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handen, die nicht unbenutzt hätte vorübergehen sollen. Zum ersten Male, nach einer langen Zeit politischer Ohnmacht, konnte Deutschland seine Stimme mit Macht und Nachdruck zu Gunsten vergewaltigter schwacher Nachbaren erheben, und es hat es nicht gethan. «Es ist eine Grossmacht, wie jede andere, man kann von ihm nichts Besseres erwarten», das ist die augenblicklich vorherrschende Meinung geworden. Namentlich die Verleihung des höchsten preussischen Ordens an einen englischen Befehlshaber, der sich, trotz ungeheurer Uebermacht, durch wenig mehr als das systematische Verbrennen von feindlichen Bauernhäusern ausgezeichnet hatte, wurde vielfach als eine unnöthig provozirende Stellungnahme gegen die öffentliche Meinung von ganz Europa angesehen.

Es wird sich nun dort, wie bei uns, darum handeln, dass die tapfern und tüchtigen (nicht bloss grossthuenden und schneidigen) Menschen, welche dieses Volk in grösserer Zahl als jedes andere besitzt, die Gefahr rechtzeitig erkennen und sich zusammenschliessen, statt dem mit jeder neuen Generation zunehmenden Verderben seinen Lauf zu gestatten. Jeremias XVIII, 7, 8. Wer so etwas glauben kann, der möge es beherzigen; für die Andern reden wir nicht.

In Frankreich sind die alten Junker s. Z. durch eine sehr gründliche Revolution beseitigt worden und kehren nicht wieder zurück; die Versuche zu einer Wiederbelebung von Ständen und Kästen werden dort immer fruchtlos bleiben, und von den drei Schlagwörtern jener Zeit ist wenigstens die «égalité» bestehen geblieben, ein Trost für die, welche, neben allen zeitweisen Schwankungen und Rückfällen, doch an einen im Ganzen und Grossen kontinuirlichen Fortschritt der Menschheit glauben. Was seither am meisten schadet, ist die genusssüchtige, luxuriöse und zum Theil sehr leicht

lebige Mittelklasse, bei welcher das Geld allein der Masstab für Alles ist und unter deren Herrschaft jedes Staatswesen abwärts gehen muss. Das Interessanteste ist augenblicklich dort, wie überhaupt in allen romanischen Staaten, eine Art von beginnendem Kulturkampf», zwischen einer Kultur, die stark den freimaurerischen Typus an sich trägt, und einer Religion, die im Grunde nur äusserlicher Klerikalismus ist. Die innere, wahre Religion hat Ludwig XIV. wirksam in den letzten Protestantenverfolgungen, zum Heil seiner Seele, beseitigt und es ist daher nicht sehr wahrscheinlich, dass aus diesem neuen Kampfe etwas anderes als ein neuer Waffenstillstand zwischen zwei ebenbürtigen, und gleich unsympathischen, Gegnern hervorgeht, bei dessen Abschluss das Christenthum, wie es in Wirklichkeit ist, nichts gewonnen haben wird, als vielleicht doch etwas mehr Raum zum ebenfalls Bestehen. Der Anfang dieses Kampfes ist ein Vereinsgesetz gegen die religiösen Orden, welches in der Kammer, nach 216 Reden, mit 305 gegen 233 Stimmen angenommen wurde. Die wichtigsten Bestimmungen sind natürlich diejenigen über das Vermögen der vom Staate nicht anerkannten Congregationen (um das diese manchmal fast ebenso bekümmert sind als um die Religion), und sodann das Verbot des Lehramtes in Schulen und Erziehungsanstalten für dieselben. Das päpstliche Schreiben darüber an die französischen Ordensobern war von einem Leitartikel des «Osservatore Romano» begleitet und gewissermassen interpretirt, welcher zwar die Tendenz hatte, Frankreich selber zu schonen, um so weniger aber die jetzt dort herrschende Partei. Es heisst darin:

«Mit den unseligen Urhebern und Machern dieses gehässigen Gesetzes der Aechtung verwechseln wir nicht die edle und hochherzige Nation, die auf ihre christliche Ueberlieferung so eifersüchtig ist, dieses katholische Frankreich, das die

Verirrungen und Thorheiten unserer Zeit durch Errichtung von Denkmälern sühnt das jährlich unzählige Legionen seiner Söhne aussendet, sich vor den Altären der unbefleckten Jungfrau niederzuwerfen auf dessen heilig fruchtbarem Boden Millionen kostbarer Sprösslinge aufkeimen, die sich daheim im Schatten ihrer Klöster ausbreiten und den duftigen Wohlgeruch ihrer Tugend, ihrer Selbstverleugnung und ihres Heldenmuthes bis in die fernsten Gegenden des Erdkreises fortpflanzen. An eine solche Verwechslung denken wir auch nicht, wenn sich die räuberische Hand der Feinde des christlichen Namens mit Vorliebe auf das katholische Frankreich ausstreckt, gerade weil, wie Leo XIII. in seinem Briefe sagt, hier die kostbare Ernte üppiger und reicher ist, die von den fruchtbaren Gefilden der Kirche Jesu Christi eingeheimst werden kann. Nein, das gläubige Frankreich, das katholische Frankreich hat nichts gemein mit dem Geist, der dieses Gesetz der Verfolgung eingegeben hat; es ist im Gegentheil Allen voran, dasselbe bitter zu beklagen und entschieden zu verdammen. Dieses unheilvolle Gesetz ist das Werk einer Partei, die nur lebt vom Hasse gegen die Kirche und die in ihrer blinden Bosheit ein schmachvolles Beispiel geben will, was man in verschiedenen Theilen Europas verüben kann.

«Und darum diese massgebende Stimme der Verurtheilung und Verdammung (des Ausdruckes condamna bedient sich der Papst selber nicht), die jetzt Leo XIII. in ernstem Tone erhebt wider ein Gesetz, das die Freiheit tödtet, die Gerechtigkeit verletzt, den heiligen Rechten der Civilisation schroff widerstreitet und das mit diesem dreifachen ungeheuerlichen Attentat gleichzeitig ein Angriff ist auf den Ruhm, den Glanz, die Wohlfahrt Frankreichs. Diese Stimme, wehmüthig und streng zugleich, würdevoll und energisch, ist doch immer noch die eines liebevollen Freundes und zärtlichen Vaters. Es ist die Stimme des Vaters, des Freundes dieser grossen Nation, für deren glorreiche Bestimmung, deren wahre Wohlfahrt er sich jederzeit zärtlich besorgt zeigt auch dann, wenn, wie gegenwärtig, die Blindheit oder Böswilligkeit einiger seiner Söhne, die die Kirche betrüben und verfolgen, dieses wahre Wohl und diese Bestimmung kompromittirt und verleugnet.» (Bund.)

Es muss, nach der offiziellen Interpretation, jedes Etablissement, oder jeder Zweig einer Congregation, nicht bloss diese selbst, die Staatserlaubniss zum Fortbestehen einholen. Das Merkwürdigste an dieser ganzen Sache ist, dass man eigentlich den Effekt dieses Gesetzes fürchtet, denn wenn alle Congregationen sich nicht unterwerfen, sondern zahlreich auswandern würden, so würden nicht nur eine Menge von Leuten der öffentlichen Wohlthätigkeit anheimfallen, die bisher direkt von ihnen unterstützt oder verpflegt wurden, sondern es würde auch eine grosse Anzahl anderer, die von ihnen leben, ihre besten Kunden einbüssen. So hat die Sache sehr ihre zwei Seiten und wird nicht so heiss gegessen werden, als sie gekocht ist.

Die Jesuiten, um die es sich in erster Linie handelte, veröffentlichten am 1. Oktober ihren frommen Abschiedsgruss an Frankreich sicher nicht ohne die Hoffnung, dieses schöne Land bald wieder zu sehen und inzwischen incognito darin zu verweilen worin sie u. A. folgendes sagen:

«La loi actuelle n'est qu'un nouveau pas en avant dans la guerre qui se poursuit contre l'Eglise. C'est l'Eglise qui est attaquée dans les congrégations, et c'est elle que les congrégations défendent en repoussant une autorisation qui a pour but de les asservir et de préparer l'asservissement de l'Eglise elle-même. Une telle autorisation, nous ne pouvons pas la demander. En faisant cette déclaration, loin de nous la pensée de condamner ceux de nos frères dans la vie religieuse qui croient devoir prendre un autre parti. Nous savons combien la délibération est pleine d'angoisses. Forcé de choisir entre deux maux, tous deux très graves, entre les ruines de toutes sortes qui vont suivre l'abstention, et d'autre part, l'atteinte profonde portée par la loi aux prérogatives de l'Eglise non moins qu'aux libertés individuelles, l'hésitation s'explique, et le souverain pontife lui-même, sous certaines réserves, a laissé aux congrégations la faculté de se déter

miner. Plusieurs d'entre elles croient pouvoir trouver une formule de conciliation qui satisfasse le gouvernement sans sacrifier les droits du Saint-Siège. Pour nous, entre le gouvernement qui persiste à mettre comme condition réalable à l'autorisation l'abandon par les congrégations de l'exemption canonique, et le Saint-Siège qui déclare «ne pas permettre qu'on méconnaisse ou amoindrisse l'exercice direct et immédiat de son autorité suprême sur les ordres ou instituts religieux>> (Lettre du cardinal Gotti aux évêques de France, le 10 juillet), nous avouons, avec tous les religieux qui ont pris le chemin de l'exil ou se sont dispersés, ne pas trouver de formule de conciliation. . . . C'est une douloureuse résolution, que nous sommes contraints de prendre. Toutes les œuvres auxquelles nous avons voué notre vie sont menacées de destruction. A une heure où l'avenir nos apparaît bien sombre, c'est notre plus grand regret de ne plus pouvoir travailler au bien de la France, et de voir même compromises dans les missions des œuvres qui n'étaient pas sans honneur et sans utilité pour elle. Cependant, nous le déclarons, nous n'avons aucune amertume dans l'âme contre ceux qui nous condamnent. Nous n'oublions pas que nous sommes les disciples de celui qui a dit: «Priez pour ceux qui vous persécutent.>> Daigne la main miséricordieuse de Dieu arrêter la France sur la pente fatale où on l'entraîne, c'est notre prière la plus ardente.

Paris, 1er octobre 1901.

R. de Scorraille S. J., provincial de Toulouse;
L. Peultier S. J., provincial de Champagne;
M.-G. Labrosse S. J., provincial de Paris;
M. Bouillon S. J., provincial de Lyon.

Charakteristisch für die dermalige Geistesrichtung in Frankreich (und zum Theil auch anderwärts) war ein Prozess auf Grund des französischen Anarchistengesetzes gegen einen halbverrückten Schriftsteller Laurent Tailhade, dessen Schreibart von einer ganzen Sekte «moderner» Litteraten, Zola an der Spitze, wegen ihres «litterarischen Werthes»

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