schüßer ist für jetzt weder gewählt, noch auch von Rechtswegen an die Stelle des Römischen Kaisers getreten1. Alle übrigen Verhältnisse der Römischen Kirchengewalt gehören dem particulären Staats- und Kirchenrecht an. Es gab eine Zeit, wo Rom alle weltlichen Reiche auch in weltlichen Dingen in Abhängigkeit von sich zu sehen suchte. Es legte sich ein Confirmationsrecht über Kaiser, Könige und Fürsten bei, eine oberste Censur von Regierungshandlungen, Besteuerungsrechten und dergleichen. Frankreich widerstand zuerst siegreich und die hochgespannten Prätensionen sind seitdem verschollen2. Würdig und natürlich für eine allgemeine Kirche erscheint ein schiedsrichterliches Amt des gemeinsamen Oberbischofs, wenn es, um Frieden zu erhalten, von den Parteien angerufen wird. III. Recht der Exterritorialität3. 42. Exterritorialität ist im Allgemeinen die völkerrechtliche Exemtion gewisser Personen und damit in Verbindung stehender Sachen von der Staatsgewalt desjenigen Territoriums, worin sie sich förperlich befinden; man faßt sie sogar als eine Fiction auf, daß jene sich überhaupt nicht in fremdem, vielmehr in ihrem eigenen Territorium befänden, wodurch aber dem Verhältniß eine viel weitere Ausdehnung gegeben würde, als es wirklich hat und seinen Gründen nach in Anspruch nehmen kann. Der Grund eines solchen Rechtes 1) Eine Erörterung der Frage findet sich bei Al. Müller, die neu aufgelebte Schirmvogtei des Desterreichischen Kaisers über die Römisch-katholische Kirche. Erf. 1830. 2) Ausführlich ist hierüber Günther, Völkerr. I, 162 f. 3) Die darauf bezüglichen Schriften behandeln meist nur die Exterritorialität der diplomatischen Agenten, nicht auch die anderer Personen. Die umfassendste Erörterung bietet noch Bynckershoeck, de iud. competente legati. L.-B. 1721. übersetzt von Barbeyrac 1723. 1727. und verschiedenen Ausgaben des l'Ambassadeur par Wicquefort, a. E. beigefügt. S. auch Foelix, Revue 1845. I, p. 31. Eine Menge anderer Schriftnachweisungen s. in dessen dr. intern. p. 266 (391). Die neuesten Untersuchungen mehrerer hierher gehöriger Materien s. in Evertsen de Jonge, over de grenzen van de Regten van Gezanten u. s. f. Utr. 1850. Phillimore I, 364. 4) Es würde z. B. die seltsame Folgerung eintreten müssen, daß Alles, was der Exterritoriale im fremden Staate thut, lediglich nach dem Gesetz seiner Heimath zu beurtheilen wäre, was gewiß nicht behauptet werden mag. Man könnte sich ist nämlich kein anderer, als daß die Staatsgewalt eines Territoriums entweder überhaupt keine rechtliche Botmäßigkeit über eine gewisse Person hat, oder daß sie selbige wenigstens im Interesse des völkerrechtlichen Verkehres suspendiren muß. -Welche Personen demnach in solcher Weise bevorrechtet sind, welche natürliche oder ceremonielle Ausdehnung dem Recht in der einen oder anderen Hinsicht zustehe? wird erst weiterhin vorkommen; nur folgende allgemeine Säße ge= hören unbestreitbar hierher: I. Die exterritoriale Person behält in der Regel ihr früheres Domicil und wird mithin auch in allen davon abhängigen Sachen nach dem Recht ihrer Heimath beurtheilt. Jedoch ist für sie die Möglichkeit eines Domicils in dem fremden Staat nicht völlig ausgeschlossen; sie kann vielmehr ein solches noch aus früherer Zeit haben und fortsetzen', oder auch, sofern sie vollkommene Selbständigkeit hat, ein solches wählen2, wodurch dann hinsichtlich ihrer Rechtsverhältnisse, unbeschadet ihres sonstigen völkerrechtlichen Charakters, die Zuständigkeit der fremden Staatsgewalten begründet wird3. II. Die wesentliche Bedeutung der Exterritorialität beschränkt sich darauf, daß kein Recht der inneren Hoheitsgewalt, insbesondere kein Act der polizeilichen oder richterlichen Gewalt gegen die exterritoriale Person oder Sache ausgeübt werden darf, wogegen alle übrigen Rechte, die dem Einzelstaat gegen auswärtige Staaten zustehen (§ 29 u. f.) unberührt bleiben“. III. Selbst die Ausübung der inneren Hoheitsgewalt ist nicht ausgeschlossen, insofern die exterritoriale Person Befugnisse erwerben unter andern auf das Princip: locus regit actum nicht berufen. Ueber Entstehung der Fiction vgl. zum Theil Evertsen p. 158 s. 1) 3. B. der Gesandte einer fremden Macht, welcher Unterthan des Souveräns ist, bei dem er fungiren soll, ohne lettere Eigenschaft völlig aufgegeben zu haben. Vgl. Bynckershoeck c. XI, § 5 f.; c. XVIII, p. 6 a. E. 2) Warum sollte z. B. der Souverän eines fremden Staates nicht auch anderwärts ein eigentliches Domicil haben können? 3) Anerkannt ist dies unter Anderem im Westph.-Osnabr. Frieden V, § 28 hinsichtlich der ehemaligen Reichsritter: „, nisi forte in quibusdam locis ratione bonorum et respectu territorii vel domicilii aliis statibus reperiantur subjecti." 4) Insbesondere also das Recht der Selbsterhaltung und Vertheidigung; das Recht auf Achtung. oder genießen will, welche eine staatsbürgerliche Eigenschaft in dem fremden Staate voraussetzen'. IV. Sie ist eben so wenig befreit von den Lasten, welche auf dem Gebrauche einzelner, dem fremden Staate zugehöriger Sachen haften, wofern nicht jener aus Gefälligkeit davon absteht2. V. Auch in Beziehung auf Privatrechte, welche sie in dem fremden Staat erwirbt oder ertheilt, wird sie der dortigen Rechtsordnung unterworfen, vorzüglich in Betreff aller Realrechte an unbeweglichen Sachen3. VI. Mit der Exterritorialität der Person ist auch zugleich eine Exterritorialität derjenigen anderen Personen und Sachen verbunden, welche mit jener in einem staats- oder familienrechtlichen Zusammenhange stehen, oder zu ihrem öffentlichen wie rein persönlichen Dienst und Gebrauch bestimmt sind; es können jedoch dergleichen Personen oder Sachen, welche bisher dem fremden Territorium selbst angehörten, der dortigen Staatsgewalt nicht gegen deren Willen oder gegen bestehende Verträge entzogen werden*. VII. Die exterritoriale Person muß sich der auswärtigen Gerichtsbarkeit in allen denjenigen Privatangelegenheiten unterwerfen, in welchen sie, sogar wenn sie nicht anwesend wäre, bei den Gerichten des fremden Staates Recht nehmen oder geben müßte, indem dessen Befugnisse durch die Anwesenheit der exterritorialen Person nicht geringer werden können, als ihm schon außerdem zustehen; indessen setzt sich die Staatenpraxis, wiewohl ohne Zwangs, meist engere Schranken, und übt die Gerichtsbarkeit wesentlich nur bei 1) 3. E. Anlegung einer Druckerei, Betrieb eines Handels. 3) Allgemein anerkannt. Bynckershoeck c. XVI. Merlin, Répertoire m. ministre public. S. 5. § 4. art. 6 et 8. Wheaton I, 2, 3. § 16. Allgem. Preuß. G.-D. I, 2, 66. = 4) Wicquefort, l'Ambassadeur. I, 28, p. 422. Bynckershoeck c. XV, § 6. 5) So ist an und für sich nicht abzusehen, warum nicht auch das forum contractus Statt finden sollte. Sehr richtig bemerkt ein Memoir des Hofes von Versailles von 1772: „l'immunité du ministre public consiste essentiellement à le faire considérer comme s'il continuait à résider dans les états de son maître. Rien donc n'empêche d'emploier vis à vis de lui les moiens de droit dont on userait s'il se trouvait dans son domicile ordinaire." Flassan, hist. de la dipl. fr. VII, 22. Realklagen, ferner hinsichtlich der Nebenpunkte, welche durch eine selbsteingeleitete Procedur herbeigeführt sind', so wie in Betreff der fortgesetzten Instanzen2 jeder rechtmäßig wider sie oder von ihr eingeleiteten Procedur. Auch werden conservatorische Maßregeln erlaubt gehalten3. Auf alle Fälle könnte die fremdherrliche Gerichtsbarkeit noch durch freiwillige Unterwerfung der exterritorialen Person begründet werden, sofern ihr nicht das Recht dazu entzogen ist. Endlich würde bei unbestreitbarem Domicil der exterritorialen Person in fremdem Lande (II.) die hierauf gegründete Gerichtsbarkeit desselben nicht abzulehnen sein. Unter allen Umständen versteht sich jedoch von selbst, daß keine unmittelbare Gewalt an der exterritorialen Person oder Sache geübt, mithin auch keine Execution hiergegen vollstreckt werden kann, und daß gegen die Exterritorialen diejenigen Formen zu beobachten sind, welche wider eine Person seines Standes, falls sie sich nicht anwesend befände, beobachtet werden müßten. VIII. Das Recht der Exterritorialität dauert nur so lange als ihr Grund. Ein Asylrecht ist damit an sich nicht verbunden®. IV. Staatsdienstbarkeiten7. 43. Schon aus den natürlichen Verhältnissen, in welchen mehrere Staaten neben einander aufgewachsen sind, fließen gewisse Be 1) 3. B. wegen der Kosten; wegen einer Gegenflage. Bynckershoeck c. XIV, § 13. Merlin, Rép. Ministre publ. V, 4, 10. 2) Merlin, ibid. Bynckershoeck c. XVI, § 2. 3) So z. B. Arreste an Sachen. Bynckershoeck c. IV, § 5. 6; c. XVI, § 6. 4) Ein Gesandter hat ohne Bewilligung seines Souveräns schwerlich das Recht eines Verzichtes. Bynckershoeck c. XXIII. Ch. de Martens, Causes célèb. I, 229. 5) Z. B. in Ansehung der Citationen. Diese können oder sollten wenigstens nur auf diplomatischem Wege befördert werden. Eine etwas abweichende Ansicht bei Bynckershoeck c. XVI, § 19. S. indessen andererseits die A. G.-O. für die Preuß. Staaten I, 2, § 66. 6) Nur bei den Gesandten ist ein solches in Frage gekommen. Davon unten Buch 3. S. auch § 63 a. E. 7) Schriften in v. Ompteda, Lit. § 214; v. Kamptz § 101. Vorzüglich: Ph. Iac. Elwert, de servitutib. s. iurib. in alieno territorio. Argent. 1674. C. I. C. Engelbrecht, de servitutib. iur. publ. Helmst. 1715. 1749. Nic. Thadd. Gönner, Entwickl. des Begriffs und der Grundsätze der Deutschen Staatsrechtsdienstbarkeiten. Erl. 1800. Das Meiste hierin bezieht sich auf Verhältnisse des schränkungen oder s. g. natürliche Staatsdienstbarkeiten (servitutes iuris gentium naturales), denen sich ein Staat zu Gunsten des anderen nicht entziehen kann, ohne sich gegen die natürliche Beschaffenheit der Dinge aufzulehnen und die hiermit gegebene Regel des friedlichen Nebeneinanderbestehens zu verlezen'. Dahin gehört z. B. die Aufnahme des aus den Grenzen eines anderen Staates natürlich abfließenden Gewäffers und andererseits die freie Herauslassung eines fließenden Wassers in den Nachbarstaat (vgl. § 33), worauf sich unbedenklich auch die privatrechtlichen Vorschriften des Römischen Weltrechtes anwenden lassen. 2 Außerdem sind aber noch gewisse positive Beschränkungen der Staatsgewalten denkbar durch gewillkürte Staatsdienstbarkeiten (servitutes iuris gentium voluntariae), d. i. durch jedes von dem Willen eines Staates unabhängig gestellte Recht eines ihm nicht unterworfenen Subjectes, wodurch jenem die freie Ausübung seiner Hoheitsgewalt in Betreff eines oder des anderen Gegenstandes entzogen wird3. Die dabei vorkommenden Subjecte sind: ein berechtigter Staat, zu dessen Gunsten eine solche Beschränkung der fremden Staatsgewalt besteht, oder, was freilich nur selten der Fall sein wird, ein von dem verpflichteten Staat unabhängiges, unter dem Schuß des Völkerrechtes stehendes Individuum*; sodann ein verpflichteter, an vormaligen Deutschen Reiches, die darin f. g. servitutes iur. publici germanici, im Gegensatz der servit. iur. gentium. Allgemeinen Inhaltes find: de Steck, Eclaircissements de div. sujets. 1785. n. 6. 1) Vgl. Hert, opusc. II, III, p. 103 s. Dieser Schriftsteller geht nur darin zu weit, daß er auch die Nothrechte, welche die Staaten gegen einander ausüben und dulden müssen, zu diesen Servituten rechnet. Eben so Engelbrecht. Andere scheinen wieder von den natürlichen Servituten gar nichts wissen zu wollen, wie Klüber § 139. not. a. 2) Semper haec est servitus inferiorum praediorum, ut natura profluentem aquam recipiant." L. I. § 22. D. de aqua. Ueber die hierbei eintretenden ferneren Verhältnisse vgl. Hert S. 135 f. 3) In älterer Zeit waren sie häufiger als jeßt, besonders unter den Deutschen Staaten. S. Moser, Nachbarl. St.-R. 239. Engelbrecht II, 2. Römer, Völkerr. d. Deutsch. 230. 4) So ist das im R. D. H. Schl. von 1803 § 13 und in der Deutschen B.- Acte Art. 17 geschützte Postrecht des Hauses Thurn und Taxis, sofern nicht durch Verträge Etwas geändert ist, immerhin eine völkerrechtliche Servitut, wenn ihm nicht mit v. Linde, das Deutsche Poftr. 1858 ein besseres Recht beizulegen ist. |