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Belgien und Holland.

Die Niederlande gehörten seit dem Vertrag zu Verdün 843, wo sie an Lothar fielen, zu Lothringen. Kaiser Otto II. theilte Lothringen in Ober- und Niederlothringen, welches leßtere die Niederlande in sich faßte, und seßte beiden Theilen Herzoge vor. Unter diesen Herzogen thaten sich auch andere Dynaften als Herzoge und Grafen auf und machten sich fast völlig unabhängig; Holland, Seeland, Hennegau, Namur, Flandern 2c. wurden von Grafen, das eigentliche Niederlothringen oder Brabant, Luremburg, Limburg, Geldern von Herzogen regiert; daneben umfaßte auch das Bisthum Utrecht ein ansehn= liches Gebiet. Im Jahr 1383 fiel die Grafschaft Flandern an das Haus Burgund, welches sich in den folgenden Jahren durch Kauf, Heirath und Gewalt in den Besitz der gesammten Niederlande seßte (mit Ausnahme der Besizungen der Bischöfe von Lüttich und Utrecht), aber mit diesen Gebietstheilen dem deutschen Kaiser lehnbar war. Mit dem Tode Karl's, des Kühnen, bei Nancy (1477) zerfiel das burgundische Reich; Frankreich zog das eigentliche Burgund, Artois und die Franche Comté als französische Mannslehen ein, die Niederlande fielen an Karl's, des Kühnen, Tochter Maria. Durch die Vermählung Maria's mit dem Erzherzog, nachmaligem Kaiser Maximilian I. (1477) kamen die Niederlande an Oestreich. Marimilian hatte von der burgundischen Maria, welche schon 1482 starb, zwei Kinder, Philipp und Margarethe. Philipp I. trat 1493 die Regierung der Niederlande an, vermählte sich 1499 mit Johanna (der Tochter Ferdinand's, des Katholischen, von Arragonien und Isabella's von Castilien), starb 1506 und hinterließ einen Sohn Karl, den nachmaligen Kaiser Karl V. Die Vormundschaft über den jungen Karl führte seine Tante Margarethe, die mit dem Infanten Johann, dem muthmaßlichen Thronerben Spanien's, vermählt gewesen war, welcher 1500 kinderlos starb. Der junge Karl (geb. 1500) folgte seinem mütterlichen Großvater 1516 als König von Spanien und Neapel unter dem Namen Karl I.; die Regierung in den

Niederlanden hatte er 1515 als Karl II. angetreten, überließ sie aber feiner Tante Margarethe als Statthalterin; nach dem Tode seines Großvaters Marimilian 1519 wurde er als Karl V. zum deutschen Kaiser gewählt. Karl erwarb durch Kauf die weltlichen Rechte des Bisthums Utrecht, das Herzogthum Geldern zc. und vereinigte 1548 durch die pragmatische Sanction alle 17 Provinzen (seit 1512 unter dem Namen des burgundischen Kreises zum deutschen Reiche gehörig) auf ewig unzertrennt, erblich nach dem Rechte der Erstgeburt, mit Spanien. Diese 17 Provinzen waren: Brabant, Limburg, Luremburg, Flandern, Geldern, Holland, Hennegau, Artois, Namour, Mecheln, Utrecht, Friesland, Zütphen, Oberyssel, Drenthe, Gröningen, Zeeland. Als die Statthalterin Margarethe 1530 gestorben war, sezte Karl seine Schwester Maria an ihre Stelle, 1555 übergab er die Regierung der Niederlande seinem Sohne Philipp II. Dieser verließ 1559 die Niederlande für immer und bekleidete anfangs den Herzog Philibert von Savoyen, und als dieser die Regierung von Savoyen antrat, Karl's V. natürliche Tochter, die Herzogin Margarethe von Parma, unter Beirath des Cardinal's Granvella, Erzbischofs von Mecheln, mit der Statthalterschaft. Am 4. Nov. 1565 begann die niederländische Revolution gegen die spanische Herrschaft mit dem sogenannten Compromiß, einem Bunde des niederländischen Adels (Geusen), der zunächst gegen die Inquisition gerichtet war. Als die Statthalterin jezt die religiösen Edikte milderte, brachen die Protestanten los und zerstörten viele katholische Kirchen, worauf wieder die alte grausame Härte folgte mit Hinrichtung der Protestanten und Verwüstung ihrer Kirchen. Im Jahr 1567 rückte Alba mit 10,000 Spaniern in das Land, in demselben Jahre legt Margarethe ihr Amt nieder und reiste ab, das Inquisitionsgericht in Spanien hatte die ganze niederländische Nation der beleidigten Majestät für schuldig, dem Tode verfallen, ihrer Güter verlustig erklärt; Alba ließ in den 6 Jahren seiner Regierung 18,000 Menschen hinrichten; die eingezogenen Güter brachten dem König von Spanien jährlich 20 Millionen Thaler ein. Alba bekleidete die Statthalterschaft bis 1573. Im Jahr 1568 beginnt Wilhelm von Oranien, früher königlicher Statthalter von Holland, Zeeland und Utrecht, jezt geächtet, mit einer aus Niederländern und Deutschen bestehenden Armee den offenen Kampf gegen die spanische Herrschaft, die Provinzen von Holland, Zeeland und Utrecht erklären ihn auf der Versammlung zu Dortrecht am 15. Juli 1572 wieder zu ihrem königlichen Statthalter und legen damit den ersten Grund zur Bildung der Generalstaaten; von jest an gewinnt der Aufstand eine regelmäßige Gestalt und die Form eines rechtmäßigen Krieges; Alba fordert 1573 seine Entlassung und wird durch den Statthalter von Mailand Louis von Requesenz y Zuniga ersegt; 1575 bieten die verbündeten Provinzen England, 1576 Frankreich ihre Unter= werfung an; beide Regierungen geben ausweichende Antworten; 1576

stirbt Requesenz und die spanischen Truppen empören sich wegen rückständigen Soldes, worauf sich in der Genter Pacification (1576) den sieben nördlichen Provinzen auch noch Brabant, Flandern, Lille, Valenciennes, Douai, Hennegau, Namur, Orchies, Mecheln und Utrecht, im Jahr 1578 auch Gröningen und Friesland zur Vertreibung der Spanier anschließen. Jeßt nimmt die Königin Elisabeth von England offen Partei für die Niederländer. An Requesenz Stelle wird 1576 Don Juan d'Austria, Philipp's II. Bruder, Generalstatthalter der Niederlande, dagegen wählen die brabanter Stände den Wilhelm von Oranien, der brabanter Adel (weil Wilhelm protestantisch war) den Erzherzog Matthias, nachmaligen Kaiser, Philipp's II. Neffen. Stände und Adel von Brabant vereinigen sich dahin, daß Wilhelm dem Matthias als Verweser beigegeben wird; neben beiden behauptet sich Juan d'Austria in Luremburg und Namur. Im Jahr 1578 bewilligt die englische Königin Elisabeth 6000 Mann Hülfstruppen und eine Anleihe; es kommt aber unter den Niederländern selbst zu einem Religionskrieg, da sich die Calvinisten Uebergriffe erlauben und katholische Obrigkeiten verjagen, worauf sich unter den Katholiken die Partei der Malcontenten bildet. In demselben Jahre 1578 stirbt Juan d'Austria, es folgt ihm Alexander Farnese, Herzog von Parma, der mit spanischen und deutschen Truppen erschienen war, als spanischer Oberstatthalter. Dieser sucht den Kampf der Protestanten und Katholiken zu nähren; 1579 am 5. Jan. schließen die Provinzen Artois, Douai und Hennegau ein Bündniß, die Freiheit zwar aufrecht zu erhalten, aber die protestantische Religion nicht zu dulden; dagegen gründet Wilhelm von Oranien am 23. Jan. 1579 die utrechter Union für die Erhaltung der alten Freiheiten und Erringung der Religions= freiheit; diese Union bringt die Provinzen Geldern, Holland, Zeeland, Utrecht, Ober-Yssel, Friesland, Gröningen und Drenthe in sehr nahe Verbindung und bildet das Fundamentalgeseß des nachherigen Staates der sieben vereinigten Provin= zen, der von Holland, der bedeutendsten dieser Provinzen, auch schlechthin Holland genannt wurde; Drenthe war nicht stimmfähig und zählte daher nicht mit. Jezt schließen die katholischen Provinzen (Sept. 1579) mit den Spaniern den Vergleich zu Mons und vereinigen ihre Truppen mit den spanischen; dagegen sichern sich die protestantischen den Beistand Frankreichs, mit dem sie am 19. Sept. 1580 den Vertrag von Plessis le Tour schließen, der am 21. Jan. 1581 von beiden Theilen zu Bourdeaur beschworen wird. Nach diesem Ver= trage wird der Herzog von Anjou, unter der Bedingung, daß er die Religionsfreiheit und die alten Rechte aufrecht erhalte und den Krieg gegen Spanien auf eigene Kosten, jedoch von niederländischen Hülfsgeldern unterstüßt, führe, erblicher Oberstatthalter; Erzherzog Matthias legt seine Würde jezt nieder und kehrt nach Deutschland zurück; die Provinzen Holland, Seeland, Friesland, Flandern, Brabant

und Geldern mit Zütphen aber erklären am 26. Mai 1581, daß der König Philipp II. aufgehört habe, im Besiße der Niederlande zu sein. Am 19. Febr. 1582 wird dem Herzog Franz von Anjou zu Ant= werpen als Herzog von Brabant gehuldigt; die Provinzen Holland, Zeeland und Utrecht jedoch erkennen den Prinzen Wilhelm von Oranien als ihren Regenten an. Anjou, mit dem die Niederländer sehr unzufrieden waren, kehrte schon 1584 (nach Vertrag vom 28. Juni) wieder nach Frankreich zurück. Wilhelm von Oranien wird am 10. Juli 1584 zu Delft von Gerard erschossen und die Stände von Holland übertragen seinem zweiten Sohne, dem Grafen Moriß von Nassau= Oranien, 1584 die oberste Leitung des Staatsrathes, im November 1585 die Statthalterschaft von Holland und Zeeland; Oberstatthalter wird Graf Leicester, der im November 1585 mit englischen Hülfstruppen angekommen war. Als Leicester im Dezember 1587 seine Oberstatthalter= schaft niederlegt, wird Moriz ven Nassau - Oranien auch Statthalter zu Utrecht, Geldern und Oberyssel. Die Statthalter waren mit der erecutiven Gewalt der Provinzen bekeidet. Jede Provinz nämlich hatte ihre aus Abgeordneten des Adels und der Städte bestehenden Stände, welche die Regierung führten und an ihre Epiße einen Präsidenten stellten, welcher Pensionär, Syndicus oder Advocat hieß. Die Executive wurde von jeder einzelnen Provinz oder von einigen Verbündeten zusammen einem Statthalter übertragen. Aus ihrer Mitte sandten die vermöge der utrechter Union vereinigten sieben Provinzen je einen lebenslänglichen Abgeordneten zu einer gemeinsamen Oberbehörde, den Generalstaaten, deren erecutive Gewalt einem General-Statthalter übertragen war. Die innere Verwaltung der Provinzen hatten die Provinzialstände, welche aus dem Adel und den städtischen Magistraten zusammengesezt waren; die Generalstaaten (seit 1593 saßen sie fast immerwährend in Haag) hatten es vornehmlich mit dem Krieg und den auswärtigen Verhältnissen zu thun. Die Statthalter wurden gewöhnlich aus dem um jene Provinzen verdienten Hause Nassau gewählt. - Nach Alexander Farnese's Tod (1592) wird für die Niederlande der Graf Peter Ernst von Mansfeld zum spanischen Statthalter ernannt, aber schon 1594 durch den Erzherzog Ernst abgelöst; dieser stirbt 1596 und wird durch Fuentes erseßt. In demselben Jahre 1596 schließen die Niederlande eine Allianz mit König Heinrich IV. von Frankreich, zerstören, im Verein mit der englischen Flotte, die spanische und nehmen Cadir; das Bündniß mit Frankreich löst sich jedoch schon 1598, wo Frankreich mit Spanien zu Vervins Frieden schließt. Im Jahr 1598 endlich hört das spanische Regiment auf, da Philipp II. die Niederlande seiner Tochter Isabella Klara Eugenia abtritt, die sich mit dem Erzherzog Albert vermählt; doch dauert der Krieg der Spanier fort. Der spanische König Philipp II. stirbt in demselben Jahre (3. Sept. 1598) und es folgt ihm sein Sohn Philipp III. Da dieser den Niederländern den Handel in Spanien untersagt und ihre Schiffe confiscirt, so nehmen sie viele spanische Colonien

weg und gründen am 20. März 1602 die ostindisch-holländische Handelsgesellschaft. Ostende dagegen muß sich nach dreijähriger hartnäckiger Vertheidigung am 2. Sept. 1604 an den spanischen General Spinola ergeben. Endlich kommt im April 1607 zwischen den Niederlanden und Spanien ein Waffenstillstand vorläufig auf 8 Monate, dann, nachdem derselbe wiederholt erneuert worden, am 9. April 1609 auf zwölf Jahre zu Stande; derselbe erkennt jedoch die Unabhängigkeit der Niederlande von Spanien noch nicht an, obgleich die Generalstaaten mit anderen Mächten, wie ein völlig unabhängiger Staat, Bündnisse schließen. Nachdem der Krieg aufgehört, beginnen in den Generalstaaten die Zwistigkeiten zwischen den Patrioten, welche eine republikanische Regierung ohne Fürsten, und den Orangisten, welche den Prinzen Moris von Nassau als erblichen, wenn auch in der Gewalt beschränkten Regenten an die Spiße des Staates gestellt wissen wollen, und die Kämpfe der religiösen Parteien, der Arminianer und Gomaristen. Den Arminianismus verurtheilte die Synode von Dortrecht (1619). Im Jahr 1621 sterben der König Philipp III. von Spanien und der Erzherzog Albert; seine Gemahlin Eugenie geht in ein Kloster; in demselben Jahre lauft auch der Waffenstillstand ab. Philipp IV. beginnt den Krieg durch seinen General Spinola von Neuem; die Generalstaaten nahmen den Herzog Christian von Braunschweig und den Grafen Ernst von Mansfeld in ihre Dienste. Moris von NassauOranien stirbt 1625 in Haag, ohne eheliche Nachkommen zu hinter= lassen; in Holland, Zeeland, Utrecht, Geldern und Oberyssel folgt ihm als Statthalter sein Bruder Friedrich Heinrich von NassauOranien, in Gröningen und Drenthe aber der Statthalter von Friesland Ernst Kasimir von Nassau - Diez, und als dieser 1632 bei der Belagerung von Roermonde um's Leben gekommen, dessen Sohn Heinrich Kasimir. Als die Wittwe Eugenie 1633 mit Tod abgeht, sollen die gesammten Niederlande nach den spanischen Verträgen wieder an Spanien zurückfallen; König Philipp IV. sendet 1634 seinen Bruder, den Cardinal - Infanten Ferdinand mit einem Heere als Oberstatthalter; in derselben Zeit bereitete aber eine Verschwörung in den katholischen Provinzen einen Abfall von Spanien und Anschluß an das Bündniß der Generalstaaten vor; leztere schließen ein neues Bündniß mit Frankreich auf sieben Jahre, worauf die Franzosen den Krieg gegen die Spanier in den katholischen Provinzen beginnen. Der Statthalter Friedrich Heinrich stirbt 1647, und es folgt ihm sein zweiter Sohn Wilhelm II. 1648; in den katholischen Niederlanden waren auf den Infanten Ferdinand 1641 Franzesco de Melo, 1644 Castel Rodrigo, 1648 der Erzherzog Leopold Wilhelm als spanische Oberstatthalter gefolgt. Endlich kommt auf dem westphälischen Friedenscongreß am 30. Juni 1648 auch der definitive Friede zwischen den Niederlanden und Spanien zu Stande. Deutschland ließ in diesem Frieden seine Ansprüche auf Niederland, als zum burgundischen Kreis gehörig, fallen.

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