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Der Congreß zu Verona.

(20. Dctober bis 14. December 1822.)

Es wurde am Schlusse unserer Einleitung zum Congreß von Troppau und Laybach bemerkt, daß die drei nordischen Monarchen dort übereinkamen, sich zum Ordnen der spanischen und griechischen Angelegenheiten binnen Jahresfrist wiederum, und zwar in einer italienischen Stadt, zu versammeln. Weniger die Verhältnisse Spanien's, als jene zwischen der Pforte und Rußland, bestimmten den Fürsten Metternich, Veranstaltung zu treffen, daß dieses Versprechen am Ende des Jahres 1822 durch einen Congreß zu Verona in Ausführung gebracht wurde. Rußland forderte nämlich von der Pforte die genaue Erfüllung älterer Tractate; der griechische Aufstand würde auch ein Einrücken der Ruffen in der Türkei sowohl bei den Russen selbst, als bei der übrigen civilisirten Welt in hohem Grade populär gemacht haben. Dagegen war dem östreichischen Cabinet daran gelegen, daß sich der Einfluß Rußland's auf die türkischen Verhältnisse nicht vermehre. Wenn nun auch der Kaiser Alexander, den auf dem laybacher Congreß anerkannten Grundsäßen getreu, die Empörung der Griechen gegen die Pforte allerdings mißbilligte und eine Einmischung durch die Waffen zu ihren Gunsten für unstatthaft erklärte; so fand er doch immer in den eigenen Beschwerden Rußland's gegen die Pforte einen gerechten Grund zum Kriege; und diesen Krieg eben wollte Metternich, namentlich unter den damaligen Verhältnissen, wo die ganze griechische Bevölkerung der Türken sogleich auf Seite der Russen getreten wäre, vermeiden, denn er hätte muthmaßlich zu Erfolgen geführt, bei denen Destreich nicht hätte gleichgültig bleiben können. Nachdem der öst= reichische Staatskanzler die Cabinete von England und Frankreich für die Ansicht gewonnen hatte, daß ein Krieg zwischen Rußland und der Pforte vermieden werden müsse, sprach man anfangs davon, einen Congreß zur Schlichtung der orientalischen Streitigkeiten in Wien zu halten, änderte jedoch später diesen Plan dahin, daß der Kaiser von

Rußland in Wien nur einen kurzen Besuch machte, der Congreß selbst aber in Verona abgehalten würde. Dem französischen Hofe war es freilich weniger um den Orient und die Beschränkung des russischen Einflusses in der Türkei, als um die Herstellung der königlichen Gewalt in Spanien bei diesem Congresse zu thun; denn die Spanier waren bis jezt durch die gütlichen Versuche der Großmächte nicht zu bestimmen gewesen, ihre Verfassung in einem mehr monarchischen Sinne abzuändern, und ihr Beispiel wirkte immer ansteckender auf die Franzosen. England dagegen, wo Canning an's Ruder gekommen war, wünschte vor Allem den dominirenden Einfluß, welchen Rußland seit einiger Zeit über die europäischen Verhältnisse ausübte, in engere Schranken zurückzuführen.

Es versammelten sich in Verona (October 1822) die Kaiser von Oestreich und Rußland, die Könige von Preußen, Neapel und Sardinien, die Diplomaten Fürst Metternich (welcher präsidirte), Graf Lütow (östreichischer Gesandter in Constantinopel) und v. Genz (der auch in Verona das Protocoll führte) für Oestreich; der Graf Nesselrode, Graf Pozzo di Borgo und Baron Stroganoff (russischer Gesandter in Constantinopel) für Rußland; Fürst Hardenberg, Graf Bernstorff und Fürst Haßfeld für Preußen; der Herzog von Wellington für England (Lord Caftelereagh, der für den Congreß bestimmt war, hatte sich kurz, bevor er abreisen sollte, entleibt); der französische Minister des Auswärtigen Vicomte Mont= morency und Vicomte Chateaubriand (damals französischer Ge= sandter in London) für Frankreich.

Zunächst vereinigte man sich über eine Verminderung der östreichischen Occupationstruppen in Piemont und Neapel. Der Abzug der Destreicher aus Piemont sollte am 31. Dec. 1822 beginnen und das Land mit der Uebergabe der Festung Alessandria am 30. Sept. 1823 völlig geräumt, die östreichische Besaßung im Königreich Neapel dagegen um 17,000 Mann vermindert werden. Mit diesem Theile der Verhandlungen war man schnell im Reinen. Schwieriger dagegen wurde die Einigung in Bezug auf Spanien, da sich nicht nur England einer bewaffneten Intervention widerseßte, sondern die französischen Ge= sandten selbst in diesem Punct nicht übereinstimmten; Montmorency nämlich war für die Intervention, Chateaubriand, der in England mit Canning und dessen Grundsäßen sich befreundet hatte, dagegen. Auch Metternich mußte, da er des englischen Beistandes in der orientalischen Frage bedurfte, in diesem Punkte gegen England einige Nachgiebigkeit zeigen. Man hätte sich wahrscheinlich dabei begnügt, wenn die Spanier sich bereit erklärt hätten, an der Constitution von 1812 einige Modificationen in einem mehr monarchischen Sinne vorzunehmen, da man bei dem Einrücken einer fremden Armee in Spanien auf einen weit bedeutenderen Widerstand gefaßt sein mußte, als in Neapel. Auch der französische Hof hätte gerne aus Rücksicht auf die Stimmung der Franzosen und seine eigenen finanziellen Verlegenheiten das Aeußerste

vermieden; er rief sogar den Vicomte Montmorency, der beständig auf eine bewaffnete Intervention drang, am 22. Nov. vom Congresse ab, Chateaubriand wurde an seiner Stelle Minister des Aeußern, und Montmorency mit dem Herzogstitel zufrieden gestellt. Da aber das spanische Ministerium auf die Notificationen des Congresses barsch ant= wortete, so riefen die nordischen Monarchen ihre Gesandten von Madrid ab und der Congreß überließ es dem französischen Hose, so wie es nöthig werde, mit bewaffneter Macht einzuschreiten. Am 14. December reisten die beiden Kaiser von Verona ab, der König von Preußen hatte den Congreßort schon einige Wochen früher verlassen. Wellington nahm seinen Rückweg über Paris und übergab dem Minister Villele ein Memorandum Canning's, worin sich England nochmal gegen das Princip der Einmischung in die inneren Angelegenheiten anderer Länder aussprach. Das spanische Ministerium aber ließ durch seinen Gesandten (9. Jan. 1823) den nordischen Höfen erklären, der Kaiser von Rußland selbst habe 1812 die spanische Constitution anerkannt, der König von Spanien sei im freien Genuß der Rechte, welche ihm diese Constitution ertheile; die spanische Nation habe sich nie in die inneren Angelegenheiten anderer Völker gemischt und erkenne daher auch kein Recht der Mächte an, sich in die inneren Verhältnisse Spanien's zu mengen; die Heilung der Uebel, welche Spanien drücken möchten, sei zunächst Aufgabe der spanischen Nation und nicht des Auslandes. Unter demselben Datum (9. Jan.) verlangten die Gesandten von Oestreich, Rußland und Preußen in Madrid ihre Pässe und erhielten sie am 11. Januar mit barschen Zu= schriften des Ministers San Miguel. Am 7. April 1823 überschritt ein französisches Heer von 92,000 Mann unter dem Herzog von Angouleme die spanische Grenze; Spanien selbst aber war unter sich in Parteien zerfallen, die sich bekämpften; die Geistlichkeit und ihre An= hänger traten sogleich auf die Seite der Franzosen, und unter diesen Verhältnissen wurde es der französischen Armee nicht schwer, der einzelnen spanischen Corps Meister zu werden. Am 28. September 1823 beschlossen die Cortes, den König wieder mit der absoluten Regentengewalt zu bekleiden, und baten ihn, daß er sich in das französische Lager begebe, um günstige Bedingungen für Spanien zu erwirken. Damit hatte diese spanische Revolution ihr Ende erreicht und die Zustände wurden wieder auf die alte absolut-monarchische Basis zurückgeführt.

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Ueber den Aufstand der Griechen gegen die Pforte sprach der Congreß seine entschiedene Mißbilligung aus. Man fand in diesem Aufstand nur ein Fortschreiten desselben revolutionären Geistes, welcher Spanien und Italien in Bewegung gesezt, bis an die Grenzen Asien's. Vergeben's bemühten sich die Griechen, dem Congreß auseinander zu seßen, daß ihre Verhältnisse ganz andere seien. Der Abgesandte Griechen= land's, Graf Metaras, welcher den Schuß der Mächte in Verona an= rufen oder wenigstens die Zusage völliger Neutralität auswirken sollte, wurde nicht zugelassen, dagegen erhielt der englische Gesandte am türkischen

Hofe, Lord Strangford, den Auftrag, der Pforte im Namen des Congresses ein Ultimatum vorzulegen, nach welchem sie den Beschwerden Rußland sofort Genüge leisten und die Bedingungen des Friedens von Bukaresht (1812) auf das Genaueste erfüllen sollte. Ueber den Congreß von Verona kann man vergleichen Cape figue: Histoire de la Restauration T. VII et VIII. (Madame de Cayla): Memoires d'une femme de qualité IV.

Wir geben folgende Actenstücke. 1) Die Depesche des Grafen Nesselrode, russischen Ministers des Auswärtigen, an den ruffischen Gesandten in Madrid, datirt aus Verona vom 14. (26.) November 1822. 2) Die Depesche des Fürsten Metternich an den östreichischen Gesandten in Madrid, datirt aus Verona vom 14. Dezember 1822. 3) Die Circulardepesche der Minister von Oestreich, Rußland und Preußen an die Gesandten ihrer Monarchen bei den europäischen Höfen, datirt aus Verona vom 14. Dez. 1822, worin am Schlusse der Versammlung eine Erklärung über die Absichten und Resultate des Congresses gegeben wird. 4) Eine Depesche des spanischen Ministers SanMiguel an den spanischen Gesandten in Paris, datirt Madrid 9. Jan. 1823. 5) Eine Depesche des englischen Minister Canning an den englischen Gesandten Stuart in Paris, datirt aus London vom 31. März 1823, worin das englische Cabinet seine Ansicht über das Sachverhältniß ausspricht. Die Urkunden finden sich abgedrudt im Journal de Francfort 1823 und bei Martens nouveau recueil tom. VI. a.

Dépêche

de Mr. le Comte de Nesselrode, ministre des affaires étrangères de S. M. l'Empereur de toutes les Russies, adressée au chargé d'affaires de Russie à Madrid,

datée de Vérone du 14. Novembre 1822.

Les souverains et les plénipotentiaires réunis à Vérone dans la ferme intention de consolider de plus en plus la paix dont jouit l'Europe et de prévenir tout ce qui pourrait compromettre cet état de tranquillité générale, devaient dès le moment où ils se sont assemblés, porter un regard inquiet et attentif sur une antique monarchie que des troubles intérieurs agitent depuis deux ans, et qui ne peut qu'exciter à un égal degré la sollicitude, l'intérêt et les appréhensions des autres puissances.

Lorsqu'au mois de Mars 1820 quelques soldats parjures tournèrent leurs armes contre le souverain et la patrie, pour imposer à l'Espagne des lois que la raison publique de l'Europe, éclairée par l'expérience de tous les siêcles, frappait de la plus haute réprobation, les cabinets alliés et nommément celui de Pétersbourg, se hâtèrent de signaler les malheurs qu'entraîneraient après elles des institutions qui consacraient la révolte militaire par le mode de leur établissement.

Ces craintes ne furent que trop tôt complètement justifiées. Ce ne sont plus des théories ni des principes qu'il s'agit ici d'examiner et d'approuver. Les faits parlent, et quel sentiment leur témoignage ne doit-il pas faire éprouver à tout Espagnol qui conserve encore l'amour de son Roi et de son pays? Que de regrets s'attachent à la victoire des hommes qui ont opéré la révolution d'Espagne!

A l'époque où un déplorable succès couronne leur entreprise, l'intégrité de la monarchie espagnole formait l'objet des soins de son gouvernement. Toute la nation partageait les voeux de S. M. C.; toute l'Europe lui avait offert une intervention amicale pour rasseoir sur des bases solides

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