so weit er einen Unterthan davon dispensiren könnte, nicht aber, wo dies der Rechtssitte des Staates schlechthin widersprechen würde'. Verlust der persönlichen Souveränetät. 57. Die persönliche Souveränetät hört auf mit dem Erlöschen der Person2 und mit dem Verlust der Staatsgewalt, letteres für immer, sobald der Verlust auf einem legitimen Staats- oder völkerrechtlichen Wege eingetreten ist; oder aber vorübergehend, mit dem Vorbehalt des Postliminium, wenn jener durch einen illegalen Zwang herbeigeführt wird, z. B. durch Ufurpation3. Ob einem zurückgetretenen Souverän noch die früheren internationalen Rechte und Ehren verbleiben sollen, hängt lediglich von der Convenienz der anderen Mächte ab*; einem blos gehinderten kann sie wenigstens derjenige Staat nicht versagen, welcher ein Recht desselben auf Wiederherstellung ausdrücklich anerkennt, wofern nur noch eine Möglichkeit dazu in Aussicht gestellt werden kann. Daß übrigens die Acte der Staatsgewalt eines früheren Herrschers, welche der Verfassung des regierten Staates entsprechen, regelmäßig auch für den Nachfolger verbindlich sind und von diesem nur widerrufen werden können, so weit sie für den Vorfahren selbst widerruflich wären, oder so weit sie einem erst der Regierungsperiode seines Nachfolgers angehörigen Act anticipirten, kann gewiß nach internationalem Recht in keinen Zweifel gezogen werden. 1) Die Gefeße eines Staates find seine Sitte; das schlechthin Unsittliche kann aber durch einseitigen Willen nicht sittlich, also auch kein Recht werden. 2) Ein Verstorbener hat keine Rechte mehr, wohl aber haben die Lebenden, deren Angehöriger er war, ein Recht, sein Andenken in Ehren zu halten und zu vertheidigen. L. 1. § 4. 6. D. de iniur. 3) Sedes impedita. Hiervon Buch II, § 185 f. 4) Beispiele abgetretener Regenten, denen man noch Königliche Ehren erwies, waren Christine von Schweden 1654-1689, welche sogar noch das Recht der Exterritorialität mit eigener Gerichtsbarkeit in Frankreich in Anspruch nahm (Bynckershoek, de iud. legat. c. III, 4 u. 16 und de Martens, N. Causes célèbr. t. II. Append. No. IV.), Stanislaus Lescinsky 1709-1766; mehr oder weniger König Carl IV. von Spanien seit 1808, König Gustav IV. von Schweden, König Ludwig von Holland. 5) Die Literatur der Frage im weitesten Umfange s. bei Maurenbrecher, Staatsr. § 243 b. und Zachariä, Staats- u. Bundesr. § 58. Vierte Abtheilung. Die internationalen Rechtsverhältnisse der Staatsangehörigen. Kategorien. 58. Die der Staatsgewalt eines bestimmten Staates unterworfenen Personen sind es entweder in jeder Beziehung (eigentliche Staatsangehörige oder Unterthanen), oder nur in gewisser Hinsicht. Eigentliche Staatsangehörige oder Unterthanen sind nach völkerrechtlichen Grundsägen: die in einem Lande Domicilirten, d. h. jeder, der darin eine feste häusliche Einrichtung für sich getroffen hat (Landsassen im weitesten Sinne des Wortes), es seien nun Eingeborene oder Eingewanderte; die in Militär-, Civil- oder Schiffsdienste eines Landes unbedingt eingetretenen Personen; die Ehefrauen der Vorgenannten; die Ehekinder eines inländischen Vaters oder die unehelichen Kinder einer solchen Mutter und deren fernere Descendenz, auch die im Auslande Geborenen', so lange sie nicht anderwärts mit Bewilligung ihrer Privatvorgesetzten ein Domicil genommen haben2; die Findlinge im Lande, wenn kein anderes Vaterland ermittelt wird. Dem inneren Staatsrecht fällt die Bestimmung anheim, was für politische und staatsbürgerliche Unterschiede unter den vorbemerkten Klassen stattfinden und ob auch noch anderen außerdem die Rechte der Unterthanen zustehen sollen. Aber den Rechten der übrigen Staaten kann damit nicht präjudicirt werden. Nur in einzelnen Beziehungen sind außerdem der Territorialgewalt eines Staates unterworfen (subditi secundum quid): auswärtige Unterthanen, welche im diesseitigen Staatsgebiet Grundbesitzungen oder andere Berechtigungen haben, rücksichtlich deren 1) Vattel I, 19. § 215. Wegen der auf Seeschiffen Geborenen vgl. § 78. 2) Wenigstens kann sie der elterliche Staat noch als seine Unterthanen behandeln. Freilich wird aber auch der Staat ihrer Niederlassung nicht gehindert, ohne Rücksicht auf ihr Familienverhältniß ein Gleiches zu thun. sie den inländischen Unterthanen gleich geachtet werden (Forense1 oder sujets mixtes à l'égard de propriétés); Fremde, welche das diesseitige Staatsgebiet auf längere oder kürzere Zeit betreten, ehemals Ellendige (Ausländige) Albini (von Albani, d. i. Schotten oder Engländer), französisch Aubains genannt3. Völkerrechtliche Natur des Unterthan-Verhältnisses. 2 59. Das Unterthan-Verhältniß kann in Staaten, welche ihre Bestimmung in der Weltordnung und demnach für die Entwickelung des Menschengeschlechtes in seiner Freiheit nicht verkennen, nur ein freiwilliges sein, welches durch Auswanderung wieder aufzuheben ist*. Sie sind nur nicht verbunden, den Austritt früher zu gestatten, be= vor nicht allen bisher schon eingetretenen verfassungsmäßigen Verpflichtungen genügt ist, und dürfen daher vorherige Anzeige des Entschlusses Behufs Ermittelung der noch zu erfüllenden Verbindlichkeiten und deren Sicherstellung fordern, ingleichen die Unterlassung mit Strafen ahnden". Unterthan mehrerer Staaten zugleich (sujet mixte) kann man nur durch Duldung derselben sein. Jeder Staat kann eine derartige Duplicität verbieten und die Aufgebung des ausländischen UnterthanVerhältnisses fordern oder in Wahl stellen. 1) Forenses, foranei, cives qui foras habitant. 2) Jordan, im Staats-Lex. VI, 361. 3) Eine ausführlichere Darstellung der einzelnen obigen Kategorien s. bei Schilter, de iure peregrinor. in ei. Exercitatt. ad Digesta. Gaschon, Code des Aubains. Par. 1818. 4) S. schon oben § 15. Merlin, Repert. m. souveraineté § 14 und Zachariä 40 B. IV, 1, 258. 5) In älterer Zeit mußte der Auswandernde regelmäßig einen Theil seines Vermögens opfern. Noch sind nicht alle Reste dieser Gewohnheit durch FreizügigkeitsConventionen unter den Einzelstaaten getilgt. 6) Zouch, de i. fecial. II, 2, 13 leugnete diese Wahrheit ganz und gar. Je= doch ist dies zu weit gegangen. Alles hängt von dem Willen der Einzelstaaten ab. Schon das Staatsrecht der alten Welt war hierin verschieden. Cic. pro Balb. 12. Sed nos (Romani) non possumus et huius esse civitatis et cuiusvis praeterea; ceteris omnibus concessum est." Ueber die neuere Praxis s. schon Moser, Vers. VI, 52 und Günther II, 326. Gaschon (Disc. prél.) p. 73. " So lange nun das Unterthan- Verhältniß nicht durch Ausbürgerung aufgehoben ist, stehen der heimathlichen Staatsgewalt folgende Befugnisse in internationaler Beziehung zu: a. Die Befugniß, ja Verpflichtung, selbst den einzelnen Unterthan bei gerechten Ansprüchen an ausländische Staaten oder gegen deren Angehörige, so wie in seiner rechtmäßigen Vertheidigung gegen ausländische Angriffe auf völkerrechtlichem Wege zu unterstüßen, auch feine Vertretung zu übernehmen und eine etwaige Rechtsverlegung zu beseitigen1. b. Jeder Staat kann seine im Auslande befindlichen Unterthanen nach seinem Ermessen zurückrufen (ius avocandi), ohne daß er jedoch zur Bewirkung der Rückkehr ein Vindicationsrecht gegen den ausländischen Staat oder in demselben hat, oder auf sonstige Unterstüßung desselben hierbei Anspruch machen darf2. c. Ein Unterthan bleibt auch noch im Auslande der Hoheitsgewalt des heimathlichen Staates, insbesondere der Gerichtsbarkeit und allen gesetzlichen Verpflichtungen unterworfen, von deren Erfüllung die unverkümmerte Erhaltung der staatsbürgerlichen Rechte, so wie die Erwerbung und Erhaltung von Privatrechten im Vaterlande abhängig ist. Nur über ausländische Rechtsverhältnisse der Unterthanen kann sich die Hoheitsgewalt des heimathlichen Staates selbst nicht erstrecken3, ausgenommen, insofern dieselben für die inländischen Ver 1) Ius protectionis civilis, in sp. ius repraesentationis omnimodae. Anerkannt ist wenigstens ein Verwendungsrecht im obigen Fall durch die Deutsche Bundes - Constitution. Prov. Compet. Bestimm. vom 12. Juni 1817. § 5. 3, c. Schlußacte Art. 37. 504. Vgl. Klüber, öffentl. R. § 173 a. Phillimore II, 3. 2) Folgt aus dem allgemeinen Weltbürgerrecht. Daher braucht nicht einmal die Bekanntmachung der Avocatorien in einem fremden Lande gestattet zu werden. I. I. Moser, Nachbarl. Staatsr. 118. 687. Vgl. übrigens Desselben Versuch des Völkerr. VI, Cap. 4 u. 6. In älterer Zeit hat man nicht selten ein Vindicationsrecht behauptet! Z. B. noch Moser, Grds. in Friedensz. V, 1, § 27. S. aber Günther II, 309 ff. 3) So können z. B. die auswärtigen Immobilien eines Unterthans von seinem heimathlichen Staat nicht besteuert werden. In der älteren Zeit wurde bei Vermögenssteuern dies nicht immer beachtet. Man s. den Deutschen R. A. von 1544 § 45. Mynsinger, Cent. obss. V, 22. Klock, de contribution. c. XIII. Natürlich könnte durch Verträge und Observanz unter einzelnen Staaten jenes ältere System noch Fortbestand gehabt haben. hältnisse präjudiciell find, oder die daraus entstandenen Verbindlichkeiten in ihm realisirt werden sollen (§ 35 ff.). d. Kein Unterthan kann sich unter den Schuß einer fremden. Macht begeben oder dieselbe als Richter gegen seinen vaterländischen Staat anrufen, wofern nicht ein solches Recht verfassungsmäßig besteht. Blos freundschaftliche Intercessionen dürfen sich fremde Mächte für den auswärtigen Unterthan einer anderen erlauben'. Rechtsverhältnisse der Ausländer überhaupt2. 60. Unterthanen eines Staates stehen an und für sich in keiner Abhängigkeit von fremder Staatsgewalt und können auch durch dieselbe keine politischen oder staatsbürgerlichen Rechte in ihrem eigenen oder einem dritten Staat ohne deren Zustimmung erwerben3. Eine Abhängigkeit von fremden Staaten tritt nur ein: wenn ein Ausländer in dem Bereiche derselben Rechte erwerben oder ge= nießen will; insbesondere wegen seines dortigen Grundbesites (§ 61); endlich wenn er ein fremdes Staatsgebiet betritt (§ 62). In Betreff des ersten Punktes steht es zwar in der Macht jedes Staates, die Bedingungen zu bestimmen, unter welchen den Ausländern ein rechtlicher Verkehr in seinem Bereich gestattet sein solle, vornehmlich auch sie von politischen und staatsbürgerlichen Befugnissen auszuschließen; es sollte jedoch, wenn sich ein Staat einmal dem Verkehr mit fremden Nationen öffnet, nie den Angehörigen derselben der Genuß des Privatrechtes (§ 15) auf gleichem Fuße mit den eigenen Unterthanen, bei völliger Gleichheit der Verhältnisse, versagt werden und eine Zurücksetzung derselben gegen die einheimischen 1) Vgl. hierüber die schon zuvor angeführte Abh. Fr. C. v. Mosers, in s. kl. Schriften VI, 287. Günther, Völkerr. I, 280. Ehemals konnte man Beschwerden über die Staatsgewalten durch eine denunciatio evangelica bei dem Papst anbringen. Alle Staaten haben indeß diesen Recurs als formelles Rechtsmittel beseitigt. 2) Vgl. Jordan, im Staats-Ler. VI, 360 f. Pütter, Fremdenr. Leipz. 1845. 3) Folgt aus der Unabhängigkeit der Staatsgewalten. S. schon oben § 35. S. 69. Not. 1. Vgl. Günther, Völkerr. II, 262. 315. 323. v. Martens, Völkerr. § 80. 87. Schmelzing § 142. Daher haben auch Erfindungspatente eines Staates in einem anderen keine ausschließende Kraft. Foelix, Dr. internat. II, 9, 6. 4) Ueber den Grundsaß ist man gewiß längst im Allgemeinen einverstanden. Vgl. v. Martens, Völkerr. § 79. 93. Schmelzing § 132. 146. Es kann auch |