Images de page
PDF
ePub

könnten; auf Ceylon sollten die Engländer, wenn diese Insel wieder für die Portugiesen erobert sein würde, den Hafen von Gale erhalten. Dagegen machte sich England verbindlich, Portugal mit allen seinen Kräften zu Wasser und zu Land zu vertheidigen, zwei Infanterie- und zwei Cavallerieregimenter anzuwerben und vollzählig zu erhalten, die in Portugal stationirt sein sollten, und ebenso zehn seiner stärksten Kriegsschiffe zur steten Unterstüßung Portugals bereit zu halten; auch sollte der König von Portugal das Recht haben, Soldaten in England zu werben. Am 27. Dez. 1703 wurde von dem englischen Gesandten Methwen insgeheim mit der portugiesischen Regierung der berühmte MethwenVertrag*) in drei Artikeln abgeschlossen, nach welchem England den Zoll auf portugiesische Weine um ein Drittel tiefer sezt, als den auf französische, dagegen das Recht erhält, alle englischen Wollenmanufacturen, deren Einfuhr anderen Nationen verboten ist, für immer einzuführen.

Der portugiesische Minister Pombal (1739 portug. Gesandter in London, 1756 erster portug. Minister, st. 1782 im 83. Lebensjahre) läßt sich über dieses Verhältniß England's zu Portugal**) folgender Massen vernehmen. „Cromwell hat durch einen seinem Lande äußerst vortheilhaften Handelsvertrag in gewisser Weise die portugiesische Monarchie vernichtet. In diesem Vertrag war festgeseßt, daß England zugestanden werde, Portugal mit Wollentuch zu versorgen. Seit dieser Zeit waren die Gewerbe im Königreich erstorben, die vorigen Manufacturen Portugal's zu Grunde gerichtet, die Industrie fiechte dahin und hörte bald ganz auf. Jedes Kleidungsstück, das die Nation brauchte, wurde aus England ge= bracht, und diese Einfuhr stieg jährlich auf 20 Millionen Cruzados (2 Millionen Pfund St.). Eine Nation, die durch eine andere gekleidet wird, ist nicht weniger abhängig, als jene, welche die ersten Artikel des physischen Bedürfnisses von Außen empfängt, da für die Existenz der Europäer Eines so wesentlich ist, als das Andere. Im Jahr 1754 erzeugte Portugal kaum Etwas zu seinem eigenen Unterhalt. Zwei Dritttheile seiner physischen Bedürfnisse wurden durch die Engländer befriedigt. Ein Land, das hinsichtlich seines Unterhalts von einem anderen abhängt, wird bald zu dessen Sclaven und ohne Schwertstreich leicht erobert. Zur vollkommenen Abhängigkeit fehlt Nichts, als der wirkliche Besiz." In Bezug auf den Handel äußert derselbe Minister: England ist Meister des ganzen Handels von Portugal geworden und aller Verkehr des Landes

"

*) Findet sich bei Chalmers collection of treaties between Great-Britain and other powers tom. II, p. 303. Bei Martens nouveaux suppl. au recueil tom. I, p. 40-74 wird ein Report of the Lords of trade to the king in council vom 10. März 1767 abgedruckt, worin dieser Vertrag, sowie alle übrigen bis dahin abgeschlossenen englisch-portugiesischen Handelsverträge nach den wichtigsten Stellen im Auszuge aufgeführt werden. **) Vergl. Schäfer, Gesch. v. Portugal, Band 5, S. 490.

=

wird durch seine Agenten betrieben. Die Engländer waren zu gleicher Zeit die Versorger und Kleinhändler mit allen Bedürfnissen des Lebens, welche Portugal verlangt. Da England ein Monopol in allen Gegen= ständen besaß, so wurde jedes Geschäft nur durch seine Hände geführt. Nachdem der Hof von St. James das Uebergewicht über den von Lissabon erlangt und Großbritannien sich, so zu sagen, in dieses Königreich ausgedehnt hatte, waren die Portugiesen nichts Anderes mehr, als die müßigen Zeugen des ausgebreiteten Handels, der unter ihnen getrieben wurde. Die Engländer kamen nach Lissabon, um auch den Handel Bra= silien's als Monopol in die Hand zu nehmen. Die ganze Ladung der Schiffe, die dorthin geschickt wurden, und folglich auch die Reichthümer, die dafür zurückkamen, gehörten ihnen. Nur der Name war portugiesisch, während inmitten dieses ungeheueren Handels, der das Land zu bereichern schien, Portugal's Kraft hinwegschwand, weil die Engländer den Vortheil genossen." In einem Schreiben an den englischen Staatssecretär der auswärtigen Angelegenheiten sagt Pombal: „Seit 50 Jahren (seit dem Methwen Vertrag 1703) habt ihr mehr als 1500 Millionen aus Portugal gezogen, eine enorme Summe, wie die Geschichte kein Beispiel kennt, daß jemals eine Nation eine andere mit einer ähnlichen bereichert habe. Die Art, diese Schäße zu erlangen, ist auch noch vortheilhafter gewesen, als diese Schäße selbst. Durch seine Kunstgewerbe hat England fich unserer Minen bemeistert; es beraubt uns regelmäßig jedes Jahr ihres Ertrages. Einen Monat nach der Ankunft der Flotte aus Brasilien ist von ihr nicht eine einzige Goldmünze in Portugal vorhanden. Die gesammte Summe geht nach England; fie trägt beständig dazu bei, seinen Geldreichthum zu vermehren, und mit unserem Geld geschehen die meisten Bankzahlungen. Durch eine Stupidität, die in der Geschichte der volkswirthschaftlichen Welt ohne Beispiel ist, erlauben wir euch, uns zu kleiden, und uns alle Gegenstände unseres Lurus, der nicht unbeträchtlich ist, zu verschaffen. Wir geben 500,000 Gewerbsleuten, Unterthanen des Königs Georg, Unterhalt, einer Volkszahl, die in England's Hauptstadt auf unsere Kosten eristirt." - Der französische Gesandte in Lissabon, Graf Merle, berichtete noch im Jahr 1760 an den französischen Minister, daß die englischen Paketbote im Laufe von 15 Tagen 1,500,000 Franken in Metallstücken aus Portugal weggeführt hätten; seit seiner Anwesenheit in Lissabon (3. Mai 1759 bis 4. März 1760) habe er 900 Millionen aus Brasilien ankommen sehen, zwei Drittheile in Gold, das Uebrige in Gütern; dieser ganze Reichthum wandere nach und nach aus Portugal nach England; alle 15 Tage gehe das Jahr hindurch ein Schiff mit 500,000 bis 800,000 Liv. nach England ab.

Portugal war durch seine verschiedenen Verträge mit Großbritannien in eine Abhängigkeit von England gekommen, welche ihm in dem ereignißvollen 18. und 19. Jahrhundert nicht erlaubte, eine selbstständige, nur nach den Interessen des eigenen Landes sich bestimmende Politik zu führen; es mußte sich beständig den Interessen England's bequemen.

So sah sich das portugiesische Cabinet auf Andringen England's ge= zwungen, den Allianztractat, den es am 18. Juni 1701 mit Ludwig XIV. in Bezug auf die spanische Erbfolge geschlossen hatte, zu brechen und mit England und seinen Verbündeten den Tractat vom 16. Mai 1703 einzugehen, wodurch es in die Allianz gegen Ludwig XIV. eintrat. So mußte es, völlig zu seinem Nachtheil, wiederum auf Andringen England's, am 26. Sept. 1793 durch den Tractat von London*) in die erste Coalition gegen Frankreich eintreten. So wurde es durch seine Verbindung mit England in ein feindliches Verhältniß zu Napoleon gebracht, der in Portugal den Hauptstüßpunkt der Seeherrschaft England's in Europa erkannte. Als nun aber Portugal, zu Lande von England völlig verlassen und der Uebermacht Spanien's und Frankreich's Preis gegeben, sich gezwungen sah, der Forderung Napoleon's nachzugeben, seine Häfen den englischen Schiffen zu verschließen und England den Krieg zu erklären, richteten die Engländer die Augen auf die portugiesischen Colonien, nahmen die portugiesischen Besißungen in Ostindien, die Insel Madeira, blokirten Lissabon und caperten die portugiesischen Schiffe. Der Prinzregent Johann (welcher seit 1792 anstatt seiner gemüthskranken Mutter regierte) sah sich in Folge dieser Verhältnisse gezwungen, als der französische General Junot im Anzuge auf Lissabon war, Por= tugal zu verlassen und sich am 29. Nov. 1807 nach Brasilien einzu= schiffen, wo er in Rio Janeiro seine Residenz aufschlug. Jezt kam Portugal unter den Druck der Franzosenherrschaft; die Portugiesen, aller ihrer Colonien beraubt, sollten an Napoleon, obgleich fie sich seinem Heere gar nicht widersezt hatten, 50 Millionen Franken be= zahlen unter der Benennung Rückkauf alles Privateigenthums (pour le rachat des propriétés particuliers); es war aber kaum die Hälfte des Geldes in dem erschöpften Lande aufzubringen. Die Erhebung der Spanier gegen das französische Joch brachte auch Portugal in Aufstand. Sogleich erschienen auch wieder die Engländer zur Unterstüßung. Am 1. Aug. 1808 landete ein englisches Heer unter Wellington, die Franzosen wurden am 21. August bei Vimeira geschlagen und in Folge des Tractat's von Cintra (22. Aug. 1808) nach Frankreich eingeschifft. Von nun an war Portugal wieder völlig in der Gewalt der Engländer. Die portugiesische Armee wurde durch eine Verordnung, welche der PrinzRegent im Juli 1809 aus Rio Janeiro erließ, unter das Commando des Lord's Wellington gestellt, den der Prinz-Regent zum portugiesischen General-Feldmarschall ernannte; auch die portugiesische Regentschaft sollte bei allen wichtigeren Fällen Wellington's Rath einholen; über die portugiesische Flotte erhielt der englische Admiral Berkeley den Oberbefehl; Marschall Beresford gab (1809) der portugiesischen Armee das englische Erercitium. Ein neuer Handelsvertrag mit England, abgeschlossen zu Rio Janeiro am 19. Febr. 1810 (vgl. die Urkunde),

*) Findet sich bei Martens recueil V, p. 519.

richtete die wenigen Manufacturen Portugal's vollends zu Grunde. Nach diesem Vertrage sollten alle englischen Waaren ohne Unterschied in Por= tugal und Brasilien zugelassen werden und nur 15 vom 100, d. i. ungefähr die Hälfte des Eingangszolles entrichten, den andere Nationen zu bezahlen hatten (vgl. Artikel XV des Vertrages). Wie dieser Tractat den Manufacturen Portugal's höchst empfindlich wurde, so dem portu= giesischen Handel die Verfügung vom 28. Januar 1808, welche die Häfen Brasilien's allen Schiffen befreundeter oder neutraler Nationen zur Ein- und Ausfuhr aller Waaren, mit Ausnahme des Brasilienholzes, öffnete. Die Engländer waren bei dem Handel nach Brasilien auch so noch, vermöge der Zollbegünstigung, welche sie genossen, in großem Vortheil. Marschall Beresford blieb auch nach dem Kriege Obercommandant der portugiesischen Armee, erregte aber durch sein wenig leutseliges Benehmen, durch die Anstellung einer übermäßigen Anzahl englischer Officiere, die gewohnt waren, gegen die Portugiesen eine ge= wisse Geringschäßung an den Tag zu legen, große Unzufriedenheit in der Armee, die noch außerdem durch die beabsichtigte Verwendung portugiesischer Truppen in Brasilien unmuthig gemacht worden war, so daß sich in derselben unter dem General Gomez Freire eine Ver= schwörung zur Vertreibung der Engländer bildete (1817), die aber ent= deckt wurde und mit der Hinrichtung Freire's und seiner nächsten Mitschuldigen endigte.

Wir geben folgende, als die wichtigsten Actenstücke. 1) Den Vertrag des Königs Johann IV. mit Cromwell, datirt Westminster, 10. Juli 1654, und 2) den Freundschafts- und Handelsvertrag vom 19. Febr. 1810. Ersterer findet sich, wie oben bemerkt, im dritten Bande des nach Moetjens benannten recueil, leßterer bei Martens nouveaux supplemens au recueil tom. II.

Portugiesische Thronstreitigkeiten.

Der Prinzregent Johann war nach dem Tode seiner Mutter Maria I. (20. März 1816) unter dem Namen König Johann VI. völlig in die königlichen Rechte eingetreten, blieb aber mit seiner Familie und dem hohen Adel in Brasilien, während in Portugal die Regentschaft, oder vielmehr Lord Beresford und die Engländer die Regierung führten. Am 24. Aug. 1820 brach eine Revolution in Portugal aus, zunächst in Oporto, welcher sich schon am 15. Sept. 1820 ohne alles Blutvergießen die Hauptstadt Lissabon anschloß. Das Volk verlangte eine Constitution und Rückkehr des Königs oder Kronprinzen. Lord Beres= ford, der nach Brasilien gereist war, um den König von der bedenklichen Gährung in Portugal zu unterrichten, wurde bei seiner Rückkehr (10. Oft. 1820) in Lissabon nicht mehr an's Land gelassen. Der König Johann VI. sah sich genöthigt, da auch die Truppen und Städte

Brasilien's von der Bewegung ergriffen wurden, die neue Constitution am 26. Febr. 1821 anzuerkennen, und schiffte sich mit seiner Familie am 26. Apr. 1821 nach Lissabon ein, wo er am 3. Juli mit einem Gefolge von 3000 Personen ankam. Der Kronprinz Don Pedro blieb als Statthalter in Brasilien zurück; Brasilien selbst, dem die por= tugiesischen Cortes nicht dieselben Rechte einräumen wollten, trennte sich vom Mutterlande, und Don Pedro wurde daselbst am 23. September 1822 zum Kaiser ausgerufen. König Johann VI. beschwor am 1. Okt. 1822 die neue portugiesische, fast ganz republikanisch gehaltene Verfassung; die Gesandten von Oestreich und Rußland waren schon Ende August von Lissabon abgereist. Als die Franzosen unter dem Herzog von Angouleme 1823 in Spanien einrückten, bildete sich in Portugal eine Gegenrevolution; der Infant Don Miguel (geb. 26. Okt. 1802), zweiter Sohn des Königs Johann VI., stellte sich an die Spiße der Absolutisten mit dem Vorsaz, den König wieder in seine alten unumschränkten Rechte einzuseßen, was ihm auch gelang. Als sich nun aber König Johann selbst dem Schreckenssystem seines Sohnes widerseßte und Don Miguel deßhalb auf Entseßung seines Vaters drang, nahmen sich die Engländer des bedrängten Königs an, Don Miguel mußte Portugal verlassen (12. Mai 1824), die Königin Donna Carlotta, die an der Spize der Absolutisten stand, wurde in das Kloster Estrella verwiesen, blieb aber freilich wegen Kränklichkeit in ihrem Palaste, und der König stellte die Cortes wieder her (4. Juni 1824). Brasilien wurde am 29. Aug. 1825 als ein selbstständiges unabhängiges Kaiserreich unter Kaiser Don Pedro von Portugal anerkannt. Johann VI. starb am 10. März 1826. Er übergab bei seinem Tode die Regentschaft über Portugal seiner zweiten Tochter, der Infantin Isabella Maria (geb. 1801), welche dieselbe im Namen ihres Bruders, des Kaisers Don Pedro, bis zum 26. Febr. 1828 führte, und zwar für Don Pedro's Tochter Maria da Gloria (geb. 4. Apr. 1819), zu deren Gunsten Don Pedro am 2. Mai 1826 auf die portugiesische Krone verzichtet hatte, wobei er zu= gleich seinen Bruder Don Miguel zum Gemahl für seine Tochter Maria da Gloria bestimmte. Den Portugiesen gab er am 26. Apr. 1826 eine Verfassung, welche von der Regentin Isabella beschworen wurde. Am 3. Juli 1827 ernannte Don Pedro den Don Miguel zum Regenten von Portugal unter der Bedingung, daß bis zur Volljährigkeit der Königin nach der von ihm gegebenen Constitution regiert werde. Don Miguel kehrte jezt von Wien zurück, beschwor die Ver= fassung am 26. Febr. 1828, übernahm die Regentschaft von seiner Schwester Isabella, erklärte aber, von der absolutistischen Partei in Portugal unterstüßt, am 3. Mai 1828 die Verfassung für aufgehoben und ließ sich am 25. Juni 1828 als König von Portugal proclamiren. Gegen die constitutionell Gesinnten traten jest in ganz Portugal die härtesten Verfolgungen ein, selbst die Regentin Isabella, gegen die Don Miguel eine Pistole abfeuerte, wurde in ein enges Gefängniß gesezt.

« PrécédentContinuer »