillstand und sandte eine russische Heerabtheilung über die Donau, die aber wegen des eintretenden Thauwetters Nichts ausrichten konnte. Die Pforte dagegen war zu bedeutenden Verzichtleistungen um so weniger geneigt, als Napo= leon eben gegen Rußland ungeheuere Rüstungen veranstaltete und am 14. März 1812 ein Bündniß mit Oestreich geschlossen hatte, welches die Integrität des türkischen Reiches garantirte. Napoleon hätte die Pforte gern im Krieg mit Rußland erhalten; allein sie traute ihm nicht, da er erst ein paar Jahre vorher zu Gunsten Alerander's in die Einverleibung der Fürstenthümer gewilligt und seine eigenen Eroberungspläne muthmaßlich auch das türkische Reich im Auge hatten. Das beginnende Frühjahr 1812 drängte Rußland, sich mit mäßigeren Vortheilen zu begnügen, um bei dem bevorstehenden großen Kriege gegen seine südlichen Grenzen vom Feinde frei zu werden. Im Mai erschien Admiral Tschitschakoff

*) Die Serbier, durch die Mißhandlung der türkischen Befehlshaber und der Janitscharen zum Aeußersten gebracht, waren seit 1801 im Aufstand gegen die Pforte und wurden von Rußland unterstüßt. An der Spize des Aufstandes stand Georg Petrowitsch, genannt Czerny. Durch den am 8. Juli 1808 zu Slobosje geschlossenen Waffenstillstand erhielten sie das Recht, ihre inneren Angelegenheiten selbst zu verwalten und Czerny wurde als Fürst des Landes eingefeßt. Als 1809 der Krieg zwischen Rußland und der Pforte ausbrach, griffen die Serbier zur Unterstüßung Rußland's wieder zu den Waffen.

mit ausgedehnten Vollmachten in Bukarescht und am 28. Mai 1812 wurde endlich unter englischer und schwedischer Vermittlung der Friede abgeschlossen. Das Friedensinstrument ist russischer Seits von Andreas Halinsky, Joh. Sabanejew und Joseph Fronton unterzeichnet. Nach dem Art. 4 tritt die Türkei an Rußland ganz Bessarabien und ein Drittheil der Moldau, im Ganzen ungefähr 180 M. ab. Der Pruth soll von da, wo er in die Moldau eintritt, bis zu seiner Mündung in die Donau die Grenze bilden, weiterhin bis zum schwarzen Meer soll das linke Donaufer die Grenze sein. Die russischen Kriegsschiffe sollen nur bis zur Einmündung des Pruth die Donau hinauffahren dürfen. Nach Art. 5 stellt Rußland das Gebiet der Moldau auf dem rechten Pruthufer an die Pforte zurück. Die Contracte, welche die Privilegien der Moldau betreffen, werden bestätigt. Art. 6 bestimmt, daß in Asien die Grenzen wie vor dem Kriege eingehalten werden sollen. Art. 8 sichert den zu Gunsten Rußland's gegen die Pforte im Aufstand begriffenen Serbiern volle Amnestie zu. Sie sollen ihre inneren Angelegenheiten selbst verwalten dürfen, die Pforte darf ihnen nur mäßige Steuern auferlegen, welche sie unmittelbar an die Pforte abliefern. Die Serbier begnügten sich jedoch mit diesen Bedingungen nicht, sondern seßten den Krieg allein fort. Rußland bot ihnen fernere Unterstüßung an, wenn fie alle festen Pläße ihres Landes an die Russen übergäben und ihre waffenfähige Mannschaft in die russischen Regimenter einreihen ließen; dies hieß aber nicht viel weniger, als sich unter russische Botmäßigkeit stellen. Sie wiesen dieses Anerbieten zurück, unterlagen bald der türki= schen Uebermacht, Czerny mußte ins Ausland fliehen, erhoben sich, nachdem ihr Land von den Türken auf das Schrecklichste verwüstet worden war, jedoch wieder unter Milosch. Obrenowitsch und errangen in dem am 15. Dez. 1815 mit der Pforte abgeschlossenen Tractat eine ge= wisse Selbständigkeit, die sie mehr zu Schußverwandten der Pforte machte. (Milosch wurde 1817 zum Oberhaupt und 1827 zum erblichen Fürsten der Serbier gewählt). Das Friedensinstrument wurde in russischer und türkischer Sprache abgefaßt. Wir geben hier die deutsche Ueberseßung, welche sich bei „Voß Zeiten“ T. 33. p. 41 und bei Martens nouveau recueil tom. III. p. 397 findet.

4. Convention von Akjerman.

(7. Oft. 1826.)

Da die Pforte der Ansicht war, die Griechen würden bei ihrem Aufstand heimlich von Rußland unterstüßt, so besezte sie die Moldau und Walachei und legte dem russischen Handel Hindernisse in den Weg, was dem Frieden von Bukarescht entgegen war und nach einem erfolg= losen Notenwechsel die Abberufung des russischen Gesandten aus Gonstantinopel veranlaßte. Nach dem Tode des Kaisers Alerander vereinigte

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