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auch für die englischen Colonien in Südafrika, namentlich die Capkolonie erfolgen.') Damit beginnt dann das dritte und entscheidende Jahr des Krieges. Das Schlimmste, was derselbe bisher schon erzeugt hat, ist eine allgemeine Erschütterung des Vertrauens auf die Rechtlichkeit im Staatenverkehr. Soweit gehend, dass eine leitende englische Zeitung (Morning Post) bereits den nackten Grundsatz aussprach, um einen Krieg zu rechtfertigen, dazu brauche man keine rechtlichen Ursachen anzurufen; der Gebrauch, den man später von dem Siege mache, rechtfertige dann alles. In gleicher Weise meinen diese imperialistischen Zeitungen jetzt, dass ein längerer Widerstand eines Volkes gegen Annexion, als er von der Wahrscheinlichkeit eines Erfolges begleitet erscheinen könne, also in Wirklichkeit jeder Widerstand von Kleinen gegen sehr Grosse, ein Grund sei, um denselben als eine Art von Rebellion mit Strafen zu bedrohen. Das ist das moderne englische Kriegsrecht, wie es in der Proklamation Kitchener erscheint, ungefähr das gleiche, wie es der grosse Gegner Englands, Napoleon I., handhabte, solange es gieng.

Es ist die Pflicht aller kleineren Staaten, gegen diese beiden Grundsätze rechtzeitigen Protest einzulegen. "Freedom's battle once begun,

Bequeathed by bleeding sire to son,
Though baffled oft, is ever won."

South African News, 4. Sept. 1901.

Der chinesische Krieg endete vorläufig ziemlich genau so, wie wir es im letzten Jahrbuche vorausgesehen hatten. Die Mächte zogen, nachdem sie Peking eingenommen,

Olive

1) Ueber die Vorspiele des Boerenkriegs ist von Schreiner, Galtin des ehemaligen Premierministers der Capkolonie, ein sehr schöner Roman geschrieben worden «Trooper Halkett of Mashonaland 1897, der die Stimmung schildert, unter welcher dieses grosse Drama begonnen hat.

den kaiserlichen Palast theilweise geplündert und von China einige Hinrichtungen von Boxerführern, sowie das Versprechen einer Kriegsentschädigung erlangt hatten, mit ihren Truppen und dem << Weltmarschall » grösserentheils ab « und im Ganzen bleibt die Sachlage genau so, wie sie vor diesem seltsamen Heereszug Europa's (und Amerika's) gegen Asien, quasi einem späten Nachfolger des trojanischen Krieges, gewesen war. Russland allein, als Angränzer, behält als reellen Gewinn die Mandschurei in sicheren Händen, und bei den Chinesen bleibt eine Unsumme von Abneigung und Rachegedanken gegen die Fremden und ihre sogenannte <christliche> Civilisation zurück, sowie muthmasslich die Ueberzeugung, dass dieselben doch nicht im Stande seien, China dauernd ihren Willen aufzuzwingen.')

Wenn es eine gelbe Gefahr» bereits gibt, wie dies ein bekanntes Bild andeutete, so hat dieselbe durch diesen Heereszug ohne Zweifel eher zu- als abgenommen. Können sich die Chinesen nun nicht zu einer etwelchen Civilisation in der Weise, wie sie dieselbe vor sich sahen, nämlich in militärischer Beziehung, ähnlich den Japanern, aufraffen, so sind ihre präsumtiven Erben Japan und Russland; die Andern können sich nur durch Allianzen mit denselben daran betheiligen. Eine beständige Kriegsgefahr wird China auf Jahrzehnte hinaus bleiben und darin nun fortan vielleicht mit der Türkei von Jahr zu Jahr abwechseln. Der Friedensvertrag ist zur Zeit, da wir dieses schreiben, noch nicht unterzeichnet worden und wird, wenn dies geschieht, ein Seitenstück zu dem Vertrag von Uccialli bilden, mit einer weitgehenden «clausula rebus

1) Von Li-Hung-Tschang, der die Fremden am besten kennt, wird diesfalls die charakteristische Acusserung erzählt: «Das Beste für uns ist stille sein, sich nicht rühren und nichts thun. Die fremden Teufel werden sich noch gegenseitig in die Haare fahren.»

sic stantibus». Zu seinen Bedingungen gehörte auch die Absendung einer sogenannten «Sühnegesandtschaft» eines kaiserlichen Prinzen nach Berlin, die eine Zeitlang dann in Basel verweilte, bis das Ceremoniell definitiv vereinbart war.

Das einstweilen beste Resultat der Expedition ist eine gewisse Annäherung von Frankreich und Deutschland, welche sich unter der Vermittlung Russlands zu gestalten scheint. Das würde England zwingen, an den Amerikanern und Japanesen einen Halt zu suchen, den es nunmehr, seit dem Boerenkrieg in allen grössern Fragen bedarf und stets erkaufen muss. Die «splendid isolation» hat ein Ende, das ist der erste greifbare Schaden dieses Krieges. Die Nichtintervention der grossen Mächte, so wohlwollend sie auf den ersten Blick gegenüber England zu sein schien, hatte auch, näher besehen, noch einen andern Grund; denn mit etwas Macchiavellismus wird man bei der Diplomatie immer rechnen müssen, wenn man ihre wirklichen Gedanken erkennen will. Im Augenblick ist Friede in China, aber nicht auf lange Zeit.

Aktenstücke des chinesischen Krieges.

Der Friedensvertrag.

(Nach der Times)

Artikel 1.

Abschnitt a. Durch kaiserliches Edikt vom 9. April wird Prinz Tschun zum Sondergesandten nach Deutschland entsandt, um das Bedauern Chinas über die Ermordung Kettelers auszusprechen.

Abschnitt b. China leitete die Errichtung eines Gedächtniss-Denkmals an der Strasse, in der Ketteler ermordet wurde, ein.

Abschnitt a.

Artikel 2.

Edikte vom 13. Februar und 21. Februar belegten die hauptsächlichen Urheber der Verbrechen (gegen die Fremden) mit folgenden Strafen: Prinz Tuan wurde nach

Turkestan verbannt; zu lebenslänglichem Gefängniss wurden verurtheilt Tschuang. Ying-Yien und Tschao-Tschu-Tschiao erhielten Befehl, sich selbst zu tödten. Yuh-Sien, Techiu-Shui und Hsu-Tscheng-Yiu wurden zum Tode verurtheilt; Yang-Yi. Hsu-tung und Liping-heng wurden zur Degradation nach dem Tode verurtheilt. Ein Edikt vom 13. Februar rehabilitirt Hsu-yung-yi, Li-shan, Lien-yuan, Yuan-tschang und Hsutsching-tscheng, welche im vorigen Jahre hingerichtet wurden. weil sie gegen die Ausschreitungen als eine Verletzung des Völkerrechts Widerspruch erhoben hatten. Andere Edikte setzen Tung-fu-siang ab und bestrafen die Beamten, welche an Verbrechen betheiligt waren. Tschuang beging am 21. Februar Selbstmord, Ying-yien und Tschao-tschu-tschiao am 24. Februar, Yuh-sien wurde am 22. Februar, Tschiu-schui und Hsu-tscherg-yu am 26. Februar hingerichtet.

Abschnitt b. Ein Edikt, dessen Datum noch offen gelassen ist, bestimmt, dass alle offiziellen Prüfungen auf fünf Jahre in den Städten eingestellt werden, in denen Ausländer niedergemetzelt oder misshandelt wurden.

Artikel 3.

Als Sühne für die Ermordung des japanischen Gesandtschaftssekretärs Sugi-Yama wurde durch Edikt vom 18. Juni Natung als Spezialgesandter ernannt, um in Japan das Bedauern der chinesischen Regierung zum Ausdruck zu bringen.

Artikel 4.

Nachdem China eingewilligt hat, Sühne-Denkmäler für die entweihten Kirchhöfe der Ausländer zu errichten, bezahlt es schon die hieraus erwachsenden Ausgaben von 15,000 Taels.

Artikel 5.

Ein Edikt ohne Datum verbietet die Einfuhr von Waffen und Munition auf zwei Jahre, eventuell auf eine weitere Periode von zwei Jahren, wenn erforderlich.

Artikel 6.

Durch Edikt vom 29./5. willigte China in die Zahlung einer Entschädigung von 450 Millionen Taels, die durch Amortisation in 39 Jahren zu decken und in halbjährlichen Raten

mit 4 Prozent zu verzinsen ist. Als Sicherheit hierfür werden angewiesen: Der Ueberschuss der Seezölle, der sich ergibt aus der Erhöhung derselben auf 5 Prozent (einschliesslich der zur Zeit zollfreien Artikel mit Ausnahme von Reis und ausländische Cerealien, Mehl, geprägtes, ungeprägtes Gold, Silber), desgleichen die einheimischen Zölle, die in offenen Häfen durch die kaiserlichen Seezollbehörden verwaltet werden sollen, sowie das Einkommen aus der Salzsteuer, das nicht für fremde Anleihen als Sicherheit dient. Der Erhöhung der Zölle wurde unter der Bedingung zugestimmt, erstens, dass die Zölle feste Zölle, nicht Werthzölle seien; als Basis der Werthbestimmung wird der Durchschnittswerth der Jahre 1897, 1898 und 1899 angenommen; dass die Läufe des Whang-Poo und Pei-ho, sowie die Zugänge zu Shanghai und Tientsin unter Betheiligung chinesischen Kapitals verbessert werden. Die Zollerhöhung tritt zwei Monate nach Unterzeichnung des Protokolls in Wirksamkeit, mit Ausnahme der innerhalb 10 Tagen nach Unterzeichnung auf See befindlichen Waaren.

Artikel 7.

Dieser Artikel bestimmt das Gebiet des GesandtschaftsViertels und bestätigt das Recht der Gesandtschaften auf ein ausschliesslich für die Fremden bestimmtes vertheidigungsfähiges Viertel, sowie das Recht, dauernde Gesandtschaftswachen zu halten.

Artikel 8.

China stimmt der Schleifung der Taku-Forts und anderer die Verbindung zwischen Peking und der See hindernder Forts zu. (Dieser Absatz soll eventuell wegfallen, die Forts sind bereits geschleift. Red.)

Artikel 9.

Dieser enthält das von China bereits am 16. Januar gemachte Zugeständniss, dass die Mächte berechtigt sein sollen, die für die Aufrechterhaltung der offenen Verbindung zwischen Peking und der See nothwendigen Punkte zu besetzen, Huangtsun, Lang-tang, Yang-tsun, Tientsin, Chunlian-chang, Tangku, Lu-tai, Tang-schan, Lan-chan, Chang-li, Ching-wan-tad und Shan-hai-kwan.

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