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Sicherungsmittel ergriffen werden; auch unterliegt die privatrechtliche Persönlichkeit des Souveräns den Rechtsnormen des fremden Staates in Ansehung der demfelben untergeordneten Privatverhältnisse, insbesondere hinsichtlich der im fremden Territorium liegenden Privatgüter und Erbschaften, desgleichen wegen der davon zu erfüllenden Privatverbindlichkeiten, so wie in Beziehung auf ein etwa bestehendes Vasallen- oder Dienstverhältniß oder Privatdomicil; jedoch kann die von der Privatpersönlichkeit untrennbare Person des Souveräns niemals selbst angegriffen oder gekränkt und irgend einem Act der richterlichen oder sonstigen executiven Gewalt unterworfen werden1; ja sogar eine freiwillige Unterwerfung des Souveräns unter eine fremde Gerichtsbarkeit könnte ohne Aufgebung der Souveränetät selbst keine derartige Wirkung haben, weil der Würde des eigenen Staates zuwiderlaufend.

Fortseßung.

54. Betritt oder berührt ein Souverän ein fremdes Territorium, so findet das Gastrecht Anwendung, d. h. einmal das herkömmliche Ceremoniell des Empfanges und der Behandlung, gemäß dem Range des fremden Souveräns, falls dieser nicht etwa ausdrücklich oder stillschweigend durch Annahme eines Incognito2 oder eines Dienstverhältnisses darauf verzichtet, oder falls er nicht gegen den

de iure et iudice legator. II, 18. Pufendorf VIII, 4, 21. Bynckershoek, de iud. legat. III, 3.

1) Die drei von Zouch (de iure fec. II, 2, 6) angeführten Beispiele, nämlich das Verfahren von König Heinrich VII. gegen König Robert von Neapel (Clem. 2. De sent. et re iud., Herm. Conring, de finib. imp. germ. II, 22), von Carl von Anjou gegen Conradin und von Königin Elisabeth gegen Königin Maria beweisen nicht das Gegentheil, so wenig als die Unthaten des früheren Mittelalters. Vgl. Bynckerskoek, de iud. leg. III, §§ 16. 17. Richtig hat daher das Tribunal der Seine zu Paris am 16. April 1847 in Sachen Solon wider Mehemet Ali geurtheilt: „Attendu que selon les principes du droit des gens les tribunaux français n'ont pas juridiction sur les gouvernements étrangers à moins qu'il ne s'agisse d'une action à l'occasion d'un immeuble possédé par eux en France comme particuliers" etc. Gazette des tribun. du 17. Avril 1847.

2) Dabei Unterschied des strengen oder völligen Incognito und des einfachen Incognito unter fremdem Namen. J. I. Moser, Grds. d. V. in Friedensz. S. 128 f. Io. Chr. Dresler, de iurib. principis incognito peregrinantis odiosis. Martisb. 1730. Günther I, 478.

Willen der auswärtigen Staatsgewalt deren Gebiet betritt'; sodann das Recht der Exterritorialität sowohl für sich, wie für seine Begleiter und die zum persönlichen Bedarf gehörigen Sachen (§ 42). Als darin eingeschlossen gilt die Befreiung von allen persönlichen Abgaben an den fremden Staat; ja sogar eine häusliche Gerichtsbarkeit über seine Angehörigen, freilich aber blos in demjenigen Umfange, in welchem er sie in seinem eigenen Staate selbst ausüben, oder durch außerordentlich Beauftragte ausüben lassen könnte; überdem wohl nur ausnahmsweise in dringenden Fällen, vorzüglich der freiwilligen Gerichtsbarkeit2. Ohne Zweifel gehört die Feststellung dieses Rechtes der Exterritorialität erst dem neueren Völkerrecht an. Im Mittelalter findet sich kein bestimmter derartiger Rechtsstand der Souveräne3; sogar die Doctrin hat ihn noch längere Zeit in Zweifel gezogen*. Folgerichtig fließt derselbe aus dem Princip der Gleichheit der Souveräne (§ 53). — Ein Recht des Ashls für dritte ist, wenigstens zugestandener Maßen, damit nicht verbunden.

Völkerrechtliches Verhältniß der Familie des Souveräns.

55. Auch die Mitglieder der Familie eines Souveräns haben unbestritten in Erbmonarchien einen approximativen Antheil an den Prärogativen des regierenden Familienhauptes. So theilt die Ge

1) Daher vorläufige Anfragen.

2) Der Souverän eines Landes kann in einem auswärtigen Staate kein größeres Recht über die Seinen oder in Verwaltung der Hoheitsrechte haben als da= heim. Und da der Aufenthalt im fremden Staate von dessen Bewilligung abhängig ist, so kann dieser natürlich auch die Bedingungen stellen oder gegen die Ausübung einer ihm mißfälligen Gerichtsbarkeit interveniren, indem er augenblickliche Entfernung fordert.

3) Gefangennehmungen und verdrießliche Behandlungen fremder Fürsten waren im Mittelalter selbst ohne erklärten Krieg nichts seltenes. Ward, Enquiry I, 279. Pütter, Beitr. z. Völkerr.-Gesch. S. 115.

4) 3. B. selbst Cocceji, de fundata in territorio et plur. concurr. potestate II, § 12. Leibnitz, de iure supremat. cap. XXV. Aber s. Io. Tesmar, Tribunal principis peregrinantis. Marp. 1675. Stephan. Cassius, de iure et iud. legator. II, 18. Bynckershoek, de iud. comp. leg. III, 3 sq. Franz Joach. Christ. v. Grape, Unters., ob der Souverän eines Staates der Souveränetät dessen unterworfen sei, wo er sich befindet? Frankf. Leipz. 1752. und so die Neueren. Unbestimmt noch Günther I, 480.

mahlin desselben bei vollgiltiger Ehe Rang und Titel1 und behält sie auch als Wittwe, wiewohl sie der Gemahlin des alsdann Regierenden in ceremonieller Hinsicht nachsteht. Welche Rechte dem Gemahl einer Souveränin zustehen sollen, ist dagegen Verfassungsfache eines jedes Staates, sofern jener nicht selbst schon eine völkerrechtliche Stellung hat. Alle übrigen Mitglieder einer souveränen Familie führen durchgängig gewisse Titel und Prädicate, welche dieser Stellung entsprechen, gewöhnlich aber, wenigstens in Kaiserlichen und Königlichen Häusern, etwas geringer find als die des Regierenden selbst, nämlich: die Prinzen und Prinzessinnen in Kaiserhäusern das Prädicat: Kaiserliche Hoheit; die Prinzen und Prinzessinnen in Könighäusern: Königliche Hoheit, so weit sie selbst schon von Kaisern und Königen abstammen, oder jene Prädicate besonders erworben haben; in Großherzoglichen Häusern und im Hessischen Kurhause: Hoheit, mit der Modalität, daß in jenen dem präsumtiven Erbfolger aus der Descendenz des regierenden Großherzogs als Erbgroßherzog häufig schon das väterliche Prädicat: „Königliche Hoheit,“ gegeben wird und gegeben werden darf*. — Alle Glieder herzoglicher und fürstlicher Familien von bereits fürstlicher Abkunft führen das Prädicat: Durchlaucht, obgleich nunmehr (seit 1844) auch die Glieder herzoglicher Familien, wenigstens die directen Nachkommen und präsumtiven Regierungsnachfolger, in den Besit des Prädicates "Hoheit" gesetzt worden sind". - Es erleidet auch die Führung dieser Prädicate dadurch keinen Abbruch, wenn schon den einzelnen Familiengliedern noch besondere, selbst geringere Titel beigelegt sein sollten, als die auf ihre Abstammung unmittelbar bezüglichen. Die 1) Moser, Vers. I, 316. Staatsr. XX, 352.

2) Klüber, öffentl. R. d. t. B. § 248. de Neum. in Wolffsfeld J. Princ. priv. t. II, tit. 29, § 361.

3) Verschiedenes darüber bei Schwertner, de matrimonio feminae imperantis cum subdito. Lips. 1686. Pathenius, Diss. II. de marito reginae. Gryphisw. 1707. Moser, Vers. I, 314. J. J. Surland, vom Gemahl einer Königin. Halle 1777. v. Steck, vom Gemahl einer Königin. Berl. 1777.

4) S. das Aachener Congreßprotokoll vom 11. October 1818 in den Anlagen. 5) So in den Herzogl. Sächsischen Häusern vermöge Hausbeschlusses vom 10. April 1844. Und dann ferner in anderen Herzoglichen Häusern. Von dritten Mächten ist dieses nicht, wenigstens nicht allgemein anerkannt. Vgl. wegen Preußen Ministerialverfügung vom 9. Jan. 1845, in v. Kampß, Jahrb. LXV, S. 126.

6) Die Sitte des Französischen und Britischen Königshauses ist bekannt. Auch

weiblichen Mitglieder behalten bei standesmäßigen Vermählungen ihre angestammten Titel und Prädicate und vereinigen sie mit denen des Gemahles, die höheren voranstellend'.

Alle Mitglieder souveräner Familien, so weit sie fucceffionsfähig find oder wenigstens mit diesen gleiche Herkunft haben, sind einander dem Stande nach gleich oder ebenbürtig, ohne daß jedoch hierdurch den einzelnen Staaten und souveränen Häusern ein Zwang auferlegt ist, bei dieser allgemeinen Grenze fürstlicher Ebenbürtigkeit in Betreff der davon abhängigen Rechtsverhältnisse stehen zu bleiben2; vielmehr entscheidet hierüber allein das besondere Staats- und Familienrecht. — Sämmtliche Familienglieder, selbst die Gemahlin* des Regierenden, sind andererseits Unterthanen des Staats- und Familienhauptes. Die nähere Bestimmung ihrer Rechtsverhältnisse ist demnach auch nur von der verfassungsmäßigen Staatsgewalt oder der daneben bestehenden Familienverfassung und Autonomie abhängig, und jeder fremden Einmischung, außer im Wege der Intercession oder wegen verlegter eigener Rechte, entzogen3.

Das Recht der Exterritorialität in fremden Staaten steht, wenn

in Deutschland ist es nichts Unerhörtes, nachgeborenen Prinzen höhere Adelstitel zu geben. Eichhorn, R.-Gesch. II, § 301, not. c. Lünig, thes. iur. Comitum. p. 390. Huld. ab Eyben. de tit. nobilis. Giess. 1677. § 7. Pfeffinger, ad Vitriar. I, 17, 3, 6. p. 575. t. II.

1) Ludolf, de i. feminar. illustr. p. 28. Moser, Staatsr. XX, 353. Schmid, Beitr. z. Gesch. d. Adels 42. 43. Cocceji, de L. morganat. III, 12. Genaueres noch bei C. F. v. Moser, Hofrecht I, 593.

2) Am strengsten hält die Linie der Ebenbürtigkeit der K. Russische Manifest vom 20. März 1820. Ueber die Sitte der einzelnen Europäischen regierenden Häuser vgl. die Hall. Allg. Lit.-Zeit. von 1829, Mai Nr. 96 ff.

3) Vgl. Moser, Famil.-Staatsr. II, 338. 471. Klüber, öffentl. R. § 249. 4) Vormals sehr bestritten. Moser, Staatsr. XX, 388 ff. Struv., Ipr. heroic. II, 438. Hauptsächlich jedoch nur aus dem Standpunkte der Deutschen Reichsverfassung. Juristisch wird sich nach allgemeinen Grundsätzen nicht leicht das Gegentheil des obigen Sazes erweisen lassen. Sogar der Gemahl einer regierenden Dame wird, nach Verlegung seines Domiciles in das Reich derselben, ein Staatsunterthan, wenn ihm nicht sonst eine unabhängige Stellung zukommt.

5) Da das Familienband ein natürliches und sittliches ist, welches durch auswärtige Verheirathungen nicht verändert wird und worin zugleich Recht und Pflicht zu gegenseitiger Hilfe begründet ist, so kann ein regierendes Haus allerdings auch seinen auswärts verheiratheten Gliedern bei ungerechter Behandlung im Auslande thätigen Beistand leisten. Vgl. v. Martens, Völkerr. § 170. Günther II, 491.

ein allgemeines Herkommen berücksichtiget wird, den Mitgliedern souveräner Familien als solchen nicht zu, wiewohl sie sich eines beson= deren Gastceremoniells zu erfreuen haben und gewöhnlich auch den Thronfolgern eine besondere Aufmerksamkeit erwiesen, ja selbst Exterritorialität zugeschrieben und bewilliget wird'.

Einem wirklichen Mitregenten oder souveränen Reichsverweser gebühren mit Ausnahme der Titel gleiche Rechte wie dem eigentlichen Souverän selbst.

Privatrechtliches Verhältniß der souveränen Familien.

56. In privatrechtlicher Beziehung sind zunächst die Mitglieder der souveränen Familie, außer dem regierenden Haupte selbst, dem allgemeinen Recht des Landes, so wie den einschlagenden Localrechten gleich anderen Unterthanen unterworfen, wofern nicht besondere Ausnahmen zu ihren Gunsten in den Gesezen gemacht sind, oder ein eigenthümliches Familienrecht, wie dieses in Deutschland hergebracht ist, zu ihren Gunsten besteht. Hinsichtlich des Souveräns ist zwar eine Unabhängigkeit von privatrechtlichen Geseznormen insofern zu behaupten, als gegen seine Person niemals ein rechtlicher Zwang ausgeübt werden darf; nichts desto weniger aber ist, wenn es sich um Ertheilung oder Erwerbung und Verfolgung reiner Privatrechte handelt, auch der Souverän an die unter Privatpersonen anwendbaren Rechtsnormen gebunden; er kann sich selbst davon nur dispensiren,

1) Allgemein zugestanden ist dies nicht! Schmelzing § 211.

2) Es existirt hier sogar ein gemeinsames Privatfürstenrecht, allerdings nun vielfach verschmolzen mit dem Landes-Staatsrecht. Seine Literatur s. in Maurenbrecher, Grdss. des D. Staatsr. vor § 227.

3) Schon das Römische Recht, obgleich es den Satz an die Spitze stellt: Princeps legibus solutus est, erkennt doch an, daß es würdiger sei, sich im Privatverkehr den Gesetzen unterzuordnen. L. 23. D. de legat. 3. 1. 4. C. de legib. § fin. J. quemadm. testam infirm. Und so wird es durchgängig auch in der neueren Staatspraxis gehalten, wo nicht der augenblickliche Wille des Souveräns Gesetz ist. Denn es giebt in den neueren Staaten kein anderes Recht als das gesetzliche. Dahin hat es selbst in Großbritannien die Praxis gebracht, ungeachtet sonst die Maxime besteht: the King is not bound by any statute unless expressly named therein; und auch in unbeschränkt monarchischen germanischen Staaten ist es nicht anders. Die Unverlegbarkeit des Regierenden stellt sich allein jeder Zwangsmaßregel wider die Person entgegen.

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