1855. Aftenstück März. 23. Graf Buol richtet eine Cirkular-Depesche an die kaiserl. Gesandten Nr. 320. in Deutschland in Erwiederung der preuß. Depesche vom 8. März (Aktenstück 312). Desterreich will die Discussion über die Bismarckschen Aeußerungen nicht fortsetzen. Thatsachen hätten vorgelegen, über die sich Desterreich habe erklären müssen. 26. Sechste Sigung der Wiener Konfer. Der franz. Bevollmächtigte legt nachträglich ein Memor. über den ersten Punkt vor. Dasselbe schlägt vor: 1) Vereinigung der Fürstenthümer Moldau und Walachei. 2) Herstellung einer erblichen Fürstengewalt mit Berufung eines Fürstengeschlechts aus den europ. Fürstenhäusern. Der Vorschlag wird nicht weiter discutirt. Die Konferenz tritt in Berathung über den dritten Punkt. Desterreich schlägt vor: die beiden Uferstaaten möchten die Initiative ergreifen; England und Frankreich sind mit diesem Vorschlag einverstanden. Die ruff. Bevollmächtigten erklären: keine Autorisation zur Initiative zu haben, wollen aber bei ihrem Hofe anfragen, 27. Der franz. Minister d. a. A. richtet eine Depesche an die kaiserl. Gesandten in Deutschland in Erwiederung auf die preuß. Depesche vom 2. März (Aktenstück 311), in welcher mit Rücksicht auf die Haltung des Herrn von Bismarck in der Bundestagssigung vom 22. Febr. die von der preuß. Regierung aufgestellte Theorie, daß eine auswärtige Macht sich nicht in die Verhandlungen des Bundestags irgendwie mit Urtheilen und Erörterungen zu mischen habe, bekämpft wird. Zugleich wird gegen den, den franz. Agenten gemachten unbestimmten Vorwurf des Uebelwillens gegen Preußen Einspruch erhoben. t. 342. S. 125. Nr. 321. Er. 342. S. 133. Er. 342. G. 137. .342. S. 135. April. 2. Achte Sizung der Wiener Konferenz. England und Frankreich erklären definitiv, nicht in die Berathung des vierten Punktes eintreten zu können. Die Pforte schließt sich ihnen an. Nr. 322. 29. Siebente Sizung der Wiener Konferenz. Desterreich und Rußland beantragen, bis zum Eintreffen der Antwort aus Petersburg in die Berathung über Punkt 4 zu treten. England und Frankreich erklä ren Befehl zu haben, von der einmal festgestellten Reihenfolge nicht abzuweichen. Die Pforte wird sich nach dem Beschluß Englands und Frankreichs richten. 9. Neunte Sigung der Wiener Konferenz. Der franz. Minister d. a. A. Dronyn de Chuys und der türk. Minister d. a. A. Aali Pascha treten als Bevollmächtigte in die Konferenz ein. 7.-11. Zwei türkische Divisionen kommen zur Unterstüßung der Alliirten von Eupatoria nach dem Lager vor Sebastopol. Sie werden zur Dekkung der rechten Flanke auf der Tschernajalinie verwandt. 9. Nach vollendeter Armirung der Demontir - Batterien der zweiten Parallele eröffnen die Alliirten am 9. April Morgens auf der ganzen Angriffslinie aus 500 Geschüßen das Bombardement. Das Bombardement wird vom 9.-22. in gleicher Stärke fortgesezt. Der Verlust der Russen belief sich vom 9.-15. April auf 598 Todte, 2017 Verwundete; die Franzosen berechneten ihren Verlust täglich auf 100, die Engländer auf 40 Tødte und Verwundete. 11. Artikel des Moniteur über die Expedition im Orient. I. Militärischer 1855. Theil. Der Artikel theilt die Instruction stückweis mit, welche der Avril. 14.-15. Angriff der Franzosen auf die Jägergräben vor der Bastion Nr. 5. (Centralbastion) auf dem linken Flügel der Alliirten, zu deren Befestigung die Russen in eben dieser Nacht schreiten wollen. Die Franzosen bemächtigen sich einiger der Gräben auf dem Kirchhof. 16. Artikel des Moniteur über die Expedition im Orient. II. Politischer Aftenstück Theil. Rückblick auf die Anfänge der Verwicklung. Die h. Stättn- Nr. 323. frage: Symptom der erobernden Tendenz Rußlands. Deren Character gezeichnet. Besonders auf die Ereberungspolitik Rußlands gegen Desterreich hingewiefen unter Citirung einer Instruction des Kaisers Alexander an Admiral Tschitschagoff aus dem Jahre 1812. Der Kampf gegen Rußland nothwendig; die Westmächte nahmen. ihn zuerst auf und hofften auf Nachfolge der deutschen Großmächte. Vergebens, diese hatten kein rechtes Vertrauen und waren nugewiß über die Ziele. Die Festsetzung der vier Garantien gewann Deutschland nicht. Die Westmächte mußten allein kämpfen. Endlich fragte Desterreich, ob die Westmächte noch auf Grund der vier Punkte unterhandeln wollten. Das Interesse eines Bündnisses mit Oesterreich für Krieg und Frieden bestimmte sie sich dazu zu verstehen. Durch diese Mäßigung für die Westmächte nichts verloren. Wenn Rußland nachgab, gewonnen, was Rußland erst nach zehnjährigem unglücklichem Kriege zuzugestehen erklärt hatte, wenn nicht, trat Oesterreich, dessen Bündniß offensiv wurde, in die bewaffnete Thätigkeit. Die Friedensvorschläge der vier Garantien werden darauf characterisirt. Zur Realisirung des dritten Punktes sei Reducirung der ruff. Flotte und Neutralisirung des schwarzen Meeres nothwendig. Zu dieser Forderung bereits durch das im Kriege Gewonnene berechtigt. Zum Schluß noch einmal mit größter Entschiedenheit erklärt, daß wenn der Friede nicht zu Stande komme, Desterreich gegen Rußland mit ihnen kämpfen werde. 16. Kaiser Napoleon mit seiner Gemahlin treffen zum Besuch bei der . 342. S. 139. 1855. April. 17. Zehnte Sizung der Wiener Konferenz. Die Bevollmächtigten Rußlands erklären, daß sie den Befehl von Petersburg erhalten haben, sich der Initiative zu enthalten; sie seien bereit auf die Prüfung der vorzuschlagenden Maßregeln einzugehen, wenn diese nicht die Souveränetätsrechte Rußlands beeinträchtigten. England, Frankreich, Desterreich und Pforte erklären nach dieser unerwarteten Er öffnung sich nun ihrerseits erst über Vorschläge vorläufig berathen zu müssen. 19. Elfte Sigung der Wiener Konferenz. Die Bevollmächtigten der Pforte, Englands, Frankreichs und Desterreichs schlagen zur Erledigung des ersten Theils von der Garantiebestimmung 3 vor, festzusehen: die Mächte verpflichten sich die Unabhängigkeit und Gebietsintegrität der Pforte selbst zu respectiren und werden dieselben gegen jeden darauf gerichteten Angriff schüßen; wenn zwischen der Pforte und anderer Macht Differenzen ausbrechen, soll die europ. Konferenz vermitteln. Nach gewonnenem Uebereinkommen hierüber tritt die Konferenz in die Berathung der Frage über die Beseitigung des Uebergewichts Rußlands im schwarzen Meere. Frankreich legt einen Plan vor mit folgenden Bestimmungen: 1) Rußland und die Pforte verpflichten sich im schwarzen Meere nicht mehr als 4 Kriegsschiffe, 4 Fregatten 2c. zu halten. 2) Bosporus und Dardanellen bleiben geschlossen. Nur folgende Ausnahmen. 3) Jede der Mächte, die nicht Uferstaat, soll 2 Schiffe nach dem schwarzen Meere senden können. 4) Vor Konstantinopel dürfen nie mehr als 4 Kriegsschiffe der fremden Staaten sein. Von einem Angriff bedroht, wird der Sultan die Meerengen den Flotten der befreundeten Mächte öffnen. 6) In allen Häfen des schwarzen Meeres follen Confuln der andern contrahirenden Mächte zugelassen werden. Der russische Bevollmächtigte fragt Desterreich: ob zur Beschränkung der russischen Streitkräfte im schwarzen Meere von Desterreich Zwangsmaßregeln ergriffen werden würden. Graf Buol erwiedert: daß er dem Kaiser von Desterreich die volle Freiheit der Mittel wahren müsse, diesen Vorschlag zu unterstüßen. 18.–21. Die Engländer greifen die Jägergräben und die hinter diesen liegenden Steinbrüche vor dem Redan an. Die Jägergräben werden genommen und behauptet. Die gleichfalls genommenen Steinbrüche müssen wieder aufgegeben werden. 19. Rekognofcirung Omer Paschas auf der Tschernajalinie gegen Tschorgun und Kamara. r. 342. S. 147. r. 342. S. 157. 19. Kaiser Napoleon erhält den Hosenbandorden. 20.-22. Die Ruffen legen auf dem östlichen Kampfterrain westlich von dem Werk Selenginst eine neue Batterie an. 21. Zwölfte Sigung der Wiener Konferenz. Zum Uebereinkommen über den ersten Theil der dritten Garantiebestimmung wird russischerseits die Erklärung bestimmt wiederholt, daß Rußland keine aktive Garantie der Türkei übernehme. Zur zweiten Frage lehnen die russischen Bevollmächtigten den französischer Seits vorgelegten Plan ab, da derselbe die souverainen Rechte des Kaisers beeinträchtige, dem europäischen Gleichgewicht entgegen und gefährlich für die Un 1855. abhängigkeit des ottomanischen Reichs sei. Rußland legte dagegen April. 22. Kaiser Napoleon trifft wieder in Paris ein. 22. Omer Pascha kehrt mit dem größten Theil der türk. Truppen nach 23. Das Bombardement der Alliirten auf Sebastopol wird von jetzt an 23.-24. Die Russen unternehmen den Bau einer Batterie westlich von der Bastion Nr. IV. (Mastbastion) gegen die Operationen der Alliirten nach Bastion V. zu. Die Franzosen suchen vergeblich durch wiederholte Angriffe den Bau des Unternehmens zu hinderu. S. 177. 26. Dreizehnte Sigung der Wiener Konferenz. Die ruff. Bevollmächtigten Aktenstück 27.-28. Die Russen legen vor der Bastion Nr. V. (Centralbastion) eine zu- 28. Attentat auf Kaiser Napoleon. Der Italiener Pianori schießt auf 30. Depesche des Grafen Nesselrode an Hrn. v. Glinka. Den einzelnen Nr. 324. Altenstück Nr. 326. Nr. 328. 1855. deutschen Bundesstaaten wird erklärt, daß Rußland an den Resultaten der Wiener Konferenzen über Punkt 1 u. 2 festhalten wolle, wenn Deutschland seinerseits stricte Neutralität beobachte. Anfang Mai. In Constantinopel findet ein Ministerwechsel statt. Reschid Pascha, der Großvezier, wird entlassen und an seine Stelle tritt AaliPascha; Fuad Effendi übernimmt das auswärtige Ministerium. Mai. 1.-2. General Pelissier läßt die russischen vorgeschobenen Werke vor der Bastion V. angreifen. Die Franzosen greifen in drei Colonnen an, unter General Motterouge im Centrum, Oberstlieutenant Raoult auf dem rechten, General Bazaine auf dem linken Flügel, zusammen 4000 Mann. 4000 Mann Reserve kommandirte General Rivet. Die Ruffen werden genöthigt die Vorwerke zu verlassen und sich in die Bastion Nr. V. zurückzuziehen. 2. Die Russen machen einen starken Ausfall auf die Stellung der Franzosen in den gewonnenen vorgeschobenen Werken, können aber den Franzosen dieselben nicht wieder entreißen. Die Franzosen hatten Verlust an beiden Tagen: 169 Todte mit 11 Offizieren; 622 Verwundete mit 22 Offizieren. Die Russen: 293 Todte mit 10 Offizieren, 555 Verwundete mit 15 Offizieren. 7. Herr Drouin de Lhuys tritt in Folge der Entscheidung des Kaisers Napoleon, die österr. Vorschläge zur Erledigung des 3. Garantiepunktes abzulehnen, vom Ministerium des Auswärtigen ab. Seine Stelle erhält Graf Walewski, der bisherige Botschafter in London, den Herr v. Persigny ersetzt. 9. Der fardin. Obergeneral Alexander la Marmora trifft mit dem ersten Theil des sardinischen Kontingents vor Sebastopol ein. Bis zum 26. trifft dasselbe vollständig (15,000 Mann) daselbst ein. 9. Graf Walewski, der neue franz. Minister der auswärt. Angelegenheiten, unterrichtet die kaiserl. Gesandten, daß die leßten österr. Vorschläge über den dritten Garantiepunkt verworfen worden wären, weil sie den Frieden nicht auf soliden Grundlagen hergestellt haben würden. Im Uebrigen sei die Allianz vom 2. Dez. nicht in Frage gestellt, sondern der Wunsch in London und Paris, sie zu befestigen und weiter zu entwickeln. 10. Graf Nesselrode giebt in einer Depesche eine sehr ausführliche Darlegung der Wiener Konferenz-Verhandlungen, wobei er den Nachweis zu führen sucht, daß die Resultatlosigkeit allein den Westmächten zur Last fällt, indem Rußland rücksichtlich des dritten Punktes für alle Theile ehrenvolle und zugleich wirksame Vorschläge zur Realisirung desselben gemacht habe. 14. Graf Buol übersendet den deutschen Höfen die Protokole der Wiener Konferenzen, indem er mittheilt, daß von ihm ein neuer Vorschlag zur loyalen und vollständigen Verwirklichung des dritten Garantiepunktes den Höfen zu Paris und London vorgelegt worden sei. Er stellt eine baldige ausführlichere Mittheilung an die deutschen Höfe in Aussicht. 15. General Canrobert legt aus „Gesundheitsrücksichten" den Oberbefehl nieder, bleibt aber vor Sebastopol, indem er das Kommando der ihm früher unterstellten Division wieder übernimmt. |